Moore und Wälder: Dies sind nicht zwei getrennte Lebensräume, sondern im Idealfall und oftmals in der Realität auch heute noch eine Einheit. Selbst viele offene, lichte Moorlebensräume weisen natürlicherweise Bereiche mit Gehölzen auf, die Teil eines Mosaiks an Kleinstandorten sind. Und intakte Feuchtgebiete sind in der Regel in Waldlandschaften schützend eingebettet.

Von diesem Miteinander profitieren zahlreiche Lebewesen – nicht zuletzt die Naturobjekte des Jahres 2023 Moorbirke, Kleiner Wasserfrosch, Alpen-Smaragdlibelle und Sumpf-Haubenpilz.

Moorbirke

Zum "Baum des Jahres" wurde die Moorbirke (Betula pubescens) gekürt. Die Quintessenz zu dieser Baumart lautet: Als kältetoleranter Baum des Nordens erträgt die Moorbirke relativ viel Feuchtigkeit und Nährstoffarmut – in sehr nassen Mooren unterliegt sie den Torfmoosen jedoch "auf den letzten Zentimetern" der Wassersäule und in der Konkurrenz um die wenigen Nährstoffe.

Ihre Bedeutung im Hinblick auf den Wasserhaushalt in Mooren wird oft zu Unrecht negativ beurteilt, denn: Die Moorbirken steuern nicht den Wasserhaushalt – vielmehr steuert der Wasserhaushalt das Wachstum und Vorkommen der Birken. Zudem gibt es kaum eine Baumart im Moor, die mehr Insekten Lebensraum bietet. Die Moorbirke kann also berechtigterweise als fester natürlicher und wertvoller Bestandteil eines jeden Moores angesehen werden – feiern wir sie in 2023 dafür!

Kleiner Wasserfrosch

"Lurch des Jahres" ist der Kleine Wasserfrosch (Rana lessonae). Obwohl FFH-Art und gefährdet, wird er oft übersehen. Grund ist das komplizierte Verwandtschaftsverhältnis mit zwei wesentlich häufigeren Schwesterarten: dem Teich- und dem Seefrosch. Anders als diese überwintert der Kleine Wasserfrosch nicht im Wasser, sondern in den Landlebensräumen der näheren Umgebung. Dies sind Moore und ihre umgebenden naturnahen und feuchten Wälder, wo er sich mit Hilfe eines kleinen Grabwerkzeuges an den Hinterfüßen in den lockeren Boden eingräbt.

Das Beispiel des Kleinen Wasserfroschs zeigt, wie wichtig es ist, Feuchthabitate vor Pestiziden und intensiver Befahrung, vor einem Umgraben des Bodens und ähnlichen Maßnahmen zu schützen. Weil das oft im Wald der Fall ist, haben wir es mit einer Art zu tun, die besonders gern Moore im Wald besiedelt: "Schutzwald" im besten Sinne.

Alpen-Smaragdlibelle

Den Titel "Libelle des Jahres" erhielt 2023 die Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris). Während die Moorbirke und der Kleine Wasserfrosch in allen Teilen Bayerns zu finden sind, beschränken sich die Nachweise der Alpen-Smaragdlibelle auf die Alpen, den Bayerischen Wald und das Fichtelgebirge. Hier besiedelt die Art meist naturnahe Kleingewässer in Mooren.

Die Gewässer, in denen die Larven eine bis zu fünf Jahre andauernde Entwicklungphase durchlaufen, finden sich wie beim Kleinen Wasserfrosch vor allem in einer Waldumgebung. Sie sind meist vegetationsreich mit Seggen und Torfmoosen bewachsen, so dass auch eingewachsene, verlandende Gräben als Lebensraum in Betracht kommen. Die Larven leben verborgen in den Torfmoosen und im Torfschlamm, wo sie zeitweise Austrocknung und Durchfrieren überdauern können. Die erwachsenen Libellen hingegen jagen in der Umgebung – zumeist sind dies lichte Wälder und baumbestandene Lichtungen – und nutzen dort bevorzugt Nadelbaumtriebe als Ansitzwarten und Ruheplätze.

Sowohl für die Alpen-Smaragdlibelle als auch für den Kleinen Wasserfrosch stellen die gewässerumgebenden Wälder eine schützende "Pufferzone" dar. Beide Arten benötigen zumindest zeitweise besonnte Gewässer, sie kommen in naturnahen und oft auch unscheinbaren Wasserstellen vor. Im Gegensatz zum Kleinen Wasserfrosch ist die Alpen-Smaragdlibelle eine sehr kälteadaptierte, nordische Art und deshalb durch den Klimawandel besonders bedroht.

Sumpf-Haubenpilz

Zum "Pilz des Jahres" wurde 2023 der Sumpf-Haubenpilz (Mitrula paludosa) gewählt. Diese kleine Schlauchpilz-Art erinnert mit ihrem dotterfarbenen Kopf auf schlankem Stil an ein Streichholz. Je nach Witterung kann man den keuligen Fruchtköper von Februar bis Juli antreffen.

Der Sumpf-Haubenpilz lebt in anmoorigen, moorigen und sumpfigen Wäldern an kalkarmen Gewässern mit flachen, überstauten Bereichen oder Wasserstellen. Hier wächst er im Substrat und zersetzt Laub- und Nadelstreu, Zweige und Zapfen. Die Art besiedelt verschiedene Höhenstufen und ist in fast allen Landesteilen, die geeignete Lebensbedingungen aufweisen, zu finden. Aktuell sind die Nachweise sehr ungleichmäßig über Bayern verteilt – dies liegt unter anderem an der unterschiedlichen Intensität der Erfassung. Auch der Sumpf-Haubenpilz steht stellvertretend für intakte, im Wald geschützt liegende Feuchthabitate. Er ist eine unscheinbare Waldart mit wichtiger Bedeutung für den Nährstoffkreislauf, da er an der Zersetzung der Baumstreu in Feuchtwäldern beteiligt ist.

Abb. 4 a und b: Sumpf-Haubenpilz. Foto:Karl Wehr

Moorarten

Moore sind die Heimat zahlreicher spezialisierter Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Aufgrund der Kombination extremer Lebensbedingungen aus dauernder Nässe, Nährstoffarmut, saurem Wasser und Kälte sind insbesondere die Hochmoore besonders stark von Spezialisten besiedelt. Aber auch die Niedermoore sind Heimat spezialisierter Arten.

Die LWF hat das Instrument des "Bayerischen Moorartenkorbs" entwickelt und dafür eine große Zahl von Artengruppen bearbeitet. Nach aktuellem Stand sind 473 Arten mehr oder weniger vollständig an Moore gebunden: 118 Arten sind vollständig an Moore gebunden (= "tyrphobiont"), weitere 355 Arten mehr oder weniger (= "tyrphophil"). Alle Artengruppen haben eine unterschiedliche Biologie – aber allen ist gemeinsam, dass Moorwälder in ihren verschiedenen Ausprägungen eine sehr wichtige Rolle als Lebensraum spielen.