Brombeeren nehmen in den Wäldern Baden-Württembergs seit längerer Zeit besonders auf Freiflächen oder an Waldrändern zu. Eine landesweite Befragung aller forstlichen Dienststellen Mitte der 90er Jahre ergab zusätzlich, dass sich Brombeeren auch in Nadelwäldern unter Kronenschirmen zunehmend ausgebreitet haben. Dort beeinflussen sie in nicht unerheblichen Umfang die Naturverjüngung.

Über die speziellen Ursachen des Vorkommens und der Ausbreitung von Brombeeren liegen wenige Untersuchungen vor. Auch ist die Bedeutung zunehmender Brombeerdichten für die natürliche Verjüngung bisher überwiegend nur durch lokale Beobachtungen von Forstleuten eingeschätzt worden. Aus diesen Gründen wurde durch die Abteilung Botanik und Standortskunde in Zusammenarbeit mit dem Waldbauinstitut der Universität Freiburg ein Projekt durchgeführt, welches zwei Hauptziele verfolgte:

  • Mögliche Ursachen der zunehmenden Brombeervorkommen und -ausbreitung in Nadelwäldern sollten dargestellt werden.
  • Die Bedeutung zunehmender Brombeerdichten für die Naturverjüngung sollte eingeschätzt werden.

Ursachen der Zunahme

Die Untersuchungsflächen lagen in den Forstämtern Oberndorf und Sulz a. N. im klimatischen Übergang zum Schwarzwald. In den einschichtigen Tannen-Fichten-Wäldern auf verlehmten Standorten kam die Brombeerart Rubus pedemontanus (PINKWART) in hoher Dichte vor.

Erste Ranken dieser Brombeerart traten schon bei sehr geringen Strahlungsangeboten auf (3 % der Freilandes). Sehr hohe Brombeerdichten wurden bei Strahlungswerten >10 % festgestellt. Zusätzlich war das Vorkommen von Brombeeren von der Humusauflage abhängig. Auf Mineralboden (nach Entfernung der Humusauflage) und Mull-Standorten siedelten sich Brombeeren in kurzer Zeit und in hoher Dichte an. Dagegen keimten auf Standorten mit den Humusformen Moder und rohhumusartiger Moder deutlich weniger Brombeeren. Auch die Bewurzelung der Triebspitzen im Spätsommer, mit denen sich Brombeeren innerhalb kurzer Zeiträume über große Flächen ausbreiten können, war bei mächtigeren Humusauflagen eingeschränkt.

Unter den sich ausbreitenden Brombeeren ändert sich das Mikroklima mit zunehmender Dichte. So lag die Bodenfeuchte im Oberboden im Hochsommer zeitweise unterhalb des permanenten Welkepunktes und das Strahlungsangebot unter sehr dichten Brombeerdecken betrug nur noch 1,3 % des Freilandes.

Folgen für die Verjüngung

Die zunehmenden Brombeerdichten beeinflussten auch den Naturverjüngungs-Prozess. Durch die dichten Brombeerdecken kamen weniger (Tannen-)Samen am Boden an. Gleichzeitig führte hier während der Samenlagerung der Schadfraß von Mäusen innerhalb weniger Tage zu hohen Samenverlusten. Die höchsten Verluste gab es bei Fichtensamen, die von den Mäusen mit Vorliebe verspeist wurden. Durch die Beseitigung von Brombeeren nahmen die Samenverluste schon auf kurzer Distanz zum Brombeerschirm deutlich ab.

Auf die nicht durch Fraß geschädigten Samen hatten Brombeeren einen weiteren indirekten Einfluss. Der Keimverlauf war verzögert. Die Anzahl gekeimter Samen (Keimprozent) war infolge der Beschattung hingegen höher als auf brombeerlosen Vergleichsflächen. Aber mit zunehmender Brombeerdichte überlebten weniger Sämlinge. Ursachen waren Wasser- und Lichtentzug sowie in deutlich geringerem Umfang Fraßschäden durch Schnecken. Besonders Fichten fielen häufig aus. Auf kleinen Lichtlücken innerhalb des dichten Schirmes hingegen überlebten deutlich mehr Sämlinge.

Anhand der untersuchten Spross-, Seitentrieb- und Wurzellängen sowie deren Trockensubstanzen von Fichten und Tannen konnten die in der Literatur schon aus Beschattungsversuchen bekannte Wachstumsreaktionen auch unter Brombeeren bestätigt werden:

  • Während sich das Längenwachstum erst bei hohen Brombeerdichten deutlich veränderte, reagierten die Pflanzen schon bei weniger ausgeprägter Brombeerdichte mit einem geringeren Aufbau von Trockensubstanz. Besonders die Ausbildung der Sämlingswurzeln war unter Brombeerkonkurrenz beeinträchtigt.

Folgerungen

Die Ergebnisse der Untersuchung erbrachten eindeutige Hinweise, aus denen waldbauliche Schlussfolgerungen gezogen und Empfehlungen abgeleitet wurden:

  • Hohe Brombeerdichten können vermieden werden, wenn unter dem Kronenschirm das Strahlungsangebot unter 10 % des Freilandes bleibt. Dies ist über stufige Nadelbaumbestände oder höhere Buchenbeteiligung möglich.
  • Brombeeren schließen die Naturverjüngung nicht aus. Während Brombeeren bei kurzfristigen und an Fichten ausgerichteten Verjüngungszielen schon bei geringen Dichten in Samenjahren vor dem Samenfall beseitigt werden müssen, lassen sich in längeren Verjüngungszeiträumen auch Flächen mit dichten Brombeerschirmen verjüngen. Unter Kronenschirmen einschichtiger Bestände bieten Brombeeren Tannen einen Wettbewerbsvorteil und sind damit ein wirksames Mittel zur Steuerung der Baumartenzusammensetzung zugunsten von Tannen.

Eine Übertragung dieser Ergebnisse und Schlussfolgerungen auf Freiflächensituationen sowie auf andere der bisher in Baden-Württemberg bekannten fast 60 Brombeerarten sind allerdings ohne weitere standörtlich differenzierende Untersuchungen nicht möglich.