Die Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria, syn. Callimorpha quadripunctaria), auch Spanische Fahne oder Russischer Bär genannt, zählt zu der großen Gruppe der Nachtfalter und hier zur Familie der Bärenspinner. Bärenspinner sind nach ihren meist stark behaarten Raupen benannt. Wahrscheinlich wegen der seltenen und bedrohten Unterart der Spanischen Flagge auf der Insel Rhodos Euplagia quadripunctaria rhodosensis wurde die Art als prioritäre Art in den Anhang II der FFH-Richtlinie übernommen. Berühmt sind auf Rhodos die Vorkommen der in Massen übersommernden Schmetterlinge in der Petaloudes-Schlucht, wo früher bis zu 1000 Exemplare pro m2 zu finden waren. In Deutschland kommt die Spanische Fahne meist nur lokal vor, ist aber nicht rückläufig.
2025 haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die BUND NRW Naturschutzstiftung die Spanische Flagge zum Schmetterling des Jahres ausgerufen.
Ein ungewöhnlicher Vertreter seiner Gruppe
Im Gegensatz zu vielen anderen Nachtfaltern zeigen die Angehörigen der Bärenspinner oftmals ein sehr farbenprächtiges Aussehen, das mehr an Tagfalter erinnert. Die teilweise grellen Farben, v.a. der Hinterflügel, werden aber meist als Warn- oder Schrecktracht gedeutet. Auch die Spanische Flagge besitzt knallrote Hinterflügel mit drei bis vier schwarzen Punkten (Abbildung 1). Sie sind erst beim Flug und Aufklappen der Vorderflügel sichtbar. Diese sind bei der Spanischen Flagge typisch schwarz-weiß gestreift (Abbildung 2). Die Schmetterlingsart erreicht mit einer Flügelspannweite von 45–55 mm etwa die Größe des Tagpfauenauges. Der verwandte Braune Bär ist allerdings noch etwas größer (Abbildung 3). Die Raupe der Spanischen Flagge wird bis zu 50 mm lang und ist stark behaart. Seitlich weist sie weiße Punkte auf, besitzt einen gelben Rückenstreifen und rotbraune Warzen (Abbildung 4).
Verbreitung
Der Schmetterling des Jahres 2025 ist in Süd-, Mittel- und Osteuropa verbreitet. Die Art kommt von der Iberischen Halbinsel, über Südengland, das südliche Deutschland bis ins Baltikum, Belarus, Ukraine, im europäischen Teil Russlands, und bis nach Vorderasien vor. Früher zog sich die nördliche Verbreitungsgrenze dieser etwas als wärmeliebend geltenden Art mitten durch Deutschland. Durch die Klimaerwärmung breitet sich die Art seit ca. dem Jahr 2000 weiter nach Norden und auch in höhere Lagen aus. Bekannte Vorkommen lagen früher in den Weinbaugebieten, in den Tälern der großen Flüsse, z. B. an Rhein, Main, Neckar, an der Donau zwischen Regensburg und Passau, in der Schwäbischen Alb und im Frankenjura.
Vorliebe für den Wasserdost
Die Spanische Flagge fliegt gerne tagsüber im Sonnenschein. Auch hier ähnelt sie eher den Tagfaltern als den Nachtfaltern. Die Schmetterlinge besitzen ausgebildete Mundwerkzeuge und können daher Nahrung aufnehmen. Sie sitzen gerne auf den rotvioletten Blütenständen des Wasserdostes (Eupatorium cannabinum), um dort, wie viele andere Insektenarten auch, Nektar zu saugen (Abbildung 5).
Gerade an windgeschützten, sonnigen bis halbschattigen Wegrändern im Wald, in hochstaudenreichen Säumen und an artenreichen Waldrändern wächst der Wasserdost gerne – dort kann man die erwachsenen Falter der Spanischen Flagge oftmals fliegen sehen. Der heimische zu den Korbblütlern zählende Wasserdost bevorzugt nitratreiche, feuchte, neutrale bis schwach basische Standorte. Seine Blütezeit fällt mit der Flugzeit der Spanischen Flagge zusammen. Dies deutet auf eine evolutionäre Anpassung der Spanischen Flagge an ihre Hauptnektarpflanze hin. Die Flugzeit liegt in der Zeit von Juli bis Ende August/Anfang September.
Im Gegensatz zu den eher unruhig und lebhaft von Blüte zu Blüte flatternden Tagfaltern können die Falter der Spanischen Flagge drei bis vier Stunden auf einem einzigen Blütenstand des Wasserdostes verweilen. Seltener werden auch die Blütenstände der Wilden Möhre und der Ackerdistel beflogen. In die Zeit von August/September fällt auch die Eiablage. Die schlüpfenden jungen Räupchen sind nachtaktiv und leben sehr versteckt. Sie fressen bevorzugt an Kräutern, wie z. B. Brennnessel, Fuchs-Kreuzkraut und Taubnessel. Nach der Überwinterung bevorzugen die Raupen dann Himbeeren und Brombeeren als Fraßpflanzen.
Erhaltungsmaßnahmen
Die Pflege der Forstwege sollte auf den Erhalt der blütenreichen Wegeränder Rücksicht nehmen. Wegepflege, v. a. das Mähen der Bankette, ist notwendig, um den seitlichen Wasserabfluss vom Wegekörper zu ermöglichen. Aber eine rücksichtsvolle Wegepflege kann z. B. durch abschnittsweises oder zeitlich gestaffeltes Mähen die Belange des Insektenartenschutzes erfüllen. Das kann auch bedeuten, auf ein jährliches Mähen der Bankette entlang von Forstwegen zu verzichten.






