1. Tannenkrebs (Melampsorella caryophyllacearum)

Melampsorella caryophyllacearum tritt im gesamten Verbreitungsgebiet der Weißtanne (Abies alba) in den Ostalpen bevorzugt an luftfeuchten Standorten häufig auf. Befallen werden neben der Weißtanne auch andere, vor allem nordamerikanische Tannenarten, die in Europa als Zierbäume Verwendung finden (zum Beispiel Abies grandis).

Die Art ist als Rost durch einen Wirtswechsel mit verschiedenen krautigen Nelkengewächsen (vor allem Hornkrautarten und Mieren) charakterisiert. Dies ist jedoch nicht verpflichtend, die Tanne ist nur ein fakultativer Wirt.

Wo krautige Nelkengewächse und Tannen gemeinsam vorkommen, infizieren Basidiosporen im Frühjahr junge Tannenzweige, an denen knotige, krebsartige Anschwellungen entstehen. Bei Befall von Knospen induziert der Pilz Hexenbesen: An blaßgrünen, abnorm verzweigten Trieben werden gelbliche, fleischig verdickte und locker stehende Nadeln gebildet, an denen sich im Laufe des Sommers Pyknidien und Aecidiosporenlager entwickeln. Letztere wachsen an der Nadelunterseite entlang der Spaltöffnungsreihen.

Die Nadeln werden im Herbst abgeworfen, die Hexenbesen sind daher im Winter kahl. Die Aecidiosporen infizieren im selben Jahr Hornkräuter und Mieren. Dort entstehen Uredosporen, von denen weitere Pflanzen befallen werden. Die Überwinterung des Rostes erfolgt in den Stengeln der Hornkräuter in Form von perennierenden Mycelien.

Im Frühjahr wächst das Mycel in die jungen Blätter. Dort entwickeln sich Teleutosporen. Im Zuge einer Reduktionsteilung werden Basidiosporen produziert, die den Zyklus mit dem Befall von Tannenzweigen schließen.

Hexenbesen können mehrere Jahre alt werden. Lebensbedrohende Schäden rufen sie meist nicht hervor. Wenn das Rostpilzmycel den Stamm erreicht, können sich, ebenfalls über Jahre hinweg, Tumoren bilden, die eine Holzentwertung zur Folge haben können. Auch die Knotenbildung an den Zweigen kann die Biegefestigkeit bei Schneedruck und Sturm herabsetzen.

2. Tannennadelrost (Pucciniastrum)

Mehrere Arten der Gattung Pucciniastrum treten spezifisch an Tannen auf, in Österreich ist P. epilobii (Pers.)Otth. am häufigsten.

Wo sich im Unterwuchs von Tannenaufforstungen größere Bestände von Weidenröschen (Epilobium spp.) ausbreiten konnten, findet man das auffallende Schadbild häufig, denn P. epilobii benötigt zur Vollendung seines Entwicklungszyklus sowohl Tanne als auch Weidenröschen, ist also ein obligat heterözischer Rostpilz (weitere Informationen zu P. epilobii).

Jüngster Nadeljahrgang betroffen

Befallen wird nur der jüngste Nadeljahrgang. Bald nach dem Austrieb erscheinen auf der Nadelunterseite stiftchenförmige Aecidiosporenlager. Im Laufe des Sommers fallen die Nadeln ab. Ab August kann der Rostpilz nur mehr anhand der Aecidienreste in der Nadelstreu und anhand des Schadbildes des krautigen Wirtes identifiziert werden.

Die Aecidiosporen keimen auf Blättern von Weidenröschen, wo sie die Entwicklung von Uredosporen und gegen den Herbst zu Teleutosporen hervorrrufen. Die aus den Teleutosporen im nächsten Jahr gebildeten Basidiosporen infizieren die jungen Nadeln der Tannen im Mai.

Schäden in Christbaumkulturen

Die Hauptbedeutung dieser Pilzart liegt in seiner schnellen Ausbreitung in Tannenkulturen, wenn genügend befallene Weidenröschen vorhanden sind (Schlagflächen!). Insbesondere in Christbaumkulturen kann Pucciniastrum epilobii zu massiven Nadelverlusten führen. Als wirksame Bekämpfungsmaßnahme empfiehlt sich die Vernichtung der Weidenröschenbestände im Nahbereich der Tannenkulturen.

3. Grauschimmel (Botrytis cinerea)

Botrytis cinerea kommt nahezu überall an abgestorbenen Pflanzenmaterial vor. Bei kühlfeuchter Witterung kann dieser Pilz auch lebende Pflanzenorgane befallen, wobei junges Gewebe bevorzugt wird: So kann sich Botrytis bei Koniferen besonders in Saatbeeten ausbreiten, wodurch oft erhebliche Ausfälle entstehen, aber auch Maitriebe älterer Pflanzen infizieren. Die Folge sind Nadelverluste, freilich meist in Ökonomisch geringem Ausmaß.

4. Nadelbräune an Tanne (Herpotrichia parasitica)

Nadelschütte durch Herpotrichia parasitica ist in luftfeuchten Tannendickungen eine häufige Erscheinung. Die Verbreitung des Schlauchpilzes erfolgt in erster Linie durch das grobfädige, cremefarbene Mycel, das sich bei ausreichender Feuchtigkeit oberflächlich über Zweige und Äste ausbreiten kann, in geringerem Ausmaß über die Sporen der Neben- und der Hauptfruchtform.

Wenn Fruchtkörper gebildet werden, sind diese infolge ihrer Borsten mit Hilfe einer Lupe recht leicht von anderen Pilzen unterscheidbar. Auch eine Schwächung der Nadeln durch Lichtmangel erhöht die Wahrscheinlichkeit des Befalles.

Bestand auflichten, starke Vergrasung vermeiden

Zur Eindämmung der Nadelschütte sind hauptsächlich Maßnahmen geeignet, die eine Durchlüftung der Kulturen bewirken: Bestand auflichten; Muldenlagen, nasse Standorten und starke Vergrasung vermeiden.

5. Tannennadelritzenschorf (Lirula nervisequia)

Lirula nervisequia ist ein Schüttereger, der in Europa und Asien an Abies alba und anderen Abies-Arten weit verbreitet ist. Ähnlich wie Herpotrichia parasitica bevorzugt auch dieser Schlauchpilz luftfeuchte Standorte. Er ist in Tannen-Altbeständen häufiger als Jungbeständen.

Die Infektion erfolgt an den einjährigenn Nadeln, verursacht hingegen bis zu zwei Saisonen lang keine makroskopisch erkennbaren Symptome. An den im zweiten oder dritten Jahr absterbenden Nadeln erscheinen zuerst die Fruchtkörper der Nebenfruchtform, später die Hauptfruchtform.

Oft werden nur wenige Nadeln befallen. Wenn es zum Ausfall ganzer Nadeljahrgänge kommt, besteht eine Verwechslungsgefahr mit Schäden durch den Tannentriebwickler (Zeiphera rufimitrana). Zur sicheren Diagnose sind daher Pilzfruktifikationen notwendig.

6. Nadelbräune (Rhizosphaera)

Makroskopisch oder mit der Lupe betrachtet können die an Tanne vorkommenden Rhizosphaera-Arten nicht von denjenigen an Fichte unterschieden werden.

Rhizosphaera pini (CDA)Maubl. befällt in dichten, jüngeren Beständen die lebenden Nadeln der unteren Äste, die bald zum Absterben gebracht werden. Diese Art ist bei uns sehr selten. In jahren mit starkem Befall kommt es zu einer Auflichtung von innen nach außen. Andere Rhizosphaera-Arten sind Saprophyten oder Schwächeparasiten.

7. Cytospora spp.

An am Boden liegendem, dürrem Tannenreisig sind Cytospora-Arten vielerorts die häufigstem, Fruchtkörper bildenden Mikropilze. Cytospora friesii kommt in jüngeren, schon zu dicht gewordenen Beständen häufig als Schwächeparasit, oft in Gesellschaft von Rhizosphaera pini, vor (Lichtmangel, hohe Luftfeuchtigkeit).

Auch in Folge von Frosteinwirkung geschwächte Nadeln werden oft von Cytospora-Arten besiedelt (Abbildung rechts: Fruchtkörper von Cytospora auf abgestorbenen Tannennadeln). Gelegentlich wächst Cytospora von Hagelschlagwunden ausgehend in Nadeln ein.