Diesen und weiteren Fragen widmete sich das Interreg-Projekt "Fem4Forest – Wald in Frauenhänden". Ziel von Fem4Forest war es, Frauen in dem von Männern geprägten Forstbereich besser sichtbar zu machen und ihre Teilhabechancen zu vergrößern. In Bayern richtete sich das Projekt vor allem an Waldbesitzerinnen und Försterinnen.

In Bayern ist knapp ein Drittel des Privatwaldes im alleinigen oder im Miteigentum von Frauen (circa 442.000 ha). Auch sind zunehmend mehr Frauen in Forstverwaltung, Forstbetrieben und Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen tätig. In den Forst-Studiengängen an der Technischen Universität München und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) ist der Frauenanteil zuletzt auf etwa ein Drittel der Studierenden angewachsen.

Forschungslücken schließen

Der Forschungsstand über Frauen im Forstbereich ist lückenhaft. Zwar veröffentlichte die Welternährungsorganisation FAO 2006 den Bericht "Time for Action", der auch Zahlen und Schätzwerte zum Anteil von Waldbesitzerinnen sowie von Frauen bei Forstverwaltungen und -betrieben in Deutschland enthält. Zudem gibt es in Europa vor allem in den skandinavischen Ländern eine längere Forschungstradition über Waldbesitzerinnen und Försterinnen. Der Donauraum aber, zu dem auch Bayern gehört, war im Stand der Forschung bislang kaum abgebildet. Diese Lücke konnte das Fem4Forest-Projekt schließen.

Die LWF erstellte im Rahmen des Projekts federführend einen ländervergleichenden Statusbericht zur Rolle und Situation von Frauen im Forstbereich. Dazu führte sie im März 2021 eine quantitative Befragung über deren Interessen, Erwartungen und Einschätzungen durch. Insgesamt nahmen 880 Frauen an dieser Befragung teil, davon 185 Waldbesitzerinnen und 663 im Forstbereich tätige Frauen. Auf dieser empirischen Grundlage wurden in den am Projekt beteiligten Ländern landesspezifische Pilotaktionen für Frauen entwickelt. Zwischen den Ländern zeigten sich Unterschiede beispielsweise in den Einschätzungen zu dem Statement "Frauen sind im Forstsektor zufriedenstellend vertreten" (Abbildung 2): In fünf von zehn Ländern verneinten über 50 % der Befragten diese Aussage – bei den Befragungsteilnehmerinnen aus Deutschland (aus Bayern und anderen Bundesländern) und Österreich sind dies sogar 76 % bzw. knapp 64 %. Vergleichsweise hohe Waldbesitzerinnen-Anteile in den beiden Ländern (Bayern: 40 %, Österreich: 30 %) bedeuten also nicht zwangsläufig, dass Frauen im Forstsektor dort auch sichtbar vertreten sind.

In Slowenien, Österreich sowie Bosnien und Herzegowina sind über bzw. annähernd 50 % der Landesfläche bewaldet, sie gehören damit zu den waldreichsten Ländern Europas. Die Waldbesitzstruktur ist in den am Projekt beteiligten Ländern historisch bedingt sehr unterschiedlich – von faktisch keinem Privatwaldanteil in der Ukraine bis zu über 80 % in Österreich. Was den Anteil der Waldbesitzerinnen am Waldeigentum betrifft, so liegt dieser in Bayern, Österreich, Slowenien und Tschechien bei einem Viertel oder mehr, in den anderen Ländern des Donauraums darunter. Unabhängig von der Waldbesitzverteilung nehmen Frauen in allen Ländern unterschiedliche Positionen im Forstbereich ein. Sie sind insbesondere in der forstlichen Beratung, in Forschung und Wissenstranfer sowie im Verwaltungsbereich tätig, jedoch kaum in der Holzproduktion. Sie arbeiten eher in Forstverwaltungen als in Forstbetrieben, sind dort aber nur partiell in Führungspositionen anzutreffen.

Waldbewirtschaftung in Frauenhänden

Die befragten Waldbesitzerinnen sehen den Nutzen ihres Waldes vor allem in der (Brenn-)Holzgewinnung – darin unterscheiden sie sich kaum von Waldbesitzern, für die die (Brennholz-)Nutzung ebenfalls obenan steht. Befragt nach ihrer Motivation für die Waldbewirtschaftung, nannten die teilnehmenden Waldbesitzerinnen (n=185) vor allem "Familientradition" und die Freude an der Waldarbeit (Abbildung 3). Bei den Eigentümerinnen aus Bayern (n=33) fällt auf, dass sie ihren Waldbesitz vergleichsweise häufig mit Heimat verbinden und ihnen Einnahmen aus dem Holzverkauf weniger wichtig sind. In Interviews und Gesprächen mit Waldbesitzerinnen in Bayern zeigt sich außerdem, dass sie ihren Wald auch als Mehrgenerationen-Projekt sehen.

Wenn es um das konkrete Tun im Wald geht, treffen Waldbesitzerinnen in Bayern ihre Entscheidungen vor allem zusammen mit dem Partner/Mann und/oder der örtlichen Waldbesitzervereinigung. Dafür eignen sie sich Wissen über den Wald und Fertigkeiten für die Waldbewirtschaftung an. Wie Erkenntnisse aus Fem4Forest verdeutlichen, wollen Frauen in Sachen Wald mitreden können. Die im Projekt durchgeführten Pilotaktionen setzen bei diesem Interesse an.

In Bayern verteilt sich der Privatwaldbesitz auf circa 700.000 Waldbesitzende. Gut 40 % der natürlichen Personen, die Wald besitzen, sind weiblich, fast 60 % männlich. Um Waldbesitzerinnen regional gezielt anzusprechen und für die Waldbewirtschaftung zu aktivieren, initiierte das Fem4Forest-Projekt neue Angebote an drei Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF). Fem4Forest setzte den Impuls für die insgesamt 18 Veranstaltungen und begleitete deren Umsetzung. Rund 250 Waldbesitzerinnen nahmen diese Schulungsangebote an, in denen sie ihr Wissen unter anderem zu waldbaulichen und naturschutzfachlichen Themen erweitern konnten. Entscheidend für den Umsetzungserfolg war vor allem der Einsatz der Revierleiterinnen und Revierleiter vor Ort.

Die "Gläserne Decke" im Forstbereich

Das Fem4Forest-Projekt bezog in Bayern auch die Belange von Försterinnen mit ein. Noch immer gilt der Forstsektor häufig als Männerdomäne. Frauen sind erst seit 1973 zum Forststudium in Weihenstephan zugelassen. Bei der Bayerischen Forstverwaltung liegt der Anteil von Försterinnen der Qualifikationsebene 3 (QE3) und 4 (QE4) insgesamt bei etwa 15 %, bei den Staatsforsten bei etwa 12 %. In forstlichen Führungspositionen arbeiten Frauen dabei selten.

Diese "Gläserne Decke" im Forstbereich – also das Phänomen, dass bestimmte Gruppen nicht oder nur kaum in Führungspositionen aufsteigen – thematisierte Fem4Forest beim Bayerischen Forstfrauen-Treffen im Oktober 2022. Das Treffen wurde von den Gleichstellungsbeauftragten der Forstverwaltung und der Bayerischen Staatsforsten mit Unterstützung des Fem4Forest-Projekts organisiert. Die rund 40 Teilnehmerinnen diskutierten dabei das Thema "Führung im Forst". Sie widmeten sich dabei folgenden fünf Fragestellungen:

  • Was bedeutet Führung und was sind aus eurer Sicht typische Führungsaufgaben?
  • Was wünscht ihr euch von einer Führungskraft?
  • Was brauchen Frauen im Forst, um Führungsrollen/-aufgaben zu übernehmen?
  • Ist Führung in Teilzeit im Forst machbar? Welche Rahmenbedingungen braucht es hierfür?
  • Bedeutet die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einen Karriereknick für Frauen und Männer? Wenn ja: Was braucht es, damit sich das ändert?

Darauf aufbauend formulierte das Organisations-Team Kernbotschaften für Personalverantwortliche. Diese sollen in einem gesonderten Treffen gemeinsam beraten werden. Die Botschaften liefern wertvolle Anregungen, wie der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei Forstverwaltung und Staatsforsten gesteigert werden kann.

Förderung des weiblichen Nachwuchses durch Mentoring

Der Anteil von Frauen, die sich für eine Laufbahn im Forstsektor qualifizieren, nimmt stetig zu. Um ihnen den beruflichen Einstieg zu erleichtern und sie auf ihrem Weg zu fördern, hat die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) vor einigen Jahren ein Mentoring-System für Studentinnen der Forstwirtschaft und anderer MINT-Fächer eingeführt. Ein umfassender Mentoring-Leitfaden, der im Rahmen des Fem4Forest-Projekts entstanden ist, trug zur Weiterentwicklung des bestehenden Angebots bei. Der Leitfaden ist das Ergebnis einer Schulung für geschlechtersensibles Mentoring, die der österreichische Projektpartner "nowa" – ein Verein für Erwachsenenbildung mit gendersensiblem Ansatz – durchgeführt hatte.

Die Schulungsteilnehmerinnen aus Bayern haben den Leitfaden komprimiert und für die Zielgruppe aufbereitet. Die daraus hervorgegangene "Handreichung Mentoring im Forst" stellt auf acht Seiten dar, was Mentoring ist und im Forstbereich leisten kann. Zudem enthält sie praktische Tipps und eine Checkliste. Die Handreichung ist ein Novum an der HSWT, bislang gab es dort keine vergleichbare Richtschnur. Auch von anderer Seite gibt es reges Interesse: Forstverwaltung und Staatsforsten wollen das Mentoring intern unterstützen. Da sich das Mentoring bisher auf den weiblichen Nachwuchs der QE3-Ebene beschränkt, soll die Handreichung darüber hinaus Anregung für die Einführung eines Mentorings auf QE4-Ebene sein.

Von Fem4Forest zu Fem2Forest

Das praxisnahe Fem4Forest-Projekt hat die Forschung über Frauen im Forstbereich mit konkreten Aktivitäten verknüpft, um Forstfrauen "sichtbarer" zu machen und ihre Teilhabe zu verbessern. Hierfür arbeitete man im Rahmen des Projekts auf zwei Ebenen mit unterschiedlichen Akteuren zusammen: (a) im Donauraum auf transnationaler Ebene mit den Kolleginnen und Kollegen in den zehn Partnerländern und (b) in Bayern auf nationaler/regionaler Ebene mit Mitarbeitenden der Forstverwaltung und der Bayerischen Staatsforsten sowie mit Waldbesitzerinnen, Frauen in Forstberufen und der HSWT. Für den Erfolg des Projekts waren die Pilotaktionen und die damit erfolgte Verankerung in der Fläche entscheidend.

Fem4Forest hat gezeigt, dass der Forstbereich gewinnt, wenn Frauen sich verstärkt einbringen – etwa durch neue Angebote für Waldbesitzerinnen oder durch Optionen zur Förderung weiblicher Nachwuchskräfte. Hier setzt das Nachfolge-Projekt Fem2Forest an, das im November 2022 beantragt wurde. Fem2Forest hat das Ziel, den Anteil von Frauen in Forstberufen bis 2030 deutlich zu erhöhen. Jungen Frauen sollen im ländlichen Raum attraktive Berufsmöglichkeiten in der Forstwirtschaft geboten werden, um Abwanderungstendenzen entgegenzuwirken. Gleichzeitig soll Fem2Forest dazu beitragen, dass forstliche Arbeitgeber ihrem Anspruch, modern und kompetent zu agieren, besser gerecht werden. Die Bedeutung des Forstbereichs für die Entwicklung ländlicher Räume verbindet die in Fem2Forest eingebundenen Länder.

Zusammenfassung

Das Interreg-Projekt "Fem4Forest" hatte zum Ziel, Frauen im Forstbereich "sichtbarer" zu machen und ihre Teilhabe am Forstsektor zu steigern. Im Rahmen des länderübergreifenden Projekts wurden zahlreiche Pilotaktionen für Waldbesitzerinnen initiiert und bei der Umsetzung begleitet. In Bayern dienten Waldbegänge und Informationsveranstaltungen dazu, die Kompetenzen der Frauen in Sachen Wald zu verbessern. Im Hinblick auf Frauen in Forstberufen entwickelten die Teilnehmerinnen des jährlichen Forstfrauen-Treffens Empfehlungen, wie sich der Anteil von Frauen in forstlichen Führungspositionen erhöhen ließe. Wegbereiter hierfür ist auch die Handreichung für ein Mentoring, das gemeinsam mit Försterinnen entwickelt wurde und an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf eingesetzt wird.

Das durch die EU kofinanzierte Interreg-Projekt "Fem4Forest – Wald in Frauenhänden" startete am 1. Juli 2020. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) beteiligte sich daran als eine von 14 Partnern aus insgesamt zehn Ländern des Donauraums (Slowenien, Deutschland/Bayern, Österreich, Tschechien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Ukraine). Das Projekt wurde vom Slowenischen Forstinstitut geleitet und im Dezember 2022 abgeschlossen.