In den vergangenen drei Jahrzehnten wurden zunehmend neue, eingeschleppte oder eingewanderte Schadorganismen an Gehölzen festgestellt. Man nennt solche gebietsfremden Organismen Neozoen, wenn es sich um Tierarten handelt und Neomyzeten, wenn es Pilze sind. Als invasiv wird eine Art dann bezeichnet, wenn sie sich am neuen Ort etabliert und soweit vermehrt hat, dass sie wirtschaftliche oder ökologische Schäden verursachen kann. Gerade bei Ziergehölzen kann ein solcher Schaden auch lediglich aus einer Beeinträchtigung des ästhetischen Werts bestehen. Bei diesen unerwünschten Eindringlingen handelt es sich meist um Schadinsekten oder krankheitserregende Pilze, die jeweils ein mehr oder weniger grosses Spektrum von Wirtspflanzen zu befallen vermögen.

Da bestimmte Gehölze sowohl im Gartenbau und in der Landwirtschaft als auch im Wald von Bedeutung sind, betrifft das Problem neuer Schadorganismen auch all diese Produktionsbereiche. Anhand des 1989 erstmals in der Schweiz festgestellten Feuerbrandes – in diesem Beispiel ist der Krankheitserreger ausnahmsweise ein Bakterium – lässt sich dies gut aufzeigen: Aus wirtschaftlicher Sicht ist in erster Linie der Obstbau von dieser eingeschleppten Krankheit betroffen. Sie verursacht in der Schweizer Kernobstproduktion jährlich zusätzliche Aufwände und kann je nach Witterung und Region Kosten von einigen hunderttausend Franken bewirken. Bei der Verbreitung dieser Krankheit spielen aber auch die in Gartenanlagen angepflanzten Bäume und Sträucher, beispielsweise aus der Gattung Cotoneaster oder der Weissdorn, eine äusserst wichtige Rolle. Der Weissdorn seinerseits ist wiederum auch in Feldgehölzen und an Waldrändern zu finden.

Globalisierung als Hauptgrund

Dass Schadorganismen eingeschleppt werden, ist nicht neu. Unliebsame Erfahrungen wurden in der Vergangenheit bereits mit dem Ulmenwelke-Pilz gemacht, der ab etwa 1970 die Ulmen in Gartenanlagen, Wald und Landschaft drastisch dezimierte. Noch gefährlicher schien der Kastanienkrebs zu sein, der 1948 erstmals in den Tessiner Edelkastanienbeständen festgestellt wurde (Abb. 2). Anders als in den USA vernichtete dieser Pilz im Tessin aber nicht ganze Kastanienwälder, da er seinerseits von einem Virus befallen wurde. Unter den Insekten wurde die Gefährliche Weisstannentrieblaus schon im 19. Jahrhundert eingeschleppt und vor bald 100 Jahren die Douglasien-Wolllaus.

Ein Hauptgrund für das in letzter Zeit vermehrte Auftreten von neuen Arten sind die Globalisierung und die Intensivierung des Welthandels. Immer mehr Waren werden immer häufiger zwischen den Kontinenten verschoben, wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass mit diesen Waren, aber auch mit Verpackungsmaterial (Abb. 3), Containern oder Fahrzeugen unerwünschte Organismen unbeabsichtigt importiert werden. Ob sich letztere im neuen Umfeld etablieren können, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie den klimatischen Bedingungen, der Nahrungsgrundlage oder dem Vorhandensein von Geschlechtspartnern und natürlichen Feinden.

Pflanzenimporte stellen ein hohes Risiko der Einschleppung neuer Schadorganismen dar, da gleichzeitig mit den Pflanzen auch deren Schädlinge und Krankheitserreger importiert werden können. Speziell bei Ziergehölzen oder im Obstbau werden die Pflanzen bereits nach einigen Jahren ersetzt. Diese kurzen Umtriebszeiten fördern die Handelsaktivität und somit auch das Risiko der Verbreitung neuer Schadorganismen.

Aktuelle Beispiele dafür sind bei den Insekten der Citrusbockkäfer, der in den letzten paar Jahren immer wieder mit befallenen Fächerahornen von Ostasien nach Europa eingeschleppt wurde, der Buchsbaumzünsler und verschiedene Wanzenarten. Bei den Pilzen sind dies beispielsweise das seit etwa 2006 grassierende Cylindrocladium-Triebsterben des Buchsbaumes oder Phytophthora ramorum, ein pilzähnlicher Erreger, der seit 2003 den Duftschneeball (Viburnum x bodnantense) und Rhododendron-Arten lokal zum Absterben bringt. Gleichzeitig können neue Schadorganismen auch eine ernsthafte und in ihrer Auswirkung schwierig einzuschätzende Bedrohung für diverse Baumarten im Wald darstellen. So hat beispielsweise die Hortensienwollschildlaus in der Schweiz rund 30 Jahre nach dem Auftreten an Ziergehölzen nun auch erste Bäume im Wald besiedelt. Dies könnte auch beim in Europa noch nicht vorhandenen, aber bereits in Moskau und den USA eingeschleppten "Emerald Ash Borer", einem rindenbrütenden Prachtkäfer aus Asien, der Fall sein. Er befällt Eschen und bringt diese zum Absterben.

Quarantänemassnahmen

Um das Einschleppungsrisiko und die Ausbreitung neuer Schadorganismen zu reduzieren, wurden verschiedene gesetzliche Massnahmen erlassen. Besonders gefährliche Schadorganismen wurden zu Quarantäneorganismen erklärt, für die eine gesetzliche Meldepflicht besteht. Die in der Schweiz als besonders gefährlich eingestuften Krankheitserreger und Schädlinge sind in der Eidgenössischen Pflanzenschutzverordnung aufgelistet. Auf internationaler Ebene wurden zusätzlich Pflanzenschutzzeugnisse eingeführt, die einer Importware bescheinigen, dass sie frei von solchen Schadorganismen ist. Doch auch diese Sicherheitsmassnahmen können nicht verhindern, dass gelegentlich Schadorganismen durch das Netz schlüpfen und sich in neuen Regionen etablieren können.

Einfluss des Klimawandels

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Klimawandel. Veränderte Temperatur- und Niederschlagsregimes beeinflussen das Beziehungsgefüge zwischen Wirtspflanze und Schaderreger. Dies kann die Lebensbedingungen nicht nur für neu eingewanderte oder eingeschleppte Organismen, sondern auch für einheimische Arten derart verbessern, dass gewisse bisher unauffällige Pilz- oder Insektenarten nun plötzlich zu Schäden führen.

Dies trifft möglicherweise für die sich gegenwärtig ausbreitende Eschenwelke zu (Abb. 5). Der verursachende Pilz war über Jahrzehnte, wahrscheinlich sogar noch viel länger, ein unauffälliger einheimischer Blattbewohner. Zusammen mit einer neuen, aggressiven Schwesterart befällt der Pilz nun Eschen in weiten Teilen Europas. Seit 2008 verursacht er auch in der Schweiz massive Welke- und Absterbeerscheinungen. Die Dothistroma-Nadelbräune als weiteres Beispiel ist wahrscheinlich einheimisch. Der Nadelpilz wurde in der Schweiz erstmals 1989 entdeckt und wird seither immer öfter an Bergföhren in Gärten festgestellt. In Kanada hat der Pilz bewiesen, dass er sich auch bei geringen klimatischen Veränderungen zu einem erheblich gefährlicheren Schadorganismus wandeln kann.

Ändern kann sich auch das Wirtsspektrum eines Erregers. Der Grüne Wacholderprachtkäfer beispielsweise war bisher in Mitteleuropa nur auf Wacholder zu finden (Abb. 6). Seit einigen Jahren befällt er aber auch Thuja. Ein Effekt der wärmeren Bedingungen? Auch eine Ausweitung der Befallsgebiete ist bei einigen Arten nachzuweisen. So wurde 2004 in der Stadt Basel plötzlich eine Invasion der im Tessin heimischen Malvenwanze entdeckt. Entweder wurde sie von dort nach Basel verschleppt oder ist selber eingewandert und profitierte am neuen Ort von den milden Temperaturen der letzten Jahre.

Frühzeitiges Erkennen wichtig

Es ist zu erwarten, dass in Zukunft trotz Einfuhrkontrollen regelmässig weitere gebietsfremde und Schaden stiftende Arten auftauchen werden. Um die davon ausgehenden negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten, ist es wichtig, dass in Baumschulen, Gärten und im Wald neuartige Gehölzkrankheiten rechtzeitig erkannt und dem Kantonalen Pflanzenschutzdienst gemeldet werden. Dieser organisiert bei Bedarf die notwendigen Tilgungsmassnahmen und überwacht die sachgerechte Entsorgung des befallenen Materials. Meist ist es nur bei einem frühzeitigen Erkennen möglich, rechtzeitig geeignete Ausmerzaktionen durchzuführen und so das Etablieren eines neuen Schädlings oder einer neuen Krankheit zu verhindern – ein Ziel, das alle Beteiligten gemeinsam anstreben sollten.

Diagnose online

Viele einheimische und neu eingeschleppte Schädlinge und Krankheiten an Gehölzen können Sie mit dem Programm Diagnose online selbständig bestimmen. Es wird laufend mit weiteren Beiträgen ergänzt.

(TR)