Neues Ungemach für die Esche: der Eschenprachtkäfer vor den Toren der EU

Seit Mitte der 1990er Jahre leiden Europas Eschenbestände unter dem Eschentriebsterben, verursacht durch den Pilz Hymenoscyphus fraxineus. Die Züchtungs- und Erhaltungsinitiative "Esche in Not" will dem entgegenwirken. Doch nun droht die Invasion eines neuen Schädlings, der diese Bemühungen konterkarieren könnte. Der Asiatische Eschenprachtkäfer wurde 2003 erstmals in Moskau festgestellt und ist seither in Ausbreitung auch nach Süden und Westen begriffen. Die Situation in Nordamerika, wo der Käfer 2002 erstmals festgestellt wurde, gibt einen Eindruck von der möglichen Schadwirkung.

Der Asiatische Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis; kurz EAB für emerald ash borer) ist für einen Prachtkäfer außergewöhnlich aggressiv. Während andere Arten dieser Familie typischerweise stark sekundär sind, entwickeln sich die Larven des EAB in vitalen Eschen. Mehrjähriger Befall bringt diese zum Absterben. In Moskau werden sowohl die eingeführte, amerikanische F. pennsylvanica als auch Fraxinus excelsior massiv befallen, so dass mittlerweile beinahe alle Eschen in der Stadt und im Umland tot oder schwer geschädigt sind (Orlova-Bienkowskaja 2014).

Auffallend ist der Unterschied in der Wirtseignung und Empfindlichkeit von Eschenarten aus dem ostasiatischen Heimatgebiet des Käfers und amerikanischen oder europäischen Arten. So gelten einerseits etwa F. mandshurica oder F. chinensis als wenig anfällig und weisen geringe Befallsraten auf, eine starke Vorschädigung z.B. durch andauernde Trocken­heit ist nötig. Andererseits werden F. americana, F. pennsylvanica oder F. excelsior auch ohne deutliche Vor­schädigung befallen und leiden in Folge unter hoher Mortalität (Haack et al. 2015, Valenta et al. 2016).

Rasche Ausbreitung in Nordamerika

Das Heimatgebiet des EAB erstreckt sich über Taiwan, China, Japan, Korea, Fernost-Russland und die Mongolei. Mitte der 1990er Jahre wurde er vermutlich mit Verpackungsholz nach Michigan, USA, eingeschleppt, der Befall blieb bis 2002 unentdeckt. Entsprechend konnte sich die EAB-Population ungehindert etablieren und sie war bereits in der Ausbreitungsphase, als erste Bekämpfungsmaßnahmen eingeleitet wurden – eine Ausrottung war nicht mehr möglich. Die USA reagierten mit großem Ressourceneinsatz, der die Expansion dennoch nicht stoppen konnte.

Mittlerweile erstreckt sich das Befallsgebiet bis an die Ostküste, reicht in den Süden bis Georgia und Louisiana, und auch die kanadischen Provinzen Ontario und Quebec sind betroffen (USDA 2017). Viele Millionen Eschen sowohl in Wäldern als auch in urbanen Gebieten fielen dem EAB zum Opfer. Zugleich wurden aber auch intensive Forschungsarbeiten initiiert, so dass Erkenntnisse zur Biologie und zu Grundlagen für die Bekämpfung gewonnen werden konnten.

Die Ausbreitung des EAB findet wie meist bei invasiven Schadorganismen auf zwei Arten statt. Die lokale Ausbreitung erfolgt hauptsächlich aktiv, das heißt durch fliegende Käfer, und erstreckt sich auf einen Bereich von wenigen hundert Metern. Darüber hinaus kommt es zu einer vom Menschen unterstützten Fernverbreitung mittels Pflanzgut, Holz (besonders Brennholz ist bedeutend) oder Astschnittmaterial. Solcherart verbreitete Käfer können Satellitenpopulationen außerhalb des bisherigen Befallsgebietes begründen, die sich dann durch aktive Käferverbreitung ausdehnen (Abbildung 2).

In der Frühphase der Invasion in den USA betrug die Entfernung der Satellitenpopulationen zur Befallsfront zwischen unter 10 und 70 km (im Mittel 24,5 km) (Siegert et al. 2015). Die Bekämpfung dieser Satellitenpopulationen ist besonders wichtig, um die Expansion signifikant zu bremsen und die ökonomischen Schäden geringer zu halten. Das größte Problem dabei ist die rasche Entdeckung von neuen Befalls­herden, da frühe Phasen des Befalles an Bäumen sehr unauffällig verlaufen. So werden die meisten erst spät entdeckt, wenn der EAB bereits mit der Aus­breitung vom neuen Befallszentrum begonnen hat (Siegert et al. 2015).

Biologische Bekämpfung erfolgversprechend

Als wichtigstes Mittel zur Be­kämpfung stehen die Fällung und Vernichtung befallener Bäume zur Ver­fügung, zur Tilgung von Satelliten­populationen bzw. Bekämpfung neuer Einschleppungen ist darüber hinaus auch die präventive Fällung von Eschen im Befallsgebiet nötig. Systemische Insektizide (bei uns sind keine davon zuge­lassen) werden in etablierten Befallsgebieten in Nordamerika prophylaktisch eingesetzt, um einzelne, wertvolle Bäume zu schützen (McCullough 2015). Für den Wald auf großer Fläche stellt dies keine Option dar.

Ein Erfolg versprechender Ansatz zur langfristigen Kontrolle des EAB ist die klassische biologische Bekämpfung. Dazu wurden spezialisierte parasitische Wespen im Heimatgebiet gesucht. Nach mehrjährigen Studien in Quarantäne­labors zur Absicherung der Wirts­spezifität der Arten, um negative Wirkungen auf die amerikanische Käferfauna auszuschließen, wurden geeignete Kandidaten in Massen gezüchtet. Drei Arten wurden in mehreren Jahren und US-Bundesstaaten freigelassen: die Larven­parasiten Spathius agrili und Tetrastichus planipennisi sowie der Ei­parasit Oobius agrili (Gould et al. 2015).

Studien zum Erfolg der Etablierung und Effekt auf den EAB laufen. Auch wenn die Freilassungen erfolgreich sein sollten, werden die Parasiten den EAB in Nordamerika nicht ausrotten können. Jedoch könnten sie zusammen mit anderen Maßnahmen die Population in Schranken halten und so der Esche wieder eine Chance geben.

Lebensweise der Käfer

Im nordamerikanischen Befallsgebiet fliegen die adulten Käfer (Abbildung 1) von Mai/Juni bis September, mit Höhepunkt Juni/Juli. Die Eier werden in Rindenritzen abgelegt, von dort bohren sich die Larven in die Kambial­region und fressen in mäandrierenden, mit Bohrmehl verstopften Larven­gängen in Bast und Splintoberfläche. Puppenwiegen werden im äußeren Splint angelegt. Der fertig entwickelte Käfer schlüpft durch ein charak­teristisches, dem Körperquerschnitt entsprechendes D-förmiges Ausbohrloch (Abbildung 3). Je nach Qualität des Brutholzes und Temperatur dauert die Entwicklung ein oder zwei Jahre. Bäume sterben bei fortdauerndem Befall nach ein bis drei Jahren ab, typischerweise in der Krone beginnend (Haack et al. 2015).

Invasion in Russland

In Moskau wurde ab 2004 ein Zurücksterben vieler Pennsylvanischer Eschen, die dort als Stadtbaum weit verbreitet sind, bemerkt. Exemplare von Pracht­käfern wurden gefangen, aber erst 2007 wurden diese als A. planipennis bestimmt. Die Einschleppung hat wohl schon in den späten 1990ern mittels befallenem Pflanzgut oder noch wahrscheinlicher mittels Verpackungsholz stattgefunden (Straw et al. 2013). Die Auswirkung ist dramatisch, man schätzt, dass alleine in Moskau und Umgebung mehr als eine Million Eschen durch EAB-Befall abgestorben sind.

Da F. pennsylvanica in großer Zahl entlang wichtiger Straßen und Autobahnen aus Moskau gepflanzt wurden, stand ein kontinuier­liches Angebot an Wirtsbäumen für die Ausbreitung zur Verfügung. Käfer dürften als blinde Passagiere mit Fahrzeugen entlang der stark frequentierten Straßen verbreitet worden sein. Brennholz wird – ganz im Gegensatz zu Nordamerika – für die Ausbreitung in Russland als weniger wichtig angesehen, da Esche als Brennholz weniger genutzt wird als Nadelholz oder Birke, und die abge­storbenen Eschen entlang der Straßen meist ungenutzt stehen blieben (Straw et al. 2013).

Die Expansion des Befallsgebietes erfolgte in alle Himmelsrichtungen, bei einer Studie im Jahr 2013 war der östlichste Fundort 350 km und der westlichste 230 km von Moskau entfernt. Nach Süden war der EAB bereits 460 km vorgedrungen. Die Fläche des befallenen Gebietes beträgt zumindest 150.000 km², die Entfernung zur Grenze Russlands betrug zu dem Zeitpunkt nur 180 km (Orlova-Bienkovskaja 2014).

Vor den Toren der EU

Nachdem dem EAB-Befall in Russland nicht energisch begegnet wird, ist die weitere Ausbreitung nicht zu ver­hindern, und die russische Grenze wird, so dies nicht schon unbemerkt ge­schehen ist, bald überschritten werden. Unterstützt durch menschliche Transportaktivitäten ist mit einer raschen Verbreitung nach Westen zu rechnen. Die Gefahr der Verbreitung mittels Brennholz ist für Europa als hoch einzu­schätzen, insbesondere als die Holzart bei gehandeltem Brennholz üblicherweise nicht explizit deklariert ist, und absterbende oder abgestorbene Eschen wohl häufiger, als für Russland berichtet, der energetischen Nutzung zugeführt werden.

Wenn sich der EAB nach Westen ausbreitet, wird er auf Eschenbestände treffen, die vom Eschentriebsterben geschädigt sind. Die verminderte Vitalität kranker Eschen könnte dem Käfer den Befall erleichtern. Es könnte allerdings auch die Wirtsqualität durch das Triebsterben herabgesetzt sein.

Sicher ist jedoch, dass die frühe Erkennung eines neuen Befalles erschwert sein wird, da der Anblick geschädigter Eschen und zurücksterbender Kronen in der forstlichen Praxis nicht als neuartiges Phänomen auffallen wird. Es ist daher zu be­fürchten, dass ein neuer Befall lange unent­deckt bleiben könnte. Umso wichtiger ist es, einerseits das Problem bewusst zu machen und anderseits an Früherkennungsmethoden zu arbeiten. In Nordamerika wurden Lockstofffallen entwickelt, die allerdings in ihrer Wirksamkeit weit hinter den bekannten Borkenkäferfallen liegen.

Internationale Forschung zur Auffindung und Diagnose

Im Rahmen des Forschungsprojektes PREPSYS beschäftigt sich ein internationales Konsortium mit BFW-Beteiligung (Programm EUPHRESCO, nationale Förderung durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft) mit verfügbaren und potenziellen Methoden zur Auffindung und Diagnose. Das BFW wird unter anderem eine Ausbildung von Spürhunden für EAB prüfen. Darüber hinaus werden in Nordamerika und Russland angewandte Bekämpfungsstrategien analysiert, um diese für die europäische Situation zu adaptieren und so besser auf eine mögliche Einschleppung vorbereitet zu sein.

Literatur

  • Gould, J.R.; Bauer, L.S.; Duan, J.J.; Williams, D.; Liu, H. (2015): History of emerald ash borer biological control. In: Van Driesche R.G., Reardon R.C. (Hrsg.) Biology and control of emerald ash borer. FHTET-2014-09. US Forest Service, Morgantown, 83-95.
  • Haack, R.A.; Baranchikov, Y.; Bauer, L.S.; Poland, T.M. (2015): Emerald ash borer biology and invasion control. In: Van Driesche R.G., Reardon R.C. (Hrsg.) Biology and control of emerald ash borer. FHTET-2014-09. US Forest Service, Morgantown, 1-13.
  • McCullough, D.G. (2015): Other options for emerald ash borer management: eradication and chemical control. In: Van Driesche R.G., Reardon R.C. (Hrsg.) Biology and control of emerald ash borer. FHTET-2014-09. US Forest Service, Morgantown, 75-82.
  • Valenta, V.; Moser, D.; Kapeller, S.; Essl, F. (2016): A new forest pest in Europe: a review of emerald ash borer (Agrilus planipennis) invasion. J. Appl. Entomol., doi: 10.1111/jen.12369.
  • Orlova-Bienkowskaja, M.J. (2014): Ashes in Europe are in danger: the invasive range of Agrilus planipennis in European Russia is expanding. Biol. Invasions 16, 1345-1349.
  • Siegert, N.W.; Mercader, R.J.; McCullough, D.G. (2015): Spread and dispersal of emerald ash borer (Coleoptera: Buprestidae): estimating the spatial dynamics of a difficult-to-detect invasive forest pest. Can. Entomol. 147, 338-348.
  • Straw, N.A.; Williams, D.T.; Kulinich, O.; Gninenko, Y.I. (2013): Distribution, impact and rate of spread of emerald ash borer Agrilus planipennis (Coleoptera: Buprestidae) in the Moscow region of Russia. Forestry 86: 515-522.
  • USDA (2017): Cooperative emerald ash borer project. Initial county EAB detections in North America (PDF).