Zwei Jahre nach der Anwendung von Injektionsverfahren zur Bekämpfung der Rosskastanienminiermotte wurde einer der behandelten Bäume gefällt und untersucht. Dabei konnten Kambialschäden im Bereich der Impfstellen, weit reichende Verfärbungszonen im Holzquerschnitt, abgestorbenes Holzgewebe, zunehmender Totastanteil sowie Wundfäule entdeckt werden.

Stamminjektionen und -infusionen sind vor allem im amerikanischen Raum eine lang erprobte und häufig angewandte Methode, um Baumkrankheiten und -schädlinge zu bekämpfen. Ihr Vorteil gegenüber herkömmlichen Spritzmethoden und Bodeninjektionen liegt in der Geschlossenheit des Systems. Die Pflanzenschutzmittel werden direkt in das Transportsystem der Bäume eingebracht und vom Baum selbst zu den zu behandelnden Baumteilen verfrachtet (systemische Mittel). Durch den Saftstrom werden sie verdünnt und gelangen allenfalls über Umwege (Laubfall, etc.) in die freie Natur. Angesichts der Vorteile werden aber meistens die Nachteile übersehen.

Da in den vergangenen Jahren vielfach (verbotenerweise) Werbung von verschiedenen Firmen zur Bekämpfung der Rosskastanienminiermotte mittels Bauminjektionsverfahren gemacht wurde, hat sich das Institut für Waldschutz näher mit der Frage befasst, ob diese Methoden geeignet sind, die Rosskastanien vor der Miniermotte (Abbildung 1: Massiver Befall durch die Rosskastanienminiermotte) ausreichend zu schützen, und welche Nebenwirkungen zu erwarten sind.

Stamminjektionsverfahren

Im Jahr 2004 wurden in Wien vier Rosskastanien mit einem nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz in Prüfung befindlichen systemischen Insektizid und mittels Bauminjektion behandelt (Abbildung 2). Für die Bauminjektionen wurden pro Baum vier bis sechs Löcher mit 6 mm Durchmesser und 5 cm Tiefe gebohrt, anschließend wurde eine Injektionsspritze in das Bohrloch geschraubt und das Pflanzenschutzmittel in das Bohrloch gespritzt (Wegen Verschwiegenheitspflicht und Klagsandrohung kann der Name des Mittels nicht genannt werden. Anm. d. Redaktion). Nach der vollständigen Aufnahme des Pflanzenschutzmittels wurde die Spritze entfernt und die Löcher wurden mit einem Plastikstoppel verschlossen.

Geringerer Befall, aber schädliche Nebenwirkungen

Die behandelten Kastanienbäume zeigten im Vergleich zu den unbehandelten einen deutlich geringeren Befall durch die Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella), aber keine gänzliche Befallsfreiheit. Während bei den unbehandelten Kastanien der durchschnittliche Befall in der Krone zwischen 60 – 95 % lag, wiesen die behandelten Kastanien 20 – 80 % Befall auf. Allerdings kam es bald nach der Injektionsbehandlung zu Exsudat-Austritt aus den Bohrlöchern. Zur Beurteilung der Wundreaktionen im Holz wurde im Frühjahr 2006 eine der vier behandelten Rosskastanien gefällt und systematisch aufgearbeitet. Dabei wurden Stammscheiben aus dem Bereich der Bohrlöcher sowie aus darüber liegenden Stamm- und Kronenteilen, aber auch Äste und Zweige entnommen und im Labor untersucht.

Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen waren ernüchternd. Im Bereich der Bohrstellen war das Kambialgewebe teilweise abgestorben, weshalb die Wunden noch nicht gänzlich überwallt waren. Weiters breiteten sich Verfärbungszonen von den Impfstellen bis in die äußersten Astspitzen aus. Unter dem Mikroskop konnte sowohl Befall durch Wundefäulepilze als auch vom Baum "stillgelegtes" sowie abgestorbenes Gewebe festgestellt werden (Abbildung 3: Verfärbungen und Fäulezonen im Stammquerschnitt einer geimpften Rosskastanie).

Die verfärbten Holzteile sind praktisch totes Gewebe und für den Wasser- und Nährstofftransport nicht mehr geeignet. In einzelnen Ästen betrug der Anteil des geschädigten Gewebes mehr als 50 % des Holzquerschnittes.

Injektionsverfahren für Miniermottenbekämpfung ungeeignet

Die Untersuchung hat gezeigt, dass mit diesem Verfahren schon durch eine einzige Behandlung schwere Schäden am Baum auftreten können. Die Folgen sind ein höherer Totholzanteil wegen der schlechteren Versorgung durch verthylltes, stillgelegtes Gewebe und der Eintritt von Holz zersetzenden Fäulepilzen im Stammbereich. Dies verkürzt die Reststandzeit der Bäume und verursacht höhere Pflege- und Kontrollkosten.

Beim hier getesteten Verfahren überwiegen die Nachteile bei weitem die Vorteile. Unsere Schlussfolgerung: Dieses Injektionsverfahren ist wegen der schädlichen Nebenwirkungen nicht zur Bekämpfung der Rosskastanienminiermotte geeignet.

Es ist jedoch nicht jedes Injektions- oder Infusionsverfahren negativ zu beurteilen. Sie haben einen Sinn, wenn es um die Bekämpfung von Schädlingen geht, die zum raschen Tod von Bäumen führen und deren Ausbreitung mit diesem Verfahren eingedämmt werden kann. Beispiele hierfür sind das Ulmensterben oder der Asiatische Laubholzbockkäfer.

Der Befall durch die Rosskastanienminiermotte rechtfertigt jedoch nicht die Anwendung eines Verfahrens mit derartigen Folgeschäden für den Baum.