Vielfältige Funktionen von Waldmooren

Besonders in der Norddeutschen Tiefebene wurden bekanntlich viele Moore großflächig in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt oder dienten dem industriellen Torfabbau. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass auch in Wäldern zahlreiche Moore vorhanden sind. Aufgrund jahrzehntelanger Entwässerung und Aufforstung werden sie jedoch häufig nicht sofort als solche erkannt. Als Waldmoore werden Moore mit einer Torfmächtigkeit über 30 cm definiert, deren Wassereinzugsgebiete bewaldet sind. Bei Torfmächtigkeiten unter 30 cm oder dem Vorhandensein von Anmoortorfen  spricht man von Anmooren. Dies gilt in beiden Fällen unabhängig davon, ob die Moorfläche selbst offen oder mit Gehölzen bewachsen ist.

Solche in Wald eingebetteten Moore sind oft vergleichsweise klein, können jedoch bedeutende und vielfältige Funktionen erfüllen:

  • Sie sind Lebensraum seltener und gefährdeter, oft hochspezialisierter Tier-­ und Pflanzenarten und haben eine große Bedeutung für die biologische Vielfalt auf der Landschaftsebene.
  • Als Kohlenstoffspeicher und -­senke haben sie eine wichtige Klimaschutzfunktion und wirken generell stabilisierend auf den lokalen Wasserhaushalt von Wäldern.
  • Sie fungieren als Nährstoffsenke, indem sie neben Kohlenstoff auch Stickstoff und Phosphor, sowie Schwermetalle in der Vegetation binden und Nitrate und Sulfate aus dem anströmenden Grundwasser sowie aus der atmosphärischen Deposition mikrobiell abbauen.
  • Aufgrund ihrer Wasserspeicherfunktion sind sie bedeutend für den Landschafts­wasserhaushalt. Da die Moore im Hügel- und Bergland in den meisten Fällen Quellgebiete von Bächen sind, wirkt sich ihr Zustand direkt auf Wasserqualität und Hochwasserrückhalt aus.
  • Moore erfüllen eine wichtige Archivfunktion, indem sie Pollen und Pflanzenreste konservieren, mit deren Hilfe die Vegetationsgeschichte rekonstruiert werden kann.

Viele Waldmoore sind jedoch noch immer durch Entwässerungsmaßnahmen beeinträchtigt und können die genannten Funktionen nicht oder nur eingeschränkt erfüllen. Verschärfend kommt der Klimawandel hinzu, der die Moor- und Anmoorlebensräume und die an sie gebundenen Arten in besonderer Weise bedroht.

Degradierung von Waldmooren – ein Rückblick

Jahrhundertelang diente ausschließlich der Wald als Brennholzlieferant für Hüttenwerke und private Haushalte. Bereits ab dem 16. Jahrhundert gab es in vielen deutschen Ländern Bestrebungen, zur Entlastung des Waldes alternative Brennstoffe wie Braunkohle oder Torf zu nutzen. Belegt sind solche Torfstiche für das 16. bis 19. Jahrhundert aus vielen Waldgebieten im Mittelgebirgsraum wie dem Harz, dem Solling, der Rhön, dem Odenwald oder der Bulau. Die zunehmende Steinkohlenutzung führte im Verlaufe des 19. Jahrhunderts zur Aufgabe der meisten Torfstiche im Wald. Viele solcher Waldmoor-Standorte wurden anschließend für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke, wie die Anlage von Waldwiesen oder den Anbau von Nadelbäumen mit zumeist Fichten oder Waldkiefern, entwässert. Diese Prozesse spielten vor allem im Zeitraum zwischen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine große Rolle. Die dabei angelegten Grabensysteme wurden zum Teil noch bis in die jüngste Vergangenheit unterhalten. Mit zunehmenden technischen Möglichkeiten kam es teilweise sogar zum flächigen Umbruch von Waldmooren, um sie aufforsten zu können. Besonders im norddeutschen Tiefland wurden Waldmoore im Rahmen einer Kultivierung von „Ödland“ entwässert, die dann jedoch oft wenig ertragreiche Landwirtschaft vielfach nach 1950 aber aufgegeben. Die Flächen wurden aufgeforstet oder es entstanden im Rahmen einer natürlichen Sukzession „Anflugwälder“ aus Birke und Kiefer auf den weiterhin entwässerten Moorstandorten.

Nichts machen reicht nicht

In den meisten entwässerten Mooren sind aktive wasserbauliche Maßnahmen zur Wiedervernässung nötig. Sie müssen gegebenenfalls noch durch Biotoppflegemaßnahmen begleitet werden. Denn nur wenige entwässerte Moore (in der Regel Quellmoore) sind ausreichend fähig, sich selbst regenerieren zu können. Der stetige Wasseranstrom kann dazu führen, dass Torfpartikel aus dem Moor den Graben nach und nach zusetzen, sodass es zum allmählichen Verschluss des Grabens und der Wiederansiedlung moortypischer Vegetation kommt. Meistens entwässern die Gräben oder auch tiefergelegte Bäche das Moor auch dann weiter, wenn sie nicht mehr unterhalten werden. Es kommt auf diese Weise zu weiterer Torfzersetzung, was zur Freisetzung von Nährstoffen und Kohlenstoffdioxid und einer Veränderung der moortypischen Artenzusammensetzung führt. Im Extremfall vertiefen sich die Gräben durch Erosion noch, sodass der Moorwasserspiegel weiter absinkt. In einigen entwässerten Waldmooren auf nährstoffärmeren Standorten breiten sich nach einer Nutzungsauflassung zudem Fichten weiter aus. Diese verschatten die Moorpflanzen und beeinträchtigen zudem durch Interzeption und Verdunstung den Wasserhaushalt.

Gute Voraussetzungen im Wald

Gegenüber landwirtschaftlich genutzten Mooren im Offenland haben Waldmoore meist günstigere Renaturierungsperspektiven. Denn oft wurden sie weniger tief entwässert und nur selten tief umgebrochen. Außerdem bestehen seltener Zielkonflikte, da die Waldmoorstandorte eine geringe Bedeutung für die Holzproduktion haben. Daher ist allgemein beim Thema Waldmoore ein sehr breiter Konsens der Akteure aus Forstwirtschaft und Naturschutz festzustellen. Zudem besteht gerade bei Mooren in Waldgebieten weniger zersplitterter Grundbesitz als in landwirtschaftlichem Gelände, sodass eine Einbeziehung des gesamten Moorkörpers in ein Renaturierungsprojekt eher möglich ist. Die meisten Wälder, die standörtlich bedingt über Moore verfügen, zeichnen sich durch zahlreiche kleine Moorstandorte aus. Die Renaturierung mehrerer solcher Standorte schafft einen lokalen Biotopverbund für Moorarten und kann so ihr Überleben besser absichern als Einzelprojekte es vermögen.

Vorgehen bei der Renaturierung

Am Anfang eines Renaturierungsvorhabens steht eine Abgrenzung des Moorkörpers mit Erfassung der Torfmächtigkeiten und Kartierung der Entwässerungsgräben. Darüber hinaus muss die aktuelle Bestockung und Vegetation betrachtet werden. Bei diesen Vorarbeiten werden oft auch Methoden der Fernerkundung eingesetzt. Die Moorabgrenzung ist jedoch nur bodenkundlich vor Ort sicher möglich. Mit in die Betrachtung einbezogen werden müssen die Wassereinzugsgebiete der Waldmoore. In ihnen sollten gegebenenfalls auch Maßnahmen wie etwa ein Waldumbau eingeplant werden, um eine Erhöhung der Versickerung zu gewährleisten. Auf der Grundlage dieser Daten erfolgen eine gebietsspezifische Planung der Renaturierungsmaßnahmen und die Ableitung von Zielvorstellungen. Das Idealziel ist ein erneutes Moorwachstum durch eine „Vollvernässung“, die zu neuem Torfwachstum durch ganzjährig flurgleiche bis flurnahe Wasserstände führt und bei geneigten Mooren die flächige Durchsickerung oder Überrieselung des Torfkörpers wiederherstellt. Damit unterscheiden sich die Ziele für die Waldmoore von jenen landwirtschaftlich genutzter Moore. In letzteren ist oftmals wegen weiträumiger Grundwasserabsenkungen oder Rücksicht auf die weitere Nutzung maximal ein Torferhalt als Vernässungsziel möglich. Wichtigste Maßnahme zur Verbesserung des Moorzustands ist in der Regel eine Grabenverfüllung bzw. in speziellen Fällen auch ein Anstau oder Überstau. Weiterhin müssen oft dicht stehende Nadelbäume ganz oder teilweise entnommen werden. In vielen Fällen ist dafür Seilkrantechnik das Mittel der Wahl, um die Moorböden nicht zu belasten oder gar zu beeinträchtigen.

 

Fazit

Moorstandorte und die an sie gebundenen Arten sind in besonderem Maße von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Zugleich tragen entwässerte Moore durch Freisetzung von Kohlenstoffdioxid und Lachgas selbst zum Klimawandel bei. Vor diesem Hintergrund ist keine Zeit zu verlieren, wenn das Ziel erreicht werden soll, Waldmoore in einen Zustand zu versetzen, der klimasensitiven Moorarten Überlebensmöglichkeiten bietet und die Erfüllung der eingangs dargestellten Funktionen von Waldmooren ermöglicht. Die Erfahrungen mit der Renaturierung von Waldmooren haben gezeigt, dass von vornherein eine Vollvernässung angestrebt werden sollte, also alle durchführbaren Maßnahmen ergriffen werden sollten. Ebenso ist es wichtig, in den Planungen den gesamten Moorkörper und eventuell damit verzahnte natürliche Fließgewässer mit einzubeziehen. Dies bedeutet, dass vorab die einstige Ausdehnung der Vermoorung, ihre Wasserversorgung und der hydrogenetische Moortyp erfasst werden müssen. In vielen Fällen sorgfältig geplanter Wiedervernässungen stellt sich erfreulich schnell ein Erfolg der Renaturierungs­maßnahmen in Waldmooren ein. Er ist beispielsweise messbar über Jahresgänge des Wasserstandes unter Flur oder die Ausbreitung und das Wachstum von Torfmoosen und weiteren moortypischen Arten. In anderen Fällen ist dagegen Geduld notwendig und im Extremfall müssen Maßnahmen nachgebessert werden. Um den Erfolg abschätzen und eine effziente Steuerung von Maßnahmen vornehmen zu können, sollte für jede Moorrenaturierung ein adäquates Monitoring eingeplant werden.