Autor(en): | Andreas Ehring und Hansjörg Lüthy |
Redaktion: | FVA, Deutschland |
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Abb. 1+2: Links: 25-jähriger Walnussbestand, Herkunft
Dachigam (Kaschmir, Indien), Versuchsfläche der ETH Zürich. Rechts: 25-jährige Walnuss, Herkunft Lolab-Tal
(Kaschmir, Indien), Versuchsfläche der ETH Zürich, BHD 24cm, Höhe 17m, astfreie
schaftlänge 8,5m; Hansjörg Lüthy betreut diesen Versuch seit dem Stecken der
Nüsse. (Fotos: A. Ehring) |
Seit über 100 Jahren versucht die Forstwirtschaft, die Walnuss im Wald anzubauen. Die Ergebnisse der forstlichen Versuchsanbauten waren bestenfalls befriedigend. Die Probleme lagen hauptsächlich in der Frostempfindlichkeit (Spätfrost und Winterfrost), der mangelnden Konkurrenzkraft, der ungenügenden Stammqualität und im Hallimaschbefall der Walnussbäume. Aufgrund dieser Erfahrungen wurde um 1980 an der Professur für Waldbau der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) die Arbeitshypothese aufgestellt, dass die Walnuss in ihrem Ursprungsgebiet noch als Waldbaum vorkommt und entsprechend günstigere Eigenschaften für die Produktion von Wertholz aufweisen sollte als unsere Kulturformen, die ausschließlich zur Fruchtproduktion ausgelesen wurden. Bei Obfelden im Kanton Zürich wurde 1984 ein Anbauversuch mit sechs autochthonen Walnuss-Provenienzen aus Pakistan und dem Kaschmirgebiet in Indien (Tab. 1) angelegt.
Tab. 1: Herkünfte und Pflanzenzahlen des 1984 gepflanzten Walnuss- Provenienzversuchs der ETH Zürich. | |||
Walnuss- Herkunft |
Land | m ü. NN | Pflanzenzahl |
Dachigam | Kaschmir, Indien | 1680 | 625 |
Kangan | Kaschmir, Indien | 1950 | 115 |
Lolab-Tal | Kaschmir, Indien | 2000 | 90 |
Manshi | Pakistan | 2450 | 650 |
Kanshian | Pakistan | 2300 | 380 |
Malam Jabba | Pakistan | 2400 | 5 |
In Tab. 2 sind die Bestandesdaten im Alter 25 der autochthonen Herkünfte im Vergleich mit einer Walnussversuchsfläche der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg (FVA) am östlichen Kaiserstuhl dargestellt. Die Walnussversuchsfläche der FVA entstand durch "Vogelsaat" (Eintrag von Nüssen aus der Feldflur) in Mischung mit Bergahorn und sonstigen Laubbäumen aus Naturverjüngung. Der Bestand stockt auf mäßig frischem Lößhang, der Standort (Boden und Klima) ist für den Walnussanbau besser einzustufen als die Standortsverhältnisse in Obfelden. Auf allen Flächen wurden die Walnussbäume frühzeitig freigestellt und der Kronenausbau gefördert. Trotz der besseren Standortsverhältnisse am Kaiserstuhl sind die Oberhöhen (mittlere Höhe der 100 stärksten Bäume pro Hektar – Spalte 5) weitgehend vergleichbar, die mittleren Brusthöhendurchmesser der 100 stärksten Bäume pro Hektar (Spalte 4) sind bei allen autochthonen Walnussprovenienzen größer. Der Mittelwert aller autochthoner Provenienzen liegt bei 25cm im Alter 25. Dieser Zusammenhang "Durchmesser gleich Alter" ist in Edellaubholzbeständen bei rechtzeitiger Auswahl und Markierung der Zukunftsbäume (Z-Bäume) und fortlaufender Freistellung durchaus möglich. Dies entspricht auch den Beobachtungen aus den Walnuss-Wertholzverkäufen: die Walnussstämme aus der Feldflur sind selten älter als 80 Jahre, meist sogar deutlich jünger. Die jährlichen Volumenzuwächse pro Hektar (Spalte 7) liegen aktuell im Mittel bei 13 Vfm. Hiervon entfällt ungefähr ein Drittel, dies entspricht 4 Vfm, auf die auf 7 m geasteten Z-Baum-Stämme. An diesen wachsen wiederum gut zwei Drittel, ungefähr 3 Vfm pro Jahr und Hektar, an den geasteten Stammteilen als astfreies Holz zu. Dieser Wert wird weiter zunehmen, da der Anteil der Füllbestandsbäume durch die weiteren Durchforstungseingriffe abnehmen wird.
Tab. 2: Bestandesdaten im Alter 25; autochthone Walnussherkünfte des Walnussprovenienzversuchs (Versuchsfläche der ETH Zürich) im Vergleich mit der Herkunft "Kaiserstuhl" (Versuchsfläche der FVA Freiburg). | ||||||
Walnuss- Herkunft |
Alter | N/ha |
d100
[cm] |
h100
[m] |
Volumen/ha
[m³] |
Jährl. Volumen- zuwachs/ha [m³] |
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 |
Manshi, Pakistan
Mittelwert, |
25 | 440 | 24 | 17 | 87 | 14 |
Dachigam, Indien
Mittelwert, |
25 | 369 | 26 | 18 | 96 | 12 |
Lolab-Tal, Indien
Kangan, Indien |
25 | 329 | 24 | 18 | 83 | 14 |
Kanshian, Pakistan | 25 | 375 | 25 | 16 | 79 | 11 |
Mittelwert
|
25 | 378 | 25 | 17 | 86 | 13 |
Kaiserstuhl
|
25 | 501 | 23 | 17,5 | 74 | 12 |
Die beeindruckende Stammqualität der Walnussbäume zeigt Bild 1. Eine Qualitätsansprache erfolgte im Jahr 2003 bei Oberhöhen von 14-16 m. Der Anteil der Walnussbäume mit hervorragenden Stammqualitäten lag bei 38,2 % (Manshi) und 41,1 % (Dachigam). Das sind Werte, die allenfalls bei den besten Edellaubholzbeständen zu erwarten sind. Durch die ausgeprägte Wipfelschäftigkeit bei relativ schmalen Kronen unterscheiden sich die autochthonen Herkünfte von den heimischen Kulturformen im Waldbestand.
Walnussbäume werden häufig durch Fröste geschädigt. Durch Spätfröste können die frischen Triebe erfrieren. Danach tritt häufig Zwieselbildung auf und bedingt ungünstige Wuchsformen. In der Versuchsanlage sind 1986, 1991, 1994 und 1995 Spätfröste aufgetreten. Nach dem Spätfrost 1986 wurden Spätfrostschäden bei 20% der Walnussbäume der Herkunft Manshi und bei 15,7 % der Bäume der Herkunft Dachigam ermittelt. Es erfolgten keine Zwiesel- oder Korrekturschnitte. Sechs Jahre später waren bei der Herkunft Manshi 90 % und bei der Herkunft Dachigam 82% der spätfrostgeschädigten Walnussbäume als Z-Bäume brauchbar. Offenbar "verwachsen" bei den autochthonen Herkünfte die Spätfrostschäden sehr gut und sie neigen wenig zur Zwieselbildung. Extreme Winterfröste wie 1928/29, 1939/40, 1942/43 oder 1956 können zum Absterben von Zweigen und Ästen oder zu Stammrissen (Frostrisse) führen. Seit der Pflanzung der Walnuss-Provenienz-Versuchsfläche sind keine extremen Winterfröste aufgetreten. Die autochthonen Walnussherkünfte stammen aus Höhenlagen zwischen 1700 und 2500 m, weshalb zu erwarten ist, dass extreme Winterfröste allein nicht zu Schäden führen. Problematischer erscheint der Trend zu insgesamt milderen Wintern, da dann die Walnussbäume bereits im Februar "im Saft stehen" könnten. Sollte dann noch ein extremer Temperatursturz erfolgen, könnten Frostschäden auftreten.
Auf der gesamten Versuchsanlage mussten 15 Walnussbäume wegen Befall durch den schwarzen Nutzholzborkenkäfer und ungleichen Holzbohrer entnommen werden. Hallimasch ist an insgesamt 6 Walnussbäumen, vermutlich nach Stammverletzungen mit dem Freischneider in der Jungbestandspflege, aufgetreten. Der Pilz- und Insektenbefall muss weiterhin beobachtet werden, aktuell wird er nicht als Ausschlussgrund für einen Anbau im Wald gewertet.
Die Ergebnisse bis zum Alter 25 bestätigen eindrücklich die aufgestellte Arbeitshypothese. Die untersuchten autochthonen Herkünfte haben hervorragende Stammqualitäten und Wuchsleistungen, die durchaus mit Edellaubholzbeständen vergleichbar sind (Abb. 2). Deshalb nimmt das Interesse an Saatgut und Pflanzen dieser autochthonen Walnussherkünfte ständig zu. Die Früchte sind relativ groß (35-44 mm), aber ausserordentlich hartschalig. Somit dürften die Nüsse ausschließlich der Pflanzenproduktion zur Verfügung stehen.
Die ersten inzwischen zehnjährigen Versuchsanbauten in Rastatt und Müllheim mit Absaaten aus den Schweizer-Versuchsflächen beeindrucken durch die ausgeprägte Wipfelschäftigkeit und Vitalität der Walnussbäume.
Um die Herkünfte zu prüfen und die Versorgung mit geprüftem Saatgut zu sichern, wurde vom Arbeitsbereich Forstpflanzenzüchtung der FVA eine Samenplantage mit Reisern von "Plusbäumen" (optische Auslese nach Qualität und Vitalität) aus der Versuchsfläche in Obfelden angelegt. Voraussichtlich kann in 5 Jahren die erste Ernte durchgeführt werden.
Aus Sicht
der Verfasser sind die Risiken geringer zu bewerten als die Erfolgsaussichten. Nach
den Erfahrungen bis zum Alter 25 können die autochthonen Walnussbäume nicht nur
auf landwirtschaftlichen Flächen und der Feldflur, sondern auch im Wald
angebaut werden. Die weitere Beobachtung und Aufnahme der Walnussflächen wird
Aufschluss über deren "Waldtauglichkeit" geben, insbesondere die Gefährdung
durch Hallimasch und Frost, die Höhenentwicklung und damit die Konkurrenzkraft
der Walnussbäume.