Die Baumhasel (Corylus colurna) ist eine in Deutschland recht unbekannte Baumart. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Balkan (Bosnien-Herzegowina, Rumänien) über die Türkei und den Nordiran bis nach Afghanistan. Meist wächst sie einzeln oder in kleinen Gruppen eingemischt in Laubholzbeständen. Die Bestände in Südosteuropa wurden in der Vergangenheit extrem übernutzt, die Baumhasel in der Natur weitgehend ausgerottet. Daher ist sie heute selbst in den Ursprungsländern weitgehend unbekannt – aber für uns nicht uninteressant.

Eigenschaften der Baumhasel

Corylus colurna bildet ein sehr intensives Wurzelsystem aus, das mit seiner Pfahlwurzel auch skelettreiche Böden durchdringt. Die Laubstreu ist leicht zersetzbar. Der Baum wächst wipfelschäftig, kann im Weitverband 5 m x 5 m bis 7 m x 7 m gepflanzt werden und ist zur Auspflanzung von Fehlstellen in Kulturen oder Naturverjüngungen gut geeignet. Wenn Füllholz fehlt ist eine Astung zwingend notwendig. Bei Aststärken bis drei Zentimeter ist Grünästung (im Juni) möglich. Günstig ist eine Grünästung bei Aststärken unter einem Zentimeter, da diese Wunde vermutlich innerhalb einer Vegetationsperiode geschlossen werden kann. Die lichtbedürftige Baumart hat eine weite Standortsamplitude, die von trockenen Standorten (siehe Kasten) bis hin zu Auestandorten reicht. Lediglich stark vernässte Standorte sind nicht geeignet. Die Baumhasel erträgt dreimonatige Überflutungen. Sie zeigt gute Wuchsleistungen auf trockenen Standorten und kann möglicherweise unser Baumartenspektrum hinsichtlich der Dürreperioden im Klimawandel erweitern. Im Ursprungsareal wächst Corylus colurna aufgrund ihrer geringen Konkurrenzkraft gegenüber der Buche meist auf trockenen kalkhaltigen Böden. Das Jugendwachstum ist rasch. Die Baumhasel kann bis zu 200 Jahre alt und bis zu 31 Meter hoch werden. Sie erreicht einen Brusthöhendurchmesser (BHD) von bis zu 115 Zentimetern.

Verwendungsmöglichkeiten

Die Baumhasel liefert ein sehr wertvolles Holz für den Möbelbau (Handelsbezeichnung: türkisch Nuss). Da das Holz kaum fault, kann es auch für den Wasserbau verwendet werden. Schwaches oder qualitativ minderwertiges Material eignet sich aufgrund des hohen Brennwertes hervorragend als Brennholz. Das Holz wird in Europa nicht gehandelt, da keine nutzbaren Bestände mehr vorhanden sind. Nur ausnahmsweise kommt ein Stamm zum Verkauf.

Kulturen mit der Baumhasel

Einige Baumschulen haben die Baumhasel in ihrem Sortiment. Dort wo eine Pflanzung kaum möglich ist, beispielsweise auf steinigen Kuppenlagen, bietet die Saat eine gute Möglichkeit zur Kulturbegründung. Für die Saat können Früchte von wipfelschäftigen Stadt- und Parkbäumen (Abb. 4) verwendet werden. Bei den Straßenbäumen fällt die unterschiedliche Fruchtreife auf, weshalb sowohl Nüsse von früh- als auch von spätreifen Bäumen gesammelt und bei der Aussaat gemischt werden sollten.

Versuchsanbauten mit der Baumhasel

Bei Versuchsanbauten mit ausländischen Baumarten, die ab 1880 in größerem Umfang in Deutschland durchgeführt wurde, fand die Baumhasel keine Berücksichtigung. Vielleicht weil das Wissen über ihre Holzeigenschaften aufgrund ihrer Seltenheit nicht weit verbreitet war. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich wurden in den letzten 20 Jahren auf rund 13 ha Versuchsflächen mit der Baumhasel angelegt, davon 2,8 ha in der Revierförsterei Lich im Forstamt Wettenberg in Hessen. Auf den eutrophen Standorten (Löss über Basalt) mit einer Höhenlage von 170 bis 230 Metern wurde Corylus colurna als flächige Kultur im Engverband (Flächen a) und auch als truppweise Beimischung im Weitverband (Flächen b) gepflanzt. Es handelt sich hier um frische und wechselfeuchte Standorte. Der Jahresniederschlag beträgt 550 mm, die Jahresdurchschnittstemperatur 8,5 °C.

FlächeVerbandPflanzjahrGesamtzahlPflanzengrößeKostenAusgangslage
a3 m x 1 m (3.333 Stück/ha)20104.600 Stück auf
8 Flächen,
ca. 1,5 ha
Kleinpflanzen 50-80 cm0,80 €/Pflgeräumte, relativ saubere Flächen
b6 m x 6 m (280 Stück/ha)2011360 Stück auf
16 Flächen,
ca. 1,3 ha
80-120 cm1,34 €/Pfllückige Bu-Kulturen, Fehlstellen in Bu-Naturverjüngung, verwilderte Flächen

Fläche a – Engverband
Pflanzen, die kleiner als 50 Zentimeter waren, erstickten im mannshohen Gras (Calamagrostis). Beim Freimähen im Juli waren kaum noch Pflanzen vorhanden. Im März 2011 froren auf manchen Flächen bis zu 95 Prozent der Pflanzen zurück, bildeten aber alle einen Johannistrieb. Ausfälle gab es durch Trockenheit und Konkurrenzvegetation. Wild und Mäuse spielten bisher keine Rolle. Auf den flächigen Kulturen wurden im Herbst 2011 die verbliebenen Baumhaseln im Verband 5 m x 5 m mit Wuchshüllen geschützt. Pflanzen, deren Spross abgestorben ist, treiben am Wurzelanlauf wieder aus, haben dann aber Probleme mit dem hohen Gras.

Fläche b – Weitverband
Die Pflanzleistung war hier mit zehn Pflanzen in der Stunde (Pflanzung und Anbringen der Wuchshüllen) recht gering. Das lag einerseits an den hohen Anfahrtszeiten aufgrund der verstreut liegenden Kleinflächen, andererseits an dem hohen Zeitaufwand zum Ausbringen des Materials. Der Einzelschutz (Wuchshülle 110 cm) war wegen des hohen Rehwildbestands notwendig und sorgte gleichzeitig dafür, dass die Pflanzen in der hohen Vegeatation wieder gefunden werden konnten (kein Freischneiden notwendig). Mulchplatten haben sich in der starken Konkurrenzvegetation auf eutrophen Böden sehr bewährt. Sie verhindern in den ersten Jahren ein Hochwachsen von unerwünschtem Beiwuchs in den Wuchshüllen. Bei Pflanzungen im Weitverband und wenn keine Naturverjüngung hinzukommt ist die Voraussetzung für die Wertholzerzeugung die rechtzeitige Grünästung auf sechs bis acht Meter. Werden Mischbaumarten gepflanzt, können die Aststärken in der Astungszone verringert, Frostschäden vermieden und die Ausbildung von Starkästen oberhalb der Astungszone verhindert werden. Die Weitverbandskulturen in Lich sollen, wenn keine Naturverjüngung anderer Baumarten mehr ankommt, auf einen Verband von 3 m x 3 m mit Baumhasel ergänzt werden. Dazwischen wird eventuell noch Linde (keine Gefährdung durch Mäuse) gepflanzt. Damit schließt sich einerseits der Bestand schneller, andererseits werden die Konkurrenzvegetation gedämpft und Aststärken beim Baumhasel verringert.

Erstes Fazit und offene Fragen

Die Versuchsflächen im Forstamt Wettenberg werden zeigen, ob der Anbau der Baumhasel auch auf wechselfeuchten Standorten möglich ist. Außerdem ist noch zu prüfen, welche Herkünfte sich für den Anbau in unseren Wäldern am besten eignen. Insgesamt scheint es lohnend zu sein, die Anbauwürdigkeit der raschwüchsige Baumhasel mit ihrem sehr wertvollen Holz intensiv zu prüfen. Kleine Testanbauten in Gattern nahe der Wege oder auch Weitverbandspflanzungen sollten insbesondere auf trockenen und mesotrophen Standorten erfolgen, um Aussagen über das Wuchsverhalten treffen zu können.