Die Holzwespen-Schlupfwespe (Rhyssa persuasoria) ist mit bis zu 38 mm Körperlänge eine der größten parasitoiden Wespen Europas. An Kopf, Brust und Hinterleib ist sie schwarz-weiß gezeichnet und besitzt lange, dünne, orangerote Beine. Ihr auffälligstes Merkmal ist aber der lange Legebohrer, der bei dieser Art die Körperlänge deutlich übertrifft. Der Legebohrer befähigt die Riesenschlupfwespen-Weibchen bis zu 5 cm tief im Holz sitzende Holzwespenlarven zu erreichen, um in diesen ihre Eier abzulegen. Bei ihren Wirten handelt es sich um verschiedene Holzwespen-Arten (Siricidae), die sich in Nadelbäumen entwickeln, wie die in Fichtenwäldern häufige Riesenholzwespe (Urocerus gigas). Der Lebensraum der Riesenschlupfwespe ist daher auch der Nadelwald und der Mischwald mit beigemischten Nadelbaumarten. 

Die Larve, seltener die Puppe, der Holzwespe wird von der Riesenschlupfwespe jeweils nur mit einem einzigen Ei belegt. Die versteckt im Holz lebenden Holzwespenlarven sind von außen nicht sichtbar. Aber wie findet die Schlupfwespe den verborgenen Wirt, den sie zu ihrer Vermehrung benötigt? Holzwespenlarven leben in Symbiose mit holzabbauenden Pilzen. Denn ohne diese Pilze könnten sie Holz nicht für ihre Ernährung nutzen. Es ist der typische Geruch der Pilze, der die Holzwespen-Schlupfwespe anlockt. Deshalb laufen die Weibchen so emsig auf den Stämmen umher und bewegen laufend ihre Fühler so intensiv, da sich an ihnen die Geruchsrezeptoren befinden. Der Bohrprozess selbst dauert meist nur wenige Minuten, kann aber auch über eine halbe Stunde andauern. Bei Erfolg wird die Wirtslarve angestochen und gelähmt. Der Wirt kann sich deshalb nicht mehr fortbewegen und auch nicht mehr wachsen. Nach dem Stich wird ein einziges langes (etwa 9 mm) und sehr dünnes Ei durch den engen Legebohrer auf der Wirtslarve abgelegt.

Die geschlüpfte Schlupfwespen-Larve saugt zuerst von außen an der gelähmten, aber lebenden Holzwespenlarve. Wächst sie jedoch heran, wächst auch ihr Appetit, und letztlich frisst sie ihren Wirt auf. Deshalb legt das Riesenschlupfwespen-Weibchen pro Wirtslarve nur ein Ei ab, denn der Nahrungsvorrat reicht nur für die Entwicklung eines einzigen Nachkommens aus. Die gesamte Larvenentwicklung dauert etwa fünf Wochen.

Schlupfwespen, von denen es weltweit ca. 25.000 Arten gibt, davon rund 3.600 in Mitteleuropa, spielen als Parasitoide anderer Insekten eine wichtige Rolle im Naturhaushalt. Sie können regulierend auf Insektenpopulationen einwirken und tragen somit zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts in Ökosystemen bei.

Ein informatives Faltblatt zur Holzwespen-Schlupfwespe ist beim Kuratorium “Insekt des Jahres” unter der Email-Adresse: insekt-des-jahres@senckenberg.de erhältlich.