Aufgrund der geringen Größe und der versteckten Lebensweise von Borkenkäfern ist es nicht verwunderlich, dass unsere Wälder in den letzten Jahrzehnten fasst unbeachtet von fremden Borkenkäferarten unterwandert und besiedelt wurden. Dazu kommt noch, dass die Unterscheidung der verschiedenen Arten auch Spezialisten oft schwer fällt und die Invasionsbiologen, die sich mit dem Eindringen fremder Tier- und Pflanzenarten nach Mitteleuropa beschäftigen, ihren Schwerpunkt meist auf andere, auffälligere Arten legen. Im folgenden sollen drei, bei Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) gefundene, eingeschleppte Borkenkäferarten vorgestellt werden.

Amerikanischer Nutzholzborkenkäfer (Gnathotrichus materiarius)

Der Amerikanische Nutzholzborkenkäfer stammt aus dem östlichen Teil Nordamerikas und ist dort von Ontario bis Florida verbreitet. Er tritt als bemerkenswerter technischer Holzschädling an verschiedenen Nadelbaumarten wie Pinus, Picea, Abies, Larix, Tsuga und Pseudotsuga auf (Kamp 1970). 1933 wurde diese Borkenkäferart in Europa zuerst in Nordwestfrankreich gefunden. Nachweise gelangen dann 1965 in Holland und fasst zur gleichen Zeit in Deutschland aus dem Schwarzwald (Schedl 1966). Wie die bisherigen Befunde aus Mitteleuropa zeigen, bevorzugt der Käfer bei uns als Brutbaum die Kiefer.

Der Amerikanische Nutzholzborkenkäfer ist 3,2 bis 3,5 mm lang und damit etwa so groß wie der Gestreifte Nutzholzborkenkäfer (Trypodendron lineatum). Im Gegensatz zum Gestreiften Nutzholzborkenkäfer ist Gnathotrichus materiarius dunkel bis rötlich-braun gefärbt. Es handelt sich aber ebenfalls um eine monogame, holzbrütende und pilzzüchtende Borkenkäferart. Das Brutsystem mit Muttergängen und leitersprossenartig abzweigenden Larvengängen ähnelt etwas dem des Gestreiften Nutzholzborkenkäfers. Zwar besitzen die Larvengänge einen etwas geringeren Durchmesser (ca. 1 mm), dringen aber bis 15 cm tief ins Holz ein. Der von den Käfern kultivierte Ambrosiapilz färbt die Gänge schwarz.

Diese Borkenkäferart konnte die LWF im Rahmen des Beratungsdienstes für forstliche Schädlinge 1996 in Bayern in den damaligen Forstämtern Bamberg und Schwabach in Kiefernholzproben anhand aufgefundener Imagines nachweisen.

Schwarzer Nutzholzborkenkäfer (Xylosandrus germanus)

Ursprünglich stammt der Schwarze Nutzholzborkenkäfer (Xylosandrus germanus) aus Ostasien. Er wurde in den 30er Jahren in die USA eingeschleppt und 1952 erstmals in Deutschland im Raum Darmstadt nachgewiesen (Grosche 1953). Inzwischen hat sich diese Art in Deutschland weit ausgebreitet und wurde sowohl in verschiedenen Regionen Baden-Württembergs als auch im nördlichen Rheinland, in Westfalen und in Bayern festgestellt. Der Schwarze Nutzholzborkenkäfer erreicht eine Größe von 3,5 mm. Die holzbrütende Borkenkäferart züchtet ebenso wie der Gestreifte Nutzholzborkenkäfer Ambrosiapilze in den Gängen. Er befällt Nadel- und Laubholz. Der Schwarze Nutzholzborkenkäfer ist als Spätschwärmer anzusprechen, der erstmals im Mai fliegt und seine höchsten Dichten im Juni / Juli erreicht. Xyleborus germanus bevorzugt dabei den bodennahen, bis 2 m hohen Bereich der Wälder. Bisher ist er als typischer Sekundärschädling bekannt geworden, der nur frisch eingeschlagenes Holz, Stöcke sowie gelegentlich absterbende stehende Bäume befällt. Ein gutes, äußeres Unterscheidungsmerkmal im Gegensatz zum Gestreiften Nutzholzborkenkäfer sind bei frischem Befall die weißen "Bohrmehlwürstchen", die wie kleine weiße Stacheln von der Stammoberfläche abstehen und sich eindeutig von den weißen Bohrmehlhäubchen des Gestreiften Nutzholzborkenkäfers unterscheiden.

Vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in der Schweiz befällt Xylosandrus germanus seit einigen Jahren verstärkt eingeschlagenes Holz. Besonders beim Nadelholz (Fichte, Kiefer) führt dies zu einer erheblichen Wertminderung, obwohl sich das Brutsystem nur auf den äußeren Splintbereich beschränkt und maximal 2 cm eindringt. Aber gerade bei Fichte und Kiefer verblaut nach dem Befall das Holz sehr rasch.

In Bayern wurde diese Art im Naturwaldreservat "Waldhaus" im Steigerwald bereits vor einigen Jahren in hoher Individuendichte festgestellt (Rauh 1993). Unterdessen fand sich der Schwarze Nutzholzborkenkäfer auch in anderen bayerischen Naturwaldreservaten z. B. im Hienheimer Forst. In einer neueren Studie im Rahmen eines Forschungsprojektes zur xylobionten Käferfauna wärmegetönter Eichenmischwälder in Nordbayern konnte diese Art in zehn Probeflächen im Bereich der südlichen Fränkischen Platte und im benachbarten Vorderen Steigerwald sehr häufig nachgewiesen werden (Bussler/Müller 2004).

Xyleborus peregrinus

Bei Xyleborus peregrinus handelt es sich um eine eingeschleppte Art, die erst in den vergangenen Jahren regelmäßig nachgewiesen wurde (Bense und Schott 1995). Ebenso wie der Schwarze Nutzholzborkenkäfer ist Xyleborus peregrinus als Spätschwärmer anzusprechen, im Gegensatz zu ihm bevorzugt er jedoch den Kronenraum des Waldes. Bemerkenswert ist, dass diese Art in bayerischen Naturwaldreservaten bereits in einzelnen Exemplaren entdeckt wurde. Gossner konnte Xyleborus peregrinus auch häufig in Laubholz aus Mittelschwaben nachweisen.

Wachsamkeit tut Not...

Bisher wurden diese eingeschleppten Borkenkäferarten im Hinblick auf den Waldschutz eher als unproblematisch angesehen. Trotzdem sollten wir sie im Auge behalten, da veränderte Klimabedingungen die Waldbestände möglicherweise für einen massiven Befall prädisponieren könnten. Außerdem ist die bereits weite Verbreitung vor allem des Schwarzen Nutzholzborkenkäfers beunruhigend, da wir nicht wissen, wie sich sein Auftreten auf den Gesundheitszustand der Eichen bzw. auf die Zusammensetzung der Borkenkäferzönosen an Eichen ausgewirkt hat oder auswirken wird. Eindeutige Vergleichsuntersuchungen vor dem Auftreten des Schwarzen Nutzholzborkenkäfers liegen uns nicht vor.