Bewaldete Einzugsgebiete gelten als Garant für hochwertiges Oberflächen- und Trinkwasser. Anthropogene Depositionsbelastungen führten jedoch in der Vergangenheit zu einer kontinuierlichen Versauerung der Waldböden. Dadurch wurde das Puffer- und Filterpotenzial der Waldböden merklich eingeschränkt, was sich in einer negativen Entwicklung der Bachwasserqualität auswirkt . Für die Trinkwassergewinnung problematisch sind vor allem sehr niedrige pH-Werte sowie erhöhte Konzentrationen ökotoxischer Versauerungsprodukte (z.B. ionares Aluminium und Mangan).

Waldbauliche Maßnahmen, Kalkungen und Störungen der Bestandesstruktur beeinflussen die Wasserqualität im Bachwasser. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist je nach Gebietscharakteristik unterschiedlich. Allgemein sind die Auswirkungen einer forstlichen Bewirtschaftung umso größer, je großflächiger ein Eingriff ist und umso kleiner, je höher der Anteil von Wasser aus anderen nicht beeinflussten Bereichen des Einzugsgebietes am Abfluss ist.

Die vier Fallstudien

Die vier verschiedenen ökosystemaren Fallstudien in den Regionen Schwarzwald (Fallstudien Conventwald, Kleine Kinzig und Schluchsee) und Vogesen (Fallstudie Aubure) wurden im Hinblick auf die Zusammenhänge zwischen dem bodenchemischen Zustand und der Wasserqualität der Oberflächengewässer verglichen. Aufbauend auf diesem Gebietsvergleich wurden verschiedene forstwirtschaftliche Möglichkeiten zur Steuerung der Bachwasserqualität identifiziert. Dabei wurde ersichtlich, inwieweit durch eine gezielte forstbetriebliche Steuerung (z. B. Bestandesstruktur, Hiebsform und Bodenschutzkalkung) die bedrohten Bodenfunktionen unterstützt und die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie – Verbesserung der Wasserqualität in Oberflächen- und Grundwasser sowie nachhaltiger Schutz der Ressource Wasser – erreicht werden können.

Fallstudie Conventwald

In der Fallstudie Conventwald misst die FVA seit 1991 zeitlich und räumlich hoch aufgelöst Stoff- und Wasserflüsse mit dem Ziel, die Wirkung verschiedener waldbaulicher Verjüngungsverfahren und der Baumartenzusammensetzung auf den Stofftransport im Einzugsgebiet zu beobachten.

Fallstudie Kleine Kinzig

An der Trinkwassertalsperre Kleine Kinzig werden seit 1989 über den Vergleich eines intensiv gekalkten und eines nahezu ungekalkten Teileinzugsgebietes die mittel- und langfristigen Wirkungen der Bodenschutzkalkung auf die Trinkwasserqualität beobachtet. Dieses Messprogramm der lokalen Wasserversorger wurde ab 2003 im Rahmen eines Forschungsprojektes der FVA erweitert, um kalkungsbedingte Effekte nicht nur in den Oberflächengewässern, sondern bereits im Bodenwasser nachweisen zu können.

Fallstudie Schluchsee

Auch am Schluchsee wurde im Rahmen des bereits abgeschlossenen ARINUS-Projekts der Universität Freiburg (1987-98) die Wirkung der Bodenschutzkalkung auf die Hydrosphäre untersucht. Schwerpunkt war hier die Beobachtung der kurzfristigen Wirkung einer während der Projektlaufzeit ausgebrachten Kalkung. Zur Quantifizierung des aktuellen gewässerchemischen Zustandes im Schluchseegebiet wurde die Bachwasserbeprobung für ein Jahr (2006-2007) wiederholt.

Fallstudie Aubure

Das Untersuchungsgebiet Aubure der Universität Strasbourg korrespondiert geologisch und morphologisch mit der Fallstudie am Schluchsee, was einen Vergleich der beiden Gebiete bezüglich ihrer Depositionsbelastung und ihres Stoffhaushalts ermöglicht.

Gründe für die Gewässerversauerung

Eine entscheidende Rolle in der Gewässerversauerung spielen vor allem die Depositionseinträge, der Boden, das anstehende Gestein, die forstwirtschaftliche Maßnahmen, die Baumart und die Topographie. Forstliche Maßnahmen wirken sich in der Regel auf den Oberboden bzw. den Wurzelraum aus. So ist zum Beispiel in den höher dosiert gekalkten Gebieten (Schluchsee S4 und Huttenbächle) die Basensättigung deutlich höher als in den geringer gekalkten Gebieten Teufelsbächle und Schluchsee S1 bzw. den ungekalkten Gebieten Aubure und Conventwald (vgl. Abb. 2).

Mit zunehmender Bodentiefe werden die Effekte der Bodenschutzkalkungen auf die Basensättigung schwächer, daher verringern sich auch die bodenchemischen Unterschiede zwischen den unterschiedlich stark gekalkten Gebieten.

Der Säureaustrag mit dem Bachwasser hängt somit in starkem Maß davon ab, welche Boden- und Grundgesteinsbereiche das Wasser auf seinem Weg durch das Einzugsgebiet durchströmt hat. Im Allgemeinen zeigen alle Einzugsgebiete eine recht ähnliche Aufteilung ihrer verschiedenen Abflusskomponenten. Während des gesamten Jahres überwiegt der schnelle Grundwasserabfluss. Die hohen schnellen Abflussanteile weisen auf die Wichtigkeit der obersten durchlässigen Schichten für die Abflussbildung der Einzugsgebiete hin und somit ebenfalls auf den Stofftransport von der Bodenzone in die Gewässer.

Maßnahmen

Die Stabilisierung gefährdeter Ökosystemfunktionen und die Kompensation der Säure- und Stickstoffeinträge können nicht alleine auf der Basis waldbaulicher Steuerungsmechanismen wie z.B. Bestandesstrukturänderungen erfolgen. Bodenschutzkalkungen im Wald können zusätzlich die mittlerweile großflächig stark fortgeschrittene Bodenversauerung kompensieren und die waldbauliche Umsteuerung unterstützen. Die Bewirtschaftungsmaßnahmen können die langfristigen Risiken, die durch die Auswaschung von Schwermetallen oder von Nitrat hervorgerufen werden, nicht grundsätzlich verhindern. Die einzig langfristig wirksame Maßnahme zum Schutz der Waldökosysteme und des Grund- und Quellwassers vor Stickstoffeutrophierung und Versauerung ist eine Reduzierung der Stickstoffeinträge durch eine entsprechende Emissionsminderung.