Samenplantagen sind gezielt zusammengestellte Zuchtbaumpopulationen von ausgewählten Mutterbäumen, die der Erzeugung qualitativ hochwertigen Forstsaatgutes dienen. Die FVA hat 1963 mit der Anlage der Kirschen-Samenplantage Liliental begonnen, um die Versorgung des Landes Baden-Württemberg mit herkunftsgesichertem Kirschensaatgut zu verbessern. Auf einer Fläche von zunächst 1,2 ha wurden vegetativ vermehrte Nachkommen von ausgelesenen Plusbäumen mit hervorragenden phänotypischen Eigenschaften aus dem süd- und mitteldeutschen Verbreitungsgebiet der Vogelkirsche gepflanzt. Bis Anfang der 80er Jahre wurde die Plantage bis auf ca. 3,2 ha erweitert. Sie enthält aktuell 50 Klone mit bis zu 12 Ramets (Ableger der Klone). Im Schnitt werden pro Jahr gut 1.200 kg Kirschen geerntet, was etwa 200 bis 250 kg reinen Kernen entspricht. Die gute Qualität des Saatgutes konnte in Herkunftsversuchen bewiesen werden.

Qualitätseinbußen durch Fremdpollen?

Abb. 1-3: Samenplantage "Waldkirsche Liliental". (Fotos: FVA)

Seit einigen Jahren gibt es vermehrt Kritik von Forstseite und Waldbesitzern, dass die Qualität der nachgezogenen Kirschensämlinge hinter ihrem guten Ruf zurückbleibt. Erfahrungen früherer Jahre zeigten, dass häufig deutlich mehr Saatgut am Markt verfügbar war, als die Plantage im betreffenden Produktionsjahr hätte produzieren können. Dies ließ den Rückschluss zu, dass außerhalb von Saatguthändlern Kirschensamen von schlechter Qualität zugemischt wurden oder sogar plantagenfremdes Saatgut als "Herkunft Liliental" deklariert wurde. Seit 2003 unterliegt die Kirsche jedoch dem FoVG, welches bei Zumischung von plantagenfremdem Saatgut eine deutliche Hürde darstellt.

Darüber hinaus können unzureichende Qualitäten dadurch entstehen, dass Bienen die Liliental-Kirschen mit Pollen von außerhalb der Plantage bestäuben, beispielsweise aus Obstanbauten in der Kaiserstuhlregion. Die Bestäubung bei Kirschen findet im Wesentlichen über Bienen statt, die große Distanzen überfliegen können. Untersuchungen in einer Eschen-Samenplantage in Freiburg zeigten, dass durch Eschen im Umfeld der Plantage bis zu 40 Prozent Einkreuzungen unbekannter Vaterbäume entstehen können.

Entsprechend muss die Frage gestellt werden, inwieweit Pollen von Kirschen-Obstbäumen außerhalb der Samenplantage Liliental zur Befruchtung der Kirschen-Klonen beitragen. Obstkirschen sind auf Fruchtgröße und hohen Ertrag gezüchtet, jedoch nicht auf Holzqualität.

Bestimmung des Fremdpollenanteils

In einer Vaterschaftsanalyse mit Hilfe der Software FaMoz wurden alle 50 Klone der Plantage anhand 301 repräsentativ gesammelter Samen (Kirschkerne) untersucht, um den Fremdpollenanteil bei der Befruchtung der Mutterbäume feststellen zu können. Dabei wurden durch das Ausschlussprinzip potentielle Eltern ausgeschlossen. Diejenigen, die nicht ausgeschlossen werden konnten, wurden als potentielle Elternpaare identifiziert. In den Fällen, wo nur der Mutterbaum als ein Elternteil identifiziert werden konnte, muss der zweite Elternteil als pollenspendender Vater von außerhalb der Plantage gekommen sein.

Veränderung der genetischen Information?

Die Resultate der Analyse zeigten eine hohe genetische Diversität innerhalb der Plantage. Das Hauptergebnis der Untersuchung war der sehr hohe Anteil von externen Pollen, der einen minimalen Wert von 42,8 Prozent erreichte. Diese hohe "Pollenkontamination" kann zur Veränderung der genetischen Information der produzierten Samenpopulation führen und verantwortlich für die schlechtere Qualität der produzierten Pflanzen sein.

Aufgrund dieses hohen Anteiles an Fremdpollen, der für eine Samenplantage unerwünscht ist, sollten alle Kirschenvorkommen in der unmittelbaren Umgebung der Samenplantage überprüft und gegebenenfalls entfernt werden. Auf diese Weise könnte der Anteil der Fremdpollen reduziert werden. Befruchtungen mit Fremdpollen können aber trotzdem nicht vollständig verhindert werden, da viele Kirschenanbauten am Kaiserstuhl zu finden sind und dort Bienen als Hauptbestäuber hohe Distanzen fliegen. Als Konsequenz aus diesen Ergebnissen wurden im Liliental im Umkreis von ca. 500 m alle Kirschen entfernt, die nicht zum Kollektiv der Plantage gehörten.

Erweiterung des Sicherheitsabstandes

Die Richtlinien zur Anlage von Samenplantagen schreiben einen Mindestabstan d für potentielle Fremdbestäuber (d. h. Bäume gleicher Art) von 400 m im Umkreis um Samenplantagen vor. Nach den vorliegenden Ergebnissen jedoch muss bei forstlich genutzten Baumarten wie der Kirsche, die schwerpunktmäßig von Bienen bestäubt werden, eine deutliche Erweiterung des "Sicherheitsabstandes" von 400 m zum nächsten Kirschenvorkommen in Betracht gezogen werden.