Groß- und Kleinwald gleichen sich bei Nutzungsgewohnheiten an

Die Österreichische Waldinventur (ÖWI) erhebt wie viel Holz im Wald steht, wie viel davon entnommen wird und welchen Einfluss die Nutzungseingriffe auf das Wachstum des Waldes haben. Aus rund 50 Jahre intensiver Waldbeobachtung durch die ÖWI lassen sich Gewohnheiten der Holznutzung herauslesen.

Infolge des hohen Holzbedarfs in der Nachkriegszeit befürchtete man damals, dass zu viel Holz aus dem Wald entnommen werde. Bereits nach der ersten ÖWI in den Jahren von 1961 bis 1970 konnte Entwarnung gegeben werden: Durchschnittlich wurden jährlich rund 12 Mio. Vfm entnommen, der verbleibende Bestand legte jedoch jährlich 18 Mio. Vfm an Zuwachs zu. In den darauffolgenden zehn Jahren nahm der Holzvorrat weiter zu und der Zuwachs lag wieder deutlich über der Nutzung.

Einblick in das Nutzungsverhalten der letzten drei Jahrzehnte

Ab 1981 wurde die ÖWI auf ein permanentes Erhebungssystem umgestellt, damit konnten die Entwicklungen im öster­reichischen Wald noch besser erfasst werden. Auch der Vorratsabgang konnte genauer berechnet werden. Dieser wurde begrifflich etwas weiter gefasst und beinhaltet seither waldbaulich geplante und zufällige bzw. ungeplante Holznutzungen sowie den natürlichen Abgang, der sich aus umgefallenen dürren und dürr ge­wordenen Bäumen zusammensetzt.

Reguläre Vor- und Endnutzungen werden als "geplante Nutzungen" bezeichnet - im Gegensatz zur ungeplanten Nutzung ("Zufalls­nutzung"), die durch Kalamitäten wie Windwurf und -bruch, Schneebruch und -druck, Insektenbefall oder Feuer erzwungen wurde. Aus der Zeitreihe der fünf ÖWI-Erhebungen am permanenten Erhebungssystem lassen sich Nutzungs­gewohnheiten über rund drei Jahrzehnte herauslesen.

Wo fanden die Nutzungen statt?

Die Nutzungen fanden in jenem Teil des Waldes statt, der forstlich bewirtschaftet wird bzw. bewirtschaftet werden kann. Diese "Ertragswaldfläche" beträgt 3,4 Mio. ha und hat sich in den letzten 30 Jahren mit rund 30.000 ha Zunahme fast nicht verändert, während die Gesamtwaldfläche im selben Zeitraum um über 120.000 ha zulegte.

Unterscheidet man nach der Waldbesitzgröße (Eigentumsart) und fasst Besitzungen über 200 ha einschließlich der Österreichischen Bundesforste AG zum Großwald und Besitzungen bis 200 ha zum Kleinwald zusammen, so zeigt sich eine gegenläufige Entwicklung der Ertragswaldfläche für diese Eigentumsarten. Im Kleinwald ist diese Fläche um 50.000 ha größer geworden, während sie im Großwald im selben Zeitraum von 1981 bis 2009 um 20.000 ha abge­nommen hat.

Größe der Nutzungsfläche

Der Anteil an der Ertragswaldfläche, auf der jährlich geplante Nutzungen stattfanden, nahm bis zur Jahrtausendwende generell ab und war im Großwald immer etwas geringer als im Kleinwald, in dem er im letzten Jahrzehnt wieder anstieg (Abbildung 1).

Die Flächenanteile mit ungeplanten Nutzungen und natürlichen Abgängen sind dagegen im Großwald seit 1981 immer höher als im Kleinwald (Ab­bildung 1).

Unterschiedliche Vorrats­entwicklung nach Besitzgröße

Seit 1981 bis heute erhöhte sich auf der Ertragswaldfläche von 3,4 Mio. ha der Vorrat um insgesamt 20% von 937 auf 1.134 Mio. Vfm. Im Großwald nahm der Gesamtvorrat um 7 Mio. Vfm in diesem Zeitraum zu. Dies ergab sich folgendermaßen: Zunächst nahm er um 7 Mio. Vfm in den 90er Jahren ab, darauf folgte ein deutlicher Anstieg um 18 Mio. Vfm bis zur Jahrtausendwende und eine neuerliche etwas geringere Abnahme um 4 Mio. Vfm. Im Kleinwald vergrößerte sich der Gesamtvorrat im selben Zeitraum um 190 Mio. Vfm kontinuierlich.

Während der Gesamtvorrat im Großwald entsprechend der kleineren Waldfläche absolut immer kleiner ist als im Kleinwald, liegt der Vorrat pro Hektar Ertragswaldfläche bis Ende der 90er-Jahre über dem des Kleinwaldes. Der relativ stabile Hektarwert im Großwald spiegelt eine kontrollierte Bewirtschaftung mit auf Kontinuität ausgerichteter stabiler Vorratshaltung wider.

Im Kleinwald lag der Vorrat pro Hektar ab der Jahrtausendwende über dem des Großwaldes. Die Ursache für diesen großen Unterschied in der Entwicklung liegt in der extensiveren Bewirtschaftung und, wie noch gezeigt wird, in der über längere Zeit geringen und sogar rück­läufigen Holznutzung im Kleinwald.

Änderung der Nutzungsgewohnheiten im Laufe der Zeit

Während auf Katastrophen meist kurzfristig mit baldiger Schadholzauf­arbeitung reagiert wird, sind reguläre Nutzungseingriffe waldbaulich planbar und lassen damit Rückschlüsse auf das Nutzungsverhalten über die Zeit zu. Auch die beobachtbaren natürlichen Abgänge sind als Indikator für Nutzungsgewohnheiten zu sehen. Sowohl der Verzicht auf regelmäßige Vornutzung im schwachen Durchmesserbereich als auch das gezielte Belassen von sogenannten Specht-Bäumen macht sich in einem Anstieg zusammengebrochener Dürrlinge bemerkbar.

Die gesamte jährliche Nutzung zeigt generell ab Mitte der 90er-Jahre eine rückläufige Tendenz bis zur Jahrtausendwende und dann eine sehr deutliche Intensivierung. Die jährliche Nutzungsmenge hat von stagnierenden 19 Mio. Vfm pro Jahr in den 80er und 90er Jahren um über ein Drittel auf fast 26 Mio. Vfm in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts zugenommen (Ab­bildung 2). In diesen Zeiträumen wurden zunächst um die 17 Mio. Vfm regulär genutzt, später gab es einen Anstieg auf 20 Mio. Vfm.

Zusätzlich stieg die Kalamitätsnutzung auf mehr als 3 Mio. Vfm an. Der natürliche Abgang hat gegenüber den 80er- und 90er-Jahren ebenfalls zugenommen. Die Ursachen für diese Entwicklung der Nutzungsmenge lagen anfangs an einer längeren Zurückhaltung bei der Nutzung infolge des niedrigen Holzpreises, und anschließend an der forst- und umweltpolitisch ausgelösten Intensivierung der Holz- und Biomasse­nutzung. Die Sturmkatastrophen im vergangenen Jahrzehnt und die Schadholzaufarbeitung trugen zu zusätzlichen Nutzungen bei.

Mehr ungeplante Nutzung im Großwald

Die Nutzungsmengen blieben im Großwald in den Jahren 1981 bis 2009 weitgehend gleich (Abbildung 3). Die geplanten Nutzungen sind bereits in den 90er-Jahren um ein paar Prozentpunkte angestiegen. In der letzten Dekade sind die Zufallsnutzung und der natürliche Abgang gegenüber früheren Erhebungen deutlich angestiegen, sodass der Vorratsabgang im Großwald zuletzt rund 12 Mio. Vfm betragen hat.

Mehr geplante Nutzungen im Kleinwald

Ein ganz unterschiedliches Bild zeigen die Nutzungsmengen im Kleinwald: Bis 2002 gingen die geplanten Nutzungen zurück und stiegen dann im letzten Jahrzehnt um 50% an. Die Gesamtmenge an Kalamitätsholz bewegt sich in der gleichen Größenordnung wie im Großwald und hat auch im gleichen Ausmaß zugenommen. Ebenfalls erhöht hat sich der natürliche Abgang ­– insgesamt weniger als im Großwald.

Beginnende Nutzungs­intensivierung im Kleinwald

Anhand der Zeitreihe für die Nutzungsmengen zeigen sich sehr deutliche Unterschiede zwischen Klein- und Großwald. Bezieht man die jährlich durchführten geplanten Nutzungen auf den Gesamtvorrat, so zeigt sich, dass im Großwald ziemlich konstant an die 1,9% des Gesamtvorrates genutzt wurden (Abbildung 4).

Im Kleinwald zeigt der Verlauf einen zweimaligen Rückgang um 0,2 Prozentpunkte, der anschließend wieder durch einen Anstieg um 0,4 Prozentpunkte ausgeglichen wird, und damit gleich groß wie in den 80er Jahren ist, aber noch deutlich unter 2% des Gesamtvorrates liegt. Das bestätigt zwar einerseits die intensivierte Nutzung im Kleinwald, andererseits wird das in Forstbetrieben übliche Nutzungsniveau im Kleinwald noch nicht erreicht. Eine Motivierung zu einer Beibehaltung der intensiveren Nutzung (Holzmobilisierung) im Kleinwald erscheint daher durchaus noch vertretbar.

Die Art der Nutzung belegt die Nutzungsgewohnheit

Neben der Entwicklung der gesamten Nutzungsmengen sind im Durchschnitt der beobachteten 30 Jahre unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten im Klein- und Großwald festzustellen (Abbildung 5). Der Anteil des natürlichen Abganges und der Zufallsnutzung im bewirtschafteten Großwald ist mit 19% immer höher als im Kleinwald, wo 15% der Nutzungsmenge nicht geplant waren. Der Anteil der Vornutzung mit ungefähr 14% ist in beiden überraschenderweise annähernd gleich.

Etwa zwei Drittel des gesamten genutzten Holzes aus dem Großwald fiel über geplante Endnutzungen an. Diese stammen zur Hälfte aus großflächigeren Nutzungen (ab 500 m²) und zur Hälfte aus Verjüngungshieben mit anschließender Räumung und aus kleinflächigen Nutzungen (unter 500 m²). Im Kleinwald kam der Holzanfall zu 70% aus End­nutzungen, mit einem relativ geringen Unterschied zwischen kleinflächiger und großflächiger Nutzung und einem deutlich geringeren Anteil von Verjüngungshieb und Räumung.

Die Entwicklung dieser Nutzungs­arten verlief in den Eigentumsarten sehr unterschiedlich. In den 80er-Jahren fiel im Kleinwald noch aus Kleinflächen­nutzung mehr Holz an als aus groß­flächigen Nutzungen, danach lagen beide Nutzungs­arten ziemlich gleich auf. Erst nach dem Jahr 2000 stieg im Kleinwald der Anteil großflächiger Nutzungen deutlich an und vergrößerte sich erheblich gegenüber der bis dahin als typisch für den Kleinwald geltenden Gewohnheit kleinflächig zu nutzen.

Im Großwald wurde immer überwiegend großflächig genutzt. Mitte der Achtziger bis Mitte der Neunziger Jahre fiel diese Nutzungsart unter 25%, die sonst immer deutlich über 30% und nach 2000 sogar über 37% der gesamten Nutzung betrug. Der Holzanfall seit den 80er-Jahren ist aus Kleinflächennutzung um mehr als die Hälfte und aus Durchforstungen um rund ein Drittel auf je 11% zurückgegangen. Der natürliche Abgang hat sich mit 12% bis heute mehr als ver­doppelt. Die Entwicklung des in den 80er- und 90er-Jahren deutlich an­steigenden Holzanfalls aus Verjüngungshieb und Räumung kehrte sich wegen des massiven Anstiegs der Zufallsnutzung in den 2000er-Jahren wieder um.

Der natürliche Abgang war im Kleinwald in den 80er- und 90er-Jahren immer überwiegend in der Jugend und im Stangenholz zu verzeichnen, erst nach 2000 war der Anteil an Baum- und Starkholz höher.

Im Großwald überwiegte immer der Baum- und Starkholzanteil gegenüber Jugend und Stangenholz bei den Bäumen, die zusammengebrochen sind. Demnach ist dies eine weitere Entwicklung in Richtung Erhöhung des Anteils der höheren Wuchsklassen. Ursache ist einerseits der Rückgang der Durch­forstung und eine vermutlich verzögerte Schadholzaufarbeitung, aber auch die schwierigere Erreichbarkeit hiebsreifer Bestände, weil früher bevorzugt in günstigeren Lagen genutzt wurde.

Die aktuellen Nutzungs­gewohnheiten nach 2009

Da die ÖWI derzeit den Zeitraum bis 2009 abdeckt, muss für die Jahre 2010 bis 2012 auf eine andere Statistik als Informationsquelle zurückgegriffen werden. Das BMLFUW erhebt den jährlichen Holzeinschlag direkt bei Forstbetrieben mit einer Fläche über 200 ha und in kleineren Betrieben stichprobenweise und gibt das Ergebnis als Holzeinschlags­meldung (HEM) für das jeweils abge­laufene Jahr bekannt. HEM und ÖWI sind zwar verschiedene Statistiken, doch nähern sie sich Durchschnittswerten, über gleiche Zeiträume und auf gleiche Einheiten (Erntefestmeter) gebracht, recht gut an. Die jüngere Entwicklung der Nutzungsgewohnheiten im Klein- und Großwald wird deshalb aus der HEM abgeleitet.

Im Kleinwald ist der Holzeinschlag 2010 und 2011 noch weiter angestiegen und 2012 wieder zurückgegangen, je­doch nicht unter die Menge von 2010 bzw. den Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre gefallen (Tabelle).

Tabelle: Holzeinschlagsmeldung
Eigentumsart2000/2009201020112012
Kleinwald
9,23 Mio. Efm
10,18 Mio. Efm 11,34 Mio. Efm 10,81 Mio. Efm
Großwald
7,82 Mio. Efm 7,65 Mio. Efm 7,36 Mio. Efm 7,21 Mio. Efm
Gesamt
17,05 Mio. Efm 17,83 Mio. Efm 18,70 Mio. Efm 18,02 Mio. Efm
Energieholzanteil
23%
26%
27%
29%
Industrieholz
17%
18%
17%
18%
Schadholzanteil
38%
29%
19%
18%

Im Großwald einschließlich der ÖBf AG ging der Holzeinschlag seit 2010 von Jahr zu Jahr um rund 3% zurück - auch gegenüber dem Durchschnitt von 2000 bis 2009.

Der Anteil von Energieholz am Gesamteinschlag beträgt laut Presseaussendung des Lebensministeriums vom Mai 2013 aktuell insgesamt 29%, im Jahre 2008 waren es gerade einmal 23%. Der Energieholzanteil im Kleinwald war aber bereits damals 30%, hält derzeit bei über 36% und stellt somit schon längst eine wichtige Nutzungsmotivation für diese Waldbesitzer dar.

Im Großwald erreicht der Anteil des Energieholzes am Gesamteinschlag trotz steigender Tendenz kaum 20%, dafür liegt der Anteil des Industrieholzes immer über dem des energetisch genutzten Holzes und bewegt sich um 25%.

Erst mit den Ergebnissen der nächsten ÖWI, die in den kommenden Jahren stattfinden wird, können diese Angaben aus der HEM hinsichtlich der sich derzeit abzeichnenden Entwicklung beurteilt werden. Es wird sich zeigen, ob sich die Nutzungsgewohnheiten im Klein- und Großwald weiter annähern.

Die Nutzungsgewohnheiten der letzten Jahrzehnte scheinen auf die Reproduktionskraft des Waldes, etwas undifferenziert betrachtet, keinen negativen Einfluss zu haben. Waldfläche und Holzvorrat nahmen zu, es wurde insgesamt nicht mehr Holz entnommen als zuwächst.

Wenn die witterungsbedingten Kalamitäten zukünftig mehr werden, wird darauf bei den Nutzungsplanungen stärker Rücksicht genommen werden müssen. Inwieweit Pflegemaßnahmen zur Entwicklung stabiler Bestände und teilweise Nutzungsintensivierung mit den verschiedenen ökologischen Forderungen in Einklang zu bringen sein werden, wird nicht ohne Einfluss auf die künftige Nutzungsgewohnheit in Österreichs Wald bleiben.

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