Gemäss einer Umfrage bei den kantonalen Jagdverwaltungen fallen in der Schweiz bei Land-und Forst­wirtschaft für Verhütung und Vergütung von Wildschäden jährlich Kosten von rund 6 Millionen Franken an – Tendenz stei­gend.

Die Ausgaben für Scha­denverhütung und Schadenvergütung halten sich in der Schweiz ungefähr die Waage. Zwi­schen den einzelnen Kantonen zeigen sich jedoch sehr grosse Unterschiede. Der Kanton Tessin wendet beispiels­weise zehnmal mehr Geld für Entschädigungen auf als für die Verhütung. Umgekehrt ist es in den Kantonen Bern oder Aargau, wo rund ein Drittel mehr in Verhütung angelegt wird als in Vergütung.

Die grössten Beträge der Schadenver­gütung fallen bei Wildschweinschäden in landwirtschaftlichen Kulturen an, in den Kantonen mit Weinbaugebieten auch bei Schäden an den Reben. Die Aufwendungen bei Schäden im Wald sind dagegen verhältnismässig gering. Nur selten werden Schälschäden durch Rotwild entschädigt.

Die Höhe der Entschädigungen hängt in den verschiedenen Kantonen kaum von Kantonsgrösse, von der Waldfläche oder von Wohnbevölkerung ab, sondern vor allem von der Abgeltungspraxis. Und hier gibt es grosse kantonale Unterschiede.

Die Wildschadenverhütung hat zum Ziel, Schäden, welche das Wild an­richten kann, durch Schutzmassnahmen in einem zumutbaren und tragbaren Mass zu halten. Demgegenüber bezweckt die Wildschadenvergütung, bereits ange­richtete Schäden in einem geregelten Rahmen abzugelten.

Wirtschaftliche Schäden durch das Schälen

Wenn Rothirsche Bäume schälen, vermindert das die Holzqualität (Abb. 1). So sind Schälwunden Eintrittspforten für Fäulepilze, die vor allem bei der Fichte Rotfäule und bei der Buche Weissfäule verursachen. Auch Eschen werden von Fäuleerregern befallen. Holzfäule nach Schälschäden entwertet den wertvollsten Stammteil er­heblich. Entsprechend stark sinken die Holzerträge. Die Wertverluste infolge Schälschäden schlagen damit erst viele Jahre später bei der Holzernte zu Buche.

Was die Schadensbeiträge angeht, so variieren diese bei geschälten Fichtenbeständen nach Angaben der Fachliteratur zwischen Fr. 3000.– bis Fr. 15'000.–/ha. Je nach örtlichen Verhält­nissen müssen diese Werte angepasst werden. Bei Teilschäden reduziert sich der Verlust entsprechend dem Schadenprozent.

Das Ausmass von Schälschäden hängt auch von der Baumart ab. Arten wie Föhre, Lärche, Douglasie oder Eiche hei­len Schälwunden besser aus als Fichte und erleiden damit weniger Qualitätseinbussen. Ebenso hemmen für die Wund­heilung günstige Umweltbedingungen beim Schälzeitpunkt die Ausbreitung der Fäule im Stamm.

Grauzonen bei der Abgeltung

Waldeigentümer haben grundsätzlich Anspruch auf eine Vergütung der Schä­den. Gemäss dem Eidgenössischen Jagd­gesetz (Art. 13.1) gilt: "Der Schaden, den jagdbare Tiere an Wald, landwirtschaftlichen Kulturen und Nutztieren anrichten, wird angemes­sen entschädigt".

Die Praxis zeigt aber, dass es mit der Umsetzung der Entschädi­gung hapert. Das liegt einerseits daran, dass die Waldeigentümer die Schäden gar nicht melden. Andererseits sind die Schätzverfahren kompliziert, arbeitsauf­wändig, eigentümerfeindlich oder beruhen gar auf subjektiver Beurteilung. In einem Teil der Wildschadenregulative sind neben umfangreichen Bedin­gungen auch hohe Selbstbehalte für die Waldeigentümer festgelegt. Mit solchen Bestimmungen und wegen undurchsichtiger Schätzverfahren sind Konflikte hinsichtlich Berechtigung und Höhe von Abgeltungen vorprogram­miert.

Der Kanton Bern als vorbildliches Beispiel

Für eine reibungslose Vergütungspraxis müssen sich die Parteien vor Eintritt von Schäden auf ein einfaches Verfahren eini­gen, mit dem die zu entrichtende Abgel­tung eindeutig ermittelt werden kann. Vorbildlich im Vergleich der Kantone erscheint die Wildschadenverordnung des Kantons Bern. Dort nimmt das Jagdinspektorat Entschädigungsgesuche schriftlich auf amtlichem Formular ent­gegen und veranlasst die Schätzung der Schäden. Schadensbeträge bis Fr. 100.– gelten allerdings als Bagatell­schäden, wofür es keine Entschädigung gibt.

Die Schätzung erfolgt im Beisein des Eigentümers im Wald durch die kantona­len Wildhüter im Einvernehmen mit dem zuständigen Revierförster. Ist der Waldeigentümer mit dem (mündlich mitgeteil­ten) Schätzergebnis nicht einverstanden, veranlasst das Jagdinspektorat eine Nach­schätzung durch sogenannte Oberschät­zer. Die Kosten dafür werden von der Entschädigungssumme abgezogen, wenn die Nachschätzung die erste Schätzung bestätigt oder den Schaden geringer ein­stuft.

Eine Tabelle hilft Wildhütern und Förs­tern bei der Berechnung des Schadens an Waldpflanzen und schafft Transparenz für den Waldeigentümer (Abb. 3). Dank dieser Tabelle ist es möglich, sowohl Verbiss-, Fege- wie auch Schälschäden zu berechnen. Die Entschädigungen werden aus dem Wild­schadenfonds des Jagdinspektorates be­zahlt.

Wildschäden sollten keine Einnahme­quelle sein

Finanzielle Entschädigungen und Hil­fen sind nur dann gerechtfertigt, wenn dem Waldeigentümer tatsächlich Kosten ent­stehen, sei es durch Wildschadenverhü­tung, vermehrten Pflegeaufwand oder Mindererlös aus den Holzsortimenten. Grundsätzlich sollten nur Waldbesitzer finanzielle Hilfen erhalten, die ihren Wald bewirtschaften.

Der Kanton Bern zahlt deshalb kein Geld für Verhütungsmassnahmen aus, sondern stellt Waldbesitzern kostenlos Material zur Verfügung, zum Beispiel chemische Mittel zum Bestreichen der Stämme oder Kunststoffgitter für den mechanischen Schutz. Mit dieser Regelung hilft der Kan­ton Bern Waldbesitzern jährlich mit rund Fr. 250‘000.– bei der Schadenverhütung. Dagegen fällt nur ein Zwanzigstel dieses Betrages zur Schadensvergütung an. Der Kanton Appenzell Innerrhoden knüpft die Abgeltung von Wildschäden an Pflegemassnahmen, die einen stand­ort-
gemässen Waldbau unterstützen.

Schadenmeldung liegt im Interesse des Waldbesitzers

Anders als in den Nachbarländern haben die Schweizer Waldeigentümer keinen direkten finanziellen Nutzen aus der Jagd. Versäumen sie, Schälschäden in ihren Wäldern zu melden, strafen sie sich mehrfach: Sie verzichten sowohl auf Entschädigungen als auch auf Hilfen zur Vorbeugung. Ausserdem bleibt der Wilddruck erhalten, denn ohne Schadenmeldung besteht wenig Anlass, den Wildbestand stärker zu bejagen. Vielmehr geht man davon aus, der Wildbestand sei an den Lebensraum Wald angepasst.

Wenn die Waldeigentümer dagegen die Schäden mit der notwendigen Sachlichkeit melden, so besteht berechtigte Aussicht auf materielle Hilfe zur Verhütung beziehungs­weise Vergütung von Schäden aus dem Wildschadenfonds. In der Regel wird dann auch die Jagd verstärkt, bevor der Fonds zu stark strapaziert wird. Letztend­lich profitiert davon der Waldeigentümer, weil im Wald dann mehr Bäume ohne Schäden aufwachsen. Melden Sie deshalb Wildschäden in Ihrem Wald der kantonalen Stelle.