Das Interesse an der Roteiche (Quercus rubra) reicht in Baden und Württemberg in das vorletzte Jahrhundert zurück: Ursprünglich aufgrund ihres raschen Wachstums als "Lückenbüßerin" in Schneebruchlücken und im Mittelwald verwendet, wurde sie später als leistungsüberlegene Beimischung in Lärchen-, Kiefern- und Buchenbeständen und als konkurrenzkräftige Beimischung für Douglasienbestände angesehen. Zum Teil wurde sie in streifenweiser Mischung mit Stiel- u. Traubeneichen angebaut, was aufgrund zu großer Wachstumsunterschiede fehlschlug.

Heute haben wir annähernd 5.300 ha Roteichen und rd. 58.000 ha einheimische Eichen im öffentlichen Wald von Baden-Württemberg.

Grundlagen

Zum Wachstumsvergleich wurden herangezogen: Für Roteichen 17 langfristige waldwachstumskundliche Versuche mit bisher 172 periodischen Aufnahmen. Für einheimische Eichen 12 Versuchsanlagen mit 153 periodischen Aufnahmen. Die Versuchsstandorte sind nach Spektrum und Eigenschaften vergleichbar.

Behandlung der Versuche

Die Behandlung der Versuche entspricht erst seit etwa drei Jahrzehnten einer Z-baumorientierten Auslesedurchforstung mit (+ starker) Begünstigung im Herrschenden. Vorher hatten die Bestände eine eher schwache Hochdurchforstung erfahren. Die Z-Baum-Auswahl und Begünstigung wurde z. T. nachgeholt, kam aber oft zu spät.

Oberhöhen

Die Roteichen sind im Alter 60 zwischen 9 und 14, im Alter 100 zwischen 11 und 14 m höher als die einheimischen Eichen (Abb. 1). Die höchsten Roteichen stehen auf Lößlehm über Buntsandstein und mäßig frischem Feinlehm bei einer mittleren Jahrestemperatur von 9,6°C und Jahresniederschlägen von knapp über 1000 mm. Geringere Höhen werden auf gleyartigen Böden mit hohem Lehmgehalt und bei niedrigen Jahresdurchschnittstemperaturen und –niederschlägen erbracht.


Die einheimischen Eichen erreichen ihre höchsten Leistungen auf ähnlichen Standorten, aber bei deutlich geringeren Niederschlägen. Die großen Unterschiede in ihrer Höhenwachstumsleistung haben die früher gelegentlich angestrebte Mischung von Eichen und Roteichen scheitern lassen.

Durchmesser

Die Durchmesserentwicklung (d100) der Roteiche ist derjenigen der einheimischen Eiche weit überlegen (Abb. 2). In den Altern 60 bzw. 80 werden günstigstenfalls 50 bzw. 70, ungünstigstenfalls 25 - 33 cm erreicht! Zum Erreichen eines Brusthöhendurchmessers von 50 cm hat die Roteiche im Durchschnitt mindestens 95 Jahre benötigt, die Stiel- und auch die Traubeneiche dagegen 150 Jahre; für einen BHD von 65 cm waren es ca. 115 Jahre bzw. 175 Jahre.


Für die Durchmesser-Förderung entscheidend war der frühere Beginn der Eingriffe. Dies zeigt der Vergleich von Versuchsflächen mit mäßiger Nieder-Durchforstung (Roteiche 60) und einer starken Durchforstung, die allerdings nach heutiger Auffassung schon zu spät etwa bei 25 m Höhe (Roteiche 58) erfolgte.

Periodische Volumenzuwächse

Im Alter 60 erreichen Roteichen etwa 12 VFmD m.R., Eichen rd. 6 VFmD m.R.. Die Roteiche ist mit ca. 8 - 17 VfmD m.R./J/ha vor allem im Wuchsgebiet Neckarland den einheimischen Eichen mit 4 – 8 VfmD m.R./J/ha überlegen.

Gesamtwuchsleistungen

Roteichen leisten im Alter von 60 Jahren etwa 200 VfmD m.R., im Alter 120 etwa 500 VfmD m.R. mehr als die einheimischen Eichen.

Die Gesamtwuchsleistungen der Roteichen sind auf mäßig frischem Tonlöss/Lehmkerf und auf mäßig frischem Feinlehm (z. T. Tonkerf) am höchsten. Die einheimischen Eichen erzielen auf mäßig frischem Schichtlehm bzw. Kalkverwitterungslehm und mäßig frischem Feinlehm ihre besten Leistungen.

Wertleistungen

Die Roteichen bringen auf der Basis der Rohholzerlöse der FWJ 1995 – 1998 etwa ein Drittel geringere Nettoerlöse je Erntefestmeter als die Eichen. Dem stehen aber die höheren Volumenleistungen der Roteichen gegenüber. In den Beständen hängt die Wertleistung von den erreichten Qualitäten ab; sie streut in erheblichem Rahmen.

Diskussion

Auf fast allen Standorten bringen Roteichen eine deutlich höhere Volumenleistung als die einheimischen Eichen. Für einheimische Eichen wurden 1995 - 1998 höhere Preise erzielt. Dies kann flächenbezogen durch die höhere Volumenleistung und eine günstigere Güteklassenstruktur ausgeglichen werden. In den zurückliegenden Jahren haben die Holzpreise für Roteichen deutlich angezogen.

Das Produktionsziel in der Roteichenwirtschaft besteht in Baden-Württemberg heute in Wertstämmen von 8 - 10 m Länge und 50 - 70 cm Mittendurchmesser, die sich für Furnier bzw. hochwertiges Schneideholz eignen. Aufgrund der mit Durchmesser und Alter zunehmenden Entwertungsgefahr durch Stamm- und Wurzelfäule sind Behandlungskonzepte zwingend, die ein rasches Erreichen der Zieldurchmesser innerhalb von 60 - 80 Jahren ermöglichen. Dies erfordert Lichtwuchsdurchforstung zugunsten von 60 - 80 Z-Bäumen, nachdem diese die gewünschten astfreien Schaftlängen von 8 - 10 m, d. h. ab Oberhöhen von ca. 16 - 18 m erreicht haben.
Die ökologischen Auswirkungen und Risiken des Roteichen-Anbaus sind gering: Nachteilig für die Tierwelt und die Vegetation des Unterwuchses im Vergleich zu Stieleichen-/Hainbuchen-Beständen waren nicht nachzuweisen. Die geringe Krankheitsanfälligkeit der Roteichen ist bekannt.

Trotz dieser Vorzüge, einer problemlosen Aufzucht und Pflege, (landschafts-)ästhetischer Qualität und häufiger Fruktifikation mit Chancen für die natürliche Verjüngung, spielen Roteichen als Anbauten oder als Naturverjüngungen heute nur eine relativ geringe Rolle.

Die um etwa ein Jahrhundert kürzeren Produktionszeiträume und die mögliche Naturverjüngung der Roteiche sprechen für eine stärkere Berücksichtigung dieser Baumart auf leistungsfähigen, nicht zur Vernässung neigenden Laubbaum-Standorten in Eichengebieten.