Auswertungen auf Basis der forstlichen Standortklassifikation

Karten über die Verbreitung von Waldtypen sind eine wichtige Basis für zahlreiche Arbeiten im Wald, in der Naturschutzplanung und der Landschaftsbewertung. Während bis vor kurzem diese Karten mit hohem Aufwand analog erarbeitet wurden, besteht heute die Möglichkeit, mit Geografischen Informationssystemen (GIS) und den in z.T. hoher räumlicher Auflösung vorhandenen ökologischen Basisdaten die Waldgesellschaften bzw. Waldtypen für eine Landschaft lagegetreu zu beschreiben. Neue Auswertungen der Ergebnisse der forstlichen Standortklassifikation in Nordrhein-Westfalen ermöglichen darüber hinaus Betrachtungen, wie sich durch einen erwarteten Klimawandel die heutigen Waldtypen im Nationalpark Eifel verändern könnten.

Waldtypen und ihre Ableitung

Waldtypen können als gesetzmäßig von ihrer Umwelt abhängige, konkurrenzbedingte Kombinationen von Pflanzenarten im Wald verstanden werden (Ellenberg 1956 und 1996; STAKA 1996). Man kann sie daher innerhalb eines Klimabereiches am jeweiligen Ort mit Hilfe der Merkmale ihrer Umwelt (u.a. Lage, Klima, Boden bzw. Standorttyp) ableiten (Tüxen 1931; Burrichter et al. 1988). Gleichzeitig wird hierdurch das Potenzial der Wuchskräfte des jeweiligen Standorts bzw. Ökotops gekennzeichnet. Unter Waldtypen werden im Folgenden Wälder verstanden, die sich aus Standortsdaten über regelhafte, quantifizierbare Zusammenhänge ableiten lassen.

Dynamik von Waldtypen

Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass Standortmerkmale und standortangepasste Wald­typen eine relativ konstante Größe sind. Hierauf basiert auch das Konzept der Potenziell Natürlichen Vegetation (PNV; Tüxen 1956), das Grundlage zahlreicher Vorgaben im Naturschutz und der Waldwirtschaft ist. Jedoch zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass sich Merkmale der Standorte durch Einflüsse wie:

  • Säureeinträge
  • Nährstoffeinträge (insbesondere Stickstoff)
  • und einen beschleunigten Klimawandel

schneller ändern als bisher angenommen. Das bedeutet aber auch, dass die natürliche Dynamik und durch menschliches Handeln bedingte Einflüsse Wälder ständig weiter entwickeln und damit Konzepte der PNV als überholt erscheinen lassen (Ibisch 2006; Bolte und Ibisch 2007). In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die durch den beschleunigten Klimawandel verursachte Dynamik von Wäldern einschätzen zu können, da Wälder eine zentrale Ressource für die Gesellschaft sind, diese mit zahlreichen Leistungen versorgt (u.a. Erholung, Klimaschutz, Lebensraum, Holz) und politische Vorgaben eine bestimmte Entwicklung von Wäldern fordern (u.a. die Erhaltung und Entwicklung der natürlichen und naturnahen Waldgesellschaften).

Welche mögliche Auswirkungen bzw. Entwicklungen durch Klimaänderungen für Wälder in Nordrhein-Westfalen erwartet werden können, wird am Beispiel des Nationalparks Eifel im Folgenden betrachtet.

Methode

Für die Erarbeitung der Waldtypen in NRW wurden 23 Einheiten festgelegt. Ihre Gliederung erfolgte unter Nutzung der Ergebnisse der digitalen forstlichen Standortklassifikation (Asche und Schulz 2005) und empirischem pflanzensoziologischen Wissen. Im Nationalpark kommen lediglich 15 Waldtypen vor, die in der Kartenlegende fett gedruckt sind.

Für die Standortklassifikation werden Klimamerkmale der Periode 1961-1990 benutzt. Die hiermit erarbeiteten Zielgrößen, insbesondere die Verteilung der Gesamtwasserhaushaltsstufen, stellen den aktuellen Ausgangszustand dar (Klima 0). Als gesetzte Varianten möglicher Klimaänderungen bzw. Abweichungen von dieser Periode wurden folgende Szenarien genutzt (Asche 2007):

  • Erhöhung aller monatlichen Mitteltemperaturen um 1° C, Niederschlag unverändert der Periode 1961-1990; bei (Klima 1)
  • Erhöhung aller monatlichen Mitteltemperaturen um 1° C, Verminderung des monatlichen Niederschlages um 10 % (Klima 3).

Für die Berechnung der Zielgrößen wurde die Standortklassifikation dreimal durchgeführt. In den drei Durchgängen wurden lediglich klimatische Eingangsgrößen entsprechend den oben angegebenen Szenarien Klima 1 und 3 verändert. Alle anderen Parameter wurden unverändert für die Varianten übernommen. Die Ergebnisse der Szenarien wurden genutzt, um die Wirkung von Klimaänderungen auf Waldtypen am Beispiel des Nationalparks Eifel zu beschreiben. Die Erarbeitung der Karten erfolgte digital mit dem Programm ArcView 3.2.

Natürliche Gegebenheiten

Der Nationalpark Eifel hat eine Fläche von ca. 10.800 ha und reicht im Süden von den Hochlagen an der belgischen Grenze (ca. 630 m NN) bis an den Rand der Niederrheinischen Bucht (ca. 180 m NN) im Nordosten. Entsprechend diesem Höhengradient und der Lage im Regenschatten des Hohen Venns weisen die Flächen des Nationalparks einen deutlichen Klimagradienten auf. In der Hocheifel betragen die Niederschläge ca. 1200 mm im Jahresmittel. Sie nehmen zum Nordrand des National­parks im Lee der Hocheifel auf kurzer Distanz bis auf ca. 700 mm ab. Die Jahresmitteltempe­ratur beträgt 6,5-9,5° C und die Vegetationszeit (Temperatur >10° C) ist 130-160 Tage lang. In dieser Zeit werden Mitteltemperaturen von 11-15° C erreicht.

Aus den im Süden und Westen dominierenden unterdevonischen Silikatgesteinen haben sich basenarme Braunerden mit steinig-grusigem, schluffigem Lehm entwickelt. Auf den Hochflächen und verebneten Lagen treten pseudovergleyte Böden auf Wasser stauenden Schichten kleinflächig auf. Bei stärkerer Vernässung neigen sie zur Vermoorung, insbesondere in den regenreichen Hochlagen. Die triasischen Buntsandsteine im Nordosten des Nationalparks verwittern meist zu kieshaltigen, lehmigen Sanden, auf denen sich stark podsolige Braunerden oder Podsole entwickelt haben. In Bach- und Flusstälern treten Grundwasser geprägte Böden auf.

Waldtypen im Nationalpark Eifel

Die unterschiedlichen Wasserhaushalts- und Trophiestufen führen, wie auch der Höhengradient, zur Ausbildung verschiedener Waldtypen (u.a. Ellenberg 1996; Hoffmann 2001). Auf Böden des Buntsandsteins wachsen i.d.R. Hainsimsen-Buchenwälder. Die trockensten und nährstoffärmsten Flächen besiedeln Birken-Eichen-Buchenwälder, die aber nur kleinflächig vorkommen. Verbreiteter ist dagegen der Hainsimsen-Eichen-Buchenwald, der ebenfalls trockene Standorte besiedelt, aber schon eine geringfügig bessere Nährstoffversorgung anzeigt. Frische basenarme Standorte werden vom Heidelbeer-Buchenwald besiedelt. Auf unterdevonischen Gesteinen dominiert der typische Hainsimsen-Buchenwald. Im Bereich des Regenschattens ist er etwas reicher ausgeprägt als in den luftfeuchten, kühlen Lagen der Hocheifel. Tritt Staunässe auf, kommt es zur Ausbildung von Rasenschmielen-Buchenwäldern. Ab etwa 500 m NN tritt als Hochmontan-/Montanzeiger die Fichte hinzu (Abb. 4 und 5). Aber auch in der Krautschicht erweitern Montanzeiger wie Polygonatum verticilliatum das Artenspektrum.

Im Nordosten des Nationalparkes geht der Hainsimsen-Buchenwald fließend in den für die planare Stufe typischen, artenarmen Drahtschmielen-Buchenwald über.

Alle diese verschiedenen Hainsimsen-Buchenwälder sind artenarm. Weitere Waldtypen nehmen nur geringe Flächen ein. Zu ihnen zählen die Birken-Eichen-Wälder und die Wälder der Auen sowie die Wälder auf Moorböden.

Klimawandel

Änderungen von Klimamerkmalen fanden in der Vergangen­heit immer wieder statt (z.B. Eiszeiten; Wärmeperiode im Mittelalter von 950 bis 1250 mit Weinbau in Norddeutschland oder Kleine Eiszeit von 1350 bis 1880) und werden auch in der Zukunft immer wieder auftreten. Untersuchungen in den letzten Jahren belegen einen stark beschleunigten Wandel von Klimamerkmalen (Schönwiese 2005; Myneni et al. 1997). Dieser Wandel scheint durch menschliche Aktivitäten und die Emission von Treibhausgasen mit verursacht zu sein.

Prognosen für die Klimaentwicklung in den nächsten Jahrzehnten gehen von einer weiteren Erhöhung der Jahresmitteltemperatur um 1-4° C und einer Verlängerung der Vegetationszeit in den nördlichen Breiten aus (IPCC 2007).Die Periode mit einer Tagesmitteltemperatur >10° C wird als Vegetationszeit bezeichnet. Nur in dieser Zeit können Pflanzen Biomasse produzieren und ihren gesamten Lebenszyklus (blühen, fruktifizieren, verjüngen) durchlaufen. Die Vegetationszeit ist daher eine wichtige Größe des jeweiligen (forstlichen) Standorts und insbesondere im Bergland sehr stark differenziert. Sie beträgt im Nationalpark Eifel ca. 160 Tage in den nördlichen Tieflagen und nimmt auf ca. 130 Tage in den südwestlichen Hochlagen ab. Wird das Klima wärmer, so ändert sich auch die Länge der Vegetationszeit. Bei einer Erhöhung der Jahresmitteltemperatur um 1° C ist mit einer Verlängerung dieser Periode um ca. zwei Wochen zu rechnen. Da die Ansprüche der Baumarten an die erforderliche Länge der Vegetationszeit für ihr Wachstum unterschiedlich sind, werden durch dieses Standortmerkmal die Verbreitungsareale von Baumarten und Waldtypen mitbestimmt.

Klimawandel und Waldtypen: Ergebnisse des Szenarios Klima 1

Eine mäßige Erhöhung der mittleren Jahrestemperatur um 1° C hat deutliche Auswirkungen auf Standortmerkmale und dürfte eine "höhenzonale Verschiebung" standortangepasster Waldtypen bewirken (Abb. 4 und 5). Fichten-Buchenwälder werden sich dann in typische bzw. farnreiche Hainsimsen-Buchenwälder entwickeln. In den Tieflangen kann eine Arealerweiterung des Drahtschmielen-Buchenwaldes vor allem auf Flächen erwartet werden, die heute noch von Hainsimsen-Buchen­wäldern bestockt sind. Weitere "Verschiebungen" zwischen den ausgewiesenen Buchenwäldern treten bei diesem Szenario nur kleinflächig auf.

Klimawandel und Waldtypen: Ergebnisse des Szenarios Klima 3

Neben der Erhöhung der mittleren Jahrestemperatur um 1° C wird bei Klima 3 eine gleichzeitige Abnahme der Niederschläge um 10 % angenommen. Die verminderte Wasserverfüg­barkeit für die Waldbäume bei diesem Szenario dürfte dann weitere deutliche Auswirkungen auf die Vergesellschaftung der Bäume bzw. auf die Waldtypen haben (Abb. 4 und 5). Birken-Eichen-Buchenwälder dürften ihr Areal in ursprüngliche Bereiche der Hainsimsen- und Drahtschmielen-Buchenwälder erweitern. Deutlich abnehmen dürfte bei diesem Szenario die Fläche des auf frischen Standorten anzutreffenden Hainsimsen-Farn-Buchenwaldes. Er wird dort durch typische Hainsimsen-Buchenwälder ersetzt. Fichten-Buchenwälder bleiben nur in den kühl-feuchten hochmontanen Lagen außerhalb des Nationalparks Eifel erhalten.

Die beschriebenen Veränderungen sind nachvollziehbar und zeigen die standörtlichen Beziehungen und ökologischen Nachbarschaften der ausgewiesenen Buchenwälder, wie sie als Ergebnisse Jahrzehnte langer standortkundlicher Arbeit zurzeit bekannt sind. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass erwartete Änderungen heutiger Waldtypen i.d.R. schleichend stattfinden und erst nach Jahrzehnten im Wald zu erkennen sein dürften.

Schlussbetrachtung

Waldtypen können unter Nutzung digital vorliegender Ergebnisse der Forstlichen Standorterkundung für die regionale aber auch lokale Ebene realitätsnah abgeleitet werden. Da mit den Werkzeugen der Standorterkundung auch Klimaszenarien berechnet werden können, besteht auch die Möglichkeit, die Wirkung von Klimaänderungen auf die Vergesellschaftung von Waldtypen zu betrachten. Hiermit können nicht nur erwartete Entwicklungsrichtungen der Wälder für den Nationalpark Eifel bzw. des jeweiligen Raumes abgebildet, sondern auch die ansonsten kaum wahrnehmbare Dynamik von Waldökosystem visualisiert werden. Damit sind die hier vorgestellten Ergebnisse eine wichtige Hilfe, um Schwerpunkte erwarteter Veränderungen durch Klimawandel in den Wäldern zu erkennen und, sofern erforderlich, Anpassungsmaßnahme zu initiieren. Zudem besteht die Möglichkeit, die Ergebnisse für die verschiedensten Arbeiten in jedem gewünschten Maßstab bereitzustellen.

An wärmere Klimabedingungen angepasste Baumarten (u.a. Robinie, Esskastanie, Douglasie) werden bei dem erwarteten Klimawandel ihre Areale erweitern und früher oder später Elemente derzeitiger Waldtypen werden. Welche Wirkungen dies auf die Zusammensetzung und Struktur heutigen Wälder haben wird, erfordert dringend weitere Untersuchungen (vgl. Asche 2007a).

Dank

Bei der Durchführung der Studie haben zahlreiche Persönlichkeiten durch Rat und Tat mitgeholfen. Dafür bedanke ich mich recht herzlich. Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr. A. Neitzke für Hinweise zur Pflanzensoziologie, Herr T. Husemann für die Datenaufbereitung und Herrn U. Norra für die Erstellung der Abbildungen.

Literatur

Asche, N. (2004): Waldtypen in Nordrhein-Westfalen. Mit digitalen Werkzeugen erarbeitete Karten. AFZ/Der Wald 59: 203-205.

Asche, N. (2007): Wald und Klimawandel in NRW. www.waldundklima.net/klima/klima_docs/lbwuh_kw_2007.pdf.

Asche, N. (2007a): Fremdländische (neophytische) Baumarten in der Waldwirtschaft. Forst und Holz 62: 30-32.

Asche, N. (2008): Waldtypenkarten für Nordrhein-Westfalen auf Basis der Forstlichen Standort­klassifikation - unter besonderer Berücksichtigung des Klimawandels. AFZ/Der Wald 63: 25-27.

Asche, N.; Schulz, R. (2005): Forstliche Standorterkundung mit digitalen Werkzeugen. Ein neuer Weg in Nordrhein-Westfalen. Wertermittlungsforum 23: 129-132.

Asche, N.; Schulz, R. (2006): Waldstandorte und Klimawandel. AFZ/Der Wald 61: 587-591.

Bolte, A.; Ibisch, P. L. (2007): Neun Thesen zu Klimawandel, Waldbau und Waldnaturschutz. AFZ/Der Wald 62: 572-576.

Burrichter, E.; Pott, R.; Furch, H. (1988): Potentielle Natürliche Vegetation. In: Geografisch-landeskundlicher Atlas von Westfalen, 4. Lfg., Doppelblatt 1. LWL - Geographische Kommission für Westfalen. Aschendorff, Münster.

Ellenberg, H. (1956): Aufgaben und Methoden der Vegetationskunde. Ulmer, Stuttgart, S. 136.

Ellenberg, H. (1996): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 5. Aufl., Ulmer, Stuttgart, S. 1095.

Hoffmann, G. (2001): Mitteleuropäische Wald- und Forst-Ökosysteme in Wort und Bild. AFZ/Der Wald, CD-ROM Sonderausgabe, S. 95.

Ibisch, P. L. (2006): Klimawandel und Klimaschutz: Chancen, Gefahren und Handlungsoptionen für den Naturschutz im Wald. In: Bundesamt für Naturschutz (Hg.): Wald, Naturschutz und Klimawandel. BFN, Bonn, S. 71-81.

IPCC (2007): IPCC Fourth Assessment Report: Climate Change 2007. www.ipcc.ch/ipccreports/ar4-wg1.htm

Myneni et al. (1997): Increased plant growth in the northern high latitudes from 1981 to 1991. Nature 386: 698-702.

Schönwiese, C.-D. (2005): Globaler und regionaler Klimawandel. Indizien der Vergangenheit, Modelle der Zukunft. UWSF – Z. Umweltchem. Ökotox. 17: 171-175.

STAKA (1996): Forstliche Standortaufnahme. Begriffe, Definitionen, Einteilungen, Kennzeichnungen, Erläuterungen. Hg. vom Arbeitskreis für Standortskartierung. 5. Aufl., IHW-Verlag, Eching. S. 352.

Tüxen, R. (1931): Die Grundlagen der Urlandschaftsforschung. Ein Beitrag zur Erforschung der Geschichte der anthropogenen Beeinflussung der Vegetation Mitteleuropas. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 8: 59-105.

Tüxen, R. (1956): Die heutige potentielle natürliche Vegetation als Gegenstand der Vegetationskartierung. Angew. Pflanzensoz. 13: 5-42.