Während es sich bei Corylus avellana, der gemeinen Haselnuss, um einen bei uns heimischen und allseits bekannten Strauch handelt, ist Corylus colurna, die Baumhasel, ein Baum und in forstlichen Kreisen wenig bekannt. Sie war allerdings schon den Griechen und Römern als Nutzpflanze bekannt und wird heute aufgrund ihrer Anspruchslosigkeit und Immissionsverträglichkeit in vielen europäischen Städten als Park- und Straßenbaum verwendet.

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Baumhasel umfasst die Balkanhalbinsel, Teile Kleinasiens, das Bergland im Norden Persiens und Afghanistan. Hier kommt sie zumeist in Höhenlagen zwischen 300 und 800 m (Gesamtbereich: 100 – 1300 m) vor. In Mitteleuropa tauchten einzelne Exemplare in Gärten bereits im 17. Jahrhundert auf. Bei den forstlichen Versuchsanbauten des 19. und 20. Jahrhunderts wurde sie nicht berücksichtigt.

Allgemeine Merkmale

Die Baumhasel ist ein sommergrüner, geradstämmiger Baum, der je nach Standort Höhen von 20 bis 30 m und Durchmesser (BHD) von 50 bis 60 cm, in Ausnahmefällen sogar bis 100 cm erreichen kann. In der Jugend erscheint die Baumhasel als pyramidenförmig, während sie im Alter einen breitkronigeren Habitus annimmt (Abbildung 1).

Eine starke sowie frühzeitige Borkenbildung und eine Korkschicht, die selbst die Zweige überzieht, sind besondere Merkmale dieser Baumart. Die Blätter sind in Größe und Form denen des Haselnussstrauches sehr ähnlich, nur etwas größer und von dunklerem Grün. Die Früchte (einsamige Nüsse) sind meist in büscheligen Fruchtständen angeordnet, von großen, stark zerschlitzten Hüllblättern umgeben und kleiner als beim Strauch. Sie sind essbar, sehr nahrhaft und finden in der Süßwarenindustrie Absatz. Das Laub ist leicht zersetzbar und kann dadurch zur Bodenverbesserung beitragen.

Da sie einen breit gefächerten standörtlichen Anbaubereich umfasst, gehört sie zu den besonders anpassungsfähigen Arten. Sie kommt sowohl auf tiefgründigen, nährstoffreichen, frisch bis feuchten Standorten vor, aber auch auf armen, trockenen und skelettreichen Böden. Sie meidet lediglich stark vernässte, extrem trockene oder ganz saure Standorte.

Waldbau

Die Baumhasel hat ein sehr intensives und weit reichendes Wurzelsystem mit einer Pfahlwurzel und vermag daher auch skelettreiche Böden zu erschließen. Aufgrund der großen Standfestigkeit eignet sich diese Baumart als Windschutz und für die Waldrandgestaltung. Im Gegensatz zu anderen Haselnussarten bildet sie keine Wurzelbrut, da die Wurzeln keine Adventivknospen anlegen. Dadurch kommt es in der Natur nur zur generativen Vermehrung aus Samen.

Erntereife Bestände gibt es sowohl in Österreich als auch in Deutschland kaum und damit auch keine gesicherten Angaben über Wuchsleistung und Ernteerträge, da die "forstliche Beschäftigung" mit dieser Baumart erst in jüngerer Zeit begonnen hat. Dennoch geben die wenigen vorhandenen Bestände Anlass zu großem Optimismus.

In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet kommt sie einzeln, gruppen- und horstweise vor, häufig mit Buchen-, Hainbuchen-, Ahorn- und Eichen-Arten vergesellschaftet. Von großflächigen Reinkulturen mit Baumhasel sollte daher zum jetzigen Zeitpunkt eher abgesehen werden. Trupp-, gruppen- oder streifenweise (3-5 Reihen) Mischungsformen, mit Verbandsweiten wie sie bei Edellaubhölzern üblich sind, werden zu stabilen Mischbeständen führen (Abbildung 2). Zumindest in der Jugend kann Corylus colurna als schattenverträglich bezeichnet werden, so dass eine Kultur auch in kleineren Bestandeslücken möglich scheint (Hinweise zur Pflege).

Wachstumsversuche des BFW

Seit 2001 unterhält das Institut für Waldwachstum und Waldbau des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) eine Versuchsfläche mit Baumhasel im Weinviertel. Mit dieser Fläche sollen sowohl waldbauliche als auch ertragskundliche Grundlagen für diese Baumart unter den klimatischen Bedingungen des pannonischen Tief- und Hügellandes erarbeitet werden. Sommerliche Trockenperioden sind dort häufiger als in allen anderen Wuchsgebieten und die Jahresniederschläge sind mit 450 bis 700 mm die niedrigsten in Österreich. Unter diesen klimatischen Bedingungen können mittlere Höhen von 7,5 m und mittlere Durchmesser von 6,8 cm nach zehn Vegetationsperioden ab Pflanzung als durchaus respektabel bezeichnet werden (Versuchsanbauten in Deutschland).

Genauere Aussagen über die Gesamtwuchsleistung dieser Baumart sind zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich. Besonders beeindruckend und für Laubhölzer überdurchschnittlich gut sind die wertbestimmenden Qualitätsparameter der Stamm- und Kronenform. Ca. 80% der Bäume fallen bei der Stammform unter "gerade" bzw. "leichte Krümmung", ebenfalls 80% fallen bei der Kronenform unter "wipfelschäftig" bzw. "Zwiesel mit Tendenz zur Wipfelschäftigkeit". Dieser hohe Anteil an Bäumen mit guten bis sehr guten Stamm- und Kronenformen ermöglicht eine große Anzahl an Z-Baum-Optionen.

Gefährdungen

Sie gilt gegenüber abiotischen und biotischen Schädigungen als sehr widerstandsfähig. Die in Mitteleuropa möglichen Temperaturspitzen übersteht sie aus bisherigen Erfahrungen ohne Schäden und leidet auch kaum unter Früh- oder Spätfrösten. Verbissschäden durch Rehwild können allerdings einen Faktor darstellen (Informationen zu Blattverlusten).

Holzeigenschaften und Verwendung

Das Holz ist im Kern gleichmäßig lichtbraun bis hellrötlich und im relativ breiten Splint gelblich. Das mittelharte Holz (Härte entspricht der des Bergahorns) hat nur gering ausgeprägte Jahrringe und Holzstrahlen und wirkt dadurch sehr homogen. Häufig findet sich eine stark ausgeprägte Maserung von schöner Struktur. Im Holzhandel ist es unter "türkische Hasel" bekannt. Das Holz kann sowohl als Furnier als auch als Vollholz im Möbelbau eingesetzt werden, weiters als Drechsel- und Schnitzholz, aber auch als Rohstoff für Span- und Faserplatten sowie als Brennholz mit recht hohem Brennwert.

Bis zum letzten Türkenkrieg (1788) kamen große Mengen "türkisches Haselnussholz" in Form von sehr großen Klötzen über die Donau nach Wien. Neben der Eibe war es damals das beliebteste Holz für Möbel. Wegen der anschließenden Handelsunterbrechung verdrängten dann Nussbaum und Kirschbaum sowie das billiger gewordene Mahagoniholz die Baumhasel aus dem Möbelbau. Das aus den Früchten gewonnene Öl wird in der pharmazeutischen Industrie und zur Herstellung von Ölfarben verwendet.

Die Frage der fremdländischen Baumarten wird in forstlichen Kreisen oft sehr unterschiedlich beurteilt. Gerade in Hinblick auf eine mögliche Klimaerwärmung scheint es sinnvoll, Baumarten mit größerer Toleranz gegen Dürre und Hitze frei von Vorurteilen auf ihre Anbauwürdigkeit zu prüfen. Wenn eine Baumart noch dazu in der benachbarten Balkenregion vorkommt und mit einer derart vielfältigen Palette an Verwendungsmöglichkeiten aufwarten kann, würde es sich sicher lohnen, sie vermehrt in waldbauliche Überlegungen mit einzubeziehen.