Vorbemerkungen

Die in einer Landschaft mit ihrem typischen Klima vergesellschafteten Böden prägen die Entwicklung und Produktivität der Vegetation. Dieser Zusammenhang wurde vom Menschen schon sehr früh erkannt und für die Verteilung der verschiedenen Landnutzungsarten in einem Raum benutzt. So wurden hoch produktive Böden (z.B. Parabraunerden aus Löss) für den Ackerbau genutzt und auf wenig produktiven oder schwer zu bearbeiteten Böden (z.B. Ranker, Rendzinen) der Wald als natürliche Vegetationsform belassen. Die Bonitäten bzw. die Leistungsfähigkeit der Standorte wird schon seit Jahrhunderten erfasst und z.B. im preußischen Urkataster für alle Landnutzungsarten (Ackerland, Wiesen und Weiden, Holzungen) auch kartografisch dargestellt.

Mit dem Bodenschätzungsgesetz von 1934 wurde eine einheitliche Schätzung der Standortgüte aller landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland durchgeführt. Diese Bodenschätzung ist heute eine wichtige Grundlage für verschiedene Zwecke (u.a. Besteuerung, Bodenwert) und wird von der Finanzverwaltung verwaltet und weiterentwickelt.

In dem Bodenschätzungsgesetz war auch vorgesehen, die Bodenschätzung auf andere Flächen auszudehnen. Nach einigen Vorarbeiten wurde vom Reichsfinanzminister bereits im Jahre 1937 eine Schätzung der Waldböden angeordnet und der Reichsschätzungsbeirat um zehn forstliche Mitglieder erweitert (Brückner 1953). Er hatte die Aufgabe, mit der Arbeitsgemeinschaft für forstliche Standortkartierung die Entwicklung einer Methode zur Durchführung der Reichswaldbodenschätzung zu entwickeln. Hierzu stellte Walter Wittich (1951) fest, dass es ideal wäre, allein aus den Standortfaktoren eine objektive Leistungsziffer zu ermitteln, die die nachhaltig mögliche Leistung des Standortes angibt. Nach ersten Vorbereitungen wurden die Arbeiten an der Waldbodenschätzung jedoch 1941 eingestellt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Neuordnung Deutschlands wurden die Arbeiten zur Kartierung forstlicher Standorte in den einzelnen Bundesländern wieder aufgenommen. Ein einheitliches Kartierverfahren kam hierbei – im Gegensatz zur Bodenschätzung landwirtschaftlicher Flächen – nicht zur Anwendung. Vielmehr entwickelte jedes Bundesland ein eigenes Kartierverfahren (Staka 2016), obwohl Wittich (1951) auf die Vorteile eines einheitlichen Verfahrens hinwies. 1952 sprach sich das Bundesfinanzministerium für die baldige Wiederaufnahme der Vorbereitung der Waldbodenschätzung aus. 1953 berief dann das Bundeslandwirtschaftsministerium unter Beteiligung der Länderforstverwaltungen eine Arbeitstagung unter Leitung von Prof. Wittich ein. Es sollte geprüft werden, inwieweit eine Vereinheitlichung und Ergänzung der in den einzelnen Ländern angewandten Methoden der forstlichen Standortkartierung möglich ist und dann entsprechende Vorschläge für das weitere Vorgehen gemacht werden. Bis heute sind diese Aufgaben (in den westdeutschen Bundesländern) nicht abgearbeitet. Waldbodenzahlen liegen als Ergänzung zu Acker- und Grünlandzahlen nicht vor.

In der DDR knüpfte man an die standortkundlichen Arbeiten vor dem Weltkrieg an, erweiterte die Standorterkundung und wertete die umfangreichen Ergebnisse zielgerichtet aus. Als ein Ergebnis wurden dabei Standortgruppen der forstlichen Standortkartierung zu Standortwertziffern bzw. Waldbodenzahlen zusammengefasst. Die Standortwertziffern sind dabei Relativwerte von 1 bis 12. Standorte mit der Wertziffer 1 lassen die geringsten und Standorte mit der Wertziffer 12 die höchsten nachhaltigen Holzerträge erwarten (Fiedler 1990).

Forstliche Standorterkundung

Die forstliche Standortkartierung erfolgte in Nordrhein-Westfalen bis 1998 in einem zweistufigen Verfahren. Eine Besonderheit des nordrhein-westfälischen Verfahrens war bzw. ist, dass Wälder aller Besitzarten flächendeckend erfasst werden. Zudem wurden wichtige Grundlagen, wie Boden, Klima und Vegetation von Fachinstituten erhoben und die Ergebnisse den Standortkartiern für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt. Dieser Verfahrensschritt geht auf Franz Eidmann und Eduard Mückenhausen zurück, die damit sicherstellen wollten, dass die Grundlagen mit wissenschaftlicher Genauigkeit, Objektivität und gleichbleibender Qualität erhoben werden (Asche 2003).

Diese Grundlagendaten liegen heute in digitaler Form in z.T. hoher räumlicher Auflösung vor. Seit Anfang der 1990er-Jahre stehen zudem leistungsstarke geografische Informationssysteme (GIS) zur Verfügung. Die Grundlagendaten können jetzt auch für das neue Verfahren der Standortklassifikation genutzt werden. Unter Verwendung eines GIS wird heute eine Klassifikation forstlicher Standorte landesweit durchgeführt (Asche und Schulz 2005). Wie weitblickend die von Eidmann und Mückenhausen festgelegte Trennung zwischen Grundlagenerhebung und Standortkartierung damals war, wird durch die Nutzung der Grundlagendaten für das neue Verfahren erst heute deutlich.

Während die Ergebnisse der Standortklassifikation für Forstbetriebe, Naturschutz, Landschaftsplanung u.a. wichtige Arbeitsgrundlagen sind, fehlen Angaben zu Waldbodenwerten bisher vollständig.

Waldbodenzahlen

Waldbodenzahlen sind Relativwerte der nachhaltig möglichen Holzproduktion. Um zu prüfen, ob Ergebnisse der Standortklassifikation zur Herleitung von Waldbodenzahlen genutzt werden können, wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Bezirksregierung Arnsberg, dem Forstamt Soest-Sauerland und dem Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald gebildet. Als Ergebnis der Arbeiten entwickelte man ein Verfahren, mit dem aus Ergebnissen der Standortklassifikation Waldbodenzahlen nachvollziehbar und transparent abgeleitet werden können. Dabei ist das Verfahren so flexibel, dass auch regionale Besonderheiten berücksichtigt werden können.

Als wesentliche Kriterien für die Ableitung der Waldbodenzahlen werden folgende Informationen in einem 10 x 10 m-Raster genutzt (Abb. 1):

  • Gesamtwasserhaushaltsstufe

  • Trophiestufe

  • Länge Vegetationszeit

  • Hangneigung

  • Hangrichtung.

Für die Ableitung der Waldbodenzahlen werden die oben genannten Basisinformationen jeweils in Wertklassen gegliedert. Die Wertklassen bekommen dann Punktwerte zugewiesen. Dabei richtet sich die Höhe der Punktwerte nach der Wirkung, die das jeweilige Kriterium zur nachhaltigen Produktivität der Waldstandorte bei­trägt.

Der Gesamtwasserhaushalt prägt die mögliche Produktivität am stärksten. Daher geht dieses Merkmal bei der Bewertung mit 50-60% in den Gesamtwert ein. Es wurde z.B. in der Bewertung Selbecke (Kreis Olpe) mit einem maximalen Punktwert von 24 (60%) für sehr gut wasserversorgte Flächen bewertet. Die anderen Merkmale tragen entsprechend ihrer Bedeutung für die Standortgüte zusammen 40-50% zum Gesamtwert bei. Beispielsweise bekamen die vier Gütestufen der Trophie in Selbecke folgende Punktwerte:

  • Gütestufe 1 gute, sehr gute Nährstoffausstattung 4 Punkte
  • Gütestufe 2 mittlere Nährstoffausstattung 3 Punkte
  • Gütestufe 3 schwache Nährstoffausstattung 2 Punkte
  • Gütestufe 4 sehr schwache Nährstoffausstattung 1 Punkt.

Nachdem allen Merkmalen Punktwerte zugewiesen wurden, wird für jede 10 x 10 m‑Rasterzelle die Summe aus den Einzelpunkten berechnet. Dieser Wert ist dann die Waldbodenzahl. Die Waldbodenzahlen sind Relativwerte, wobei hohe Werte hoch produktive und geringe Werte weniger produktive Waldstandorte charakterisieren. Wie sich so ermittelte Waldbodenzahlen in einem Raum verteilen, zeigt Abb. 3 für das Gebiet Selbecke, Abb. 2 die Summe der Punkte mit ihrer Flächenausstattung. Für die praktische Nutzung der Waldbodenzahlen können diese zu Gruppen zusammengefasst (Abb. 4) oder mit den Flurstücken in einer Karte dargestellt werden (Abb. 5).

Die in Abb. 2 bis 5 gezeigten Waldbodenzahlen wurden für das Bodenordnungsverfahren Selbecke erarbeitet, von allen Verfahrensbeteiligten anerkannt und im Verlauf des Verfahrens für die Flächenumlegung genutzt.

Schlußbetrachtung

Die forstliche Standorterkundung hat die Aufgabe, die Waldfläche anhand der an einem Ort wirksamen Umweltbedingungen (Lage, Klima, Boden) in Standorttypen zu gliedern. Nutzt man diese Umweltfaktoren und bewertet sie in Bezug auf ihren Beitrag, den sie für die nachhaltige Holzproduktion leisten, so können Waldbodenzahlen abgeleitet werden. Sie werden aus steuerrechtlichen Gründen dringend benötigt und können zudem ein wichtiges Hilfsmittel sein, um Bodenordnungsverfahren sachgerecht durchzuführen. Zudem ergänzen sie die für landwirtschaftliche Fläche vorliegenden Acker- und Grünlandzahlen und erlauben so, Landschaften entsprechend ihrer Biomasseproduktivität nachvollziehbar und transparent zu beschreiben.

Literatur

  • Asche, N. (2003): Standortkartierung. In: Schulte, A. (Hg.): Wald in Nordrhein-Westfalen. Münster, S. 320-330.
  • Asche, N. und Schulz, R. (2005): Forstliche Standorterkundung mit digitalen Werkzeugen. Ein neuer Weg in Nordrhein-Westfalen. Wertermittlungsforum, 23. Jg., 4, S. 129-132.
  • Brückner, E. (1953): Zur Frage der Waldbodenschätzung. AFJZ 125: 266-268.
  • Fiedler, H. J. (1990): Bodennutzung und Bodenschutz. Jena, S. 268.
  • STAKA (2016): Forstliche Standortsaufnahme: Begriffe, Definitionen, Einteilungen, Kennzeichnungen, Erläuterungen. Herausgeber: Arbeitskreis Standortkartierung in der Arbeitsgemeinschaft Forsteinrichtung. 7. Aufl. Eching, S. 400.
  • Wittich, W. (1951): Probleme der Waldbodenschätzung. AFZ 6: 233-236.