Waldbaukonzepte im Klimawandel

ein simulationsgestützter Vergleich

Welche Konsequenzen hat die Wahl einer Waldbau-Strategie unter geänderten Klimabedingungen? Zur Beantwortung dieser Frage bietet sich die modellgestützte Szenarioanalyse an, bei der Antworten auf die Frage "Was wäre, wenn....?" mit Hilfe eines Waldökosystemmodells gegeben werden.

Konkret wurden für einen Forstbetrieb im Wuchsgebiet 6.2 (Klagenfurter Becken in Südösterreich) mit 250 ha Waldfläche drei alternative Waldbau-Konzepte unter aktuellem Klima und zwei Klimaänderungsszenarios miteinander verglichen. Das aktuelle Klima (Szenario C1) wird durch die Verhältnisse der Periode 1961-1990 repräsentiert und weist eine durchschnittliche Jahresmitteltemperatur von 8,1°C und Jahresniederschläge um 1000 mm auf. Im Szenario C2 steigen die Jahresmitteltemperaturen bis ins Jahr 2100 um ca. +5°C an, im Szenario C3 um ca. +4°C. Die Niederschläge nehmen phasenweise über den 100-jährigen Analysezeitraum sowohl zu als auch wieder ab. Insbesondere im Szenario C3 sinken die Niederschläge in den letzten 20 Jahren des Analysezeitraumes um mehr als 200 mm im Vergleich zum aktuellen Klima.

Drei Waldbaukonzepte

Waldbaukonzept MS1 entspricht dem aktuellen Bewirtschaftungsansatz und ist ein Fichten-Altersklassen-Konzept. Konzept MS2 sieht die Überführung in einen Fichtendauerwald vor. Konzept MS3 ist ein Altersklassen-Mischwaldszenario, das je nach Standorts- und Bestandestyp im Voranbau oder Nachanbau die Begründung von Fichten/Buchen-Mischbeständen oder die Begründung von Eichen-Buchen-Mischbeständen nach flächiger Nutzung vorsieht. Bereits erfolgreich mit Fichte verjüngte Bestände werden als Fichtenbestände weitergeführt.

Kurzcharakteristik der drei Waldbaukonzepte
Fichten-Altersklassenkonzept (MS1)
Umtriebszeit = 90 Jahre; Naturverjüngung der Fichte über rasch geführten Schirmschlag (Lichtung, Räumung); Stammzahlreduktion und Auslesedurchforstung
Fichte-Dauerwald (MS2)
Naturverjüngung der Fichte; Zielstärkennutzung (Baumholz) und Strukturdurchforstung (Jungbestände)
Waldumbau-Mischbestände (MS3)
Einbringen von Buche und Eiche; Bestockungszieltypen je nach Standort/Bestand; Naturverjüngung der Fichte; Stammzahlreduktion/Mischungsregelung/Kronenpflege sowie Auslesedurchforstung

Simulation mit Waldökosystemmodell PICUS

Die drei Waldbaukonzepte müssen nun für jeden der 103 Bestände des Betriebs in operative Bestandesbehandlungsprogramme "übersetzt" werden, die dann mit dem Waldökosystemmodell PICUS über einen Zeitraum von 100 Jahren simuliert werden. Das Waldökosystemmodell PICUS wurde am Institut für Waldbau entwickelt. Das Besondere an PICUS ist, dass mit dem Modell Auswirkungen von Klimaveränderungen auf Wachstum und Walddynamik abgeschätzt werden können. PICUS liefert unter anderem Vorrat und Nutzung sortiert nach Einzelstammsortentafeln, Biomassenkompartimenten, Kohlenstoff in der Vegetation und im Boden sowie anfallendes Kalamitätsholz durch Borkenkäfer.

Monetäre Bewertung der Holzproduktion

Für die Baumarten wurden auf Basis der indexbereinigten Preise der Dekade 1990-1999 für Sortimente der Einzelstammsortentafeln zwei Preisszenarios erstellt. Zusätzlich berücksichtigt wurden in der Preiskalkulation eine unterstellte Qualitätsverteilung je Baumart sowie die Verwendung der Sortimente (Säge, Papier, Brennholz). Das Preisszenario A basiert auf den Dekadenmittelwerten für jedes Sortiment. Für das Preisszenario B wurde das Jahr 1993 ausgewählt, in dem die Differenz zwischen Buchen- und Fichtenpreisen während der Dekade 1990-1999 am geringsten ausfiel.

Wieviel Fichte nach 100 Jahren?

Dargestellt werden der Übersichtlichkeit halber nur wenige ausgewählte betriebliche Erfolgsindikatoren mit Schwerpunkt auf der Holzproduktion. Wenn Sie schon immer wissen wollten, wie die Baumartenzusammensetzung nach 100 Jahren Waldumbau aussieht, liefert Abbildung 1 die Antwort.

Im Umbauszenario MS3 stellt die Fichte noch immer knapp zwei Drittel des Vorrats. In den Waldbaukonzepten Fichte-Altersklasse (MS1) und Fichte-Dauerwald (MS2) geht der anfänglich vorhandene geringe Anteil von zufällig eingemischten Baumarten (Kiefer, Stieleiche) weiter zurück, da keine spezielle Begünstigung dieser Mischbaumarten im Zuge der Pflege und Verjüngungsverfahren durchgeführt wurden.

Wie wirkt sich das Klima auf den Zuwachs aus?

Wird der geleistete Zuwachs (Derbholz) verglichen, zeigen sich nur geringe Unterschiede zwischen den drei Waldbaukonzepten. Tendenziell ist das Dauerwaldkonzept MS2 am produktivsten, während das Waldumbaukonzept MS3 leicht abfällt. Wie wirkt sich das Klima auf den Zuwachs aus? Unter dem Szenario C2 steigt die Produktivität bei allen Waldbaukonzepten zwischen 8,5 % und 16,9 % verglichen mit dem Ergebnis unter aktuellem Klima an, beim Waldumbauszenario MS3 am meisten. Unter dem Szenario C3, das am Ende der Analyseperiode deutlich trockener wird, gehen die Zuwächse für die Konzepte Fichte-Altersklasse (MS1) und Fichte-Dauerwald (MS2) leicht zurück, während das Umbauszenario auch hier noch +4 % Zuwachssteigerung aufweist.

Laubholz leistet mehr

In Abbildung 2 werden die wichtigsten Baumarten im Umbauszenario MS3 in Bezug auf ihr Zuwachsverhalten unter aktuellem Klima verglichen. Unter beiden Erwärmungsszenarios C2 und C3 sind eindeutig die Laubbaumarten begünstigt. Während unter C2 sogar die Fichte noch eine geringfügige Zuwachssteigerung aufweist, wendet sich das Blatt unter dem trockeneren Erwärmungsszenario C3 endgültig: Die Fichte leidet unter der Trockenheit, während die Laubbaumarten deutlich davon profitieren. Innerhalb der Laubbaumarten wendet sich der Trend nun zugunsten der Eiche.

Kalamitätsnutzungen durch Borkenkäfer

Liegt der Anteil Kalamitätsnutzungen aufgrund von Borkenkäfern unter aktuellem Klima noch zwischen 8 % und 12 %, nehmen die simulierten Borkenkäferschäden unter den Klimaänderungsszenarien in allen Waldbaukonzepten stark zu (bis zu 27% unter dem trockenen Erwärmungsszenario C3), am geringsten noch im Mischwaldkonzept.

Vergleich der Deckungsbeiträge

In Abbildung 3 sind für das Preisszenario A der Deckungsbeitrag (DB) I und II sowie die Vermögensveränderung (erntekostenfreie Erlöse) im stehenden Vorrat über den Analysezeitraum dargestellt.

Die höchsten DB I und II werden erwartungsgemäß unter dem Dauerwaldkonzept erreicht (116-118 % des Fichtenaltersklassenkonzeptes), der DBII im Mischwaldszenario wird durch die sehr konservativ geschätzten Kosten für das Einbringen der Laubhölzer deutlich gedrückt (86-88 % des Fichtenaltersklassenkonzeptes). Das Fichten-Altersklassenkonzept baut wegen der starken Borkenkäferschäden insbesondere unter den Klimaänderungsszenarios Vermögen ab, das Umbauszenario MS3 hauptsächlich wegen der schlechter bewerteten Laubholzanteile. Nur im Dauerwaldkonzept erhöht sich der Wert des stehenden Vorrats trotz ebenfalls starker Käferschäden. Wird der DBI mit dem Preisszenario B berechnet, verringert sich der Unterschied zwischen dem Fichten-Alterskassenkonzept und dem Mischwaldkonzept von 42 Euro/ha•Jahr auf 30 Euro/ha•Jahr.

Fichte - quo vadis?

Berücksichtigt man die Unsicherheiten, die immer mit langfristigen Simulationsanalysen verbunden sind, kann mit hoher Sicherheit gesagt werden:
(1) In Bezug auf den Zuwachs profitieren unter den Klimaänderungsszenarios die Laubbaumarten. Wird es wärmer und trockener, sinkt die Produktivität der Fichte. Vor allem Niederschlagsreduktionen stellen eine Gefährdung dar.
(2) Das Hauptproblem ist die extreme Kalamitätsanfälligkeit der Fichte.
Die Ergebnisse stellen allerdings keine Zukunftsprognosen dar, weil das zukünftige Klima derzeit nicht prognostizierbar ist und es sich folglich um Klimaszenarios handelt.

Es liegt nahe, die Vorteile des Dauerwaldkonzeptes mit jenen des Waldumbaukonzeptes zu kombinieren:
(a) (Laub)mischbaumarten einbauen (z.B. Buche, Ahorn, Tanne).
(b) Die Vorratshöhe sollte eher niedrig angesetzt sein, um stärkere Verjüngungsdynamik und verringertes Risiko zu erzielen. Verbesserte Vertikalstrukturen alleine können die physiologischen Eigenschaften der Fichte nicht verbessern. Durch Ausschöpfung des Naturverjüngungspotenziales von Mischbaumarten können die Kosten des Umbaukonzeptes deutlich gesenkt werden. Ein hoher Anteil der Kosten für den Waldumbau zu Mischbeständen wird zudem von Wildschutzmaßnahmen verursacht.