Die Larven fressen an Wurzeln absterbender Nadelbäume, die Käfer an den Kronen der Altbäume, an Reisig, Jungpflanzen und der Heidelbeere. Mit alldem würde jeder Waldbesitzer sich abfinden können, aber an einem Punkt ist Schluss mit lustig: Wenn der Große Braune Rüsselkäfer auf Verjüngungsflächen nach einem Sturm- oder Käferschaden trifft.

Die austretenden Düfte der frischen Stümpfe locken die Käfer an. Im Frühjahr nach dem Sturmschaden oder nach dem Einschlag fliegen die Käfer auf die Schadfläche und beginnen an der vorhandenen Verjüngung – natürlich aufgewachsenen Pflanzen oder gepflanzten Bäumen – ihren Fraß. Dieser sieht sehr charakteristisch aus, was ihm den Namen "Pockennarbenfraß" verliehen hat: Dabei nagen die Käfer plätzeweise die Rinde ab.

Zur Vermehrung benötigt der Rüsselkäfer frische Stümpfe, da er seine Eier ab Mai bis in den August/September an diesen ablegt. Die geschlüpften Larven fressen an den Wurzeln der Stümpfe. Dieser Fraß führt zu keinen Schäden. Je nach Witterung im Sommer und dem Zeitpunkt der Eiablage erscheinen im August/September des gleichen Jahres oder ein Jahr später die ersten Jungkäfer. Diese vollziehen ihren Reifungsfraß ebenfalls wieder an jungen Nadelholzpflanzen. Das ist dann der Spätsommerfraß, der wie der Frühjahrsfraß an den typischen Pockennarben erkennbar ist.

Die Käfer können mit bis zu vier Jahren verhältnismäßig alt werden. Verjüngungsflächen sind daher mindestens zwei Jahre durch den Rüsselkäfer gefährdet, wobei die Bruttauglichkeit der Stümpfe nur im ersten Jahr ausreichend ist. Im zweiten Jahr sind es dann vor allem die schlüpfenden Jungkäfer, die durch ihren Reifungsfraß Schäden verursachen. Fallen durch weitere Sturm- und Borkenkäferschäden frische Stubben an, verlängert sich die Gefährdung.

Die Käfer sind wahre Feinschmecker

Es wurde beobachtet, dass die Käfer gezielt an gepflanzten Fichten fressen, Naturverjüngung dagegen bisher verschonten. Rüsselkäfer sind auf der Suche nach der Wirtspflanze auf Geruchs- und Sehsinn angewiesen. Gepflanzte Setzlinge aus der Baumschule haben einen anderen Duft als Wildlinge vor Ort.

Die Käfer sind polyphag, also nicht auf eine Baumart spezialisiert. Sie ernähren sich auch von der Rinde von Laubhölzern wie Birke, Buche und Eiche. Bei den Laubhölzern kommt es allerdings nicht zu gravierenden Schäden. Hingegen sind junge Douglasien und Sitka-Fichten bei den Käfern besonders beliebt – noch vor Fichte und Kiefer. Bei der Wahl zwischen Waldkiefer und Fichte bevorzugt der Rüsselkäfer die Kiefer.

Erwachsene Rüsselkäfer reagieren auf unterschiedliche Licht- und Temperaturverhältnisse. Tagsüber verharren sie an der Basis ihrer Wirtsbäume und klettern erst nach Einbruch der Dunkelheit auf die Bäume. Ab 8 °C Umgebungstemperaturen werden sie aktiv, sind aber noch recht träge. Ab 40 °C fallen sie in Hitzestarre, die nicht selten zum Hitzetod führt.

Auch die Larvenentwicklung ist stark temperaturabhängig. In Laborversuchen legten die Larven bei Entwicklungstemperaturen zwischen 10 und 20 °C vor der Verpuppung eine Entwicklungsruhe ein, die einige Monate dauern kann. Bei Temperaturen über 25 °C verpuppten sich die Larven nach nur kurzer Ruhepause. Dies erklärt auch, warum manchmal die Jungkäfer schon im Sommer des ersten Jahres auftreten können. Das ist im Hinblick auf den Klimawandel bedenklich.

Die erwachsenen Käfer fliegen im Frühjahr auf Verjüngungsflächen, verlieren dann aber zunehmend ihre Flugfähigkeit und krabbeln im Sommer nur noch. Sie brauchen die ganze Energie zur Vermehrung. Im ausgehenden Sommer bildet sich die Flugfähigkeit wieder aus. Der Käfer überwintert häufig im angrenzenden Bestand. Fliegend kann er mehrere Kilometer zurücklegen, die Ausbreitungsdistanzen in krabbelnder Form lagen in Untersuchungen bei 5 bis 6 m.

Der Fraß der Käfer ist abhängig von der Temperatur und der Baumart. Laborversuche zeigten: Je wärmer es war, desto größer war der Hunger der Käfer. Bei 10 °C fraßen sie rund 50 mm² Waldkiefernrinde (etwa 7 x 7 mm), bei 20 °C schon 250 mm² (etwa 16 x 16 mm). Bei Fichtenrinde lagen die Werte bei gleichen Temperaturen "nur" bei rund 30 mm² zu 140 mm². Bei 20 °C dauerte der Reifungsfraß der Weibchen in Abhängigkeit von der Baumart zwischen knapp 12 und 15,5 Tagen.

Bei Humusböden fühlt sich der Käfer wohl

Ob ein Rüsselkäfer an einer Pflanze frisst oder nicht, beeinflusst stark der Bodentyp. Erst in unmittelbarer Nähe der potenziellen Wirtspflanze treffen die Tiere ihre Entscheidung. Umgibt Humus oder mit Humus vermischter Boden die Pflanze, ist die Wahrscheinlichkeit für Fraß fast 50 % höher als bei reinem Mineralboden. Das liegt vor allem an den besseren Versteckmöglichkeiten des Käfers im Humus. Dieser Effekt ist wegen der aufkommenden Begleitvegetation in der Regel aber nur im ersten Jahr zu beobachten.

Was der Waldbesitzer unternehmen kann

  • Die Vermeidung von großen Kahl- und Verjüngungsflächen ist die beste Gegenmaßnahme. Da Schadereignisse nicht planbar sind, ist eine Vorausverjüngung stets von großem Vorteil. Eine Überschirmung von mehr als 80 Bäumen/ha reduziert Schäden deutlich.
  • Zudem verringert auch die Verwendung größerer und kräftiger Sortimente die Schadausmaße. Ab einem Wurzelhalsdurchmesser von 10 mm können gesunde Pflanzen auch stärkeren Fraß aushalten. Das erfordert aber auch eine saubere Pflanzung, bei der sich die Wurzeln ordentlich entwickeln können.
  • Eine Bodenverwundung (Mineralboden) in einem Radius von etwa 40 cm um die Pflanze hilft, die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs zu reduzieren. Das gleiche Ergebnis ermöglicht eine leichte Erhöhung der Pflanzen (Mounding). Auch eine Brachzeit von mindestens zwei Jahren hilft, wenn absehbar keine neuen Stümpfe hinzukommen. Allerdings sind dann die einsetzende Konkurrenzvegetation und wirtschaftliche Einbußen hinzunehmen.
  • Schutzkrägen und ein Schutz der Stämmchen mit stammumgebenden Mitteln (z. B. Ekowachs) haben in Versuchen der LWF keine ausreichende Wirkung gezeigt. Abzuraten ist auch von einer Entfernung der Stubben oder großflächigem Mulchen. Von einer flächigen Befahrung raten wir grundsätzlich ab – nicht nur auf empfindlichen Böden.
  • Das Auslegen von Fanghölzern und Fangrinden funktioniert bedingt, ist aber sehr aufwendig: Diese müssen etwa alle zwei Wochen erneuert werden. Eine Kontrolle sollte am besten mehrmals pro Woche erfolgen. Da die Käfer mit den Fanghölzern nicht gefangen werden, sollten sie bei den Kontrollen abgesammelt werden – ansonsten laufen sie weiter.
  • Anders sieht es bei verschiedenen Fallensystemen aus, aus denen die Käfer nicht mehr entweichen können. Der Wirkstoff Alpha-Pinen in Verbindung mit 70%igem Ethanol hat sich als Lockstoff bewährt. Sogenannte Nordlander-Fallen haben sich in Versuchen der LWF als am praktikabelsten herausgestellt. Allerdings finden sich in der Literatur Schätzungen der Populationsdichte von Rüsselkäfern von einigen hundert bis 70.000 Käfern je Hektar Kahlfläche. Durch die geringe Laufbereitschaft der Käfer von 5 bis 6 m müssten daher 100 oder mehr Fallen je Hektar ausgebracht und wöchentlich kontrolliert werden. Eine kritische Fangzahl kann nicht angegeben werden, da diese von der Baumart, der Größe und der Vitalität der Pflanzen abhängt. Zudem ist nicht bekannt, wie viele Käfer je Flächeneinheit überhaupt vorhanden sind und ob alle Käfer durch die Falle angelockt werden.
  • Besonders im Mai und Juni sowie nochmals im August/September sollten Kulturen auf Fraßschäden hin kontrolliert werden. Waldbesitzer schauen dabei an zehn Stellen jeweils zehn Pflanzen an. Wenn bei kleineren Pflanzen (Wurzelhalsdurchmesser bis 1 cm) an mindestens 10 % starke Schäden – also mehrere Fraßstellen pro Pflanze – auftreten, ist der Einsatz eines Pflanzenschutzmittels zu überlegen.

Die beste Vorsorge beginnt lange vorher

Informationen über Bekämpfungsmethoden und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln finden sich im LWF Merkblatt Nr . 44 "Behandlung von Rüsselkäferbefall in Kulturen". Am besten ist aber immer die Vorsorge, die viele Jahre vor möglichen Schadereignissen startet: durch einen Voranbau und Naturverjüngung.