Südöstlich der Kleinstadt Grimmen im Landkreis Vorpommern-Rügen befindet sich das Waldgebiet Heidenholz. Das Waldstück ist geprägt durch Kiefern-Mischwälder und wird vom Forstamt Poggendorf (Revier Bremerhagen) bewirtschaftet. Mitten im Wald befindet sich eine quadratische Graben-Wall-Konstruktion von 40 x 40 Metern Ausmaß (Abbildung 1). Das Objekt ist vom Waldweg kaum zu erkennen (Abbildung 2) und dennoch offenbart ein Vermerk in der Denkmalliste aus dem Jahr 1961, dass es sich bei dem Objekt nicht um eine natürliche Bodenformation handelt, sondern um ein Bodendenkmal (siehe Kasten). Wie viele Wälle in Vorpommern, trägt auch dieses Erdwerk die volkstümliche Bezeichnung “Schwedenschanze” in Erinnerung an die durch kriegerische Auseinandersetzungen geprägte Zeit unter schwedischer Herrschaft (1648 – 1815).

Wiederbelebung eines Denkmals

Im Sommer 2018 war die sogenannte “Schwedenschanze” so mit Brombeeren und Faulbaum zugewachsen, dass sie kaum noch erkennbar war. Dies nahm der zuständige Revierförster Hendric Wojtek zum Anlass für ein Schülerprojekt mit der Robert-Koch-Schule aus Grimmen. Das Bodendenkmal sollte entbuscht und wieder sichtbar gemacht werden. “Ich wollte den Schülern erklären, was es mit dieser ‚Schanze‘ auf sich hat und warum es sinnvoll ist, sie frei zu schneiden. Leider musste ich feststellen, dass es keinerlei Informationen darüber gab, weder bei der Unteren Denkmalschutzbehörde noch bei der Landesarchäologie.” Jedoch traf der Förster mit seinem Anliegen beim Landesamt für Kultur- und Denkmalpflege MV auf reges Interesse und es begann eine intensive Forschungsarbeit an diesem Objekt. Durch ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger und unter Anleitung des Landesamtes wurden im Gelände erkennbare Strukturen genau erfasst und dokumentiert (Abbildung 1 und 2). Es folgte ein interdisziplinärer, universitärer Feldkurs im Frühjahr 2022 vor Ort. Abschließend wurden die Ergebnisse ausgewertet und veröffentlicht (Porada u. a. 2022; Beckmann u. a. 2023). An den Auswertungen waren Historiker, Historische Geographen, Militärhistoriker, Archäologen, Paläoökologen, Geographen und Forstwissenschaftler der Landesforstanstalt MV beteiligt.

Vorpommern im Nordischen Krieg und die Bedeutung der Postierungslinie

Der "Große Nordische Krieg" (1700 – 1721) gilt als ein bedeutender Kampf um die Herrschaft im Ostseeraum. Mecklenburg war damals aufgeteilt in die Herzogtümer Güstrow und Strelitz, wobei Neuklöster und Wismar noch zu Schweden gehörten. Vorpommern war ebenfalls geteilt zwischen einem schwedischen Teil im Norden bis an die Peene und einem südlichen Preußischen Teil.

Im Großem Nordischen Krieg selbst wollte Schweden sein Großreich insbesondere in Norddeutschland erhalten und sah sich einer breiten Allianz gegenüber. Angeführt wurde diese von Russlands Zar Peter dem Großen. Vertreten war auch August der Starken, der nicht nur Kurfürst von Sachsen, sondern auch König von Polen in der Zeit war. Ein weiterer, wichtiger Verbündeter Russlands war Dänemarks König Friedrich IV, welcher danach trachtete, alte Gebietsverluste gegen Schweden auszugleichen. Ab 1714/15 wurde diese Allianz noch verstärkt durch das Königreich Hannover und Preußen.

Das anfängliche Kriegsglück des schwedischen Königs Karl XII. endete nach der verlorenen Schlacht bei Poltava (in der heutigen Ukraine) im Juli 1709. Der König verblieb bis zu seiner Rückkehr nach Stralsund im Oktober 1714 beim türkischen Sultan in “Arrest”. Doch der Kampf um Stralsund wurde währenddessen fortgesetzt und die Befestigungen in Karten dokumentiert. Die Schanze im Heidenholz findet sich in einem Atlaswerk aus dem Besitz des Stadtarchivs der Hansestadt Stralsund, das von Johann Georg Maximilian Fürstenhoff, dem Halbbruder August des Starken, als Auftragswerk gestaltet wurde (siehe Abbildung 3). Skizzenhaft ist die Schanze als Teil eines komplexen Befestigungssystems aus Graben mit Brustwehren, Verhauen und kleinen Redouten (wohl mit leichter Artillerie bestückt) dargestellt. Die als Postierungslinie bezeichnete Befestigung wurde im Winter 1711/12 von russischen und polnischen Truppen errichtet und war im Raum Grimmen mit ca. 1.200 Soldaten besetzt. Insgesamt war die Befestigung fast 40 Kilometer lang. Gleich mehrere Zwecke erfüllte diese schnell errichtete Feldbefestigung. Sie bot Schutz für die südlich im Winterlager befindlichen Armeen, die im Januar 1712 aus dem Umfeld Stralsunds abgezogen waren. Militärstrategisch verhinderte die Linie einen von Karl XII. angeordneten Durchbruch der schwedischen Armee unter General Magnus Stenbock in Richtung Polen. Sie veranlasste letztlich wohl auch, dass das schwedische Heer nicht nach Süden sondern nach Westen gezogen ist.

Hier kam es dann zur Schlacht bei Gadebusch-Wakenstadt am 20. Dezember 1712, wo die schwedischen Truppen gegen das dänisch-sächsisches Heer noch einen Sieg erringen konnten. Die “Schwedenschanze” im Heidenholz wurde selbst nie angegriffen und bei den folgenden Belagerungen Stralsunds im Jahr 1713 bis 1715 hatte die Linie bereits ihre strategische Bedeutung verloren. Die historische Kontextualisierung zeigt deutlich, dass ein zunächst “unscheinbar” wirkendes Bodendenkmal letztlich sogar von europäischer Bedeutung sein kann (Abb. 4).

Einbindung von Bodendenkmälern in den Forstlichen Alltag

Nachdem die geschichtlichen Hintergründe besser eingeordnet werden konnten und es einen Beleg für die hohe Relevanz des Bodendenkmals gab, wurde ein Konzept zur weiteren Behandlung erforderlich. Der gute Erhaltungszustand vieler Bodendenkmäler im Wald hängt zwangsweise mit der weniger intensiven Bodenbewirtschaftung im Vergleich zum städtischen oder landwirtschaftlichen Raum zusammen. Die Untersuchungen an der Schanze im Heidenholz zeigten, dass das Bodendenkmal größtenteils intakt ist. Dennoch weist es an einigen Stellen Schäden durch natürliche Erosion, Tiere wie Schwarzwild und Dachs, aber auch durch forstliche Eingriffe auf. Ziel muss also sein, zumindest die forstlichen Schäden in Zukunft zu vermeiden.

Die folgenden sechs Maßnahmen wurden zwischen Denkmalbehörde und dem Forstamt Poggendorf abgestimmt:

  1. In den Bereichen der Schanze und des Wallgrabens inklusive eines Puffers von 10 Metern sind alle forstliche Arbeiten nur in Abstimmung und nach vorheriger Einweisung durch den zuständigen Revierleiter durchzuführen. Der Revierleiter bildet das Bindeglied zwischen den denkmalpflegerischen Ansprüchen und den forstlichen Tätigkeiten.
  2. Die Bereiche von archäologischem Interesse sind in forstlichen Kartenwerken, der Waldfunktionenkartierung, bisher nicht alle enthalten. Hier wird derzeit versucht, diesen Stand zu aktualisieren. Der Puffer um das Bodendenkmal ist jedoch nicht in den Karten dargestellt und wird daher stets individuell vor den forstlichen Maßnahmen festgelegt.
  3. Als größter potentieller Schadfaktor wird die Befahrung mit Forstmaschinen gesehen. Nicht nur das Einschneiden in die Grabensysteme (siehe Abbildung 5), sondern auch die Verdichtung und die Scherkräfte können zu irreparablen Schäden am Denkmal führen. Die Rückegassen auf und um das Denkmal müssen so gewählt werden, dass keine weiteren Beschädigungen der oberirdischen Denkmalstrukturen erfolgen. Alle Gassen und Abfahrwege um das Denkmal sind langfristig zu markieren, um die intakten Denkmalabschnitte zu umfahren.
  4. Auch durch Sturm geworfene oder gebrochene Bäume können Schäden am Bodendenkmal verursachen. Daher müssen instabile und geschädigte Bäume zur Förderung stabiler Einzelbäume bzw. der Bestandesstabilität vorsorglich entnommen werden. Die Holzernte wird speziell auf das Bodendenkmal abgestimmt. In dem hier vorliegenden Fall der Postierungslinie mit Redoute und Wallgraben ist der Einsatz eines Harvesters vorgesehen. Das Restholz wird auf den Fahrgassen abgelegt, mindert somit den Bodendruck und dient der Vermeidung von Befahrungsschäden um das Bodendenkmal herum.
  5. In regelmäßigen Abständen angebrachte Denkmalschilder – quasi als “Achtungszeichen” – sollen zukünftig sowohl den Waldbesucher als auch die Bewirtschafter auf die Besonderheit hinweisen.
  6. Das Erscheinungsbild der erhaltenen Postierungslinie darf nicht durch Wildschutzzäune und andere forstliche Schutzeinhegungen oder jagdliche Einrichtungen beeinträchtigt werden.

Waldbau auf Bodendenkmälern

Menschliche Beschädigungen an Bodendenkmälern erfolgen fast immer durch Unkenntnis und nicht durch Absicht. Hier kann viel durch den zuständigen Revierförster geleistet werden.

Um die Sichtbarkeit eines Bodendenkmals zu erhöhen, kann man einerseits sämtlichen Bewuchs zurückdrängen. Andererseits kann aber auch waldbauliches Schaffen zu mehr Repräsentanz eines Denkmals führen. Denn ein Versäumnis der Pflege führt recht schnell zu einer Verbuschung oder Überwucherung und zu einem Vergessen. Im Zweifel erhöht sich somit sogar die Gefahr einer unangepassten Maßnahme. Viel nachhaltiger scheint die Möglichkeit, dem Bodendenkmal ein ökologisches Hinweisschild zu geben. Im Rahmen eines Austausches zwischen Forstamt, Landesamt für Kultur und Denkmalpflege und dem Forstlichen Versuchswesen waren folgende generelle waldbauliche Maßnahmen für die Postierungslinie im Heidenholz im Gespräch:

  1. Langlebige, markanter Einzelbäume. Gerade markante Solitäre lenken das Augenmerk der Waldbesucher aber auch des Bewirtschafters in gewisse Bereiche eines Waldes. Hier kann die Förderung von markanten, starken Einzelbäumen langfristig die Aufmerksamkeit für Bodendenkmäler erhöhen und es werden gleichzeitig notwendige Biotopbäume ausgewiesen. Es verbinden sich forstliche mit archäologischen Anforderungen und eine “Schanzen-Kiefer” oder eine “Redouten-Eiche” wird auch noch nach Jahrzehnten dem geneigten Beobachter eine Information liefern.
  2. Seltene Baumarten. Auch das Einbringen von seltenen oder auch nichtheimischen Baumarten führt über Jahrzehnte zur Aufmerksamkeit für Waldorte. Obstgehölze wie Elsbeere, Speierling und Wildbirne erfüllen meist standörtliche Voraussetzungen und sind sich stets dem Interesse und Feingefühl mehrerer Forstgenerationen gewiss. Auch die Eibe oder die Stechpalme tragen im besonderen Maße dieses Potenzial. Sie setzen nicht nur starke, dunkelgrüne Akzente im Unterholz, sondern zeichnen sich auch durch Schattentoleranz und ausgesprochene Langlebigkeit aus.
  3. Konturen nachzeichnen. Gerade durch die Fernerkundung werden viele Bodendenkmäler heute überhaupt erst entdeckt. Durch die Pflanzung von besonders auffälligen Baumarten kann dieser Effekt noch verstärkt werden. Besonders kräftig färbende Arten wie die Roteiche, die Lärche oder markant blühende Bäume wie die Kirschen sorgen für starke visuelle Effekte. In Verbindung mit systematischen Pflanzungen entlang von menschlich geschaffenen Strukturen heben sich Denkmäler über viele Generationen ab.
  4. Umgang vor und nach Katastrophen. Gerade Sturmwurfflächen aber auch große Kalamitätsflächen und deren nachfolgende Holzernte bedeuten eine hohe Gefährdung für Bodendenkmaler. Umso wichtiger ist es, dass auch in Bereichen von Bodendenkmälern stabile Bestände erhalten bleiben.

Im Rahmen eines Außentermins haben sich die Autoren des Beitrags dazu entschlossen, die auf der Redoute befindlichen Kiefern zu vereinzeln und sofern es noch möglich ist, zu starken Solitären auszubilden. An einem der Solitäre soll ein Hinweisschild mit QR-Code angebracht werden. Die zur Postierungslinie gehörenden Wallgräben sollen auf etwa 1 km Länge mit Eiben oder Stechpalmen bepflanzt werden – zunächst im Pflanzabstand von 10 Metern. Die Struktur kann bei Bedarf in den Folgejahren verdichtet werden.

Fazit

Bodendenkmäler sind ein bedeutendes Kulturerbe in unserer Landschaft. Dass sie gerade in den Wäldern so lange überdauert haben, ist ein Indiz für die extensive Nutzung der Wälder und verdeutlicht einmal mehr, welche Bedeutung die Wälder auch für die Landschaftsgeschichte und die Erforschung historischer Landnutzungen haben.

Trotzdem bedarf es für den Erhalt von Bodendenkmälern weiterer Anstrengungen. Für sie wäre es vorteilhaft, wenn objektspezifische Konzepte erarbeitet werden, welche im Einklang mit den umliegenden Waldstrukturen stehen. Denkmäler der Geschichte sollten nicht ungepflegt und unbeachtet in Vergessenheit geraten. Das erhöht das Risiko für unbeabsichtigte Beschädigung. Die Denkmalbehörden der Landkreise und die Landesarchäologie stehen für die Abstimmung neuer Konzepte bereit und auch überregional beschäftigt sich die Fachkommission für Land- und Forstwirtschaft beim Verband der Landesarchäologien mit dem Thema. Wichtig ist, dass die Waldbesitzer und Forstbehörden in die Lage versetzt werden, solche Zeugnisse der Vergangenheit zu bewahren und erlebbar zu machen.

Bodendenkmäler: Den Status eines Bodendenkmals erhalten nach dem DSchG MV (§ 2 Abs. 1 und 5) Spuren menschlichen Handelns, die sich auf der Geländeoberfläche oder im Boden erhalten haben. Ihr Erhalt und Schutz ist im öffentlichen Interesse, wenn sie z. B. wissenschaftlich, geschichtlich oder volkskundlich von besonderer Bedeutung sind.

Unter besonderem Schutz stehen oberirdisch erkennbare Bodendenkmäler wie Hügelgräber, Megalithgräber, Steinsetzungen, Kultsteine, Befestigungen und Burgwälle, Altstraßen/Hohlwege, Vor- und Frühgeschichtliche Feldfluren (sog. Celtic-Fields), Spuren historischer Wasserbauten (Staudämme), Einhegungen von Siedlungen und z. B. Nachtweiden. Holzkohlemeiler, Kalkbrennöfen und Teeröfen, oder Spuren historischer Ereignisse, wie z. B. militärische Konflikte, gehören dazu.