Einführung

Die trockenen Standorte Brandenburgs sind seit Jahrhunderten als "Streusandbüchse" bekannt. Die zusätzlich vom Klimawandel geprägte Entwicklung des Wasserhaushalts verschärft die Situation vor Ort.

Das wird beim Vergleich der Wasserbilanz der beiden letzten Klimanormalperioden 1961-1990 und 1991-2020 deutlich. Als Klimanormalperiode wird ein Zeitraum der Klimabeobachtung von 30 Jahren bezeichnet, der als Referenzperiode zur Erfassung des Klimas und seiner Änderungen dient. Die Mittelwertbildung über relativ lange Zeiträume dient dazu, Schwankungen der Witterung und damit auch unterschiedliche Ausprägungen des Klimas zu berücksichtigen (Weltorganisation für Meteorologie (WMO)).

Engmaschige Datenpunkte

Für die Auswertungen zu der Entwicklung des Wasserhaushalts wurden verschiedenste Datenquellen miteinander verschnitten: Die Klimadaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD), ein digitales Geländemodell, Informationen aus forstlichen Standortskarten, Inventurdaten der Bodenzustandserhebung und digitale Höhenmodelle sowie weitere Geo- und Bestandesdaten. Die für den Wasserhaushalt relevanten Bodeneigenschaften sowie Angaben zur Durchwurzelungstiefe und zum Grundwasserstand wurden für über eine Million Punkte für ganz Brandenburg generiert (s. Riek et al. 2021).

Großräumige Muster der Klimatischen Wasserbilanz

Die Klimatische Wasserbilanz als Differenz von Niederschlag und potenzieller Verdunstung im Sommerhalbjahr (April bis September) zeigt für grundwasserferne Standorte erste Hinweise auf möglichen Wassermangel. Im Mittel aller brandenburgischen Waldstandorte reduziert sich die sommerliche Klimatische Wasserbilanz um fast 50 mm im Vergleich der Zeiträume 1961-1990 und 1991-2020. Die Differenz ergibt sich fast zu gleichen Teilen durch den Anstieg der potenziellen Verdunstung bei gleichzeitiger Abnahme der Sommerniederschläge.

Regionale Unterschiede

Die Abnahme der Klimatischen Wasserbilanz ist jedoch regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Werte variieren zwischen minus 140 mm und minus 267 mm in den verschiedenen brandenburgischen Wuchsbezirken. Diese spiegeln als Bestandteil der forstlichen Standortsgliederung maßgeblich die geologisch und bodenkundlich unterschiedlichen Landschaftsverhältnisse wider. Sie bilden daher – vor allem unter forstlichen Anwendungsaspekten – sinnvolle räumliche Einheiten für die Regionalisierung sich wandelnder Klimaeigenschaften.

Nord(westliche) Wuchsräume Brandenburgs sind stärker betroffen

Die regionale Ausprägung der Veränderung klimatischer Trockenheit zwischen den beiden Klimanormalperioden geht aus dem Kartogramm in Abbildung 2 hervor: In den schon während der Periode 1961-1990 besonders trockenen Wuchsräumen südöstlich von Berlin ist nur eine sehr geringe Abnahme der Klimatischen Wasserbilanz zu verzeichnen. Markant hingegen fallen die Abnahmen in den nördlichen, insbesondere nordwestlichen Wuchsräumen aus, die hier bis zu circa 100 mm ausmachen.

Dies ist waldbaulich relevant, da die bislang für die Rot-Buche geeignetsten Wuchsräume im nördlichen Brandenburg ausgewiesen wurden, wo nun besonders stark die Tendenz zu größerer Trockenheit besteht.

 

Standortswasserbilanz für die Einschätzung von Wassermangel

Für die Kennzeichnung von standörtlichem Wassermangel eignet sich – insbesondere für den Einsatz in der Forstlichen Standortskartierung – die sogenannte Standortswasserbilanz als Summe aus sommerlicher Klimatischer Wasserbilanz und der punktbezogenen nutzbaren Wasserspeicherkapazität des Bodens. Die Standortswasserbilanz bezieht neben den Klimakenngrößen somit auch die bodenphysikalischen Verhältnisse rechnerisch mit ein und ist deshalb der Klimatischen Wasserbilanz bei der Einschätzung von Wassermangel überlegen.

Zunahme der Trockenheit

Die Karten veranschaulichen die Zunahme der Trockenheit im Betrachtungszeitraum der beiden Klimanormalperioden. In den Jahren 1961-1990 lag die Mehrheit der Standorte (ca. 60%) noch im Bereich von minus 100 mm bis minus 150 mm, 1991-2020 waren dies nur etwa 25 Prozent und für die Prognosewerte der Dekade 2021-2030 lediglich noch 1 Prozent der Standorte. Hingegen wird der Anteil der Klasse minus 200 mm bis minus 250 mm von etwa 0 Prozent (1961-1990, 1991-2020) auf über 50 Prozent in der Dekade 2021-2030 zunehmen. Mit einem entsprechend drastischen Anstieg der Wahrscheinlichkeit für Trockenstress wäre nach diesen Ergebnissen in den unmittelbar bevorstehenden Jahren zu rechnen.

 

Abb. 3. Standortswasserbilanz in den Wuchsbezirken 06XX und 07XX nördlich von Berlin im 100x100 m-Raster (vgl. Abb. 1) in den Klimanormalperioden 1961-1990 und 1991-2020 sowie Trend für die Dekade 2021-2030. Die Berechnung der Prognosewerte erfolgte mittels linearer Trendfunktionen unter Verwendung der jährlichen Einzelwerte 1961 bis 2020

Bedeutung für die Anbaueignung der Rot-Buche

Eindrucksvoll zeigen sich die waldbaulichen Konsequenzen des aktuellen Standortswandels anhand der "Entscheidungshilfen zur klimaangepassten Baumartenwahl" (Hamkens et al. 2020) als Zuordnungsmatrix zwischen Baumarten und Nährkraftstufen beziehungsweise Standortswasserbilanz.

Nach den ökologischen Standortsansprüchen der Baumarten wird differenziert zwischen

  • Baumart führend
  • Baumart beigemischt
  • Baumart vorübergehend beigemischt
  • Baumart begleitend und
  • Baumart vom Anbau ausgeschlossen.

Die verwendeten Schwellenwerte der Trockenstressgefährdung beruhen auf Literaturangaben, Inventurauswertungen und Expertenwissen und bewerten die Vitalität, Widerstandsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der Baumarten.

Der Sonderfall „vorübergehend beigemischt“ bezieht sich auf Buchenbestände mit flächiger Naturverjüngung, die auf Standorten stocken, deren Wasserversorgung sich klimawandelbedingt so sehr verschlechtern wird, dass die vorhandene Verjüngung nur „vorübergehend“ im Sinne kürzerer Produktionszeiten in die Waldentwicklung einbezogen werden kann (Hamkens et al. 2020).

Die Karten in Abbildung 4 zeigen, wie sich entsprechend des klimatischen Wandels auch die Einordnung der Rot-Buche (Fagus sylvatica  L.) hinsichtlich ihrer Stellung in Mischbeständen verändert hat. Unter Verwendung der Standortswasserbilanz im Zeitraum 1961-1990 wird die Buche in den nördlichen Regionen nahezu flächendeckend noch als führende Baumart ausgewiesen.

Zukünftig die Rot-Buche in ihrem Grenzbereich?

Legt man der Einschätzung die Standortswasserbilanz der Periode 1991-2020 zugrunde, so lautet die waldbauliche Einschätzung für Rot-Buche überwiegend "vorübergehend beigemischt". Im südlichen Kartenausschnitt wird die Buche in beiden Klimanormalperioden lokal führend, größtenteils aber ebenfalls als "vorübergehend beigemischt" eingestuft. Dieses ändert sich drastisch bei Verwendung der für die Dekade 2021-2030 geschätzten Standortswasserbilanz. Hier tritt die Buche im südlichen Teil der beiden Wuchsgebiete größtenteils nur noch begleitend auf, das heißt als natürlich ankommende Nebenbaumart in ihrem standörtlichen Grenzbereich. Lokal nimmt die Fläche zu, auf der die Buche vom Anbau ausgeschlossen wird. Selbst in den feuchteren nördlichen Bereichen kommt man bei Verwendung dieser prognostischen Klimadaten für die aktuelle Dekade lediglich zu der waldbaulichen Einstufung "vorübergehend beigemischt".

Abb. 4. Anbaueignung der Rot-Buche (Fagus sylvatica L.), hergeleitet aus Nährkraftstufe und Standortswasserbilanz für die Klimanormalperioden 1961-1990 und 1991-2020 sowie für die Dekade 2021-2030 (Trend)

Folgerungen

Die Artenzusammensetzung der Waldgesellschaften ist der Dreh- und Angelpunkt bei der Klimaanpassung und die zentrale waldbauliche Herausforderung für den Erhalt und die nachhaltige Entwicklung der Wälder.

Nach dem berechneten Trend der Wasserversorgung ist davon auszugehen, dass sich in nächster Zukunft auf den bislang als natürliche Buchenstandorte Brandenburgs eingestuften Waldflächen Mischwaldgesellschaften (z.B. Hainbuche – Rot-Buche – Trauben-Eiche) entwickeln werden und die Bedeutung der Buche insgesamt abnimmt. Aus forstökologischer und wirtschaftlicher Sicht sollte das zentrale waldbauliche Ziel die rasche und planvolle Entwicklung von arten- und variantenreichen Mischbestockungen sein, um den bestehenden Wald klimaplastischer zu gestalten und forstbetriebliche Risiken zu minimieren. In den bestehenden natürlichen Waldgesellschaften mit Buchendominanz sind der Schutz der Bodenfunktionen und die Sicherung der stofflichen Nachhaltigkeit bei der Holznutzung zentrale Ansatzpunkte für den möglichen Erhalt dieser wertvollen Bestände.