Ergebnisse für die Fichte im Zillertal

In höheren Lagen verlängern sich die Verjüngungszeiträume und gemeinsam mit den seltenen Samenjahren kann dies bewirken, dass wenige gut fruchtende Mutterbäume überproportional zur nächsten Baumgeneration beitragen: Die genetische Vielfalt wird geringer.

Gerade angesichts des Klimawandels spielt die genetische Anpassungsfähigkeit eine wichtige Rolle. Ihre Erhaltung muss ein wichtiges Ziel der Waldbewirtschaftung sein. Es ist daher verständlich, dass das Einbringen von Pflanzgut mit erhöhter genetischer Vielfalt (mehr als 50 Mutterbäume) in den Hochlagen gefordert wird (z.B. Müller-Starck et al. 2000).

Untersuchungsgebiet im Zillertal

Um diese Forderung wissenschaftlich abzusichern, wurden vom Institut für Waldgenetik des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) drei Fichtenbestände entlang eines Höhengradienten am Hauserberg in Mayrhofen/ Zillertal untersucht. Die Bestände waren zwischen 60 und 120 Jahre alt. Soweit in Erfahrung gebracht werden konnte, wurden diese Bestände natürlich verjüngt, wie dies zum damaligen Verjüngungszeitpunkt regional üblich war.

Die Probeflächen wurden in aufgelockerten (ca. 400 Bäume pro ha) fast rein mit Fichten bestockten Beständen gewählt. Die unterste Probefläche lag auf 800 m (mittelmontan), die mittlere auf etwa 1200 m (hochmontan) und die oberste in 1600 m Seehöhe (tiefsubalpin). Es sollte experimentell überprüft werden,

  • ob in höheren Lagen die genetische Vielfalt geringer wird und
  • ob der Verwandtschaftsgrad der Bäume durch Änderung der Reproduktionsverhältnisse in höheren Lagen zunimmt.

Molekulargenetische Verfahren (sechs DNA-Marker, sog. Mikrosatelliten) wurden verwendet, um einen genetischen Fingerabdruck von 450 Bäumen (je 150 Fichten pro Probefläche) zu erstellen und die räumlichen "Familienstrukturen" zu berechnen.

Genetische Vielfalt der Bestände sehr ähnlich

Entgegen der Vermutung war die genetische Vielfalt aller Bestände sehr ähnlich. Zwar traten teilweise sehr seltene genetische Varianten auf, die nur in einzelnen Probeflächen gefunden wurden, eine große biologische Bedeutung konnte dem aber nicht zugemessen werden. Insgesamt war die genetische Differenzierung der drei Populationen sehr gering (FST = 0.002), sodass aus genetischer Sicht eigentlich von einer einheitlichen Population gesprochen werden kann.

Die Untersuchung der räumlichen Familienstrukturen ergab, dass innerhalb der drei Bestände nahezu keine Unterschiede vorlagen, das heißt, es konnte in keiner Probefläche eine signifikante Korrelation zwischen dem Verwandtschaftsgrad der Bäume und ihrer räumlichen Entfernung zu einander festgestellt werden. Lediglich in der am höchsten gelegenen Probefläche wurden räumliche Familienstrukturen gefunden, die jedoch wenig ausgeprägt waren.

Vergleicht man genetisch junge und alte Individuen, so zeigt sich, dass mit höherem Alter die individuelle genetische Vielfalt (Heterozygotie) zunimmt. Wie ist dies zu erklären, denn einzelne Bäume ändern ja nicht ihren Genotyp, wenn sie älter werden? Da aber genetisch weniger gut angepasste Individuen – tendenziell mit niedriger individueller genetischer Vielfalt – aus dem Bestand ausscheiden, erhöht sich naturgemäß die genetische Vielfalt des Bestandes. Dies bestätigt indirekt auch die Bedeutung der genetischen Vielfalt für die Anpassungsprozesse.

Die natürliche Reproduktion der Fichte ist in den untersuchten Höhenlagen äußerst ähnlich. Bedeutende Änderungen erwarten wir nur nahe der subalpinen Kampfzone bei dieser Baumart, do dort die Samenjahre noch seltener sind bzw. auch die vegetative Vermehrung bei der Fichte eine bedeutende Rolle erlangt (Tiefenbacher 1989).

Fichte verbreitet auch in Hochlagen Erbinformation effektiv

Was bedeuten diese unerwarteten Befunde für die forstliche Praxis? Unsere Ergebnisse legen nahe, dass auch in Hochlagen – zumindest in den Untersuchungsflächen – die Baumart Fichte ihre Erbinformation über den natürlichen Pollen- und Samenflug sehr effektiv verbreiten kann. Dies bedeutet, dass in natürlich verjüngten Fichtenbeständen eine Ergänzung mit Kunstverjüngung aus genetischer Sicht nicht erforderlich ist. Es sollte aber vor jeder Naturverjüngung sehr kritisch geprüft werden, ob der Bestand auch verjüngungswürdig ist; unter Umständen ist ein kunstverjüngter Bestand wirtschaftlich die bessere Wahl.

Diese Ergebnisse wurden im Rahmen des "Green Heritage – Trees for a Future"-Kooperationsprojektes zwischen dem Austrian Institute of Technology (AIT) und dem Institut für Waldgenetik des BFW erstellt. Ziel des Gesamtprojektes ist die Abschätzung des genetischen Produktionspotentials bei der Fichte anhand molekularer Verfahren.

Literatur

  • Müller-Starck G., Konnert M., Hussendörfer E. (2000): Empfehlungen zur genetisch nachhaltigen Waldbewirtschaftung - Beispiele aus dem Gebirgswald. Forest Snow and Landscape Research 75:29-50.
    Tiefenbacher H. (1989): Natürliche und künstliche vegetative Vermehrung von
    Fichten der subalpinen Kampfzone (Picea abies Karst.). VWGÖ, Wien.