Repräsentative Erhebung im Stichprobennetz der Bundeswaldinventur

Wie in weiten Teilen Europas ist zurzeit auch in Baden-Württemberg ein massives Absterben von Eschen durch eine neue Baumkrankheit zu beobachten. Im Sommer 2015 wurde dieses Eschentriebsterben durch eine repräsentative Erhebung an Stichprobepunkten der Bundeswaldinventur (BWI) untersucht. Die Untersuchung gibt einen Überblick über das Ausmaß aktueller und zu erwartender Schäden im Land und einzelnen Regionen und bietet damit eine wichtige Planungsgrundlage.

Das Eschentriebsterben in Baden-Württemberg

Die Esche hat als ökologisch wertvolle und wuchskräftige Baumart mit hervorragenden Holzeigenschaften im Zuge des naturnahen Waldbaus innerhalb der letzten Jahrzehnte erheblich an Bedeutung in der Forstwirtschaft gewonnen. In Baden-Württemberg hat ihr Anteil an der Waldfläche nach Daten der Bundeswaldinventuren kontinuierlich auf 4,9% im Jahre 2012 zugenommen. Seit 1992 breitet sich jedoch rasant der invasive Pilz Hymenoscyphus fraxineus in Europa aus, der 2006 auch Baden-Württemberg erreichte. Der Pilz stammt ursprünglich aus Ostasien und verursacht ein schwerwiegendes Eschentriebsterben. Diese Baumkrankheit stellt die zukünftige forstliche Nutzung der gesamten Baumart in Frage, denn sie verläuft in den meisten Fällen tödlich. Der Pilz verursacht Nekrosen an Blättern und Trieben (Abb. 1), aber auch sogenannte Stammfußnekrosen, die häufig in Kombination mit Befall durch Hallimasch auftreten (Abb. 2). Dies führt zu einem Verlust der Standfestigkeit der Bäume, was erhebliche Gefahren für die Verkehrs- und Arbeitssicherheit mit sich bringt.

Jedoch bestehen erhebliche graduelle Unterschiede in der Anfälligkeit einzelner Individuen. An einem kleinen Prozentsatz der Eschen treten keine oder nur vereinzelte Symptome des Triebsterbens auf. Hierbei handelt es sich um eine genetisch bedingte und vererbbare partielle Resistenz gegenüber dem Eschentriebsterben. Es besteht also die Möglichkeit, durch Selektion und Züchtung eine erhöhte Resistenz in zukünftigen Populationen zu etablieren.

Um das Ausmaß und die Auswirkungen der Krankheit für Baden-Württemberg an einem großem Kollektiv statistisch gesichert abschätzen zu können, wurde im Sommer 2015 eine Bonitur zum Eschentriebsterben an Stichprobepunkten der BWI durchgeführt. Einige Ergebnisse wurden bereits veröffentlicht und werden hier kurz zusammengefasst.

Aufnahmemethodik

Die Ansprache des Gesundheitszustands der Eschenpopulation in den Wäldern Baden-Württembergs erfolgte auf Stichproben des BWI-Netzes im Land. Für die vorliegende Studie wurden von den Stichproben mit Eschenvorkommen insgesamt 529 Traktecken an 330 Trakten zufällig ausgewählt. Insgesamt konnten in diesen Stichproben 2.325 Eschen untersucht werden. Anhand der bei der BWI 3 erfassten und berechneten Kennwerte ließen sich die Anteile angesprochener Schadenskategorien nach verschieden Bezugsgrößen herleiten. Die berechneten Prozentwerte beziehen sich stets auf den Zustand 2012. Die Ergebnisse beziehen sich auf den Vorrat (gemessen in den Volumeneinheiten Vorratsfestmeter mit Rinde).

Gemäß der Aufnahmemethodik der BWI wurden die Probebäume ab 7 cm BHD an jeder Traktecke mittels Winkelzählprobe ausgewählt. An allen Eschen wurde der BHD gemessen. Außerdem wurden die Eschen auf das Vorhandensein einer Stammfußnekrose geprüft. Die Kronensymptome wurden anhand von zwei verschiedenen Parametern erhoben. Einerseits wurde der Grad der Kronenverlichtung geschätzt, der als Indikator für die generelle, aber durch das Eschentriebsterben beeinflusste Vitalität der Eschen diente. Andererseits wurde der Anteil der Ersatztriebe an der grünen Krone geschätzt, der sich bereits als guter Indikator für den Grad der Schädigung durch das Eschentriebsterben erwiesen hatte. Für beide Kriterien galten dabei die gleichen Prozentklassen: 0 bis 25%; 26 bis 60%; 61 bis 99%.

Zur Untersuchung der Eschenverjüngung wurden im Verjüngungsprobekreis der Vorinventur (BWI) mit einem Radius von 2 m alle Eschen mit einer Höhe von mehr als 50 cm bis zu einem BHD von 6,9 cm erfasst. Hier erfolgte die Beurteilung des Gesundheitszustandes nach dem Anteil der vom Eschentriebsterben befallenen Einzeltriebe in vier Klassen: 0% (keine infizierten Triebe); weniger als 50% infizierte Triebe; mehr als 50% infizierte Triebe; 100% infizierte Triebe oder abgestorben.

Ergebnisse der Bonitur

Über alle Stichprobenpunkte setzten sich 39,2% des Vorrats aus Eschen mit über 60% Kronenverlichtung zusammen (Abb. 3). Betrachtet man diese Eschen als unzureichend vital und abgängig, wird also über ein Drittel des gesamten Eschenvorrats innerhalb weniger Jahre als zufällige Nutzung anfallen oder absterben. Der Anteil des Vorrats von Eschen mit mehr als 60% Ersatztriebanteil in der Krone machte sogar 62,2% aus (Abb. 3). Eschen mit Stammfußnekrosen hatten einen Anteil von 17,5% am Vorrat. Bei diesen Bäumen ist ein Absterben innerhalb weniger Jahre wahrscheinlich. Für 7,3% des Vorrats war die Ansprache unsicher (Abb. 4).

Nur 17% des Eschenvorrats bestand aus Bäumen mit einer Kronenverlichtung unter 25%. Bei den Ersatztrieben ist dieser Wert noch deutlich geringer als bei der Kronenverlichtung. Nur 13,9% des Vorrats setzt sich aus Eschen zusammen, die bisher nicht oder nur moderat durch das Eschentriebsterben betroffen sind (Ersatztriebanteil bis 25%).

Eschen mit sowohl einer Kronenverlichtung als auch einem Ersatztriebanteil unter 25% machten 8,3% des Vorrats aus. Allerdings war auch ein Teil dieser Eschen von Stammfußnekrosen betroffen. Der Anteil der potentiell langfristig überlebensfähigen Eschen, also Eschen ohne Stammfußnekrose und mit einer Kronenverlichtung und einem Ersatztriebanteil unter 25%, machte nur mehr 6,7% des Vorrats aus. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch an diesen Eschen neue Stammfußnekrosen entstehen.

Der ausgeschiedene Vorrat der sich aus Bäumen zusammensetzt, die seit der letzten Aufnahme 2012 abgestorben oder entnommen wurden, war an den untersuchten Stichprobepunkten für Eschen 55,1% höher als für alle anderen Baumarten. Das rechnerische Volumen je ha ist in Abb. 5 dargestellt. Bei der Esche waren 15,1% des ausgeschiedenen Vorrats ungenutzt, das heißt abgestorben oder gefällt aber nicht für die Verwertung vorgesehen. Für alle anderen Baumarten betrug dieser Anteil im Durchschnitt nur 7,9%. Stehend abgestorbene Bäume machten bei der Esche 10,8% des ausgeschiedenen Vorrats aus, im Vergleich zu nur durchschnittlich 2,3% bei allen anderen Baumarten.

Erkrankungsintensität differenziert nach Wuchsgebiet und anderen Faktoren

Auf der regionalen Ebene waren erhebliche Unterschiede in der Kronenverlichtung und dem Ersatztriebanteil feststellbar (Abb. 3). Die Eschen im Neckarland waren deutlich weniger vom Eschentriebsterben betroffen als in anderen Wuchsgebieten. Ein Großteil des Wuchsgebietes Neckarland befindet sich in der kollinen Höhenstufe, in der im Vergleich sowohl zu der planaren als auch zu höheren Höhenstufen ebenfalls die geringsten Auswirkungen des Eschentriebsterbens in den Kronen festzustellen waren. Die relativ geringe Eschendichte im Neckarland kombiniert mit den relativ geringen Sommerniederschlägen führt hier möglicherweise zu einem insgesamt geringeren Infektionsdruck, denn der Pilz ist zur Fruktifikation auf niederschlagsreiche Zeiträume im Sommer angewiesen.

Eschen mit einem Alter über 60 Jahren waren deutlich stärker verlichtet als jüngere Eschen. Für Eschen unter 60 Jahren setzte sich noch 37,6% des Vorrats aus Bäumen mit weniger als 25% Ersatztrieben zusammen im Vergleich zu nur 13,9% für Eschen über 60 Jahren. Anders verhielt es sich beim Befall durch Stammfußnekrosen. Im älteren Kollektiv machten Eschen mit Stammfußnekrosen 14,1% des Vorratsvolumens aus, im jüngeren Kollektiv betrug dieser Wert 26,1%. Möglicherweise sind viele der anfälligeren Eschen des jüngeren Kollektivs bereits abgestorben oder wurden genutzt, weshalb ein vergleichsweise hoher Anteil der verbleibenden jüngeren Eschen relativ resistent zu sein scheint.

In Bezug auf Stammfußnekrosen war die Oberrheinebene deutlich stärker betroffen als alle anderen Wuchsgebiete (Abb. 4). Bei der Betrachtung der Höhenstufen ergab sich für die planare Höhenstufe, die schwerpunktmäßig in der Oberrheinischen Tiefebene liegt, mit 47,4% mit Abstand der höchste Anteil, während sich andere Höhenstufen kaum voneinander unterschieden. Auch für die Geländeneigung ließ sich ein Effekt erkennen. In Hanglagen (Geländeneigung über 5%) machten Bäume mit Stammfußnekrosen 13,5% und in ebenen Stichprobepunkten (Geländeneigung unter 5%) 31,2% des Eschenvorratsvolumens aus.

Erste Untersuchungen der FVA zeigten bereits, dass der Wasserhaushalt ein wesentlicher Einflussfaktor für das Vorkommen von Stammfußnekrosen ist. Insbesondere Überflutungsbereiche aber auch Quellhorizonte, Staunässe und anmoorige Standorte scheinen das Auftreten von Stammfußnekrosen zu begünstigen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung passen zu diesen Befunden. Ein Großteil der Eschen in der Oberrheinebene befindet sich im Gegensatz zu anderen Wuchsgebieten in Auwäldern auf periodisch überfluteten Flächen. Zudem neigen Hanglagen weniger zur Vernässung als ebene Flächen.

Erhöhte Resistenzen in der Eschenverjüngung?

Die Anzahl an lebenden Eschen mit einer Höhe über 50 cm und einem BHD unter 7 cm ist seit der letzten Aufnahme im Jahr 2012 drastisch um durchschnittlich 56,4 % zurückgegangen. Dies ist nicht alleine auf einen Rückgang der Konkurrenzfähigkeit junger Eschen, sondern auch auf die Schwächung der Samenbäume durch das Eschentriebsterben zurückzuführen.

Allerdings war ein erhöhter Anteil der Eschen in der Naturverjüngung gesund. An 31,9% der Eschen wurde kein einziger infizierter Trieb festgestellt, 14,6% waren an weniger als der Hälfte der Triebe erkrankt, 17,6% waren an mehr als der Hälfte ihrer Triebe erkrankt und 35,8% der Eschen waren bereits abgestorben. Von den gesunden Eschen gehörten allerdings 91,5% zu der Größenklasse bis 130 cm. Bei derart kleinen Eschen ist aufgrund der geringen Blattmasse die Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen einer Infektion kleiner. Da sich dieses Kollektiv zu großem Teil aus Individuen zusammensetzt, die nach dem Auftreten des Eschentriebsterbens in Baden-Württemberg entstanden sind, ist der vergleichsweise hohe Anteil an gesunden Eschen aber möglicherweise auch zu gewissem Teil durch bereits eingesetzte natürliche Selektion und daher erhöhter Resistenz zu erklären.

Forstbetriebe stehen vor gewaltigen Herausforderungen

Es ist davon auszugehen, dass etwa ein Drittel des jetzigen Eschenvorratsvolumens innerhalb weniger Jahre genutzt werden muss oder absterben wird. Dies wird die Forstbetriebe vor gewaltige Herausforderungen stellen, da es bei wertvolleren Bäumen gilt, das Holz zu ernten, bevor es zu einer Entwertung kommt. Diese Problematik zeigt sich auch durch den Anteil der stehend abgestorbenen oder gefällt aber nicht zur Verwertung vorgesehenen Bäume, der für die Esche sehr hoch war.

Gleichzeitig muss bei der Nutzung von abgängigen Eschen besonders auf die Arbeitssicherheit geachtet werden, die durch Stammfußnekrosen und abgestorbene Kronenteile gefährdet ist. Der Anteil des Eschenvorratsvolumens von Eschen mit Stammfußnekrosen lag im Mittel bei 17,5% und war in der Oberrheinebene besonders hoch. Das Wuchsgebiet Neckarland ist hingegen am wenigsten vom Eschentriebsterben betroffen. Hier gab es vergleichsweise wenige Stammfußnekrosen, aber vor allem die Kronenschäden waren hier deutlich geringer als in anderen Wuchsgebieten Baden-Württembergs.

Eschen ohne größere Kronenschäden und bisher ohne Stammfußnekrosen machen 6,7% des Eschenvorratsvolumens in Baden-Württemberg aus. Diese Eschen können als langfristig zukunftsfähig gelten, obwohl auch in diesem Kollektiv die Bildung von neuen Stammfußnekrosen nicht ausgeschlossen ist.

Die Anzahl von jungen Eschen ist innerhalb der letzten drei Jahre um über die Hälfte zurückgegangen. Von der verbliebenen Eschenverjüngung ist jedoch ein relativ großer Anteil gesund. Es muss sich noch zeigen, ob dies bereits die Auswirkung einer natürlichen Selektion hin zu einer erhöhten Resistenz ist.

  • Den ungekürzten Artikel finden Sie in: Enderle Rasmus, Kändler Gerald, Metzler Berthold (2016): Eschentriebsterben. In: Waldzustandsbericht 2015. Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, S. 46-53.