In den Naturwaldzellen (NWZ) Nordrhein-Westfalens bietet sich die Möglichkeit, über einen Zeitraum von 40 Jahren die Entwicklung ungenutzter Buchen- und Eichenwälder zu untersuchen. Die Standorte der von Buchen geprägten Naturwaldzellen liegen in den Wuchsgebieten der Eifel, des Niederrheinischen Tieflandes und des Bergischen Landes; die Standorte der Eichenwälder befinden sich in der Niederrheinischen Bucht und dem Niederrheinischen Tiefland. In 13 Naturwaldzellen wurden in repräsentativen Kernflächen von in der Regel 1 Hektar Größe Daten zum lebenden und toten Bestand erhoben.

Standorte und Methodik

In die Untersuchung wurden neun Naturwaldzellen mit Buchenwaldgesellschaften und vier NWZ mit Stieleichen- Hainbuchenwäldern einbezogen. Die untersuchten Standorte der buchengeprägten NWZ befinden sich in Wuchsgebieten der Nordeifel (NWZ 1 Kreitzberg, NWZ 2 Im Brand, NWZ 3 Schäferheld, NWZ 4 Wiegelskammer, NWZ 5 Hütterbusch), des Niederrheinischen Tieflandes (NWZ 12 Hochwald I, NWZ 13 Rehsol, NWZ 14 Geldenberg) und des Bergischen Landes (NWZ 15 Steinsieperhöh) (Abbildung 1). Die Standorte der Stieleichen-Hainbuchenwälder liegen in den Wuchsgebieten Niederrheinische Bucht (NWZ 7 Oberm Jägerkreuz, NWZ 9 Am Sandweg) und Nieder- rheinisches Tiefland NWZ 10 (Hinkesforst, NWZ 11 Littard) (Abbildung 2).

Für die waldkundlichen Untersuchungen gehört zur Grundausstattung jeder Naturwaldzelle eine im Gelände versteinte Kernfläche von in der Regel 2 ha Größe, wovon eine Hälfte wilddicht gezäunt ist.

Die Kernflächen liegen in typischen Bestandes- und Standortseinheiten. In der Fläche ist jeder Baum und Strauch mit einem Brusthöhendurchmesser von mehr als 4 cm nummeriert. In einem zehnjährigen Turnus wird an jedem nummerierten Baum der Durchmesser und in einer repräsentativen Teilmenge die Baumhöhe gemessen. Außerdem wird jeder Baum entweder der Bestandesoberschicht, -mittelschicht oder -unterschicht zugeordnet. Diese Methodik der waldkundlichen Aufnahme wurde am Waldbauinstitut der Universität Göttingen von Prof. Hans Lamprecht entwickelt. Sie ist abgeleitet aus dem Tropenwaldmonitoring (Lamprecht 1986). In größeren Naturwaldzellen, in denen eine Kernfläche nicht mehr die Gesamtfläche repräsentieren kann, werden systematisch verteilte Stichproben erhoben (Röll et al. 2012). Zur Auswertung kamen 13 Waldaufnahmen.

Zu Beginn des waldkundlichen Monitorings in den Naturwaldzellen wurde nur das stehende Totholz hinsichtlich Durchmesser und Höhe erfasst, sodass nur ein Vergleich der Totholzentwicklung im stehenden Bestand möglich ist.

Stammzahlen und Waldstruktur

Die höchsten Stammzahlen weisen die Bestandesoberschichten sowohl zu Beginn der Beobachtungen als auch nach 40 Jahren auf, obwohl es hier zu teilweise deutlichen Verlusten gekommen ist. Nur in der sehr ungleichaltrigen NWZ Nr. 13 Rehsol konnten Bäume in die Bestandesoberschicht einwachsen.

Die Bestandesmittelschichten waren schon vor 40 Jahren in den Buchenwäldern wenig ausgeprägt. In der NWZ Wiegelskammer allerdings konnte sich nach früheren Windwurfkalamitäten eine nennenswerte Mittelschicht bilden. In Rehsol ist die Bestandesmittelschicht unter einem aufgelockerten Kronendach weiterhin stabil. Die Eichenwälder verfügten seit Beginn der Beobachtung über ausgeprägte und artenreiche Bestandesmittelschichten.

Zu Beginn des Beobachtungszeitraumes fehlte in den meisten NWZ eine Bestandesunterschicht. Nach 40 Jahren konnte sich in den meisten NWZ in Windwurflücken häufig geschützt im Zaunbereich der Kernflächen eine wüchsige und auch artenreiche Naturverjüngung etablieren. In den Eichenwäldern, wie z. B. in der Littard, entstand eine teilweise dichte Strauchschicht aus Hasel und Weißdorn. In den Buchenwäldern breitet sich die Stechpalme aus.

Vorrat

Insgesamt ist ein teilweise starker Anstieg des Holzvorrates zu beobachten. Zu Beginn wurden Vorräte um 200 Vfm/ha in den Buchenwäldern ermittelt. 40 Jahre später lagen sie zwischen 332 und 505 Vfm/ha. Es gab Steigerungen bis über 90 %. Die Eichenwälder starteten in der Regel mit Vorräten unter 200 Vfm/ha. 2011 bewegten sich die Vorräte zwischen 264 und 371 Vfm/ha. Es zeigten sich Anstiege bis 71 %.

Baumartenmischung

In den Buchenwäldern ist der beigemischte Eichenanteil durchweg zurückgegangen. Zu drastischen Rückgängen kam es z. B. in der NWZ Rehsol: hier reduzierte sich der Eichenanteil im 40jährigen Untersuchungszeitraum um 15 % von 52 % auf 37 %. Die Buche steigerte ihren Anteil von 42 % auf 62 %.

Die Eichenwälder zeichnen sich durch ihren relativen Artenreichtum aus. In der Regel konnten sie ihren Anteil halten oder ausdehnen. Nur in der NWZ Littard verlor sie an Boden durch einen Wirbelsturm, dem zahlreiche Kronen vorwüchsiger Eichen zum Opfer fielen.

Totholz

In den Naturwaldzellen wurde die Entwicklung des stehenden Totholzes beobachtet. Zu Beginn des Beobachtungszeitraumes war der stehende Totholzvorrat in allen Naturwaldzellen sehr gering. Ursache dafür ist die mehr oder weniger intensive Bewirtschaftung der Bestände vor ihrer Ausweisung als Naturwaldzelle. Im Verlauf der 40 Jahre gab es Schwankungen in der Ausbildung von Totholz mit insgesamt ansteigender Tendenz. Die durchschnittlichen Mengen stehenden Totholzes in Buchenwäldern liegen etwa zwischen 4 und 20 Vfm/ha. In Eichenwäldern bewegen sich die Totholzmengen zwischen 4 und 15 Vfm/ha. Maximal wurden 27 Vfm/ha in der NWZ Littard erreicht. Stehendes Totholz ist nur als eine Art „Durchgangsstadium“ zu betrachten. Bis zu zwei Drittel der Totholzmasse existiert in der Regel als liegendes Totholz. Somit ist in Naturwaldzellen derzeit von einem durchschnittlichen Gesamttotholzvorrat von 15 bis 90 Vfm/ha auszugehen.

Es wurden die durchschnittlichen Durchmesser des Totholzes in 1,3 Meter Höhe betrachtet. In Buchenwäldern liegen diese zwischen 15 und bis zu 50 cm. Besonders in den letzten 20 Jahren zeigte sich eine Tendenz zu stärkeren Durchmessern des Totholzes. In den Eichenwäldern ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Nur werden hier derzeit keine durchschnittlichen Durchmesser über 38 cm erreicht.

Literatur

  • Lamprecht, H. (1986): Waldbau in den Tropen. Hamburg und Berlin.
  • Röll, M.; Dölle, M. und Dohrenbusch, A. (2013): Veränderungen von Waldstruktur, Bodenvegetation und Totholz in der Naturwaldzelle „Hellerberg“ – Vergleich von Erstaufnahme 1996 und Wiederholungsinentur 2010. In: Landesbetrieb Wald und Holz NRW (Hrsg., 2013): 40 Jahre Naturwaldforschung in Nordrhein-Westfalen – Eine Zwischenbilanz. Münster, S. 24-35.
  • Schober, R. (Bearb., 1995): Ertragstafeln wichtiger Baumarten bei verschiedener Durchforstung. 4. Aufl. Frankfurt am Main.
  • Schulte, U. (2012): 40 Jahre Naturwaldzellen in NRW – eine Zwischenbilanz der Forschungsergebnisse. Natur in NRW, Nr. 2/2012: 31-35.