Sechs Herkünfte aus Deutschland, davon eine Plantagenherkunft (Kategorie "qualifiziert"), zwei DKV-Sonderherkünfte (Kategorie "ausgewählt" mit besonderem Gütesiegel) und drei Bestandesabsaaten (Kategorie "ausgewählt") aus der Bundesrepublik stehen im Test mit zwei Absaaten aus Oberösterreich und jeweils einer Bestandesbeerntung aus Niederösterreich und Kärnten.

Weder in Österreich noch in Deutschland unterlag die Vogelkirsche zum Zeitpunkt der Beerntung und der Versuchsanlage den Richtlinien des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes, denn das In-Verkehr-Bringen der Vogelkirsche wurde erst 2002 gesetzlich geregelt.

Herkünfte aus ÖsterreichHerkünfte aus Deutschland
Bad Hall-Pfarrkirchen/OÖ, 400 m; Kat. "ausgewählt"

Bad Hall-Feyregg/OÖ, 400 m; Kat. "ausgewählt"

Hagenberg-Mittersteig/NÖ, 300 m; Kat. "ausgewählt"

St. Andrä/KTN, 550 m; Kat. "ausgewählt"

"P"-Liliental/D, 350 m; Kat. "qualifiziert"

Odenwald-Spessart/D, 400-600 m; Kat. "ausgewählt"

Schwarzwald/D, bis 600 m, Kat. "ausgewählt"

Süddeutschland/D, 300-500 m; Kat. "ausgewählt"

DKV-Grabfeld/D; Kat. "ausgewählt"

DKV-Miltenberg/D; Kat. "ausgewählt"

Gepflanzt wurde im Weinviertel

Das Weinviertel mit seinem typisch sommerwarmen, pannonisch gefärbten Klima bot ideale Voraussetzungen für die Anlage der Versuche. Charakteristisch für diese Region sind sommerliche Trockenperioden mit vielen Sonnenstunden und oftmals trübe, mäßig kalte, schneearme Winter. Häufiges Auftreten von Frühnebeln, die Ausbildung von Kaltluftseen während der Wintermonate und geringe Niederschlagsmengen außerhalb der Vegetationsperiode sind spezifisch für diesen Landstrich. Die Jahresdurchschnittsniederschlagsmenge liegt knapp über 500 mm, in etwa zwei Drittel davon verteilen sich auf die Monate April bis Oktober.

Im Weitverband besonders auf die Genetik achten

Bei der Anlage der drei Versuchsflächen im Jahr 1998 wurden neben verschiedenen Herkünften auch zwei verschiedene Pflanzverbände getestet. Bei Hollabrunn wurden zwei Flächen im Verband von 1,5 m x 6,0 m gepflanzt, während bei der Fläche in Eibesthal bei Mistelbach ein Verband von 2 m x 2 m x 8 m gewählt wurde. Das heißt, es wurden zwei Kirschenreihen im 2 x 2 Meter Engverband gepflanzt und zwischen den Doppelreihen jeweils ein Abstand von acht Meter freigelassen. Einheitlich wurde auf allen Flächen Bergahorn als Füllholz im Abstand von zwei Metern zu den Kirschenreihen eingebracht.

Ganz wesentlich für den Erfolg des Weitverbandes ist die Wahl der richtigen Herkunft, denn nur wenn qualitativ hochwertiges, gut angepasstes Ausgangsmaterial gepflanzt wird, lassen sich später genügend Z-Bäume als Wertholzträger ausweisen. Ein Plus der Weitverbandsbegründung gegenüber dem Engverband ist die Reduzierung der Kulturkosten, darüber hinaus ermöglichen große Pflanzreihenabstände das Aufkommen eines natürlichen Begleitwuchses (Schaftpflege). Dies führt zur Risikominimierung in der Jugendphase bei gleichzeitiger Wertsteigerung des späteren Bestandes durch das natürliche Aufkommen diverser Edellaubhölzer.

Da die Kirsche ohne Formschnitt und spätere Wertastung für die Endnutzung (geradschaftige, fehlerfreie Stammabschnitte) kaum zu produzieren ist, wurden auf allen Flächen bis zum Kulturalter von fünf Jahren die erforderlichen Formschnitte und eine erste Wertastung durchgeführt. Elfjährig wurden dann Z-Bäume selektiert und je nach Oberhöhe bis zu einer Höhe von 4 bis 5 Metern aufgeastet und freigestellt.

Plantagensaatgut im Vorteil

Die Messdaten der Flächen wurden elfjährig erhoben und stammen aus dem Jahr 2008. Aufgenommen wurden die Durchmesser in 1,3 m Höhe (BHD), Baumhöhe, Stammform, Ausfallsprozent und das Auftreten von Gummifluss. In Summe wurden 1657 Versuchsbäume gemessen und in die Auswertung mit einbezogen.

Der Kreisflächenmittelstamm über alle drei Versuchsflächen beträgt 6,8 cm und variiert von 6,1 cm (HK Bad Hall-Feyregg) bis 7,7 cm (HK Liliental). Die Plantagenherkunft Liliental aus Freiburg im Breisgau zeigt im Vergleich zu den anderen Herkünften ein statistisch signifikant besseres Durchmesserwachstum. Zwischen den anderen neun Herkünften sind die Unterschiede weit geringer: einzig die niederösterreichische Herkunft Hagenberg-Mittersteig erwies sich besser als der Durchschnitt. (Abbildung 1).

Der Vergleich der mittleren Baumhöhen zeigt ein ähnliches Bild (Abbildung 2): auch hier liegen die Herkünfte Liliental mit 6,9 m und Hagenberg-Mittersteig mit 6,8 m über dem Mittelwert aller Herkünfte (6,4 m). Auch die unter der Bezeichnung Süddeutschland, 300-500 m bezogene Herkunft hat sich im Höhenwuchs von den Anderen abgesetzt. Die schlechtesten Wuchsleistungen hinsichtlich BHD und Höhe wiesen die Herkünfte St. Andrä und Bad Hall-Feyregg sowie die oft aus Deutschland nach Österreich verbrachte Herkunft Odenwald auf. Die minimalen Unterschiede zwischen diesen Herkünften sind statistisch nicht nachweisbar.

Wuchleistung stark standortsbedingt

Abgesehen vom abweichenden Wuchsverhalten zwischen dem Prüfmaterial waren große Unterschiede zwischen den Versuchsflächen zu erkennen. Ursache dafür sind die enormen Standortsunterschiede: die höchsten Messwerte für Durchmesser und Höhe zeigte Fläche 2 (Schönborn-Äußere Langau) bei Porrau mit einem mittleren BHD von 9,2 cm und einer mittleren Höhe von 7,6 m. Dagegen erreichten die Kirschen auf Fläche 3 (Eibesthal-Im Greut) im Mittel nur einen BHD von 5,4 cm und eine Höhe von 5,6 m.

Nur 30 Prozent der Versuchspflanzen zeigen gerade Wuchsform

Neben der Volumenleistung (BHD und Höhe) ist bei der Vogelkirsche die Qualität (Formeigenschaften: Geradschaftigkeit und Wipfelschäftigkeit) ein weiteres, den betriebswirtschaftlichen Erfolg bestimmendes Kriterium. Zur Qualitätsbeurteilung wurde eine Stammformbewertung (gerader Wuchs, leicht gekrümmt, stark gekrümmt) durchgeführt. 503 Stämme (30 %) wurden als gerade qualifiziert, 595 (36 %) als leicht gekrümmt und 559 (34 %) als stark gekrümmt.

Bei genauerer Betrachtung lassen sich gravierende Unterschiede zwischen den Herkünften erkennen. Die Plantagenherkunft Liliental überzeugt mit 44 Prozent gerade gewachsener Stämme, d.h. 87 der 196 erhobenen Bäume zeigen geraden Wuchs.

Ebenso liegt die österreichische Herkunft Bad Hall-Pfarrkirchen bei der Stammformklassifizierung mit 42 Prozent gerader Stämme (22 von 52 bonitierten Stämmen) ganz vorne in der Bewertungsskala. Als wenig geradwüchsig zeigen sich in unseren Versuchen die Herkünfte Schwarzwald (21 %), Süddeutschland (24 %), Grabfeld (24 %) und die Herkunft St. Andrä (25 %) mit einem geringen Anteil gerade gewachsener Bäume (Abbildung 3).

Diese großen Unterschiede in den Wuchsformeigenschaften sind möglicherweise eine Folge wenig angepasster Mutterbestände und unzureichender Genetik des Ausgangsmaterials. In der späteren waldbaulichen Behandlung wird diese unweigerlich zu zusätzlichen, mit weiteren Kosten verbundenen Pflegeeingriffen führen.

Lokale Herkunft überzeugt mit geringen Ausfällen

Von den 3004 gesetzten Jungkirschen im Jahr 1998 sind elfjährig noch 1657 Pflanzen vorhanden, d.h. 45 Prozent der ausgebrachten Pflanzen sind ausgefallen. Ein Teil dieser Ausfälle ist sicherlich auf unspezifische Schäden durch Mäusefraß, Verbiss- und Fegschäden durch Reh- und Rotwild (trotz Einzelschutz!!) aber auch Konkurrenzdruck des massiv aufkommenden Begleitwuchses (Verdämmung) zurückzuführen. Die großen, statistisch abgesicherten Unterschiede im Anwuchsverhalten der einzelnen Herkünfte zeigen allerdings, dass ein Großteil der Ausfälle auf die verwendete Herkunft zurückgeführt werden kann (Abbildung 4).

Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann das sommerwarme, durch geringe Niederschläge gekennzeichnete Klima im Weinviertel, insbesondere das Trockenjahr 2003 als herkunftsspezifische Ausfallursache angesehen werden, denn die mit Abstand geringste Ausfallsquote zeigt die Weinviertler Herkunft Hagenberg-Mittersteig mit 17 Prozent. Geringe Ausfälle zeigen weiterhin die Herkünfte Süddeutschland mit 26 Prozent und die Herkunft Schwarzwald mit 42 Prozent. Die höchsten Ausfallsquoten weisen die Herkünfte Bad Hall-Pfarrkirchen (68 %), Grabfeld (59 %) und Miltenberg (56 %) auf. Bei den verbliebenen vier Herkünften liegen die Pflanzenausfälle zwischen 44 bis 49 Prozent.

Drei Prozent der Pflanzen mit Symptomen des Gummifluss

Der Gummifluss ist keine Erkrankung des Baumes, sondern Zeichen einer physiologischen Störung. Charakteristisch für dieses Schadbild ist der gummiartige, bernsteinfarbene Flüssigkeitsaustritt zwischen den Rindenschuppen, an Ästen und am Stamm. Als Auslöser dafür gelten Bakterieninfektionen (u.a. Pseudomonas syringae), Frost, Störungen im Wasserhaushalt, möglicherweise aber auch Verletzungen in Folge unsachgemäßer Wertastung.

Auf den untersuchten Flächen wurde an 48 Bäumen Gummifluss diagnostiziert, das sind drei Prozent der Versuchspflanzen. Am stärksten betroffen ist die Herkunft Süddeutschland mit zwölf Prozent, gefolgt von der Herkunft Grabfeld mit neun Prozent. Die geringste Befallsquote zeigen die Herkünfte Bad Hall-Pfarrkirchen und Schwarzwald mit jeweils einem Prozent.

Neue Vogelkirschenversuchsserie des BFW in vier Bundesländern gestartet

Wie die vorliegenden Ergebnisse zeigen, sind bei der Vogelkirsche große Unterschiede zwischen den Herkünften zu beobachten, welche für die waldbauliche Behandlung und das Betriebsergebnis weit reichende Folgen haben können. Aus diesem Grund ist das BFW, gemeinsam mit Landesforstdirektionen und Forstbaumschulen seit dem Beginn der Laubholzwelle in den neunziger Jahren darum bemüht, einerseits die Saatgutversorgung mit Vogelkirschen aus Österreich sicherzustellen und andererseits die genetische Basis des Saatguts zu untersuchen und zu verbessern.

Unter anderem hat dies zur Anlage von nicht weniger als sechs Saatgutplantagen für forstliche Zwecke im Zeitraum von 1996-2006 geführt. Darüber hinaus wurde die Vogelkirsche 2002 in das forstliche Vermehrungsgutgesetz (FVG 2002) aufgenommen, wodurch neben der Beerntung und dem Handel auch die Zulassung von Beständen gesetzlichen Regelungen unterliegt.

Die Verfügbarkeit von höherwertigem Plantagensaatgut einerseits und die neuen gesetzlichen Regelungen andererseits machen neue Herkunftsversuche unabdingbar. Aus diesem Grund startete das Institut für Genetik des BFW zusammen mit den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich, der Steiermark und dem Burgenland im Frühjahr 2009 eine neue Versuchsserie. Geprüft werden vorwiegend Plantagenbeerntungen aus Österreich, Plantagennachkommen und bewährte Herkünfte aus Deutschland sowie eine Handelsherkunft aus Österreich und Ungarn.

Zudem wird die Versuchsserie das vergleichsweise teure mikrovegetativ vermehrte Klongemisch "silvaSELECT" aus Deutschland enthalten. Im Gegensatz zu den vorliegenden Ergebnissen, die auf den sommerwarmen Osten Österreichs (Wuchsgebiet 8.1) beschränkt sind, soll die neue Versuchsserie zudem Flächen in den Wuchgebieten 5.3 (Oststeirisches Bergland) und 7.1 (Nördliches Alpenvorland/West)
enthalten (Erklärung der Wuchsgebiete Österreichs).