Wuchshüllen bieten Vorteile wie Verbissschutz und verbesserte Wachstumsbedingungen. Andererseits bedeuten Wuchshüllen für Forstbetriebe hohe Zusatzkosten. Deshalb bieten nun einige Hersteller Wuchshüllen an, die sich unter Waldbedingungen vollständig zersetzen sollen.

Quantifizierte Lebensdauer

Bisherige Wuchshüllen zeichnen sich durch eine zeitlich sehr lange Funktionalität (zumeist > 5 oder > 10 Jahre) aus (Wuchshüllen: Ziele, Funktionen, Entwicklungen). Diese lange Haltbarkeit war von Forstseite gegenüber den Herstellern ausdrücklich erwünscht, um in den rauen Alltagsbedingungen des Forstbetriebs möglichst lange die volle Funktionalität zu gewährleisten, d. h. zumindest bis alle Pflanzen dem Äser des Rehwildes entwachsen sind. Tatsächlich war die Haltbarkeit jedoch so lange, dass mehrere Probleme auftreten konnten:

  • Die Wuchshülle wurde durch das Dickenwachstum des Stammes nicht ausreichend schnell gesprengt, in der Folge kam es zu kambialen Veränderungen (z. B. Wurzelbildung am Stamm, Fäulnis des unteren Stammabschnittes).
  • Nachdem die Wuchshülle Ihren Dienst getan hatte, musste sie aufwändig entfernt werden. Abbau und Entsorgung waren organisatorisch und zeitlich aufwändig und verursachten den Forstbetrieben beträchtliche, zunächst nicht erwartete Kosten.
  • Sich nicht selbst abbauende und nicht manuell abgebaute Wuchshüllen verblieben sichtbar als Müll im Wald, was mit dem Anspruch einer naturnahen Waldwirtschaft nicht vereinbar war. Zusätzlich besteht nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz eine Abfallbeseitigungs- oder Verwertungspflicht.

In dieser aktuellen Situation sind zwei grundsätzliche Lösungsansätze möglich: Forstbetriebe und Dienstleister suchen nach kostengünstigen Verfahren des manuellen Abbaus. Danach kann die Wiederverwendung, die Wiederverwertung oder Entsorgung stehen (vgl. Abbau der Wuchshüllen von Hand). Alternativ sind auch abbaubare Wuchshüllen möglich: Nach einer genau festgelegten Dauer der Vollfunktionalität soll eine ebenso quantifizierte Zeitspanne bis zur rückstandslosen Verrottung am Einsatzort folgen.

Praxistest im Wald

Im Städtischen Forstbetrieb Baden-Baden wurde im November 2010 ein solcher Abbaubarkeitsversuch unter realen Einsatzbedingungen im Wald angelegt (Abb. 1). Das Gemeinschaftsprojekt der Firma Tubex, der Universität Swansea (UK) und der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg wurde dabei von der Hess Interforst GmbH, sowie den Firmen Beck und Böder sowie Johannes Schmid Forstschutz unterstützt. Mit den insgesamt 50 verschiedenen Prototypen soll die zeitliche Abfolge der Abbaustadien quantifiziert werden.

Die Anlage erfolgte als Nesterpflanzung mit 1+0 Traubeneichen auf einer in einem Sommersturm des Jahres 2009 geworfenen Fläche in Exposition N bis E. Die Versuchsanlage weist eine vierfache Wiederholung auf. Es wurden 200 Nester auf insgesamt etwa 3 ha Gesamtfläche angelegt; die Zuordnung der Wuchshüllenvarianten zu den Nestern geschah zufällig. Insgesamt wurden 5.000 Traubeneichen mit Wuchshüllen geschützt. Nach der Pflanzung erfolgten bislang keine weiteren Arbeiten zur Kultursicherung.

Die hier verwendeten Wuchshüllen bestehen aus Polypropylen (PP) auf Erdölbasis und enthalten zusätzlich 30 % Stärke. Wie die meisten Plastikmaterialien wurden sie durch Hinzufügen von UV-Stabilisatoren gegenüber der energiereichen UV-Strahlung haltbar gemacht. Der chemische, so genannte photo-oxidative Abbauprozess besteht darin, dass ein Polymer durch das Zusammenwirken von UV-Strahlung und Sauerstoff zerfällt (z. B. PP, PE). Die Mischung der Materialien sorgt für eine zeitlich vorhersagbare Lagerdauer und für eine bestimmbare Lebens- und Funktionsdauer im Wald. Der vollständige, biologische Abbau hängt dann von den standörtlichen Bedingungen des Einsatzorts ab wie beispielsweise von der Temperatur, Beschattung, Feuchtigkeit, den Bakterien und Pilzen.

Die sich sehr leicht abbauenden Wuchshüllenvarianten zeigten bereits nach wenigen Monaten im Innenbereich der oberen Hüllenkrempe Risse und Ausfransungen (Abb. 2 links). Sie waren bereits nach einer Vegetationsperiode funktionslos. Schon nach einem Jahr waren nur noch das untere Viertel, sowie der dem Befestigungsstab anliegende Streifen der ursprünglich 1,20 m langen Wuchshülle vorhanden (Abb. 2 rechts).

Nach über drei Jahren Beobachtungszeit lassen sich drei grundsätzliche Abbautypen unterscheiden (Abb. 3):

  1. früher Beginn und sehr schneller Fortschritt des Abbauprozesses;
  2. mittlerer Beginn mit Funktionsverlust zu definiertem Zeitpunkt und weiterem Abbauverlauf, der weitgehend sicherstellt, dass auch langsamer gewachsene Pflanzen der Verbisszone entwachsen können;
  3. ein zu lange andauernder Abbauverlauf.

Auf dem Markt angebotene Produkte werden eher im Bereich des Kurvenverlaufs b liegen.

Nach 3 Jahren zeigen einige Hüllentypen schon fast vollständigen Abbau (Abb. 4, Varianten W5, W6), andere dagegen sind bislang ohne weitgehende visuelle oder haptische Anzeichen von Abbau (W1, W2). Ein marktfähiges Produkt muss zwischen diesen Extremen ausgewählt werden. Die Versuchsanlage in Baden-Baden zeigt zudem, dass auch unter Waldbedingungen der Abbau relativ einheitlich verläuft. Darüber hinaus wird aber auf Einzelflächen die Konkurrenzvegetation (Art, Höhe), die Exposition des Standorts und die Höhenlage (z. B. UV-Strahlung) den Abbau modifizieren können.

Marktsituation

Zurzeit sind von verschiedenen Herstellern abbaubare Wuchshüllen auf dem Markt. Beispielsweise bieten die Firmen Witasek (Link), Tubex (Fiberweb, PGI) (Link), unter den Bezeichnungen "biologisch abbaubar", "oxo-biologisch abbaubar", "umweltneutral abbaubar", "BioWit" oder "12D-Technologie (Link)" solche Produkte an, ebenso sind abbaubare Hüllen der Marken Acorn, Bioshel® und BioTube erhältlich.

Im Falle der abbaubaren Produkte des Unternehmens Tubex ist die Lebensdauer (Vollfunktionalität) auf 5 Jahre ausgelegt. Danach folgen weitere 5 Jahre bis zum Ende der Abbauzeit. Auch das Fixierband ist in abbaubarer Ausführung erhältlich (Funktionalität: 10 Jahre). Die "BioWit" genannten Produkte der Firma Witasek weisen eine Lebensdauer von 3 Jahren auf und sind zurzeit in Versuchsmengen verfügbar. Sie bestehen aus kompostierbarem Werkstoff und wurden nach der derzeit gültigen Norm zur so genannten biologischen Abbaubarkeit DIN EN 13432 (09-2000) und DIN EN 14995 (12-2006) zertifiziert. Es ist zu erwarten, dass für abbaubare Produkte auch Zertifizierungen zur oxo-biologischen Abbaubarkeit (BS 8472:2011 (Europa) und ASTM D6954-04 (USA)) folgen werden.

Die neuen Produkte liegen preislich zumeist etwas über den klassischen Produkten. Gründe sind einerseits die Mehrkosten für die Entwicklung, die Risiken des Markteintritts, aber auch der Wunsch nach Teilhabe am Vorteil des Forstbetriebs, der sich die Kosten für manuellen Abbau und Entsorgung spart. Neben diesen Neuentwicklungen werden in Zukunft jedoch wohl auch weiterhin sehr dauerhafte Wuchshüllen angeboten werden, da sich manche Forstbetriebe auch für einen manuellen Abbau und eine nachfolgende Wiederverwertung entscheiden.