Seit den 1990er Jahren ist das Problem der langfristigen Klimaänderung allgemein bekannt. Dementsprechend könnten seit 20 bis 25 Jahren systematische waldbauliche Präventivmaßnahmen umgesetzt werden. Das BFW hat nun ein Modell entwickelt, das die Oberhöhenbonität eines Bestandes abschätzen und so für jeden Standort die künftige Wuchsleistung für beliebige Klimaszenarien ermitteln kann.

Bestrebungen der internationalen Staaten­gemeinschaft, das Ausmaß der Klimaänderung durch aktive Gegenmaßnahmen auf einem niedrigen Niveau zu stabilisieren, lassen weitreichende waldbauliche Maßnahmen übertrieben erscheinen; kommt es aber dennoch zu gravierenden klimatischen Veränderungen, werden Wälder größerer Regionen massive Zuwachseinbußen aufweisen oder sogar in ihrer Existenz gefährdet sein. Für die waldbauliche Entscheidungsfindung scheinen daher die Auflistung möglicher Gefährdungen sowie die Identifizierung von besonders betroffenen Regionen hilfreich.

Ein neues Wachstumsmodell für die Fichte

Um den Einfluss der Klimaveränderung quantitativ beschreiben zu können, wurde am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) ein Modell entwickelt, das mittels Klima- und Standortsparameter die Oberhöhenbonität eines Bestandes abschätzen kann. Für jeden Standort lässt sich damit für beliebige Klimaszenarien die künftige Wuchsleistung ermitteln.

Die Bonitätsschätzung erfolgt für Einzeljahre, das heißt das Modell schätzt jene Bonität, die sich ergeben würde, wenn die klimatischen Bedingungen des betreffenden Jahres über einen Zeitraum von 100 Jahren unverändert bleiben. Dadurch lassen sich Extremjahre identifizieren, die sich durch eine äußerst geringe Wuchsleistung auszeichnen (Abb. 1).

Da aus heutiger Sicht die Temperaturer­höhung bis zum Jahr 2100 zwischen +2 und +5°C liegen wird und sich im gleichen Zeitraum die Niederschlagsmenge um -20 % bis +20 % verändern soll, ist für die Fichte entweder mit überwiegenden Verbesserungen (Temperatur +2°C, Niederschlag +20 %) oder mit existenzgefährdenden Verschlechterungen (Temperatur +5°C, Niederschlag -20 %) zu rechnen. Letztere betreffen vor allem das Mühl- und Waldviertel, das Weinviertel, das Marchfeld sowie das Burgenland und das Grazer Becken.

Gefährdung durch Trockenstress

Als Grenzwert für ein gedeihliches Vorkommen der Fichte in Mitteleuropa werden oft 500 - 600 mm Jahresniederschlag angegeben; doch gibt es auch Berichte, wonach Fichte selbst Trockenjahre mit 280 mm Jahresniederschlag gut übersteht.

Ausschlaggebend ist nicht allein die Niederschlagsmenge, sondern auch Bodenbeschaffenheit und Humus spielen eine wichtige Rolle. In dicht geschlossenen Fichtenbeständen treten relativ hohe Interzeptionsverluste auf. Außerdem kommt es häufig zu roh­humusähnlichen Auflagen, wodurch die Wassereinsickerung in den Oberboden vermindert wird. In vielen Fällen ist es daher die Fichte selbst, welche die Wasser­haushaltsbedingungen ihres Stand­ortes verschlechtert.

Extreme Trockenheit kann zum Absterben von Feinwurzeln führen und mehrjährige Nachwirkungen auf das Wachstum haben. Die Normalisierung der Wasser- und Nährelementaufnahme und damit auch des Zuwachses wird sich daher nur allmählich mit der Regeneration des Feinwurzelsystems wieder einstellen.

Wuchsstarke Bestände sind von Trockenperioden stärker betroffen als zuwachsschwache. Innerhalb eines Bestandes sind allerdings die zuwachs­starken, vorherrschenden und herrschenden Bäume von Trockenheit weniger betroffen als die zuwachsschwachen.

Absterbeerscheinungen nach Dürre­perioden treten vor allem in Kulturen auf. Auch Versuche mit dem neuen Wachstumsmodell haben gezeigt, dass die Verjüngung wesentlich sensibler auf Trockenheit reagiert als eine Dickung oder Stangenholz. Die Verjüngung kann daher als Frühwarnsystem angesehen werden.

Weitere Gefährdungen

Mit Schneebruch ist vor allem in der Nassschneezone zu rechnen, die sich bei einer Klimaänderung in höhere Lagen verschieben wird. Bei hohen H/D-Werten, das heißt bei schlanken Stämmen, ist mit einer erheblichen Bruchgefährdung zu rechnen.

Gefahr durch Windwurf ist immer ein Thema; jedoch gibt es im Gegensatz zu den Temperatur- und Niederschlagsprognosen keine Aussagen darüber, wie sich die Häufigkeit von Sturmereignissen unter geänderten klimatischen Bedingungen entwickeln wird.

Windwurf­schäden steigen mit der Windge­schwindigkeit, Baumhöhe, Kronenfläche (schmalkronig/breitkronig, lange/kurze Krone) und sinken mit Zunahme des Stammdurchmessers und der Durchwurzelungstiefe bzw. Verankerungsmöglichkeit im Boden. Zur Minderung der Sturmgefährdung ist eine kollektive, also nicht nur den einzelnen Baum, sondern den gesamten Bestand betreffende Stabilität erforderlich.

Die prognostizierte Temperaturer­höhung wirkt sich auch auf die Gefahr durch Borkenkäfer aus. So ist es mittlerweile nicht mehr die Ausnahme, sondern vielmehr die Regel, dass der Buchdrucker sowohl in tieferen als auch in höheren Lagen eine zusätzliche Käfergeneration ausbildet. In jenen Regionen, in denen die Fichte durch Klimaveränderungen geschwächt oder geschädigt wird, ist daher von einem deutlich erhöhten Gefährdungspotenzial auszu­gehen.

Was können wir tun?

Stehen Fichtenbestände in gefährdeten Regionen zur planmäßigen Verjüngung an oder zeigen sich bereits Tendenzen zur vorzeitigen Bestandesauflösung, so ist im Sinne der Risikostreuung die Begründung von Mischbeständen durchaus empfehlenswert. Naturverjüngung wäre grundsätzlich eine gute Option, fällt diese aber aufgrund von Trockenheit häufiger aus, ist ein Wechsel auf trocken­heitsresistentere Baumarten anzuraten. In Regionen und auf Standorten mit hoher Windwurfgefahr sollte die bisherige Baumartenwahl ebenfalls kritisch betrachtet werden.

Fichtenbestände, die noch einen Großteil ihres Bestandeslebens vor sich haben, sollten nach einem Konzept bewirtschaftet werden, das frühe und intensive Durchforstungen vorsieht (Oberhöhe 12-15 m). Das entschärft Trockenstresssituationen, fördert das Durch­messer­wachstum und führt zu vitalen und stabilen Bäumen mit niedrigen H/D-Werten, die seltener von Stamm- oder Kronenbruch betroffen sind (Abbildung 2).

Außerdem haben Bäume mit niedrigen H/D-Werten längere Kronen, sodass im Falle eines Kronenbruchs eine ausreichende Restkrone verbleibt. Durch das beschleunigte Durchmesserwachstum wird aber nicht nur die Stabilität der Einzelbäume erhöht, sondern es wird auch der Zieldurchmesser bei einer niedrigeren Endbaumhöhe erreicht, was letztendlich eine geringere Windwurfgefahr bedeutet (Abbildung 3).

Ab einer Oberhöhe von zirka 25 m sollten keine Eingriffe mehr gemacht werden, die zu einer Auflockerung des Kronendaches führen. Der Bestandesrand sollte bei Windwurfgefahr winddurchlässig sein, da zu dichte Bestandesränder Turbulenzen verursachen und zum Wurf des dahinter liegenden Bestandes führen können.

Dort, wo die Fichte auch in Zukunft gute Wuchsbedingungen vorfindet und wo auch künftig Aufforstungen durchgeführt werden sollen, ist auf ein geeignetes Pflanzverfahren zu achten; denn Sorgfalt beim Pflanzen führt ebenfalls zu höherer Stabilität.