Die Einbringung und Bewirtschaftung von Baumarten, die nicht natürlich in Europa vorkommen, hat eine lange Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Dadurch sollte die beginnende Industrialisierung Europas nach der mittelalterlichen Entwaldung mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz unterstützt werden. Ziel war Baumarten zu identifizieren, die möglichst schnell wachsen und hohe Erträge liefern. Eigenschaften wie zum Beispiel Dürre- und Frostempfindlichkeit, Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen, Mischungsfähigkeit sowie Anpassungsfähigkeit der einzelnen Herkünfte standen noch nicht im Fokus. Nach den immer häufiger auftretenden Trockenjahren und einer invasionsartigen Ausbreitung von Schadorganismen gibt es ein großes Interesse an Alternativbaumarten seitens der Forstpraxis.

Das Ziel der aktuellen Einbringung von Alternativbaumarten ist es, die Baumartenpalette zu erweitern und das Risiko auf mehrere Mischbaumarten zu verteilen. Dadurch sollen klimatolerante Waldbestände aufgebaut werden. Die Bewertung der unterschiedlichen Standort- und Umweltbedingungen, der Bedingungen im Bestand (Vorbestand, vorhandene Baumarten, Mischungsfähigkeit) sowie der waldbaulichen Zielsetzung sollte fachlich begründet sein.

Das FoVG – unverzichtbar für hochwertiges Vermehrungsgut

Die verwendeten Baumarten und Herkünfte sollten ökologisch und ökonomisch integrierbar in unser Waldökosystem sein. Wie bei den heimischen Baumarten sollte bei den verwendeten Alternativbaumarten das Augenmerk auf die Herkunftswahl einer Baumart sowie die Qualität und nachhaltige Erzeugung des Saat- und Pflanzgutes gerichtet werden. Die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr und das Inverkehrbringen sollten unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, die durch das forstliche Vermehrungsgutgesetz (FoVG) geregelt sind. Für die dem FoVG unterliegenden Baumarten sind die Erzeugung (z. B. Pflanzenanzucht von ausländischen Samen) und das Inverkehrbringen klar geregelt und die Bestimmungen müssen eingehalten werden. Die Anforderungen bei der Zulassung und Beerntung solcher Bestände definieren die jeweiligen Länder. Bei der Saatguterzeugung in Drittländern müssen die gleichen Rahmenbedingungen herrschen wie in einem Mitgliedsstaat der EU. Dabei sind für die forstliche Verwendung die Saatgut-Kategorien "Ausgewählt", "Qualifiziert" und "Geprüft" relevant. Bei der Einfuhr von Saatgut aus Drittländern ist eine Einfuhranzeige bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) erforderlich. Wegen ihrer bisher geringen Bedeutung werden viele nichtheimische Baumarten in zwei Herkunftsgebiete eingeteilt. Für einige dieser Baumarten sind wegen der geringen wirtschaftlichen Bedeutung sogar gar keine Herkunftsgebiete in Deutschland ausgeschieden. Hier können keine regulären Ernten in Deutschland stattfinden mit Ausnahme für Versuchszwecke (Abb. 2).

Saatguternte nur in ausgewählten Saatguterntebeständen

Die Saatgutgewinnung darf dann nur in zugelassenen Saatguterntebeständen oder Samenplantagen im natürlichen Verbreitungsgebiet (z. B. Libanonzeder in der Türkei) oder in größeren Anbaugebieten gewonnen werden, wo ausgewählte oder getestet Saatguterntebestände zugelassen wurden (z. B. Atlaszeder in Frankreich). Vermehrungsgut aus nicht zugelassenen Beständen der Kategorie "Quellengesichert" ist in Deutschland für die Verwendung im Wald nicht erlaubt. Ebenso ist die Beerntung einzelner Arboreten, Parkanlagen und Exotenwälder nicht zugelassen. Die Herkunft des Vermehrungsgutes, aus denen diese Anlagen begründet wurden, ist nicht bekannt und birgt ein hohes Risiko.

Viel problematischer erweist sich die herkunftssichere Versorgung mit forstlichem Vermehrungsgut bei möglichen Baumarten, die nicht dem FoVG unterliegen. Dazu zählen zum Beispiel Nussarten (Mandschurische Nuss, Butternuss), Baumhasel, Orientbuche, Gelbkiefer und Lebensbaum. Die Gefahr, dass Saatgut von einigen wenigen Einzelbäumen geerntet worden ist, ist sehr groß. Die genetische Ausstattung dieser Bäume, die für Anpassungsfähigkeit, Wachstum und Qualität eine entscheidende Rolle spielt, ist nicht bekannt und birgt ein hohes Risiko.

Bisherige Erfahrungen

Die bisherigen Erfahrungen mit nichtheimischen Baumarten sollten bei neuen Versuchsanbauten berücksichtigt werden, um negative Auswirkungen und hohe Betriebskosten zu vermeiden. Der Ursprung des Reproduktionsmaterials einer Baumart spielt eine zentrale Rolle für die Anpassungsfähigkeit und den Anbauerfolg in Deutschland. Aus diesem Grund sollte Saat- und Pflanzgut aus Populationen verwendet werden, bei denen Geno- und Phänotyp beschrieben wurden und die die Mindestanforderungen erfüllen.

Beispiel Douglasie

An der Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ist deutlich zu sehen, wie entscheidend die Frage der Herkunft ist. Die Unterschiede zwischen Inlands- und Küstenherkünften zeichnen sich sehr deutlich bei der Genetik, beim Wachstum (Volumenleistung) und bei der Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen ab. Die Inlandsherküfte waren sehr anfällig für die Rostige Douglasienschütte (Rhabdocline pseudotsugae Syd.). Forstbetriebe, die diese Herkunft angebaut haben, mussten sehr hohe Ausfälle verzeichnen. Der Befall war ab 1934 so stark, dass 1940 für einen Teil ein ausdrückliches Anbauverbot folgte. Derartige Risiken sollte beim Anbau möglicher Alternativbaumarten berücksichtigt werden. Die Herkünfte und die daraus entstehenden Hybriden können mit Hilfe genetischer Analysen problemlos identifiziert werden.

Beispiel Roteiche

Bei der Roteiche (Quercus rubra) wurde weitgehend unbekanntes Reproduktionsmaterial verwendet. Das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Baumart ist sehr groß und von der Größe her mit dem natürlichen Verbreitungsgebiet der Rotbuche vergleichbar. Wie bei der Buche werden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch bei der Roteiche genetisch fixierte Anpassungsprozesse stattgefunden haben. Allein in Bayern sind für die Buche in 12 Herkunftsgebieten 578 Saatguterntebestände zugelassen, die die gesetzlichen Voraussetzungen nach dem FoVG erfüllen und beerntet werden könnten. Dadurch wird die Weitergabe von Erbanlagen vitaler, qualitativ hochwertiger Populationen sichergestellt. Wenn in einem Vollmastjahr beerntet wurde, ist es am wahrscheinlichsten, dass ein ausreichender Genfluss (Mindestfläche: 2,5 ha) im Bestand vorhanden ist. Das Mindestalter bei Saatguterntebeständen der Buche ist 70 Jahre, die Mindestbaumzahl im Erntebestand (Populationsgröße) bei der Buche beträgt 40, wovon mindestens 20 beerntet werden müssen.

Im Gegensatz dazu erfolgte die Auswahl der Herkunft bzw. der Erntebestandes bei der Roteiche mehr oder weniger zufällig. Dieses kann dazu führen, dass Saatgut aus qualitativ nicht überzeugenden Beständen nach Deutschland gelangte und durch sehr hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand durch Züchtungs- und Selektionsprozesse optimiert werden muss. Erst nach über 100 Jahren Anbau der Roteiche in Deutschland wird mit Hilfe genetischer Analysen versucht, die Herkunft der Vermehrungsgutes zu identifizieren. Die bisherigen, jahrzehntelangen Erfahrungen mit nichtheimischen Baumarten sollten unbedingt genutzt werden. Durch die negativen Erfahrungen, die auf die Versäumnisse bei der Saatgutgewinnung (falsche Herkunft) und Pflanzenproduktion (kaum Kenntnisse bei der Anzucht) zurückzuführen sind, kann die Praxis einen komplett falschen Eindruck einer Baumart bekommen. Das Amt für Waldgenetik hat sich schon sehr früh dieser Frage gewidmet und im Rahmen von Herkunftsversuchen, Anbauversuchen, Demonstrationsflächen, genetischen Charakterisierungen und Sondierungsstudien nichtheimische Baumarten bearbeitet (Abb. 5).

Erkenntnisgewinn und Übertragung in die Praxis

Stabilität, Ertragsfähigkeit und Gesundheit der Wälder hängen vor allem auch von der richtigen Wahl standortsgemäßer Baumarten und Herkünfte ab. Die Grundlage für die Bewertung der Anbauwürdigkeit und Anbaueignung möglicher Alternativbaumarten sollten Herkunftsversuche bilden. Welche Baumarten dabei bewertet werden, kann in einem siebenstufigen Verfahren identifiziert werden. Da zurzeit sehr viele Baumarten als möglicher Ersatz diskutiert werden, sollten vorab zunächst durch Sondierungsstudien die Baumarten ermittelt werden, die für den Anbau tatsächlich in Frage kommen. Besonders wichtig dabei sind die ökologischen Ansprüche und die Artverbreitung der Alternativbaumart und die zukünftige Ersatzfunktion (z. B. Ersatz für Esche auf trockenen oder auf nassen Standorten). Eine wichtige Methodik dafür sind die Artverbreitungsmodell. Diese arbeiten mit Inventurdaten aus den Herkunftsländern und bewerten die Vorkommenswahrscheinlichkeit unter bestimmten Klimaszenarien in Deutschland. Für viele nichtheimische Baumarten kann jedoch durch die fehlende Datengrundlage in Deutschland noch keine Bewertung der zukünftigen Vorkommenswahrscheinlichkeit vorgenommen werden.

Nachdem die Baumarten mit hohem Potenzial identifiziert und eingegrenzt wurden, sollte eine Bereisung und Beschreibung der Bestände im natürlichen Verbreitungsgebiet erfolgen. Um das zukünftige Anpassungspotenzial bewerten zu können, sollte eine Beschreibung sowohl der phänotypischen Eigenschaften als auch der genetischen Strukturen des Bestandes (bei heimischen und nichtheimischen Baumarten) sowie der herrschenden Umweltbedingungen erfolgen. Dabei sollten mögliche Anpassungen im natürlichen Verbreitungsgebiet berücksichtigt werden. Am Beispiel des "CorCed"-Projekts wurde diese Vorgehensweise angewandt. Ziel des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekts war es, Herkünfte von Atlaszeder, Libanonzeder und Baumhasel in Bayern und Baden-Württemberg auf ihre Anbaueignung hin zu untersuchen und zu bewerten. Im Frühjahr 2019 und 2020 erfolgt der Aufbau von Herkunftsversuchen. Dabei werden die Versuchsflächen in beiden Bundesländern so verteilt, dass unterschiedliche Umweltbedingungen abgedeckt werden und die Aussagekraft auf viele Regionen übertragen werden können. Die gewonnen Erkenntnisse sollen später in Herkunftsempfehlungen verwendet werden können. Um die Bewertung der Anbauwürdigkeit vornehmen zu können, sollten folgende Merkmale berücksichtigt werden:

  • Klima und Standortseignung
  • Trockenstress-Sensitivität und Frostempfindlichkeit
  • Genetische Ausstattung (Struktur, Vielfalt und Diversität)
  • Wuchsleistung und Stammqualität (Holzverwendung)
  • Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen

Mit Praxisanbauversuchen zu schnellerem Erkenntnisgewinn

Um der Forstpraxis und den Waldbesitzern die Möglichkeit zu geben, erste eigene Erfahrungen mit möglichen Alternativbaumarten zu sammeln, sollen Praxisanbauversuche angelegt werden. Mit den Praxisanbauversuchen ist es möglich, schneller als auf dem üblichen Weg Wissen über die Anbaueignung bestimmter Erntebestände alternativer Baumarten zu erhalten. Dafür müssen zuerst gesicherte Herkünfte möglicher Baumarten definiert werden. Die Einfuhr von geeignetem Vermehrungsgut ist dabei sicherzustellen. Empfehlungen zu weiterem Vorgehen geben Janssen et al. (2019).

Auch negative Erfahrungen wie etwa Ausfälle nach Frostereignissen oder biotische Schädigungen helfen weiter. Aus diesen Ergebnissen lassen sich erste Anbauempfehlungen ableiten. Sie ersetzen aber keinesfalls wissenschaftlich angelegte Herkunfts- oder Anbauversuche. In einem ersten Pilotversuch wurden mit einer ausgewählten Herkunft der Atlaszeder die ersten zwölf Praxisanbauversuche angelegt. Dabei wurden alle Waldbesitzarten (Staat, Kommunen und Privat) berücksichtigt. Das verwendete Pflanzmaterial wurde im Rahmen des CorCed-Projekts produziert und bereitgestellt. Damit alle Praxisanbauversuche später miteinander verglichen werden können, hat das Amt für Waldgenetik entsprechende Rahmenbedingungen (z. B. Flächengröße, Herkunft, Pflanzverband, Schutz) vorgegeben. Die Anlage erfolgte an Standorten, wo bereits heute unsere Hauptbaumarten Problem bekommen. Im Herbst 2019 erfolgt dann die erste Aufnahme, bei der Anwuchserfolg, Anfälligkeit gegenüber Schädlingen, Wachstum und Nachbesserungsbedarf ermittelt werden.

"Ranking" unter den Baumarten-Alternativen

Unter der Federführung der Bayerischen Forstverwaltung haben die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, das Bayerische Amt für Waldgenetik, die TU München und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf unter Beteiligung der Bayerischen Staatsforsten ein Positionspapier (Leitlinien "Baumarten für den Klimawald") erarbeitet. Dabei werden die Baumarten in vier Kategorien eingeteilt. Herkünfte der Baumarten aus der Kategorie 1 und 2 scheinen für den Anbau interessant und können im bemessenen Umfang ausprobiert werden. Baumarten und Herkünfte der Kategorie 3 sollten vorerst nur wissenschaftlich untersucht werden. Die der Kategorie 4 sind zu jetzigem Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen für den forstlichen Anbau ungeeignet.

Zusammenfassung

Auswahl und Bewertung der Anbaueignung möglicher Alternativbaumarten und Herkünfte im Klimawandel werden zukünftig eine entscheidende Rolle für den Anbauerfolg haben. Die bisherigen "Einfuhrwellen" hatten nicht das Ziel, klimaplastische Herkünfte von Alternativbaumarten zu definieren, vielmehr war das Ziel, die Ertragsleistung zu steigern. Dürre und Frostempfindlichkeit, Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen, Mischungsfähigkeit sowie Anpassungsfähigkeit der einzelnen Herkünfte standen nicht im Fokus. Bei den Alternativbaumarten (heimisch oder nichtheimisch) muss das Augenmerk auf die Herkunftswahl einer Baumart sowie die Qualität und nachhaltige Erzeugung des Saat- und Pflanzgutes gerichtet werden. Am Beispiel der Douglasie kann die Bedeutung der Herkunft aufgezeigt werden. Es sollte berücksichtigt werden, dass viele der diskutierten Alternativbaumarten dem FoVG unterliegen und die Erzeugung, die Ein- und Ausfuhr und das Inverkehrbringen nur unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen dürfen. Der Erkenntnisgewinn und Übertragung in die Praxis stellt eine zentrale Aufgabe für alle Forstakteure in Bayern dar. Herkunftsversuche und Praxisanbauversuche werden die benötigten Ergebnisse liefern, die später in Herkunftsempfehlungen eingearbeitet werden.