Der Wolf - zurück in Deutschland!

Es gibt Tiere, die gibt's eigentlich nicht mehr. Sie sind raus aus der Natur und aus den Köpfen. Das mehr oder weniger vorhandene Wissen stammt aus Geschichten und Märchen oder aus TV-Dokumentationen. Bestes Beispiel dafür ist der Wolf. Fast 100 Jahre war er - abgesehen von einzelnen wandernden Wölfen - in Deutschland verschwunden. Der Wolf galt nach jahrhundertelanger Verfolgung als ausgerottet. Die Bestätigung eines Wolfrudels durch Forstleute auf einem militärischen Übungsplatz in der sächsischen Oberlausitz im Jahr 2000 war eine wildbiologische Sensation. Aus Polen eingewandert, hatte sich im Osten Deutschlands ein Wolfspaar angesiedelt und Junge aufgezogen. Von der Oberlausitz aus verbreitete sich das Wolfsvorkommen in den Folgejahren nicht nur im Osten der Republik, sondern auch in die alten Bundesländer bis weit nach Westen. Dabei profitiert der Wolf heute von seinem strengen gesetzlichen Schutz. Auch der Wildreichtum deutscher Wälder und die großen militärischen Übungsflächen als ruhige Orte zur Aufzucht der Jungen helfen den rückkehrenden Wölfen.

Wann kommt der Wolf nach NRW?

Dass der Wolf auch nach NRW zurückkommt, ist nicht unwahrscheinlich. Schon im November 2009 stattete der damals im nordhessischen Reinhardswald lebende Wolf dem benachbarten Kreis Höxter einen heimlichen Besuch ab. Dieser Wolf war der erste seit etwa 170 Jahren, der in Westfalen auftauchte. Ursprünglich stammte der Wolfsrüde aus der sächsischen Wolfspopulation. Auch die Entwicklung der niedersächsischen Wölfe mit insgesamt drei Rudeln lassen Wolfsbesuche in NRW wahrscheinlicher werden. Wenn der Wolf kommt, kann und darf er auch in NRW leben. Der Wolf steht unter Artenschutz, braucht aber weder Wildnis noch speziell ausgewiesene Schutzgebiete. Vor allem braucht er eins: die Akzeptanz des Menschen.

Vorbereiten auf den Wolf in NRW

Mit seiner Rückkehr beschäftigt sich das Land schon seit 2010. In einem beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) eingerichteten Arbeitskreis Wolf erarbeiten Wissenschaftler und Naturschützer, Jäger, Schafhalter und Forstleute ein Konzept für den Fall der eigenständigen Rückkehr des Wolfes und tauschen unterschiedliche Interessen aus.

Im Februar 2014 setzten mehr als 100 Teilnehmer in einem Workshop des NRW-Schafzuchtverbandes und der Forstleute von Wald und Holz NRW das Startsignal für weitere kooperative Projekte mit unterschiedlichen Interessengruppen zum Wolf.

Ein Aussetzen von Wölfen ist nicht vorgesehen. Das Land hat auf Anregung des Arbeitskreises ein Verfahren für die Entschädigung von Nutztierrissen entwickelt und Wolfsberater ausgebildet. Ein vom Land finanziertes "Notfallset" mit wolfssicheren Elektrozäunen für die schnelle Sicherung von Schafherden bei einem möglichen Wolfsbesuch ist aus dem Arbeitskreis ebenfalls auf den Weg gebracht worden.

In NRW koordiniert das LANUV alle erforderlichen Tätigkeiten im Rahmen des Wolfs-Monitorings in enger Abstimmung mit der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Das hier aufgebaute Luchsberaternetz wird mittlerweile auch für das Wolfs-Monitoring eingesetzt.

Was ändert sich, wenn der Wolf kommt?

Wölfe sind scheu und meiden den Menschen. Gleichwohl können sie in menschlicher Nachbarschaft leben. In NRW wird der nächste Wolf vermutlich nur durch ein gerissenes Wildtier oder Schaf auf sich aufmerksam machen. Denn insbesondere Einzelwölfe sind nahezu unsichtbar.

Die oftmals beschworene Gefahr für Leib und Leben der Menschen geht von Wölfen nicht aus. Bei Schafen ist das anders. Denn der Wolf ist ein Raubtier und frisst auch Schafe, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Das entspricht seiner ökologischen Funktion. Der Wolf kann nicht zwischen Wild- und Haustier differenzieren. Das Wissen über die wolfssichere Schafhaltung ist durch das generationenlange Fehlen des Wolfes abhandengekommen. Daher müssen sich Schafhalter auf die Rückkehr des Wolfes erst neu einstellen. Ebenso ist ein gesellschaftlicher Konsens darüber erforderlich, in welchem Umfang die Schafhalter finanziell unterstützt werden. So sind Schafhaltungen auch bei Anwesenheit des Wolfes mit vertretbarem Aufwand möglich. Davon profitiert dann auch die schützenswerte Kulturlandschaft, die vielerorts durch Schafe gepflegt wird.

Wenn der Wolf im Revier mitjagt, ändert sich das Leben der Wildtiere und das des Jägers. Rehe und Hirsche, die bislang ohne Raubtiere leben konnten, verändern ihr Verhalten durch die Anwesenheit des Wolfes. Darauf muss sich der Jäger einstellen. Die Sorge, dass sich der Wolf zu einem ernsthaften Konkurrenten entwickelt, ist aufgrund der insgesamt hohen Wildbestände und der natürlichen Gesetzmäßigkeiten zwischen Räuber und Beute unbegründet.

Wissenswertes über den Wolf

Der Hund ist genetisch eigentlich immer noch ein Wolf. Auch wenn viele Hunde ihrem Stammvater nicht mehr besonders ähnlich sehen. Einige Rassen kommen dem Bild des Wolfes aber recht nahe, sodass es regelmäßig zu Verwechslungen und falschen Wolfsmeldungen kommt. Der Europäische Wolf wird etwa so groß wie ein Schäferhund und wiegt im Mittel um die 40 Kilogramm. Seine Fellfarbe ist sehr variabel, der Grundton ist grau. Die kleinen, dreieckigen Ohren stehen nach oben. Zusammen mit der spitzen, recht hellen Schnauze und den gelblichen Augen formen sie das markante Wolfsgesicht. Es ist das Gesicht eines Raubtiers, das sich wie kein anderes auf unterschiedliche Lebensräume und Beutetiere eingestellt hat.

Der Wolf frisst je nach Vorkommen verschiedene Wildtiere wie Hirsche, Rehe oder Wildschweine. Dabei jagt er vor allem junge, alte und kranke Beutetiere. Wölfe leben in Familienverbänden, den Rudeln. Diese setzen sich in der Regel aus dem Elternpaar, dem Nachwuchs des Vorjahres und den Welpen zusammen. Jedes Rudel bewohnt ein festes Revier. Damit sich das Rudel nicht durch zu viele Artgenossen die eigene Lebensgrundlage entzieht, verlassen junge Wölfe bei Geschlechtsreife das Revier und laufen teilweise Hunderte von Kilometern weit. Durch diese Wanderungen werden neue Gebiete durch Wölfe besiedelt.