Die Haut von Amphibien ist weder durch ein Fell noch durch Federn oder Schuppen vor Umwelteinflüssen geschützt. Schleimdrüsen halten die nackte Amphibienhaut konstant feucht, was für die Sauerstoffaufnahme durch Hautatmung notwendig ist. Während Trockenperioden oder bei direkter Sonneneinstrahlung geht die Feuchtigkeit der Haut jedoch schnell verloren. Deshalb sind Amphibien auf feuchte, schattige Lebensräume und Rückzugsmöglichkeiten angewiesen. Der Wald ist dank seinem feuchten Mikroklima als Aufenthaltsort für Amphibien prädestiniert.
Fischfreie Gewässer
Die verschiedenartigen Wälder der Schweiz haben für die meisten der 18 einheimischen Amphibienarten grosse Bedeutung. So sind für viele Vertreter der Lurche Laubmischwälder die wichtigsten Landlebensräume. Besonders wertvoll sind Auen- und Bruchwälder (Abb. 2 und 3), denn diese Waldtypen weisen fischfreie Kleingewässer auf. Die Abwesenheit von Fischen ist für die Entwicklung der Larven entscheidend, da Fische sowohl Laich als auch Kaulquappen fressen.
Reine Nadelholzbestände werden in der Regel von Amphibien gemieden, weil die Bodenvegetation oft spärlich ist und die dicke Nadelstreuschicht ihren Beutetieren, zum Beispiel Insekten, Spinnen oder Schnecken, kaum Lebensraum bietet. Ausgesprochene Waldbewohner sind der Alpensalamander, der Feuersalamander, Kamm- und Fadenmolch, der Springfrosch und die Gelbbauchunke. Auch die Erdkröte (Abb. 1) oder der Grasfrosch sind oft in Wäldern anzutreffen.
Abb. 2 - Unberührte Auenwälder, die regelmässig überschwemmt werden, beherbergen eine Vielzahl von Amphibien. Foto: Thomas Reich (WSL)
Abb. 3 - Die Flachgewässer in Bruchwäldern sind normalerweise fischfrei. Deshalb stellen sie für Amphibien, insbesondere für Molche, ein wichtiges Laichgewässer dar. Fotos: Ulrich Wasem, Andreas Meyer
Häufiger an Land als im Wasser
Amphibien nehmen wir meistens während ihrer Fortpflanzungszeit wahr, also dann, wenn sie im Wasser sind. Unüberhörbar ist das Gequake der seltenen Laubfrösche, Molche lassen sich beim Luftholen beobachten, und jedes Kind hat schon Kaulquappen im Flachwasser von Weihern schwimmen sehen. Schnell leitet man daraus ab, Amphibien seien vornehmlich Wassertiere. Dies ist jedoch ein Trugschluss, denn die meisten einheimischen Amphibienarten verbringen den Grossteil ihres Lebens an Land.
Ein reiner Landbewohner ist der Alpensalamander. Als einzige einheimische Amphibienart ist er nicht auf Gewässer angewiesen, sondern gebärt vollständig entwickelte Jungtiere. Beim Feuersalamander (Abb. 4) und bei der Geburtshelferkröte leben nur die Larven im Wasser; die erwachsenen Tiere halten sich dagegen an Land auf. Grasfrosch und Erdkröte verbringen nur während der Paarungszeit einige Tage bis Wochen im Wasser. Molche sind vergleichsweise lange im Teich zu beobachten, trotzdem macht auch bei ihnen die Landphase den grösseren Teil des Lebens aus. Nur die Wasserfrösche (Abb. 7) verbringen die meiste Zeit im Gewässer. An Land leben Amphibien meist unter Holz oder Steinen versteckt und sind nur bei Regenwetter oder in Nächten mit hoher Luftfeuchtigkeit aktiv.
Abb. 4 - Feuersalamander sind typische Laubwaldbewohner. Wenn sie in regenreichen Nächten auf Partnersuche oder auf die Jagd gehen, kann man die schönen Tiere manchmal in erstaunlich grosser Zahl auf Waldwegen und Forststrassen finden. Leider werden sie oft überfahren. Foto: Thomas Reich (WSL)
Verstecke und Jagdgebiete
Amphibien sind wechselwarm. Im Gegensatz zu Säugetieren oder Vögeln können sie ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren. Deshalb hängt die Aktivität der Amphibien stark von der Umgebungstemperatur ab, was sie in unseren Breitengraden zu einer Winterruhe zwingt. Frostsichere Überwinterungsplätze finden Amphibien häufig in Wäldern, die reich an Kleinstrukturen sind. Sie benutzen Erdhöhlen von Mäusen und Maulwürfen oder ziehen sich unter Wurzelstöcke, Ast- oder Laubhaufen zurück. Eine isolierende Humusauflage und das geschlossene Kronendach des Waldes können als zusätzlicher Kälteschutz dienen. Langlebige Amphibien wie die beiden Salamanderarten oder die Erdkröte werden zehn bis zwanzig Jahre alt.
Rückzugsorte haben auch im Sommer eine grosse Bedeutung. Unter Asthaufen oder liegendem Totholz starker Dimensionen (Abb. 5) bleibt es selbst während längerer Trockenperioden feucht, was die empfindliche Amphibienhaut vor Austrocknung schützt. In einem solchen Unterschlupf sind die Amphibien zugleich vor vielen Fressfeinden sicher. Dazu zählen Eulen, Füchse, Dachse, Marder, Fische oder grosse Laufkäfer. Darüber hinaus finden Amphibien unter totem Holz, aber auch in der Oberschicht des Waldbodens und in üppiger Krautvegetation, ausreichend Nahrung – hauptsächlich Würmer, Schnecken, Asseln, Spinnen und kleinere Insekten. Innerhalb des Waldes halten sich die Lurche bevorzugt an Feuchtstellen und in Bachtälern auf.
Abb. 5 - Wo würden Sie sich in diesem Wald tagsüber verstecken, wenn Sie ein Grasfrosch oder ein Salamander wären? Foto: Thomas Reich (WSL)
Gewässer als Schlüsselfaktor
Mit Ausnahme des Alpensalamanders sind alle unsere Amphibien zwingend auf Fortpflanzungsgewässer angewiesen. Wo geeignete Gewässer längere Zeit fehlen, sterben sie aus.
Noch vor gut 200 Jahren gab es in der Schweiz ausgedehnte Feuchtgebiete und damit eine Fülle von Laichgewässern. Seitdem hat der Mensch viele dieser Gebiete entwässert und in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt. Antriebsfeder war einerseits die Urbarmachung von Riedwiesen und Mooren, andererseits der Schutz vor Überschwemmungen mit Hilfe von Flussverbauungen. Aber auch in den Wäldern ist die Zahl der Laichgebiete zurückgegangen: Feuchtwälder wurden mit Entwässerungsgräben drainiert und Geländesenken, in denen sich im Frühling nach der Schneeschmelze Tümpel bildeten, mit Erdmaterial aufgefüllt. Quellfassungen haben Waldbäche versiegen lassen, und Flussverbauungen unterbinden die natürliche Gewässerdynamik in Auenwäldern.
Dies alles hat zur Folge, dass Fortpflanzungsgewässer heute "Mangelware" sind und dass 70% aller einheimischen Amphibien als gefährdet gelten. Nur ein erhöhtes Angebot an Laichplätzen würde diesen Zustand verbessern. Weil der Wald als Landlebensraum von Amphibien sehr bedeutend ist, liegen arten- oder individuenreiche Laichgewässer häufig in der Nähe von Wäldern. Der Bau neuer Gewässer in Wäldern und im Waldrandbereich (Abb. 6) zeigt daher auch in den meisten Fällen Wirkung.
Abb. 6 - Fast alle Amphibien, z.B. der Grasfrosch, sind für ihre Fortpflanzung auf Gewässer angewiesen. Die Anlage von Tümpeln und Weihern ist daher sehr wichtig. Foto: Thomas Reich (WSL)
Anspruchslose und Wählerische
Wer Tümpel und Teiche anlegen möchte, sollte allerdings beachten, dass die einzelnen Amphibienarten zum Teil sehr unterschiedliche Ansprüche an Laichgewässer stellen. Es ist wie bei uns Menschen: Die einen sind schnell zufrieden, anderen kann man es wiederum kaum recht machen.
So laicht beispielsweise der Grasfrosch sowohl in Gartenteichen, kleinen Tümpeln und Seen als auch in langsam fliessenden Bächen oder in Flachmooren. Andere Amphibien wie die Kreuzkröte, der Laubfrosch oder die Gelbbauchunke sind hingegen sehr wählerisch. Als sogenannte Pionierarten benötigen diese drei Froschlurche frisch entstandene Gewässer zur Fortpflanzung. Während die anspruchslosen Arten mit den Biotopveränderungen der letzten Jahrzehnte noch verhältnismässig gut zurechtkommen, sind die Spezialisten meist stark gefährdet.
Abb. 7 - In diesem stark zugewachsenen Gewässer laicht unter anderem der Teichfrosch. Pionierarten können sich hier allerdings nicht fortpflanzen. Foto: Thomas Reich (WSL)
Beispiel Gelbbauchunke
Die Gelbbauchunke laicht nur in spärlich bewachsenen Flach- und Kleinstgewässern. Solche Biotope entstanden früher in Auenwäldern entlang frei fliessender Flüsse, die regelmässigem Hochwasser ausgesetzt waren. Heute fehlt den oft begradigten Flüssen die natürliche Wasser- und Geschiebedynamik. Damit verschwindet auch die Lebensgrundlage der Gelbbauchunke. Für das Überleben dieser Art sind vom Menschen geschaffene Ersatzlebensräume daher besonders wichtig.
Tümpel in Kiesgruben oder Steinbrüchen können die ursprünglichen Lebensräume der Gelbbauchunke ersetzen, weil der stete Materialabbau ähnliche Habitate entstehen lässt wie Hochwässer in natürlichen Auen. Einen vergleichbaren Pioniercharakter haben auch mit Wasser gefüllte Fahrspuren im Wald (Abb. 8). Das Problem der Unke ist jedoch, dass alle diese Ersatzlebensräume "kurzlebig" sind und sie die ökologische Kontinuität der ursprünglichen Flusslandschaft auf Dauer kaum kompensieren können. Zudem gelten tiefe Spurrinnen nach Maschineneinsatz aus Sicht des Bodenschutzes als Schaden und werden deshalb oft eingeebnet. Das zerstört wertvolle Laichgewässer.
Im Interessenkonflikt zwischen Boden- und Artenschutz sollte man sich auf einen Kompromiss einigen: bereits entstandene Fahrspuren dulden, solange sie die Waldbewirtschaftung nicht übermässig behindern.
Abb. 8 - Gelbbauchunken pflanzen sich in kleinsten Gewässern fort. Mit Wasser gefüllte Fahrspuren im Wald sind für sie ein wichtiger Ersatzlebensraum. Foto: Thomas Reich (WSL)
(TR)