Die Roteiche (Quercus rubra) wird von der Forstwirtschaft in unseren Breiten wegen ihrer hohen Wuchs- und Wertleistung geschätzt. Allerdings gibt es in der Oberrheinischen Tiefebene Bestände dieser Baumart, die stark unter Wurzelfäule leiden, verursacht durch den Spindeligen Rübling Gymnopus fusipes (=Collybia fusipes). Bisher war G. fusipes nur als relativ schwach pathogen an Eichen bekannt. Eine Untersuchung sollte klären, welche Befallsbedingungen eine Rolle spielen und welches Ausmaß die Schäden annehmen können.

Die Roteiche (Quercus rubra) wurde Mitte des 19. Jahrhunderts aus Nord-Amerika nach Europa eingeführt. Sie ist in der Wuchsleistung den einheimischen Eichenarten Q. robur und Q. petraea überlegen und erreicht schon mit unter 80 Jahren ihre Hiebsreife [12]. Die Baumart ist inzwischen in Zentraleuropa forstlich etabliert und sie soll gegenüber den einheimischen Eichen oder der Buche auf vergleichbaren Standorten wirtschaftliche Vorteile bringen [7]. In Deutschland sind inzwischen etwa 40.000 ha mit Roteichen bestockt [6].

Auf bestimmten Standorten, insbesondere in der Oberrheinischen Tiefebene, werden verschiedentlich Roteichenbestände beobachtet, die bereits als junge Baumhölzer unter Wuchsstockung, Kronenverlichtung und Wurzelbrüchen leiden (Abb. 1). In Verbindung mit diesen Symptomen wurde das parasitische Vorkommen von Fruchtkörpern des Spindeligen Rüblings Gymnopus fusipes (syn. Collybia fusipes) festgestellt. In Frankreich war diese Art im Zusammenhang mit Schäden an einheimischen Eichen schon vor längerer Zeit aufgefallen [2] und es hat sich gezeigt, dass die Roteiche gegen Befall durch den Spindeligen Rübling empfindlicher ist als Stiel- und Traubeneiche. Letztere gilt als fast resistent, während die Stieleiche mäßig stark befallen wird [9].

Um genaueren Einblick in das Infektionsgeschehen unter hiesigen Verhältnissen zu erhalten, wurde eine Untersuchung durchgeführt. Insbesondere sollten die Identität des Wurzelfäuleerregers gesichert sowie Standortsfaktoren identifiziert werden, die sich prädisponierend für den Befall der Roteichen mit G. fusipes auswirken können.

Schadsymptome

Der Befall wird deutlich, wenn Fruchtkörper des Spindeligen Rüblings direkt am Stammfuß oder entlang von Starkwurzeln auftreten. Es handelt sich um einen Blätterpilz mit weißen Lamellen und einem spindelig aufgetriebenen Stiel (Abb. 2). Die Fruchtkörper entstehen meist in Büscheln, in der Regel bei feuchtem Wetter meist im Sommer. Der Pilz befällt zunächst vorwiegend die Unterseite von Starkwurzeln. Hier stirbt anfangs die Rinde ab und verfärbt sich orangerot. Nachdem das Kambium lokal abgetötet ist, dringt die Fäule von außen her in das Wurzelholz ein. Dabei werden auch hier die betroffenen Bereiche typisch orange verfärbt (Abb. 2). Obwohl immer größere Bereiche des Wurzelquerschnitts angegriffen werden, bleibt die Oberseite der Starkwurzeln meist noch über eine längere Zeit intakt, so dass die Wurzelfunktion noch teilweise aufrecht erhalten bleibt und der Befall von oben ohne nähere Untersuchung nicht auffällt. Im Stammfuß breitet sich die Fäule kaum aus. Allenfalls kann es im Bereich der unteren Dezimeter bei starker Wurzelfäule zu Fehlverkernungen und zu geringen Fäulen kommen (Abb. 3). Fortgeschrittene Wurzelfäule zeigt sich sekundär durch ein Absterben von Kronenästen und durch allgemeine Kronenverlichtung (Abb. 5). Ferner steigt die Anfälligkeit der Bäume gegenüber Wurzelbruch und Windwurf.

Material und Methoden der Untersuchung

Für eine genauere Untersuchung wurde ein etwa 50-jähriger Roteichenbestand von ca. 30 ha Fläche in der Oberrheinebene nördlich des Kaiserstuhls ausgewählt. Die Fläche befindet sich im Landkreis Emmendingen auf eine Höhenlage von ca. 170 m NN auf der Niederterrasse. Der jährliche durchschnittliche Niederschlag beträgt an diesem Standort 650 mm bei einer Durchschnittstemperatur von 9,9 °C. Die Böden bestehen aus sandig-kiesigem Lehmen auf Schwarzwaldschotter (Parabraunerden), und zum Teil aus verschwemmten Lössen [11]. Das untersuchte Bodenprofil umfasst in den oberen 15 cm einen entkalkten Ah-Horizont (pH 4,2), einen Al-Hoizont bis 30 cm und einen kalkhaltigen Bt-Horizont bis 70 cm. Darunter befindet sich alluvialer, stark alkalischer Kies dessen pH-Wert bis 9,0 ansteigt [3]. Der Grundwasserspiegel oszilliert bei etwa 2,5 m Tiefe. Die Grundwasserganglinie zeigt ein absolutes Minimum bei -3,3 m im Jahr 1991 und ein Maximum bei -1,2 m im Jahr 1983 (Abb. 4).

Es wurden in vier Abteilungen je zwei Probekreise von 0,1 ha Größe eingerichtet. Dort wurden die Bäume einzeln auf die Infektion mit G. fusipes untersucht. Befallskriterien waren das Vorkommen von Pilzfruchtkörpern oder die typischen orangefarbenen Fäuleerscheinungen in der Rinde von teilweise freigelegten Starkwurzeln [2]. Aus derartigen Wurzeln wurde mehrfach der Spindelige Rübling isoliert und sowohl mikroskopisch als auch molekularbiologisch identifiziert [2]. Für Zuwachsmessungen wurden von 17 befallenen und 13 nicht befallenen Bäumen BHD-Scheiben entnommen.

Um den Zersetzungsgrad des Wurzelsystems exemplarisch zu erfassen, wurden 3 Roteichen mit einer Seilwinde umgezogen und der Anteil der Fäule am Umfang der Starkwurzeln bestimmt.

Ergebnisse

Der Anteil der Bäume, an denen Befallssymptome von G. fusipes festgestellt wurden, lag pro Probekreis zwischen 12,5 % und 48 %; im Durchschnitt aller 8 Probekreise bei 27 %. Der durchschnittliche Anteil der Fäule am Wurzelumfang von 33 untersuchten Starkwurzeln der 3 umgezogenen Bäume wurde bei 71 % ermittelt. Querschnitte von typischen Einzelwurzeln sind in Abb. 7 und 8 abgebildet. Das vertikale Wurzelsystem war bei den geschädigten Bäumen fast komplett zerstört. Soweit noch vitale Bereiche im Wurzelquerschnitt vorhanden waren, wurden Nekrosen anhand der Jahrringstruktur datiert. Sie waren zum Zeitpunkt der Aufnahme bis zu 9 Jahre alt und sind Mitte der 90er Jahre entstanden.

Die Analyse der BHD-Scheiben zeigte einen guten Zuwachs bis 1995 (Baumalter etwa 35). In der Kraftschen Baumklasse 1 und 2 sank der jährliche Radialzuwachs der infizierten Bäume kontinuierlich gegenüber dem der gesunden um bis zu 52 % ab. Bei einigen Bäumen wurden kaum noch 0,5 mm erreicht (Abb. 9). Vor 1995 waren die Zuwächse der später befallenen Bäume überlegen gewesen [3, 4]. Vergleichbare Beobachtungen an Roteichen nach Trockenperioden liegen aus den USA vor [13].

Die Ergebnisse der Wurzeluntersuchungen stützen die Annahme, dass der starke Zuwachsrückgang ab 1995 mit dem Befallsbeginn oder mit einer wesentlichen Befallsverstärkung durch die Wurzelfäule zu tun hat. Und es ist nahe liegend, dass dieser flächig auftretende Infektionsschub mit einem Witterungsgeschehen, wohl dem Niederschlagsdefizit und dem Rekord-Tiefststand des Grundwassers im Jahr 1991, im Zusammenhang steht. So wurde beim Eichensterben von Tronçais/Auvergne Anfang der 1980er Jahre dem Zusammenspiel der Trockenheit von 1976 mit der Pilzinfektion eine wichtige Rolle zugeschrieben [9, 10]. Auch in den USA wurden wiederholt Schäden an Roteichen festgestellt, die sich auf Trockenperioden zurückführen lassen. In diesem Zusammenhang wurde Befall durch Wurzelfäuleerreger festgestellt. Die Stelle von G. fusipes als Fäuleerreger wird dort allerdings von Ganoderma-Arten (Lackporlinge) eingenommen [5, 13]. In Baden-Württemberg verursachen Wurzelfäule an Roteiche neben G. fusipes weit seltener auch Lackporlinge (Ganoderma spp.), Tränender Schillerporling (Inonotus dryadeus) und Hallimasch (Armillaria sp.).

Faktoren für den Befall

Zusammenfassend betrachtet werden als Stressfaktoren folgende Faktoren gesehen, die einerseits den Befall der Wurzeln durch den Spindeligen Rübling begünstigen und außerdem zur verstärkten Symptomausprägung beitragen:

  1. Für Roteiche ist der alkalische kalkhaltige Boden bereits in einer Tiefe von 30 cm schädlich [14].
  2. Der Bestand ist vollständig vom Niederschlag abhängig, da die Wurzeln keinen Grundwasseranschluss haben. Durch den Kies gibt es kaum kapillaren Aufstieg vom Grundwasser, so dass die Wurzeln durch Trockenstress fäuleanfällig werden [1]. Vor allem der Grundwassertiefststand im Jahr 1991 dürfte die Wurzelfäule im Initialstadium begünstigt haben, da der Zuwachsrückgang wenig später einsetzte.
  3. Vermutlich war in den Stubben des Eichen-Vorbestandes ein Inoculumpotential des Schadpilzes von Anfang an vorhanden.
  4. Nachdem die Bäume entsprechend dem Baumalter eine Höhe von über 25 m erreicht haben, steigt deren Wasserbedarf. Der erforderliche Wurzeldruck kann von dem durch Fäule beschädigten System, insbesondere bei Trockenstress, nicht mehr gewährleistet werden. Damit kommt es auch in Folge der Wurzelfäule zu Kronenschäden.

Zukunft der Roteiche auf diesen Standorten

Unter den vorliegenden Standortfaktoren und der damit verbundenen starken Infektion mit G. fusipes, hat die Roteiche keine guten Zukunftsaussichten. Stark befallene Bäume reagieren kaum noch auf Freistellungen [10]. Die Wurzelfäule schränkt offensichtlich die Eignung der Roteiche für derartige kalkig-kiesige, wechseltrockene Standorte stark ein. Diese Baumart sollte nur auf kalkfreien Böden und bei guter Wasserversorgung angebaut werden. Die höchsten (und deswegen vermutlich nicht fäulegeschädigten) Roteichen in der Untersuchung von Seidel und Kenk [12] stockten auf Lösslehm über Buntsandstein und mäßig frischem Feinlehm bei einer mittleren Jahrestemperatur von 9,6 °C und über 1000 mm Niederschlag.