Im Rahmen des schweizerischen Energiekompetenzzentrums BIOSWEET haben WSL-Forscher zehn verholzte und nicht verholzte Biomassekategorien (Abb. 2) hinsichtlich ihrer energetischen Potenziale untersucht. Diese betreffen:

  • das Waldholz (Abb. 1)
  • das Flurholz
  • das Restholz (aus Sägewerken, Zimmereien, Schreinereien)
  • das Altholz ("Gebrauchtholz") sowie den Hofdünger
  • die landwirtschaftlichen Nebenprodukte
  • die organischen Anteile im Kehricht
  • das Grüngut der Haushalte und aus der Landschaftspflege
  • die biogenen Abfälle aus Gewerbe und Industrie
  • den Klärschlamm

Nicht untersucht wurden Energieholzplantagen auf landwirtschaftlichen Böden und Energiepflanzen, sogenannte "energy crops".

Vorgehen und Vergleichbarkeit

Für alle Kategorien von Biomasse wurden das theoretische Potenzial, das nachhaltige Potenzial, das bereits genutzte und das zusätzliche Potenzial zum heutigen Zeitpunkt bestimmt (Abb. 3). Die einheitliche Abgrenzung, der gleiche Erfassungszeitpunkt sowie die Darstellung der Ergebnisse in gleichen Masseinheiten gewährleisten die Vergleichbarkeit der Potenziale und damit ihre gemeinsame Betrachtung. Durch die Betrachtung der räumlichen Verteilung ist es möglich, regionale Schwerpunkte des Aufkommens an Biomasse zu bestimmen.

Das theoretische Potenzial beinhaltet die im Inland erzeugte Biomasse, die maximal genutzt werden könnte. Aus diesem ergibt sich nach Abzug von ökologischen und ökonomischen sowie rechtlichen und politischen Restriktionen das nachhaltige Potenzial. Das zusätzliche bzw. verbleibende Potenzial errechnet sich, indem man die bereits energetisch genutzte Biomasse vom nachhaltigen Potenzial abzieht.

Grenzen, Chancen und Herausforderungen

Die Gesamtschau aller zehn Biomassen, auf die ein ausführlicher Bericht (PDF) eingeht, verdeutlicht die Chancen und Grenzen ihrer energetischen Nutzung und beschreibt wichtige Herausforderungen. Zusammenfassend zeigt Abbildung 4 die verschiedenen Potenziale der jährlich anfallenden Biomasse in der Schweiz umgerechnet in Primärenergie (in Petajoule PJ). Die verschieden farbigen Quadrate stellen jeweils das theoretische, das nachhaltige und das zusätzlich nutzbare Potenzial der verschiedenen Biomassen dar.

Grenzen der nachhaltigen Verfügbarkeit für eine energetische Nutzung sind ökologische und ökonomische Restriktionen. Werden sie berücksichtigt, steht gemäss unseren Betrachtungen jährlich etwa die Hälfte des theoretischen Biomassepotenzials für eine energetische Nutzung nachhaltig zur Verfügung (97 PJ). Dabei entfallen 50 PJ (6,3 Mio. m3) auf die verholzte Biomasse. Dies entspricht einer Menge von 4,5% des heute in der Schweiz genutzten Bruttoenergieverbrauchs von 1108 PJ oder rund der Hälfte des insgesamt nachhaltig nutzbaren Biomassepotenzials. Die nachhaltigen Potenziale von Waldholz und Hofdünger tragen 26 PJ (3,3 Mio. m3) beziehungsweise 27 PJ zu nahezu gleichen Teilen bei. Flurholz hat ein nachhaltiges Potenzial von 4,8 PJ (0,5 Mio. m3). Zusätzlich haben die Biomassekategorien aus Abfall, also Altholz, organische Anteile Kehricht, Grüngut aus Haushalt und Landschaft, organische Abfälle aus Industrie und Gewerbe, Klärschlamm und Restholz zusammen ein Potenzial von jährlich 39 PJ. Altholz trägt dazu 11,7 PJ oder 1,5 Mio. m3 und Restholz 7,6 PJ oder rund 1,0 Mio. m3 bei.

Die heute bereits energetisch genutzte Menge des Biomassepotenzials beträgt etwa 53 PJ pro Jahr. Davon stammen gut 36 PJ oder 4,6 Mio. m3 von der verholzten Biomasse. Das bereits genutzte Potenzial der verholzten Biomasse wird heute zu 95% in Wärme umgewandelt. Das nicht verholzte Material wird entweder vergärt oder verbrannt und in Form von Wärme, Strom oder Treibstoffen genutzt.

Für die energetische Nutzung stehen in der Schweiz gemäss den Berechnungen jährlich zusätzlich rund 44 PJ Biomasse zur Verfügung, welche etwa 4% des Schweizer Bruttoenergieverbrauchs entsprechen. Die Biomasse mit dem grössten zusätzlich nutzbaren Potenzial ist Hofdünger mit 24 PJ, gefolgt von Waldholz mit 9 PJ (1,2 Mio. m3). Diese zusätzliche Menge könnte zwar ressourcenseitig nachhaltig bereitgestellt werden, wird jedoch für die heutige energetische Nutzung nicht verwendet. Hierfür verantwortlich sind insbesondere ökonomische Gründe bei der Ressourcenbereitstellung oder Energieumwandlung.

Verholzte Biomassen – Besonderheiten und Potenziale

Die Potenziale sind keine festen Grössen. Jedes einzelne Potenzial ist von verschiedenen Einflussgrössen abhängig, die sich im Zeitablauf ändern können.

Beim Energieholzaus dem Wald hängen die Potenziale in erster Linie davon ab, wie der Wald bewirtschaftet wird und wie hoch die Preise der verschiedenen Holzsortimente sind. Betrachtet man die Bewirtschaftungen "weiter wie bisher" (Vorratsanstieg) und "moderater Vorratsabbau", bewegt sich das (rein) ökologisch nachhaltige Waldenergieholzpotenzial je nach Holzmarktsituation zwischen 3,5 und 5 Mio. m3 (27 bis 49 PJ) pro Jahr. Unter Berücksichtigung von ökonomischen Aspekten ergeben sich zwischen 2 und gut 4 Mio. m3 (18 bis 33 PJ).

Flurholz besitzt nur ein beschränktes zusätzliches Potenzial im Umfang von 2,4 PJ. Ökonomische und technische, aber auch ökologische Aspekte sind dafür die wesentlichen Gründe. Der Preis des Flurholzes für die energetische Verwendung ist im Vergleich zu Waldholz geringer. Dies vor allem deshalb, weil das anfallende Material ansonsten gegen eine Gebühr entsorgt werden müsste.

Gleichwohl setzt der geringere Preis der wirtschaftlichen Bereitstellung des Flurholzes aber auch Grenzen. Oft besitzt Flurholz einen höheren Wassergehalt und einen höheren Fein- und Rindenanteil als Waldholz und hat darum einen geringeren Brennwert. Die Flurholzgruppe Verkehrsgrün (2,6% aller Flurholzflächen) weist spezifische technische und ökonomische Charakteristika auf, welche die energetischen Nutzungsmöglichkeiten von Verkehrsgrün einschränken können: Es fällt zwar regelmässig, aber nur saisonal im Frühjahr an. Seine Ernte an Bahnanlagen und Autobahnen ist ausgesprochen teuer.

Im Falle von Autobahn- und Strassengrün ist eine Kontaminierung mit Schwermetallen und mit Salzen nicht auszuschliessen. Letzteres kann bei hohen (effizienten) Verbrennungstemperaturen zu technischen Problemen bei den Öfen führen (Korrosionsschäden durch Salzsäure). Daher sind eine zwecks Identifizierung getrennte Lagerung des Flurholzes nach Herkunft und eine Verwendung des Materials in geeigneten Anlagen unbedingt erforderlich.

Das inländische Restholzpotenzial hängt grundsätzlich vom Umfang der Holznutzung im Wald und von der Art der Verwendung des heimischen und importierten Holzes ab. Zurzeit wird das Restholzpotenzial vollständig ausgeschöpft. Je mehr Waldholz stofflich genutzt wird, desto mehr fällt bei dessen Be- und Verarbeitung auch Restholz an. Ungefähr die Hälfte des Restholzaufkommens fällt in den Sägewerken an, die andere Hälfte in den weiterverarbeitenden Betrieben. Von der in den Sägewerken anfallenden Gesamtmenge Restholz wird ungefähr ein Drittel energetisch genutzt, in den weiterverarbeitenden Betrieben ist es gut die Hälfte. Diese Anteile hängen von den Preisen des Restholzes sowie von der Grösse und Auslastung der vorhandenen Anlagenkapazitäten zur Energiegewinnung in den Betrieben ab, in denen das Restholz anfällt.

Altholz ist ein gefragter Rohstoff. Sein Aufkommen hängt vom Bevölkerungswachstum sowie vom Umfang der stofflichen Nutzung ab. Häufig wird das Altholz exportiert oder als Energieholz eingesetzt, wobei der Markt durch umwelt- und energiepolitische Gesetzgebungen beeinflusst wird. 2,5 PJ könnten noch zusätzlich für energetische Zwecke genutzt werden.

 

Folgerungen

Fast 9% des heute in der Schweiz genutzten Bruttoenergieverbrauchs von 1108 PJ könnten nachhaltig mit Biomasse und rund die Hälfte davon durch verholzte Biomasse bereitgestellt werden (Abb. 9). Heute werden jedoch erst 3,3% des Schweizer Bruttoenergieverbrauchs oder 36 PJ zur Energieproduktion mit Holz eingesetzt.

Ein Potenzial von 14 PJ oder 1,7 Mio. m3 könnte zusätzlich aus der verholzten Biomassen genutzt werden. Diese Menge entspricht rund ¾ der Menge, welche heute aus dem Waldholz bereits energetisch genutzt wird. Es gilt, eine möglichst vollständige, effiziente und umweltschonende Bereitstellung der Biomassepotenziale zu gewährleisten und hierzu die am besten geeigneten Technologien zu identifizieren, zu entwickeln und zu nutzen sowie geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die genauen Zahlen, weitere Detaillierungen sowie Ergebnisse in anderen Einheiten (Kubikmeter, Biomethan-Ertrag) entnehmen Sie bitte dem ausführlichen Gesamtbericht Biomassenpotenziale der Schweiz für die energetische Nutzung (PDF).

(TR)