Bei der Lichtwuchsdurchforstung geht es darum, die Elitebäume in einem Bestand zu fördern und deren Krone optimal frei zu stellen. Der Eingriff erfolgt in der Regel in gut strukturierten Beständen zwischen 20 und 50 cm BHD, welche bereits ein Ergebnis von vorangehenden Selektionen sind. Die Auswahl konzentriert sich auf die vitalen Bäume der Oberschicht.

Durch Umlichtung (Auslichtung zugunsten eines einzelnen Stammes) der leistungsfähigen Baumkrone und der sorgsamen Dosierung des Nebenbestandes, sollen die ausgewählten Bäume ein möglichst lang anhaltendes Höhen- und Dickenwachstum erreichen und durch die Ausbildung des astfreien Schaftes einen hohen Wertzuwachs generieren.

Lichtwuchsdurchforstung auch in Mischbeständen

Die Lichtwuchsdurchforstung wende ich aber auch im weniger klassischen Sinn in dichten unstrukturierten Laub- und Nadelhölzern sowie in Mischbeständen ab dem starken Stangenholz (20 cm BHD) an. Am geeignetsten sind Bestände, bei denen im Unterwuchs bereits Jungwuchs im Dickungsstadium vorhanden ist oder in dichten Nadelholzbeständen mit kahlen Böden. Gerade in diesen Beständen wird durch die Selektion der Elitebäume und deren Kronenfreistellung zwar der Vorrat kurzfristig vermindert, aber das Licht und die Wärme bis auf den Waldboden begünstigt die Keimung der Samen und das Wachstum vorhandener Jungpflanzen so stark, dass eine üppige Verjüngung aufkommt. Damit wird nicht nur Holz in der Oberschicht produziert, sondern auch die nachkommende Generation im Aufkommen begünstigt. Solche Bestände entwickeln sich stufig und können zukünftig optimal, einzelbaumweise genutzt werden.

In einem Bestand der Gemeinde Utzenstorf (Abb. 1) wurden die Eichenkronen komplett von aufkommenden Buchen, Fichten und Tannen bedrängt. Im Kronenbereich herrschte maximale Konkurrenz, in der Mittel- und Unterschicht fehlte jeglicher Nachwuchs. Durch die Auflichtung kam zwar mehr Licht auf den Boden, doch da die Eichen bereits recht alt sind und selbst in Mastjahren wenig Samen produzieren, wird sich eine ausreichende Verjüngung hier wohl nicht einstellen. Dafür haben sich die Kronen (Abb. 2) trotz der extremen Bedrängung gut erholt und die Eichen können jetzt über mehrere Jahre einzeln genutzt werden.

Konsequenter Eingriff in Eschenbeständen

Auf einer Waldfläche in Utzenstorf stehen Eschen mit kleinen Kronen und sehr hohem Schlankheitsgrad (H/D Werte von 80 bis 100) auf sehr wüchsigen ehemaligen Auenböden. Trotz der Risiken wurden die Eschen konsequent durchforstet. Vier Jahre nach dem Eingriff sind nur sehr wenige Eschen abgestorben. Der Eingriff und die Eingriffsstärke haben sich gelohnt. Zwar geht die Kronenregeneration bei der Esche sehr langsam vor sich oder findet überhaupt nicht mehr statt. Trotzdem war der starke Eingriff viel besser als ein frühzeitiger Abtrieb oder einzelne zaghafte Eingriffe im Bestand.

Da die Esche auf mehreren Hektaren die Hauptbaumart ist, muss mit ihr gearbeitet werden. Bestandesumformungen in der Aue wären sehr aufwändig, da freigestellte Flächen sofort mit Waldrebe, Traubenkirsche und Hasel überwuchert werden.
Interessant ist, dass die Eschenwelke in den gut freigestellten Kronen bis heute keine erheblichen Schäden, welche zu Ausfällen führen, verursachte. Zukünftig werden die Bestände gut beobachtet. Wenn sich im Unterwuchs andere Baumarten wie Buche, Eiche oder Kirschen entwickeln, werden diese gezielt gefördert, um eventuelle Ausfälle bei der Esche mit Naturverjüngung kompensieren zu können.

Kronenpflege in Eichenbeständen besonders wichtig

In reinen Eichenbeständen ist die Kronenpflege von besonderer Bedeutung. In Utzenstorf wurden in den Siebziger- und Achtzigerjahren mehrere Hektare Eichen im Reinbestand gepflanzt. Zur Zeit der Übernahme der Bewirtschaftung waren einzelne Bestände noch nie behandelt worden. Auch im stärkeren Stangenholz gab es bedenklich hohe H/D-Werte und zu kleine Kronen.

In zehn Jahren wurde in allen Beständen der dritte Eingriff ausgeführt. Die Ergebnisse sprechen für sich: Trotz zwei Schneebruchereignissen blieben die Schäden gering und die Ausfälle konnten durch die hohe Stammzahl kompensiert werden. Der Zuwachs der Eiche ist im Wald von Utzenstorf enorm. Darum ist es sehr wichtig, den Kronen genügend aber auch nicht zu viel Raum zu geben, damit das Verhältnis von Höhen- und Dickenwachstum optimal bleibt. Auf sehr wüchsigen Standorten reagiert die Eiche bei Kroneneinengung mit Wasserreiserbildung. Ebenso reagiert sie auch bei zu starker Freistellung. Erfolgt die Durchforstung zu spät, verdoppelt sich der Effekt. In Utzenstorf wird mit der Durchforstung zugleich der Nebenbestand gefördert, vorab Tanne und Fichte, idealerweise Hainbuche und auch die Eiche in Reinbeständen. Wichtig ist, dass der Nebenbestand nicht in den Kronenbereich der Eiche wächst.

Lichtwuchsdurchforstungen in gemischten Beständen

Früher war es bei Pflanzungen üblich, Nadel- und Laubhölzer bunt durcheinanderzumischen. Vielerorts erledigte die Natur, was der Waldbauer versäumte. Die Differenzierung fand von selbst statt und am Schluss entwickelte sich die Baumart, die dem Standort am besten angepasst war. Meist waren dies Ahorn, Buche und Esche oder Fichte und Tanne, manchmal auch nur Weiden und Hasel. Von den gepflanzten Lärchen, Douglasien, Kirschen, Eichen und Nussbäumen blieben oft nur der Pfahl und der Wildschutz übrig.

Wo weitergepflegt wurde, verschwanden spätestens im Baumholz I die lichtbedürftigen Baumarten. Die Kronen der Föhren und Lärchen wurden kürzer, diejenigen der Douglasien gelber und die der Kirschen und Eichen lang und schmal. Die Angst mancher Waldbauern vor zu starken Durchforstungseingriffen machte zunichte, was der Vorgänger mit viel Geduld, Geld und Enthusiasmus angefangen hatte.

Gerade ab Baumholz I ist es wichtig, dass die Arbeit fortgesetzt wird und die Bestände nicht sich selbst überlassen werden. In gemischten Laub- Nadelholz-Beständen kommt der Lichtwuchsdurchforstung grosse Bedeutung zu. Diese Bestände bringen eine grosse Vielfalt mit hohem Wertschöpfungspotential. Hier ist es wichtig die ausgelesenen Kandidaten in der Krone gut freizustellen. Im Nebenbestand kann so manches toleriert werden, was lediglich zur Massenproduktion dient. Bei Laubhölzern sollte der Endabstand der Auslesebäume mindestens 12 Meter betragen. Auf diese Weise ist es möglich, bunt gemischte Bestände zu erhalten. Bei Nadelbäumen kann der Abstand gelegentlich auch acht Meter betragen.

Lichtwuchsdurchforstungen in gemischten Nadelholzbeständen

Oft wurde bei Nadelholzpflanzungen truppweise Douglasie, seltener auch Föhre und Lärche, beigemischt, manchmal sogar einzelne Laubhölzer in Form von Buche und Ahorn. Auch hier drohen ab Stangenholz die Bestände unstrukturiert ins Baumholz I zu wachsen. Das wenige eingestreute Laubholz ist oft von geringer Qualität und dominiert, wenn frühzeitig freigestellt, das umliegende Nadelholz. Hier ist es wichtig, dass Laubholz-Protzen konsequent aus den Nadelhölzern entfernt werden, auch wenn dabei "Löcher“ entstehen. Bei Douglasien, Föhren und Lärchen ist darauf zu achten, ob diese unterdrückt, gleichwertig oder dominant sind. Bei Unterdrückung und Gleichwertigkeit sind sie konsequent freizustellen. Bei Dominanz, können diese Arten ruhig etwas bedrängt werden, was vor allem bei Douglasie und Lärche die natürliche Astung fördert.

Auch in natürlich entstandenen Nadelholzbeständen ist eine Lichtwuchsdurchforstung im Baumholz erfolgreich. Mit der Kronenpflege werden Einzelbäume mit Potential gefördert und der Bestand strukturiert und von reinen Platzhaltern ohne Potential befreit. Ein schöner Nebeneffekt der Lichtwuchsdurchforstung ist die üppige Verjüngung, vorausgesetzt, es wird entsprechend dosiert eingegriffen.

Risiken

  • Stabilität
    Wie das Eschenbeispiel aus Utzenstorf zeigt, ist der H/D-Wert des Ausgangsbestandes von Bedeutung. In der Regel sollten aber Baumholzbestände, einigermassen strukturiert und stabil sein. Ist dies nicht der Fall, ist sorgsam abzuwägen welche Risiken mit dem Eingriff eingegangen werden. Windexposition und Bodenbeschaffenheit sind bei der Abwägung mit einzubeziehen.
  • Wahl der Elitebäume

    Die Auswahl der Elitebäume hat nach den Kriterien Vitalität, Qualität und Produktivität zu erfolgen. Douglasien, Föhren und Lärchen mit schütteren Kronen oder Eichen, Ahorne und Kirschbäume unzulänglicher Qualität sind trotz ihrer Seltenheit zu eliminieren. Versäumnisse können später nicht mehr wettgemacht werden. Ich versuche in diesem Fall, solche Individuen eventuell noch im Nebenbestand zu erhalten, falls sie in die Struktur passen. Es wäre fatal, wenn die ausgewählten Elitebäume aufgrund mangelnder Vitalität eingehen würden.

  • Bodenverwilderung

    Bei der Ausführung der Lichtwuchsdurchforstung ist darauf zu achten, dass durch die Auflichtung keine Bodenverwilderung eintritt. Ist der Boden bereits mit Brombeeren und Himbeeren bewachsen, eignet sich eine Lichtwuchsdurchforstung nicht. Im Gegenteil, hier sollte keine weitere flächige Auflichtung erfolgen.
    Unter Buche und Eiche ist, wenn möglich, ein Samenjahr abzuwarten, damit sich nach der Auflichtung eine optimale Keimung einstellen kann. Auf lehmigen Böde, welche stark mit Seggen (lat. Carex sp.) bewachsen sind, eignet sich die Lichtwuchsdurchforstung nur, um den Wertzuwachs der verbleibenden Elitebäume zu verbessern. Der zusätzliche Nutzen der Ansamung stellt sich hier nur spärlich ein.

Vorgehen bei einer Lichtwuchsdurchforstung

Der wichtigste Punkt bei einer Lichtwuchsdurchforstung ist die Ansprache des Bestandes.

1. Welches waldbauliche Ziel will ich mit der Massnahme erreichen?

Erst wenn ich mir im Klaren bin was ich will, plane ich die Massnahme. Mein Ziel halte ich schriftlich fest.

2. Wie präsentiert sich der Bestand?

Als erstes muss ich abklären, ob der Bestand die Kriterien für eine Lichtwuchsdurchforstung erfüllt. Ist die Stabilität sehr mangelhaft oder die Vitalität und Qualität der Bäume allgemein schlecht, macht es keinen Sinn, Elitebäume auszuwählen. Vielleicht ist es dann besser, den Bestand so zu belassen wie er ist oder nur eine einfache Durchforstung mit dem Ziel einer Stammzahlreduktion durchzuführen.

3. Auslese der Elitebäume nach den Kriterien Stabilität, Vitalität und Qualität?

Wenn in der Vergangenheit Waldbau betrieben wurde, sind die Elitebäume meist schon sichtbar. Wenn es von Allem mehr als genug hat, kann ich auswählen. Oftmals muss ich aber Kompromisse eingehen und Bäume auswählen, welche die Kriterien nicht 100%ig erfüllen. Bei schlecht strukturierten Beständen hilft es, den Bestand mehrmals zu begehen und sich einen Gesamtüberblick zu verschaffen.

4. Auswahl der Elitebäume

Die Elitebäume sind in gut strukturierten Beständen bereits sichtbar. Ist dies nicht der Fall, werden sie mit Bändel auf der ganzen Fläche markiert - ca. 100 bis 120 Stück pro Hektar im Laubholz und 130 bis 150 im Nadelholz.

5. Markierung der Gassen

Falls noch keine Rückegassen durch den Bestand führen, sollten diese jetzt gelegt werden. 25 bis 30 Meter sind ein idealer Abstand. Ausserdem sollten sie möglichst gerade sein.

6. Markierung der zu entfernenden Bäume und Festlegung des Nebenbestandes

Die Krone des Elitebaumes muss frei sein. Die zu entfernenden Bäume werden markiert: zuerst diejenigen Bäume unmittelbar um den Elitebaum, danach diejenigen im Nebenbestand.

Wichtige Punkte

  • Die konsequente Umsetzung der Zielvorgabe steht im Mittelpunkt.
  • Die Angst vor zu hoher Stammzahlreduktion, geht auf Kosten der Zielsetzung und der Elitebäume.
  • Der Bestand wird konsequent auf der ganzen Fläche behandelt - auch Waldränder gehören dazu.
  • Eine Kontrolle und Beobachtung des Bestandes nach dem Eingriff ist erforderlich.

Ausführung der Durchforstung

Da die Eingriffe meist ab 20 cm BHD erfolgen, eignen sie sich für den vollmechanisierten Einsatz (Fällen mit Prozessor und Rücken mit Forwarder). In stärkerem Baumholz können die Rückegassen auf 30 Meter Abstand gelegt werden. Das ist schöner für den Bestand und Profis können zielgenau fällen. Sehr wichtig ist die schonende Ausführung der Arbeiten. Dazu braucht es gut ausgebildete oder erfahrene Forstleute. Werden die Stammanläufe und Schäfte der Elitebäume verletzt, war die Mühe vergebens. Je nach Durchforstungsstärke, Sortimenten und Fläche sind die Massnahmen im Laubholz meist kostendeckend, im Nadelholz sogar gewinnbringend.

Interessierte Waldbesitzer können die ausgeführten Arbeiten und deren Ergebnisse aus den zurückliegenden zehn Jahre gerne bei einer Begehung besichtigen.