Der Orkan "Lothar" warf am 26. Dezember 1999 in der Schweiz etwa 13,8 Mio. m3 Holz. Allein im Kanton Bern verzeichnete man ca. 4,2 Mio. m3 Sturmholz. Der Verband Bernischer Waldbesitzer (VBW) verkörpert etwa 40 Vereinigungen regionaler Waldbesitzer und die Genossenschaften der Holzproduzenten, aber auch einzelne Waldbesitzer.

Nur zwei Tage nach dem Sturmereignis wurde zwischen dem kantonalen Forstdienst und dem VBW folgende Aufgabenteilung festgelegt: Der Forstdienst koordinierte die Arbeitseinsätze und übernahm die Vermittlung von beigezogenen Arbeitskräften. Der VBW versah die gemeinsame Vermarktung sowie die werterhaltende Lagerung von Sturmholz und tätigte die Informationsaufgabe zur Holzmarktsituation. Die Kapazitäten des Verbandes genügten angesichts des grossen erwarteten Sturmholzanfalles nicht, um selber eine reibungslose Holzvermittlung zu betreiben.

Die VBW-Sturmholzzentrale

Am 1. März 2000 erfolgte der offizielle Start der "Lothar"-Sturmholzzentrale (VBW-SHZ) mit dem Ziel, das Sturmholz effizient zu vermitteln. Die VBW-SHZ übernahm die Erfüllung speziell abgeschlossener Sturmholz-Lieferverträge. Der Verband erhoffte sich dank gemeinsamer Vermittlung und durch Vertragsabschlüsse grösserer Holzmengen den Preis für Sturmholz zu stabilisieren. Bereits 20 Tage später wurde der erste über die VBW-SHZ vermittelte Eisenbahnwaggon mit Sturmholz beladen und nach Deutschland exportiert (Abb. 1).

Innerhalb weniger Tage bauten die Betreiber ein Unternehmen inklusive Betriebsnetz auf, das einen erwarteten Jahresumsatz von über 6 Mio. Fr. bewältigen konnte. Die vier als Regionalkoordinatoren tätigen Förster suchten in ihren Gebieten den Kontakt zu den Waldbesitzerorganisationen. Sie ermöglichten bei Bedarf die Vermittlung von Sturmholz über die Verträge des VBW. Die Menge von jährlich etwa 100'000 m3 Sturmholzvermittlung wurde aufgrund der geschätzten Schadholzmenge festgelegt.

Diese Menge erwies sich im Nachhinein als zu hoch, weil viele Waldbesitzer selber viel Sturmholz direkt vermarkteten. Als Kontrollgrösse definierte die SHZ den beladenen Bahnwaggon. Als Abrechnungseinheit wurde die marktübliche Grösse (Holzmenge ohne Rinde in m3) aus den Werksvermessungen der Holzkäufer verwendet. Die verladenen Holzqualitäten überprüfte man sporadisch mit den Werksangaben und rechnete sämtliche gelieferten Bahnwaggons den Waldbesitzern ab.

Organisation und Aktivitäten

Das Jahr 2000 war geprägt vom Aufbau der Sturmholzzentrale und der allgemeinen Hektik im Sturmholzmarkt, weshalb sich die Präsenz mit vier regionalen Koordinatoren bewährte. 2001 ging die zu vermittelnde Holzmenge trotz der Zunahme des Käferholzes zurück, weshalb man auf Ende 2000 bereits die erste Teilzeitstelle eines Regionalkoordinators abbaute: Entsprechend dem Arbeitsvolumen stellte man das Personal schrittweise wieder frei.

Infolge der starken Schwankungen der zu vermittelnden Holzmenge war eine gleichmässige Personalauslastung nicht immer möglich. Von Frühjahr bis Herbst 2002 betreute der Disponent alle Regionen als Koordinator für Käferholzvermittlungen. Weil die Nachfrage dieser Dienstleistung stark rückgängig war, stellte die SHZ Ende Oktober 2002 ihre Vermittlungstätigkeit ein.

Übernahme des Holzes ab Waldstrasse zur Vermittlung und Abrechnung an den Holzlieferanten, so lautete die Hauptaktivität der VBW-SHZ. Über 30 Waldbesitzerorganisationen und zahlreiche Privatwaldbesitzer haben von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Der Koordinator meldete die notwendigen Angaben dem Disponenten, der die entsprechenden Bahnwaggons bestellte und den Transport von der Waldstrasse an den Verladebahnhof organisierte.

Am Abfuhrtermin stellte die SHZ die Fracht- und Zollpapiere bereit. Nach Eingang der Werkvermessung erhielten die Holzlieferanten eine Lieferbestätigung, und sobald der Holzabnehmer an den VBW abgerechnet hatte, wurden auch die Waldbesitzer ausbezahlt. Die SHZ vermittelte bis zu 11 verschiedene Sortimente für Fichte und Weisstanne über sämtliche Qualitätsklassen.

Die SHZ rechnete insgesamt nur 18 % der gesamten vermittelten Holzmenge als A-/ B-Qualität ab. Der Rest war C-, D- oder Ausschussqualität. Die SHZ konnte stets die von ihr aufgeführten Preise für die einzelnen Sortimente einhalten. Aufgrund der Kapazitätsengpässe beim Export mit der Bahn war es nicht möglich, alles Holz zu den gewünschten Terminen abzuführen. Durch die längere Zwischenlagerung an der Waldstrasse waren Qualitätsverluste hinzunehmen (insb. Verblauung). Entscheidend war die Holzqualität beim Empfang durch den Abnehmer. Die Sturmholzzentrale vermittelte insgesamt etwa 105'000 m3. Davon gingen 70% nach Österreich, 25 % nach Deutschland (v. a. Weisstanne) und 5 % nach Italien.

Tabelle 1 - Entwicklung der Sturmholzvermittlung

JahrVermittelte Sturmholzmenge
200058'953 m3
200142'468 m3
20023'251 m3
Total104'672 m3

Erfolgskontrolle

Während der Aufbauphase der SHZ entstanden situations- und systembedingt grosse Schwankungen bei der Zuteilung von Bahnwaggons für den Holzexport. Vom Sommer 2000 bis in den Herbst 2001 konnte eine konstante Menge mit wöchentlich 25–30 Waggons exportiert werden. Ab Herbst 2001 bis Herbst 2002 erfolgten die Lieferungen bedingt durch die Bereitstellung von Käferholz nur noch sporadisch. Einige Verbände entwickelten selber eine grosse Aktivität bei der Holzvermittlung.

Dies führte deutlich und direkt zu einer kleineren Menge für die SHZ. Die Lieferanten stellten an die Abrechnung des vermittelten Sturmholzes hauptsächlich zeitliche Ansprüche, die aber nicht erfüllbar waren. Die SHZ konnte keine Vorauszahlungen leisten, da sie nur Vermittlung und nicht Holzhandel betrieb. So musste der VBW immer zuerst die Zahlungen der Abnehmer abwarten. Erst dann konnte die VBW-SHZ ihrerseits mit den Holzlieferanten abrechnen, was bis zu vier Monate nach dem Holzverlad sein konnte.

Mit dem Einführen von Lieferbestätigungen wurden den Waldbesitzern die Sortimentsdaten meist kurz nach dem Verlad zur Verfügung gestellt. Dadurch, dass der VBW Verträge über grössere Holzmengen abschloss, wurde ein besserer Preis erzielt, als wenn viele kleine Anbieter versucht hätten, ihr Holz selber zu verkaufen.

Allerdings muss auch klar bemerkt werden, dass diese ausgehandelten Holzmengen mit weniger als 5% am gesamten Berner "Lothar-Kuchen" keinen riesigen Anteil ausmachten. 67% betrug der Sturmholz-Direktverkauf, ohne Verwertung blieben 14% und die Regionalverbände vermarkteten 10%. Bei einem derartigen Überangebot an Sturmholz fielen die Preise - eine Stabilisierung erfolgte erst auf tiefem Niveau. Immerhin konnte die SHZ mit einem Nettoerlös von rund Fr. 40.–/ m3 Sturmholz ab Waldstrasse bei über 80% schlechten Qualitäten einen guten Preis auszahlen.
 

Tabelle 2 - Kennzahlen der VBW-Sturmholzzentrale

Vermittelte Bahnwaggons1883
Mittlere Auslastung pro Bahnwaggon55.6 m3
Vermittelte Sturmholzmenge104'672 m3
Verhältnis der Holzqualitäten (A, B) : (C, Cx, D, Ausschuss)18 : 82
Produktive Arbeitsstunden10'386 Std.
Aufwand SHZ-Leiter1497 Std.
Aufwand pro m3 (ohne/ mit Leitung)6.0/ 6.8 min
Vermittelte Sturmholzmenge pro Arbeitsstunde (ohne/ mit Leitung)10.1/ 8.8 m3
Mittlerer ausbezahlter Nettopreis ab Waldstrasse40.- Fr./ m3

Folgerungen

Seitens der Holzvermarktung stiessen alle Partner bei der "Lothar"-Situation an Grenzen. Eine reibungslos funktionierende Kette vom Wald bis zum Sägewerk war unmöglich. Je mehr Einzelinteressen in das Marktgeschehen einflossen, desto schwieriger wurden die Umstände. Die grosse Sturmholzmenge lockte viele Marktteilnehmer an, was die Übersicht erschwerte.

Vor diesem Hintergrund war das Ziel des VBW, mit einer eigenen Sturmholzzentrale einen starken Pol in diesen Markt zu setzen, richtig. Allerdings müssen alle Mitglieder des Verbandes dieses Angebot auch nutzen und sich nicht selber ebenfalls am Markt direkt beteiligen und gegenseitig konkurrieren. So wurde an verschiedenen Stellen gleichzeitig dieselbe Dienstleistung und Infrastruktur aufgebaut, die dann aber nicht vollständig ausgelastet werden konnten.

Da der VBW vor "Lothar" keine Holzvermittlung im grossen Stil angeboten hatte, musste er sich bei den Marktteilnehmern mit dieser Dienstleistung zuerst bekannt machen. Dadurch ging wertvolle Zeit verloren, in der andere Holzhändler und Waldbesitzerverbände bereits aktiv waren. Durch ihr kompetentes Auftreten behauptete die VBW-SHZ bald eine gewisse Marktposition, jedoch erst, als schon sehr viele Beteiligte Anspruch auf den "Lothar-Kuchen" anmeldeten.

Der Verband Bernischer Waldbesitzer bewies in der schwierigen Zeit nach "Lothar", dass es möglich ist, koordiniert Sturmholz zu vermitteln. Die Sturmholzzentrale hat in kürzester Zeit einen Betrieb aufgebaut, der während 1001 Tagen einen mehrfachen Millionenumsatz erzielte. Ohne weiteres Personal einstellen zu müssen, hätte ihre Kapazität und Infrastruktur durchaus die doppelte Holzmenge bewältigt.

Die Sturmholzzentrale entspannte mit ihrem transparenten Auftreten die hektische Zeit der Bewältigung der "Lothar"-Schäden. Durch die Organisationsform der zentralen Planung und Logistik stellten die Betreiber eine effektive Koordination sicher, setzten die Kräfte gezielt ein und vermieden Doppelspurigkeiten. Die Vermittlung blieb in den Händen der Waldbesitzer und ihres Verbandes. Für viele Waldbesitzer waren die Dienstleistungen der VBW-SHZ wichtig, da eigene Kapazitäten und Strukturen fehlten. Waldwirtschaft und Holzmarkt werden in Zukunft vermehrt wirtschaftliches Denken und Handeln in dieser Richtung fordern. "Lothar" hat vorgespurt.