Die Esche ist in der Schweiz seit 2008 durch den eingeschleppten asiatischen Pilz Hymenoscyphus fraxineus bedroht, den Erreger des Eschentriebsterbens. Sein deutscher Name ist Falsches Weisses Stengelbecherchen. Die Bäume können sich gegen diesen Pilz nicht ausreichend zur Wehr setzen, viele sterben daran. Bis jetzt gibt es keinen wirksamen Schutz dagegen. Manche Eschen weisen jedoch nur sehr wenige bis gar keine Krankheitssymptome auf, obwohl sie nahe an stark befallenen Eschen stehen. Mittels einer Umfrage beiFörstern hat die Gruppe "Waldschutz Schweiz" der Eidg. Forschungsanstalt WSL knapp 400 noch gesund aussehende Eschen über 20cm BHD auf der Alpennordseite der Schweiz identifiziert. Diese Bäume bilden die Grundlage für wissenschaftliche Untersuchungen.

Die zweite Bedrohung für die Esche ist der Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis, Abb. 2), der ebenfalls aus dem asiatischen Raum stammt. Zu Beginn der 2000er Jahre wurde der Käfer nach Russland verschleppt und hat mittlerweile Weissrussland und die Ukraine erreicht. Seine mögliche Ankunft in Zentraleuropa wird in 10-20 Jahren erwartet. Es stellt sich nun die Frage, ob die gegenüber dem Eschentriebsterben anscheinend toleranten Eschen auch tolerant gegenüber dem sich aus Osteuropa nähernden Käfer sind.

Verschiedene Eschen-Genotypen, Pilzstämme und Käferpopulationen

Um das herauszufinden, haben Valentin Queloz und Martin Gossner von der WSL mit finanzieller Unterstützung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und des Schweizer Nationalfonds neue Projekte gestartet. Die Idee dahinter ist, unter kontrollierten Bedingungen Eschen von verschiedenen Standorten mit dem Erreger des Eschentriebsterbens und mit dem Eschenprachtkäfer zu konfrontieren. Die Hoffnung besteht, auf diese Weise resistente Bäume zu finden. Damit weder der Pilz noch der Käfer ins Freiland entweichen können, finden die Experimente im Hochsicherheits-Gewächshaus des Pflanzenschutzlabors an der WSL statt.

Jeweils eine anscheinend tolerante und eine erkrankte Esche von insgesamt 10 Standorten in der Schweiz (Abb. 3) werden ab 2020 dem Erreger des Eschentriebsterbens und dem Eschenprachtkäfer ausgesetzt. In den Experimenten beobachten und analysieren die Forscher neben dem Entwicklungserfolg des Käfers und dem Wachstum des Pilzes vor allem auch die direkten und indirekten Abwehrmechanismen der Esche.

Zusätzlich zu den einheimischen Bäumen werden auch Eschen-Genotypen aus anderen Ländern untersucht, um allfällige Unterschiede hinsichtlich ihrer Anfälligkeit auf Pilz und Käfer zu erkennen. Die Wissenschaftler testen nicht nur die in der Schweiz vorhandenen Varianten des Pilzes, sondern auch verschiede Stämme von Hymenoscyphus fraxineus aus Asien. Ebenso verwenden sie mehrere Populationen des Eschenprachtkäfers aus Kanada und Russland. Als weiteren Faktor verurachen sie durch Verringerung der Wassergabe Trockenstress, der sich dank den kontrollierbaren Bedingungen im Labor gut steuern lässt. Dies soll die künftig zu erwartenden trockeneren Sommer simulieren.

Aufwendige Herstellung von Klonen

Weil die Eschen an den 10 Standorten mit 20-50 cm BHD viel zu gross sind, um sie an die WSL zu transportieren, sind für die Tests im Labor Replikate der ausgewählten Bäume nötig. Die Entnahme von Baumsamen kam auch nicht in Frage, weil diese aus einem Gemisch aus väterlichen und mütterlichen Genen bestehen. Deshalb sammelten die Forschenden an jedem der 10 Standorte von einer anscheinend toleranten und von einer erkrankten Esche jeweils 50 gesunde Triebe aus der Baumkrone. Eine Esche galt als tolerant, wenn die Kronenverlichtung nicht stärker als 25% war. Bei einer Verlichtung über 50% taxierten die Wissenschaftler den Baum als erkrankt.

Die 100 Eschentriebe pro Standort pfropften sie anschliessend auf Wurzelstöcke von 2-3-jährigen Eschenbäumen aus Schweizer Baumschulen (Abb. 4). So entstanden zahlreiche Klone (Abb. 5 und 6). Zusätzlich wurden 100 Triebe der asiatischen Esche (Fraxinus mandshurica) gepfropft, die als tolerant gegenüber dem Eschentriebsterben und dem Eschenprachtkäfer gilt. Diese Bäume dienen zur Kontrolle. Der Erfolg der Pfropfungs-Prozedur war von Standort zu Standort unterschiedlich; durchschnittlich sind 80% der Pfropfungen gelungen (Tabelle 1).

Es scheint, dass die Pfropfung von Trieben erkrankter Bäume erfolgreicher war, als die von gesunden Bäumen. Eine mögliche Erklärung ist, dass die als Reaktion auf die Kronenverlichtung gebildeten Ersatztriebe von erkrankten Eschen vitaler sind als normal gebildete Triebe. Eigene Beobachtungen während der Pfropfungsphase bestätigen diese Hypothese.

Die insgesamt 1100 gepfropften Eschen werden 2020 im Pflanzenschutzlabor der WSL mit dem Eschentriebsterben und dem Eschenprachtkäfer konfrontiert. Dies soll die Frage nach der Anfälligkeit von verschiedenen Eschen-Genotypen gegenüber dem Eschenprachtkäfer in Kombination mit und ohne Hymenoscyphus fraxineus resp. Trockenheit beantworten und die zugrundeliegenden Mechanismen aufdecken.

(TR)