Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus L.) ist im Klimawandel eine wichtige Baumart. Deshalb wurde er auch in das bundesweite, aus dem Waldklimafond geförderte Projekt "FitForClim" zur züchterischen Bearbeitung aufgenommen. Auch in Baden-Württemberg gibt es bei dieser wichtigen Baumart wenige Initiativen zur gezielten Verbesserung der Wuchs- und Qualitätseigenschaften. Die erste Samenplantage zur Gewinnung von hochwertigem Vermehrungsgut wurde hier 1983 mit Klonen oberrheinischer Herkunft (Herkunftsgebiet 801 05) angelegt. Pflanzen aus Absaaten der ausgelesenen Klone wurden in den 80er und 90er Jahren in Anbauversuche gebracht, um Aufschluss über die Qualität des Saatgutes zu erhalten. Inzwischen liegen erste Ergebnisse aus diesen Versuchen vor. Sie zeigen welche Qualitäten in der Samenplantage stecken.

1980: Der Beginn eines Züchtungsprogrammes

Anfang der 80er Jahre begann die FVA Baden-Württemberg mit der Selektion von Bergahorn-Plusbäumen nach rein phänotypischen Kriterien. Ausgewählt wurden geradschäftige und in ihrer Wuchsleistung herausragende Einzelindividuen. Die Plusbäume wurden abgepfropft, um mit den Pfropflingen eine Samenplantage aufzubauen. 1983 konnte dann mit 70 Klonen aus dem Oberrheingraben (Abb. 1) eine Samenplantage in Maulbronn (Untere Forstbehörde Enzkreis) angelegt werden. Die Plantage wird aktuell von der Staatsklenge in Nagold bewirtschaftet und versorgt den Markt mit Saatgut der Kategorie "qualifiziert". Nach einigen Jahren Anbauerfahrungen aus Nachkommenschaftsprüfungen können wir nun der Frage nachgehen, inwieweit die Absaaten der nach rein phänotypischen Kriterien selektierten Mutterbäume das gleiche überlegene Wuchspotenzial wie die Mutterbäume bieten. Ist die Qualität der Absaaten der Samenplantage damit genetisch fixiert und bietet uns somit eine Anbausicherheit?

Informationen zur Verfügbarkeit des Saatgutes aus der Samenplantage Maulbronn (Herkunftsgebiet 801 05, Oberrheingraben) sind über die Staatsklenge in Nagold erhältlich.

Anbauversuch von 1985

Parallel zur Plusbaumauslese der Bergahornsamenplantage wurde auch Saatgut der ausgewählten Baumindividuen gewonnen. Von den 70 für die Plantage Maulbronn ausgewählten Plusbäumen wurden 29 beerntet. Sie stammten aus verschiedenen Beständen (Abb. 1). Das Saatgut der Einzelbäume eines Bestandes wurde vermischt, während die Bestände untereinander getrennt gehalten wurden. Auf die gleiche Weise erntete man Samen aus Beständen der Schwäbischen Alb (Abb. 1). Aus dem gewonnenen Saatgut wurden Bergahorne angezogen, die man 1985 auf zwei Flächen auspflanzte. Heute befindet sich eine Fläche bei Weisweil am Oberrhein (Landkreis Emmendingen, Regierungsbezirk Freiburg) und eine weitere auf der Schwäbischen Alb bei Münsingen (Landkreis Reutlingen, Regierungsbezirk Tübingen; Tab. 1, Abb. 2, Abb. 3). Zielsetzung des Versuchs war es zu prüfen, ob Bergahorne vom Oberrhein auf den Standorten der Schwäbischen Alb anbauwürdig sind und umgekehrt. Gleichzeitig ergab sich dabei auch die Möglichkeit, die genetische Veranlagung der oberrheinischen Klone der Samenplantage Maulbronn zu prüfen.

Tab. 1: Lage und Standortsbedingungen der Versuchsflächen der Serien 1985 und 1999.

Nachkommenschaftsprüfung von 1999

1996 begann die Samenplantage Maulbronn in wirtschaftlich ausreichendem Maße zu fruktifizieren. Somit bot sich die Gelegenheit, die ersten Nachzuchten für eine Nachkommenschaftsprüfung zu verwenden, um die Qualität der Samenplantage über mehrere Standorte hinweg zu prüfen. Als Vergleich diente Pflanzmaterial aus den drei in Baden-Württemberg für Bergahorn relevanten Herkunftsgebieten: Oberrheingraben (801 05), Süddeutsches Hügel- und Bergland, kolline (801 08) und montane Stufe (801 09). Diese Pflanzen wurden zugekauft. Je nach Lage der Versuchsfläche wurde als Vergleichsherkunft Pflanzgut aus unterschiedlichem Herkunftsgebiet verwendet. 1999 wurden mit dem Pflanzmaterial aus der Samenplantage Maulbronn und den Vergleichsherkünften vier Versuchsflächen begründet. Drei davon konnten jetzt ausgewertet werden, die vierte Fläche ist ausgefallen. Die Flächen befinden sich auf einer breiten Standortsamplitude, die planare, kolline und montane Lagen umfasst (Tab. 1, Abb. 2, Abb. 3).

Mit Ablauf der Vegetationsperiode 2014 hatten die Bergahorne auf den Versuchsflächen der Serie 1999 bereits ein Mindestalter von 15 Jahren erreicht. Dieses Alter entspricht der nach FoVG für Nachkommenschaftsprüfungen definierten Mindestprüfdauer von 15 Jahren. Die genetische Eignung des zu prüfenden Materials kann somit "mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden". Wenn die Auswertung der Wuchsergebnisse zu dem Ergebnis führt, dass das zu prüfende Ausgangsmaterial einen höheren genetischen Wert hat als das Vergleichsmaterial, kann das Vermehrungsgut in die Kategorie "geprüft" überführt werden.

Der ältere Anbauversuch von 1985 erfüllt nicht die versuchstechnischen Voraussetzungen, um Vermehrungsgut in der Kategorie "geprüft" zuzulassen. Dennoch war dieser Versuch geeignet, um das Wuchsverhalten seiner Prüfglieder zum Absichern des Gesamtergebnisses heranzuziehen. Daher wurden im Herbst/Winter 2014 auf allen fünf Versuchsflächen Höhe und Wuchsform der Bäume bonitiert. Beim Anbauversuch von 1985 wurde eine Vollaufnahme durchgeführt, da nur noch ein vergleichsweise geringer Anteil der ursprünglich angepflanzten Bäume vorhanden war. Bei der Nachkommenschaftsprüfung von 1999 wurde die Höhe nur bei den 20 % stärksten Individuen in jeder Parzelle beziehungsweise Reihe aufgenommen, diese drücken näherungsweise die Bestandesoberhöhe aus, die waldbaulich von Interesse ist. Anschließend wurden die Ergebnisse mittels deskriptiver und analytischer Statistik bearbeitet.

Herkunft "Oberrhein" mit gutem Höhenwachstum

Insgesamt zeigten die Nachkommen der oberrheinischen Herkunft ein sehr gutes Höhenwachstum.

Beim Anbauversuch von 1985 erreichten im letzten Winter die inzwischen 33-jährigen Bergahorne eine Höhe von fast 17 Metern im Durchschnitt (Tab. 2, Abb. 4). Auf der Fläche Weisweil in der planaren Zone war die oberrheinische Herkunft mit einem Unterschied von 1,14 m signifikant höher als die schwäbische. Eine bessere Wuchsleistung wies die montan gelegene Fläche Münsingen auf. Dort waren die Unterschiede bei der Höhe zwischen den beiden Herkünften minimal und statistisch nicht signifikant. Somit erreichten die Bergahorne der Provenienz Oberrhein auf der Schwäbischen Alb die gleiche Höhe wie die dort autochthonen schwäbischen Provenienzen.

Tab. 2: Ergebnisse aus dem Anbauversuch der Serie 1985: Höhe der beiden Bergahorn-Herkünfte in Metern im Alter von 33 Jahren. Auf Signifikanz wurde mittels Varianzanalyse und Post-hoc-Tests nach der Methode Tukey-HSD getestet.

n.s. > 0,10 nicht signifikant
. 0,10
* 0,05

Bei der Nachkommenschaftsprüfung von 1999 betrug die Höhe im Alter 15 im Durchschnitt über alle Herkünfte und Flächen 11,50 m. Insgesamt betrachtet waren die Bergahorne aus der Samenplantage Maulbronn mit einem Unterschied von 1,06 m signifikant höher als die jeweiligen Vergleichsherkünfte (Tab. 3). Auch auf lokaler Ebene waren sie in 2 von 3 Fällen höher als die jeweilige Vergleichsherkunft (Abb. 5). In Blaustein (Schwäbische Alb, montane Stufe) betrug der Unterschied sogar 1,93 m. Nur auf der Fläche bei Heilbronn konnte dieser Trend nicht bestätigt werden. Dort unterschieden sich die Höhen der beiden Prüfglieder nicht signifikant voneinander, das heißt, Vergleichsherkunft und Samenplantage Maulbronn wiesen eine ähnlich gute Wuchsleistung auf. 

Tab. 3: Ergebnisse aus der Nachkommenschaftsprüfung der Serie 1999: Höhe der Nachkommen aus der Samenplantage Maulbronn im Vergleich zur lokalen Vergleichsherkunft im Alter von 15 Jahren in Metern. Auf Signifikanz wurde mittels Varianzanalyse und Post-hoc-Tests nach der Methode Tukey-HSD getestet.

n.s. > 0,10 nicht signifikant
. 0,10
* 0,05

Bezüglich der Wuchsform waren die Unterschiede weniger deutlich. Nur bei der Nachkommenschaftsprüfung 1999 und nur auf der Fläche Blaustein wiesen die Nachkommen der Samenplantage Maulbronn eine signifikant bessere Wuchsform auf. In allen anderen Fällen waren die Unterschiede klein und nicht signifikant.

Leistungsfähiges und hochwertiges Forstvermehrungsgut für die Zukunft

Die in den 80er Jahren von der FVA begonnene Plusbaumauslese bei Bergahorn hat sich bewährt. Bereits seit den späten 80er Jahren produziert die Samenplantage Maulbronn Saatgut zur forstlichen Verwendung. Wie jetzt die Auswertung der Nachkommenschaftsprüfung ergab, ist die Qualität des Vermehrungsgutes in Bezug auf die Wuchsleistung signifikant besser. Ein waldbaulicher Mehrwert ist somit bei Verwendung des Vermehrungsgutes aus der Samenplantage Maulbronn gewährleistet. Ebenso steht außer Frage, dass sich die Selektion qualitativ hochwertiger "Plusbäume" zum Aufbau von Samenplantagen /Gewinnung von Forstvermehrungsgut lohnt.

Aufgrund des schnellen Jugendwachstums, der kurzen Umtriebszeit und der guten Holzeigenschaften ist der Bergahorn eine Baumart, deren züchterisches Potenzial stärker ausgeschöpft werden sollte. Die früh und reichlich einsetzende Fruktifikation bietet dazu eine hervorragende Grundlage. Die Baumart wird zudem durch die weite Standortamplitude eine deutlich höhere Bedeutung unter der Prämisse des Klimawandels haben.

In Deutschland gibt es derzeit 551 zur Gewinnung "ausgewählten" Vermehrungsgutes zugelassene Erntebestände sowie 16 Samenplantagen, davon nur eine in Baden-Württemberg. Nur eine der Samenplantagen und keiner der Erntebestände wurden jedoch auf ihren Erbwert geprüft. Wie der dargestellte Versuch zeigt, kann sich dieser Mehraufwand lohnen, wenn dadurch deutlich wird, welches hohe, genetisch gesicherte waldbauliche Potenzial im Saatgut aus Samenplantagen stecken kann.

Mittlerweile tritt der Bergahorn jedoch stärker in den Fokus der Züchtung. Er ist eine der zentralen Arten im Projekt FitForClim, welches die Bereitstellung von hochwertigem forstlichem Vermehrungsgut aus züchterischer Selektion für die Zukunft anstrebt. Die fachliche Leitung des Teilprojekts Bergahorn liegt beim Bayerischen Amt für forstliches Saat- und Pflanzenzucht (ASP) in Teisendorf, dessen institutioneller Partner die FVA Baden-Württemberg ist.

Im Rahmen vom FitForClim-Projekt werden bundesweit einzelne, phänotypisch überlegene Plusbäume selektiert, die somit eine Grundlage für weitere Ausleseschritte bieten sollen (Abb. 6). Jeglicher bereits erzielter Züchtungsfortschritt soll genutzt werden. Klone, die sich in Nachkommenschaftsprüfungen bewährt haben, sollen entsprechend in Zuchtpopulationen übernommen werden. Eine deutschlandweite Auswertung von Anbauversuchen mit Bergahorn soll zur Identifikation besonders wüchsiger Klone und Prüfglieder führen und Informationen über die Anpassungsfähigkeit verschiedener Herkünfte liefern. Einen wichtigen Beitrag dazu hat die Auswertung der baden-württembergischen Versuche bereits geleistet.

Abb. 6: Bergahorn-Plusbäume, die im Rahmen des FitForClim-Projekts in Baden-Württemberg ausgelesen wurden. Gesucht werden Bäume, die vital, wüchsig, wipfel- und geradschäftig sind und allgemein eine überragende Stammqualität aufweisen.

Parallel zu dem Projekt wird eine weitere Samenplantage mit Bergahorn des Herkunftsgebietes 801 09 (Süddeutsches Hügel- und Bergland, montane Stufe) in der Nähe von Landsberg am Lech für die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg aufgebaut.