Vier Phasen

Der Umgang mit Krisensituationen erfolgt in einem 4-phasigen Zyklus. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) beschreibt die "notwendigen Anpassungen zur Vermeidung von, Vorbereitung auf, Erkennung und Bewältigung sowie Nachbereitung von Krisen" als Bestandteile dieses Zyklus.

Abbildung 1-5 stellen diese vier Phasen dar. Dabei wird deutlich, dass jeweils zwei Phasen des Zyklus vor und jeweils zwei Phasen nach der Krise durchlaufen werden und entsprechend präventiven, bzw. reaktiven Charakter haben.

Der 4-phasige Krisen-Management-Zyklus zeigt alle notwendigen Schritte im Umgang mit Krisensituationen auf und lässt sich in einen reaktiven (Intervention und Instandsetzung) und einen präventiven Teil (Prävention und Vorbereitung) gliedern:

Präventionsphase

Ist eine mögliche Krise erkannt und hinsichtlich ihres Gefahrenpotentials für die Betriebsziele bewertet, gilt es sicherzustellen, dass möglichen Präventionsmaßnahmen auf einem klaren Verständnis der Gefährdung beruhen.

Im Fall einer Gefährdung durch einen Sturm könnten Präventionsmaßnahmen darauf abzielen einen Bestand sturmstabiler zu erziehen, z.B. durch die Wahl standortgerechter Baumarten und passender Durchforstungsregime.

Weitere typische Präventionsmaßnahmen wären eine waldbauliche Diversifizierung (z. B. Baumartenmischung) oder der Abschluss einer Waldbrandversicherung.

Grundsätzlich gilt, dass in dieser Phase das Augenmerk darauf gelegt werden sollte Maßnahmen zu ergreifen, die die Resistenz und Resilienz eines Betriebes im Falle einer Katastrophe verbessern. Auch im Kontext des Sendai-Rahmenwerks der Vereinten Nationen für Katastrophenvorsorge das unter Federführung des UN Büros für Reduktion des Katastrophenrisikos [Übersetzung d. Verfasser] entwickelt und von der UN Generalversammlung angenommen wurde, liegt ein klarer Fokus auf der Krisenprävention.

Vorbereitungsphase

Neben der Präventionsphase ist auch die Phase der Vorbereitung auf eine Krise von hoher Bedeutung, denn die nachfolgenden Phasen (Intervention und Instandsetzung gelingen wesentlich besser, wenn im Vorfeld der Krise bereits Vorbereitungsmaßnahmen für den Ernstfall getroffen wurden.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Vorbereitungsarbeit ist die Priorisierung von Tätigkeiten im Krisenfall. Ein gut strukturierter Ablaufplan mit "Regieanweisungen im Ernstfall" dient zum einen dem ressourceneffizienten Handeln in der Interventionsphase und unterstützt insofern den innerbetrieblichen Prozess. Daneben ist die Überprüfung der Prozesskette hinsichtlich möglicher Engstellen (z.B. Transport oder Lagerkapazitäten) ein wichtiges Mittel zur Vermeidung von Sekundärschäden.

Zudem eignet sich eine Prioritätenliste als wertvolles Kommunikationswerkzeug gegenüber der Öffentlichkeit. Im Krisenfall ist mit zahlreichen Anfragen und Forderungen aus der Gesellschaft zu rechnen (z. B. "Wann bekomme ich mein Brennholz?" oder "Wann ist meine Joggingroute wieder offen?"). In dieser Situation ist eine Prioritätenliste äußerst hilfreich, um zu signalisieren, dass es einen ausgereiften Plan gibt, der alle Belange berücksichtigt und gleichzeitig die notwendige Zeit für den Betrieb reklamiert.

Interventionsphase

Die Interventionsphase findet unmittelbar während und direkt im Anschluss an eine Krise statt. Hier geht es hauptsächlich darum, die Schäden möglichst gering zu halten. Die Beseitigung der Krisenschäden gelingt erfahrungsgemäß umso besser, je gründlicher die Möglichkeiten der Prävention und der Vorbereitung auf die Krise genutzt wurden. Außerdem empfiehlt es sich, den Fokus der Aktivitäten auf die Vermeidung von Sekundärschäden zu legen. Was bereits zerstört ist, geht sicherlich kein zweites Mal kaputt. Primärschäden sollten daher in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Sie müssen ohnehin den versunkenen Kosten zugerechnet werden. Andererseits besteht bei jeder Krise die Gefahr, dass weitere Schäden in der Folge des Krisenereignisses auftreten (Sekundärschäden). Diese können oftmals bei schnellem Eingreifen vermieden oder zumindest abgemildert werden. Daher kommt einer klugen Priorisierung der Reihenfolge der "Aufräumarbeiten" eine besonders hohe Bedeutung zu.

Instandsetzungsphase

In der Instandsetzungsphase findet eine Beseitigung der Schäden statt, die durch die Krise entstanden sind. Instandsetzungsmaßnahmen zielen auch darauf ab, einen stabileren Zustand (z.B. artenreiche, gut strukturierte Mischbestände) aufzubauen. Der Übergang von dieser letzten Phase des Krisenmanagementzyklus zur Prävention liegt nahe und ist teilweise fließend.

Drei Ebenen

Neben den Waldbeständen als Austragungsort der Krisenbewältigung dürfen als weitere Ebenen auch der Gesamtbetrieb und das weitere Umfeld nicht außer Acht gelassen werden (Abb. 6).

Als kleines Beispiel soll ein fiktives Windwurfereignis diesen Zusammenhang verdeutlichen: In der Interventionsphase muss sich der Betrieb auf Bestandesebene mit der Aufarbeitung des Sturmholzes auseinandersetzen. Dabei stehen die Arbeitssicherheit, die Belange des Forstschutzes, die Vermeidung von Wertverlusten und die Sicherheit von Waldbesuchenden im Vordergrund. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, dass sich gewisse Elemente der genannten Ziele nicht auf den einzelnen Bestand beschränken, sondern eher gesamtbetrieblich angegangen werden müssen. Darunter fällt z. B. der koordinierte Einsatz der Arbeitskapazitäten, die Holzkonservierung in Nasslagern bzw. die Kommunikation mit dem forstlichen Umfeld, sprich Holzabnehmern, Transproteuren, Sägewerken, Unternehmern und den jeweiligen Behörden.

Letztgenannter Punkt leitet bereits auf die dritte Ebene weiter. Die Einflüsse auf das weitere Umfeld sprich auf die Gesellschaft und die Politik spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle im Krisenmanagement. Zu nennen wäre im konkreten Beispiel die Zusammenarbeit mit der Lokalpresse, oder die Beantragung von Leistungen der forstlichen Förderung. Selbstverständlich besteht diese Dreiteilung in allen vier Phasen des Krisenmanagement-Zyklus (vgl. Abb. 1). Erst durch die Beachtung sämtlicher Aktivitätsebenen kann eine Krise ganzheitlich bewältigt werden.

Zwei Beteiligte

Zuletzt spielt noch die Frage eine Rolle, wer im Prozess beteiligt ist. Förster neigen aufgrund ihrer generalistischen Ausbildung dazu, sämtliche Probleme alleine lösen zu wollen. Das führt aber in echten Krisensituationen unweigerlich zu Überforderung. Während die Inanspruchnahme von zusätzlicher (insbesondere hochmechanisierter) Arbeitskapazität durch Unternehmer mittlerweile zum Standard gehört, ist die Hilfestellung durch Beratung meist noch ein rotes Tuch.

Zu groß ist die Angst vor dem Verlust der eigenen Gestaltungshoheit. Dabei sollte die Frage: "Mache ich es selber, oder hole ich mir Hilfe?", gerade in Krisensituationen angstfrei gestellt werden, um rechtzeitig professionelle Hilfestellungen in Anspruch nehmen zu können (Abb. 7).

4-3-2 Krisenmanagement-Zyklus

Das Konzept des 4-3-2 Krisenmanagements ist daher nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine Art Leitfaden bzw. Strukturierungshilfe, die dazu beitragen soll, dass alle Phasen, Ebenen und Kompetenzen, die im Umgang mit einer Krisenursache bedacht werden sollten, in den Prozessen des Krisenmanagements einbezogen sind.

Der richtige Zeitpunkt ist immer jetzt

Selbst wenn Sie nach der Lektüre der vorangegangenen Ausführungen davon überzeugt sein sollten, dass rechtzeitige Präventions- und Vorbereitungsmaßnahmen auf mögliche Krisensituationen grundsätzlich wichtig sind, so wird Sie vermutlich im nächsten Atemzug die Dringlichkeit des Alltagsgeschäfts eingeholt haben. Freiräume für die proaktive Gestaltung von Krisen sind schwer realisierbar, insbesondere in Zeiten schrumpfender Personalkörper und gleichzeitig wachsender Arbeitsvolumina. Daher kommt auch in krisenfreien Phasen im Forstbetrieb meist wenig Bereitschaft auf, sich neben dem aufreibenden Alltagsgeschäft auch noch Gedanken um mögliche Krisen in der Zukunft zu machen. Und dennoch sind genau diese störungsfreien Zeiten der richtige Zeitpunkt, um ein bis zwei Arbeitstage zu investieren und eine überschaubare Anzahl von 4-3-2 Krisenmanagement-Plänen auszuarbeiten. Denn den persönlichen Terminplan kann man nur in den Zeiten der betrieblichen Normalität selbst bestimmen. Wenn die Krise erst einmal da ist, ist es mit der Selbstbestimmtheit des Arbeitsalltags dahin und die Rückkehr zur Normalität gelingt umso schneller und erfolgreicher, je besser vorbereitet man in die Krise geraten ist.

Unser Appell lautet daher:

  • Betreiben Sie proaktives Krisenmanagement. Unser Formblatt 4-3-2 Krisenmanagement können Sie als Vorlage benutzen.
  • Nutzen Sie unsere Onlineratgeber.
  • Nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Wenn Sie Unterstützung benötigen, steht Ihnen das KoNeKKTiW-Netzwerk auch persönlich mit Rat und Tat zur Seite.

Literatur und Internetquellen

  • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Grundlagen Krisenmanagement). Zuletzt abgerufen am 15.05.2018.
  • Sendai Framework for Disaster Risk Reduction 2015-2030, zuletzt abgerufen am 15.05.2018
  • Hartebrodt, C.; Chtioui, Y. (2014): Gefährliche Normalität AFZ - Der Wald 24/2014 S. 21-23.
  • Diederichs, M. (2012): Risikomanagement und Risikocontrolling – Vahlen, ISBN: 978-3-8006-4222-9
  • Hartebrodt, C.; Hengst-Ehrhart, Y. (2017): Sendai Framework und 4-3-2 Krisenmanagement. AFZ-DerWald 72 (23), 14-16

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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