Aus Sicht des Waldschutzes sind gemischte, ungleichaltrige, strukturreiche Bestände mit großer genetischer Varianz und standortsangepassten Baumarten ideal. Sie verfügen über die höchste Anpassungsfähigkeit und tendieren zum niedrigsten Waldschutzrisiko. Der Istzustand wird natürlich von der naturräumlichen Ausstattung, der forstgeschichtlichen Entwicklung und den Zielen des Waldbesitzers überprägt. Dennoch sollte diese Idealvorstellung bei der waldbaulichen Behandlung von Beständen zu berücksichtigt werden. Nur so kann dem Anspruch des integrierten Pflanzenschutzes entsprochen werden.

Mischung erhalten – Gleichförmigkeit auflösen

Die Jungbestandspflege prägt die zukünftige Entwicklung des Bestandes wesentlich. Um den Bestandsaufbau zu bewerten sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen:

  • Mischungsanteil
  • Mischungsform
  • Grad der Selbstdifferenzierung
  • Bestandsstabilität
  • Einzelbaumstabilität (Resistenzstatus)
  • aktuelle Waldschutzsituation
  • Einschätzung des zukünftigen Waldschutzrisikos

Diese waldschutzfachliche Einwertung fließt in das Pflegeziel, die Eingriffsstärke und den Eingriffszeitpunkt mit ein. Dabei gilt es, schematisches Vorgehen zu vermeiden.

In großflächigen Pflegeblöcken gilt es die vorhandenen Mischungen zu erhalten und die einsetzende Selbstdifferenzierung vorsichtig zu unterstützen. Die Mischungsregulierung ist unbedingt notwendig, um konkurrenzschwächere Arten zu erhalten. Sie kann auch kleinräumlich getrennt erfolgen, was zu einer gewollten Heterogenität führt. In Beständen mit geringen Mischbaumartenanteilen sollte strenger Minderheitenschutz gelten.

Physiologischen Stress vermeiden

Pflanzen nutzen ihren Kohlenstoff- und Energievorrat für Wachstum, Vermehrung und Verteidigung. Die Verteilung auf diese drei Prozesse wird endogen (Alter) und exogen (Umweltbedingungen) gesteuert. Innerhalb eines Bestandslebens entsteht immer wieder physiologischer Stress: bei zunehmender Konkurrenz durch Nachbarbäume oder ebenso wenn begünstige Bäume den Freiraum (Krone und Wurzel) für sich erschließen müssen. Grundsätzlich stellt physiologischer Stress eine Schwächung dar, die von potentiellen Schadorganismen genutzt werden kann.

Hochvitale Individuen (Protze) zu entnehmen, ohne damit einen qualitativ besseren Nachbarbaum zu fördern ist damit falsch. Darüber hinaus können starke Pflegeeingriffe einen Bestand durch Aufreißen des Bestandsgefüges für abiotische Gefahren (z.B. Schneebruch) disponieren.

Das Richtige zum richtigen Zeitpunkt

Der richtige Zeitpunkt für die Jungbestandspflege hat mit der Biologie der Schadorganismen zu tun. So können Borkenkäferarten bruttaugliches Restmaterial nutzen; die daraus geschlüpfte Generation trifft dann im Spätsommer auf geförderte, aber dadurch eben auch physiologisch geschwächte Bäume. Der Eingriffszeitpunkt bedingt den Umgang mit dem Restmaterial. Bei Pflegemaßnahmen in den Sommermonaten muss stärkeres Restmaterial geräumt werden.

Der günstigste Zeitpunkt für Jungbestandspflegen ist der Herbst und die frühen Wintermonate. Dann kann das Restmaterial abtrocknen und ist im Frühjahr nicht mehr fängisch. In Berglagen, in denen das Holz durch frühe Schneefälle konserviert wird, muss der Pflegezeitpunkt den örtlichen Erfahrungen angepasst werden.

Holzbrütende Arten sind auf Brutmaterial angewiesen, das auf eine bestimmte Holzfeuchte abgetrocknet ist. Sie durchlaufen aber weniger häufig Massenvermehrungen und der Befall stehender Bäume ist auf extreme Trockenjahre und ungünstige Standortsverhältnisse beschränkt. Durch die Aufarbeitung von Resthölzern als Brennholz und deren Abfuhr kann man dieser Gefahr leicht entgehen.

Grundsätzlich sollte bei der Durchführung von Jungbestandspflegen die aktuelle lokale Waldschutzsituation berücksichtig werden.

Ist der Bestand bereits von einem Schadorganismus befallen (z.B. Eschentriebsterben), muss die Pflege auf den Schadfaktor ausgerichtet werden. In solchen Fällen hat die Vitalität immer Vorrang vor Qualität und Abstand.

Klimawandel zwingt zu konsequentem Vorgehen

Mit dem Klimawandel werden sich die Waldschutzrisiken deutlich erhöhen. Die Anpassung an diese Veränderungen kann nur durch konsequentes Vorgehen gelingen. Bei Pflegeeingriffen gilt es, die Baumartenmischung zu erhalten und strukturreiche Bestände zu erzielen.