Fremdländische Pflanzenarten werden einerseits gewollt – als Kulturpflanzen – eingebracht und andererseits ungewollt, z.B. im Saatgut, verschleppt. Nur wenige dieser Fremdländer können sich dabei etablieren und anschließend massenhaft ausbreiten. Ihre Ansiedlungs- und Arealbildungsmöglichkeiten sind heute allerdings durch die Entwaldung großer Flächen und die intensive Landnutzung so günstig wie selten zuvor. Aufgrund der Stickstoff- und Kohlendioxideinträge und der Verlängerung der Wachstumsperiode können die Neophyten ausgiebig keimfähige Samen produ- zieren. Mildere Winter liefern auch frostempfindlichen Neubürgern verbesserte Überlebensbedingungen.

Fördert Waldbewirtschaftung die Neophytenverbreitung?

Im Rahmen der zweiten Bodenzustandserhebung (BZE2, 2006 bis 2008) wurde die Vegetation auf 372 Stichprobenpunkten im Wirtschaftswald aufgenommen. Dabei wurden 25 neophytische Arten gefunden, die 4,1 Prozent der insgesamt in der BZE2 nachgewiesenen Baum-, Strauch- und Bodenpflanzen ausmachen. In bayerischen Naturwaldreservaten sind von 563 Arten in der Krautschicht nur 14 Neophyten. Das entspricht 2,5 Prozent.

Die Bewirtschaftung des Waldes scheint also das Vorkommen von Neophyten zu fördern. Die mit Abstand meisten Neophyten kommen allerdings außerhalb der Wälder im Siedlungsbereich, auf Wiesen und auf Äckern vor.

Fünf der nachgewiesenen Neophyten – Roteiche, Hybrid-Schwarzpappel, Drüsiges Springkraut, Kanadische Goldrute und Riesen-Goldrute – gelten als invasive Arten. Jeder fünfte Nachweis im Wald ist eine solche Art, die andere Waldarten verdrängen kann. Die anderen fast 80 Prozent der im Wirtschaftswald nachgewiesenen Vorkommen von Neophyten breiten sich zur Zeit nicht sehr stark aus. Die invasiven Arten bleiben aber nicht auf deutlich erkennbare Störstellen im Wald beschränkt. Sie kommen im Wirtschaftswald mit seinen normalen wirtschaftsbedingten Veränderungen genauso häufig vor (Abb. 1).

Neophyten in Buchenwaldgesellschaften

Zwei Arten kommen auf Standorten der beiden in Bayern vorherrschenden Buchenwaldgesellschaften relativ häufig vor. Das sind die Roteiche und das Kleinblütige Springkraut. Auf Standorten des potentiell natürlichen Waldmeister-Buchenwaldes wurden weitere Neophyten nur vereinzelt nachgewiesen. Auf Standorten des potentiell natürlichen Hainsimsen-Buchenwaldes wurden zwei weitere neophytische Baumarten angepflanzt – die Douglasie und die Spätblühende Traubenkirsche. Das Drüsige Springkraut profitiert in Nadelholzforsten auf bodensauren Standorten von der Stickstoffmineralisierung nach Störungen. Aufgrund der zunehmenden Fichtenmortalität ist das Drüsige Springkraut somit ein auffälliger Gewinner des Klimawandels. Die Zarte Binse wird durch Boden- verdichtungen auf sauren Lehmböden begünstigt (Abb. 2).

Nach den BZE2-Daten breiten sich die Neophyten in den Wirtschaftswäldern auf sauern Standorten tendenziell stärker aus als auf weniger sauren. Allerdings lässt sich dieser Eindruck statistisch noch nicht absichern. Auch eine zweite Vermutung muss anhand eines größeren Datensatzes nachgeprüft werden: die BZE2-Daten legen nahe, dass die Deckung der Neophyten bis zu einer Jahresmitteltemperatur von etwa 8,5 °C ansteigt und dann wieder abnimmt.

Wie kommen die Neophyten in den Wirtschaftswald?

In Wirtschaftswäldern können Neophyten insbesondere von folgenden Faktoren profitieren:

  • Ausbreitungskorridore entlang von Wirtschafts-, Rückewegen, Teerstraßen o.ä.
  • Rohbodenbedingungen / Bodenstörungen nach der Holzernte oder Aufarbeitung von Käferholz oder Windwurf
  • Gartenabfälle im Wald
  • Waldverinselungs- und starke Randeffekte (Nähe des Waldes zu Landwirtschaft oder Siedlungen und Infrastruktur)
  • gezielte Ausbringung, als fremdländische Wirtschaftsbaumarten, Futterpflanzen an Bienenhäusern usw.

36 Prozent der BZE2-Punkte wiesen derartige anthropogene Störungen auf. Die Diasporen der Neophyten können in den Reifen von Fahrzeugen, als Klettfrüchte an der Kleidung von Menschen oder im Fell und an den Hufen von Haustieren in den Wald verschleppt werden. Insektenbestäubte und windverbreitete Arten profitieren davon, dass Blütenbestäuber sich oft an Waldwegen orientieren und Windbewe-gungen hier stärker sind als im geschlossenen Bestand. Die gestörten Standorte stellen immer wieder Basen und Mineralstoffe für das Pflanzenwachstum bereit.

Trotz der vielfältigen Ausbreitungsmöglichkeiten kommen bisher nur wenige Neophyten in den bayerischen Wäldern vor. Das kann auch daran liegen, dass die Störstellen vor allem auch Lebensräume für unsere lichtbedürftigen, krautigen Offenlandarten bieten. Sie stammen aus angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen oder natürlichen Waldverlichtungen. Viele der anthropogenen Einflüsse fördern auch heimische Kleinbäume und Sträucher. Die Neophyten konkurrieren mit den heimischen Offenlandarten um die Störungs- flächen im Wald.