Im Fokus der FFH-Richtlinie steht neben dem Schutz von Lebensräumen auch der Erhalt von Arten. Die Artenschutzstrategie basiert auf zwei Hauptsäulen: der Ausweisung von Schutzgebieten (Anhang II-Arten) und dem generellen Schutz einzelner Arten (Anhang IV-Arten). Die Mitgliedsstaaten sind zu einem Gebietsmanagement verpflichtet. Dafür muss das Vorkommen, der genaue Bestand und die räumliche Verteilung der Arten und ihrer Habitate erfasst werden.

Wer kartiert was? – "Jobsharing" im Gebietsmanagement

Die Gesamtverantwortung für Natura 2000 liegt beim Umweltministerium. Das Gebietsmanagement teilen sich jedoch Naturschutz- und Forstverwaltung. Die Kartierung der Arten im Offenland liegt grundsätzlich bei den Naturschutzbehörden, die im Wald bei der Forstverwaltung. Über einen Abstimmungsprozess zwischen Umwelt- und Forstverwaltung einigte man sich für jedes einzelne Gebiet, wer welche Arten erfasst. Der Kern im Forst liegt dabei vor allem auf den typischen Waldarten (Tab. 1). Dort gilt die Aufmerksamkeit 18 Tier- und sechs Pflanzenarten, unter anderem

  • Xylobionten Käfern, wie Eremit, Alpenbock und Scharlachkäfer
  • Säugern, wie Fledermäusen, Luchs und Biber
  • Amphibien, wie Gelbbauchunke und Kammmolch
  • Pflanzen, wie Frauenschuh und hauptsächlich Moose

Vor der Kartierung steht die Kartieranleitung…

Basis jeder Arterfassung ist eine Kartieranleitung. Sie garantiert, dass bayernweit mit standardisierten Methoden gearbeitet und der Erhaltungszustand der Schutzobjekte nach einheitlichen Kriterien bewertet wird. Für die 24 Wald-Arten werden die Kartieranleitungen von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) zusammen mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) und externen Experten erstellt. Kernstück jeder Anleitung ist die Bewertung des Populationszustandes, des Habitats und der Beeinträchtigungen. Um subjektive Aspekte und Spielräume sowie die teilweise fehlenden Schwellenwerte für viele Arten auszugleichen, finden besonders enge Abstimmungen mit den Artspezialisten statt.

… und dann braucht es die Kartierer

Die Koordination der Arterfassung in den Wald-FFH-Gebieten liegt bei der LWF. Die Kartierungen selbst führen dann regionale Kartierteams, Spezialisten der LWF oder externe Experten durch.

Regionale Kartierteams: Zehn Arten, und damit den "Löwenanteil", übernehmen die Regionalen Kartierteams, die sich aus Förstern zusammensetzen. Einige Arten wie Frauenschuh, Biber oder Spanische Flagge sind einfach zu erfassen. Ein größeres Problem gibt es da bei den Fledermäusen. Die Populationen werden im Sommer über Fledermauskastenkontrollen erfasst, wobei man bis zu 15 verschiedene Arten antreffen kann. Um eine sichere Arterkennung zu gewährleisten werden die Kartierteams von Experten geschult.

Spezialisten der LWF und externe Experten: Der Eremit, der Hochmoorlaufkäfer, der Kammmolch, der Kleine Maivogel, das Grüne Besenmoos und das Grüne Koboldmoos sind Arten, die wegen ihrer Seltenheit, ihrer schwierigen Bestimmung oder ihrer heimlichen Lebensweise sehr schwer zu erfassen sind. Daher können sie nur von erfahrenen Artexperten kartiert werden.

Wenn´s mit dem Kartieren nicht klappt: neue Ideen

Die angewendeten Kartiermethoden sollen praktikabel und nicht zu aufwändig sein und gleichzeitig qualitativ hochwertige Ergebnisse liefern. Die Standard-Kartiermethoden stoßen da bei einigen Arten an ihre Grenzen und andere Methoden sind erforderlich. So wurden z.B. beim Kartieren des Eremiten und der Mopsfledermaus neue Ideen in die Tat umgesetzt.

Eremit: Der Mulmhöhlenbewohner wurde bisher durch Flugfensterfallen, Sichtnachweise von Imagines und Suche nach Käferfragmenten und Kotpillen der Art kartiert – eine zeitaufwändige und von den Ergebnissen her unbefriedigende Methode. Daher erprobte die LWF den Einsatz eines batteriebetriebenen Staubsaugers, mit dem die Mulmhöhlen geleert und der Inhalt untersucht wurde. Das Ergebnis war so zufriedenstellend, dass dieses Vorgehen mittlerweile nicht nur in Bayern sondern auch in Baden-Württemberg und Hessen routinemäßig eingesetzt wird.

Mopsfledermaus: Diese Fledermausart hat natürlicherweise ihre Quartiere in Baumspalten und Rindentaschen. Daher sollte sie eigentlich über Fledermausflachkästen nachgewiesen werden. Allerdings nimmt die Art diese Spezialkästen nur sehr zögerlich an. Abhilfe soll der Einsatz des speziellen Bat-Detektors "Pettersson D 240x" schaffen. Mit ihm nehmen unsere forstlichen Fledermausspezialisten die Ultraschallrufe der Fledermäuse auf, die im Anschluss am PC mit dem Rufanalyse-Programm "BatSound" ausgewertet werden. Der Ruf der Mopsfledermaus ist sehr charakteristisch, so dass mit diesem System die ersten Erfolge erzielt werden konnten.

Tabelle 1: Zuständigkeiten für Forstverwaltung (FV) und Umweltverwaltung (UV) ber der Erfassung von Anhang II-Arten im Wald
Anhang II-ArtenWissenschaftliche Bezeichnung nur FV FV oder UV LWF Regionale Kartierteams Externe Spezialisten
BechsteinfledermausMyotis bechsteinii x x 
MopsfledermausBarbastella barbastellus x x 
Großes MausohrMyotis myotis x x 
BiberCastor fiber x x 
LuchsLynx lynx x x 
GelbbauchunkeBombina variegata x x 
KammmolchTriturus cristatus x  x
EremitOsmoderma eremita xxx 
HirschkäferLucanus cervusx xx 
HeldbockCerambyx cerdox x  
ScharlachkäferCucujus cinnaberinusx x  
Veilchenblauer WurzelhalsschnellkäferLimoniscus violaceusx x  
Gestreifter Bergwald-BohrkäferStepanopachys substriatusx x  
AlpenbockRosalia alpinax x  
HochmoorlaufkäferCarabus menetriesi ssp. pacholeix x x
Spanische FlaggeEuplagia quadripunctaria x x 
Kleiner MaivogelEuphydryas maturna x  x
HeckenwollafterErlogaster cataxx   x
Grünes BesenmoosDicranum viridex   x
Grünes KoboldmoosBuxbaumia viridisx   x
Kärntener SpatenmoosScapania carinthiacax   x
Gekieltes ZweiblattmoosDistichophyllum carinatum x  x
Europäischer DünnfarnTrichomanes speciosumx   x
FrauenschuhCypripedium calceolusx  x