Die Bedingungen in den flussbegleitenden Auen haben sich über die Jahrhunderte deutlich geändert. Flüsse wurden reguliert, Überflutungen wurden seltener und damit konnten Baumarten mit geringerer Überflutungstoleranz in die Hartholzaue einwandern oder eingebracht werden. Im modernen Hochwasserschutz sind die Retentionsräume entlang der Flüsse wieder aktuell, beispielsweise durch den Bau von Poldern (vgl. Kasten). Die Folgen für den Wald sind dabei unklar.

Experiment zur Überflutungstoleranz

In einem Projekt wurden daher die Auswirkungen erhöhter Grundwasserstände auf die Verjüngungspflanzen verschiedener Baumarten des Auwaldes untersucht. Berg-, Spitz-, Feldahorn, Stieleiche und Esche wurden in sogenannte Hohenheimer Grundwasserbecken (Abb. 1) gepflanzt (pro Becken und Baumart 56 Baumschulpflanzen).

In den Becken können kontrolliert unterschiedlich hohe Grundwasserstände eingestellt werden. Das Wasser kann aber nicht abfließen sondern steht im Becken. Das eigefüllte Substrat steigt von der einen zur anderen Beckenseite hin hangförmig an. Damit steht bei maximaler Flutung der Becken der Wasserspiegel an der unteren Seite über dem Boden (Überflutung), nach oben hin sinkt der Grundwasserspiegel kontinuierlich auf 70 Zentimeter ab. Die Flutungsdauer betrug im Experiment zehn Tage.

Flutung 102. bis 12. SeptemberWurzelhals in Reihe 1 um 20 cm, in Reihe 2 um 5 cm überstaut
Flutung 223. Juni bis 03. JuliBis zum Wurzelhals der Pflanzen in Reihe 3 aufgestaut

Während der Grundwasseranhebungen wurde kontinuierlich der Radialzuwachs an den Stämmchen der Pflanzen über Punktdendrometer erhoben. Zudem wurde an einzelnen Tagen die Nettophotosyntheserate an 24 Pflanzen pro Baumart mit einem Porometer (Abb. 2) gemessen. Beide Messwerte können die Reaktionen der Pflanzen auf Stress anzeigen.

Auswirkungen der Überflutung

Die offensichtlichsten Symptome zeigte der Spitzahorn. Mit der ersten Überflutung sind beim ihm in den untersten zwei Reihen innerhalb von drei Tagen die jungen Triebe erschlafft. Die noch nicht ganz verholzten Triebe starben im folgenden Winter ab. Die überstauten Spitzahorne behielten im Winter ihre abgestorbenen Blätter und zeigten im Frühjahr Rindenrisse an der Stammbasis (Abb. 3a-c). Im Frühjahr waren alle überstauten Spitzahorne tot. Berg- und Feldahorn zeigten wie auch Stieleiche und Esche keine sichtbaren Symptome nach der ersten Flutung.

Bei der zweiten Überflutung reagierten die ersten drei Reihen (Pflanzen über den Wurzelhals geflutet) aller Baumarten mit reduzierter Photosynthese. Bei den Pflanzen mit zunehmendem Abstand zum Wasserspiegel (Reihen 4 bis 8) war die Photosyntheserate nicht reduziert.

Während des zehntägigen Flutungszeitraums sinkt die Photosyntheserate bei den überstauten Bergahornen weiter ab und steigt auch nach dem Absenken des Wasserspiegels nicht mehr an, sinkt sogar noch weiter (Abb. 4). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den verbliebenen Spitzahornen und beim Feldahorn. Zum Ende der Überstauung kann sich als einzige Ahornart der Feldahorn stabilisieren und weist wieder bei allen Pflanzen eine positive Photosyntheserate auf.

Die Esche regiert erst nach vier Tagen Überstauung mit verminderter Photosynthese. Nach der geringsten Photosyntheserate am sechsten Tag der Überflutung (Abb. 5) passt sich die Esche offenbar an die Stressbedingungen an und erhöht die Photosynthese wieder.

Die Stieleiche reagiert, wie die Ahorne, recht schnell auf die Überstauung. Nach einer Woche passen sich aber auch die Stieleichen den neuen Verhältnissen an und die Photosyntheserate steigt wieder.

Beim Radialzuwachs zeigt sich bei keiner der Baumarten ein Unterschied zwischen den Zeitphasen vor, während oder nach der Überstauung (Abb. 6). Sie hat offenbar keinen Einfluss auf den Jahreszuwachs der Pflanzen. Zuwachseinbußen beim Dickenwachstum infolge von Überstauung zeigen sich nach zehn Tagen noch nicht.

Nasse Füße – für Stieleiche und Esche kein Problem

Nach diesen Untersuchungen lassen sich die betrachteten Baumarten in ihrer Empfindlichkeit gegenüber hoch anstehendem, nicht fließendem Wasser folgendermaßen einreihen:

Stieleiche und Esche > Feldahorn > Bergahorn > Spitzahorn

Die Stieleiche kommt auf allen Standorten der Hartholzaue vor. Auch die Esche, als eine der Hauptbaumarten der Hartholzaue, hatte keine Probleme, da sie an diese Bedingungen angepasst ist. Der Feldahorn hat wenig Probleme mit Hochwasser und stellt als Baum zweiter Ordnung eine sinnvolle Ergänzung in der Aue dar, abgesehen von tiefen Mulden.

Die standörtlichen Gegebenheiten variieren in der Aue oft kleinräumig. Muldenlagen wechseln sich mit leichten Erhöhungen ab. Darauf ist bei der Pflanzung von Berg- und Spitzahorn zu achten. Bergahorn sollte auf höher gelegenen Bereichen im Auwald und nicht in Senken und Mulden eingebracht werden. Auf passenden Kleinstandorten wird er gegenüber der Esche aufgrund des Eschentriebsterbens an Bedeutung gewinnen. Der noch empfindlichere Spitzahorn ist nur auf höher gelegenen Stellen im Auwald konkurrenzfähig. Er ist eine Baumart für die hohe, seltener und nur kurzzeitig überflutete Hartholzaue. Die Mulden und Senken in den Auen sollten vermieden werden.