Schäden durch Keulhornblattwespen an Pappeln auf Energieholzflächen

2008 wurden auffallend verdickte Wunden an einjährigen Pappeltrieben auf zwei Energieholzflächen gefunden. Die Wunden ringelten diese ganz oder teilweise, ohne sie zum Absterben zu bringen. Als Schädlinge werden Keulhornblattwespen vermutet, ein schlüssiger Beweis konnte bisher nicht gefunden werden.

Im Februar 2008 wurden Proben von einjährigen Weidenruten eingesandt, die auf einer Energieholz-Projektsfläche der Niederösterreichischen Landwirtschaftskammer gewonnen wurden. Sie wiesen auffallende Wunden auf, die teilweise Stamm umfassend waren; die Triebe waren oft stark verdickt. Die Ruten brachen besonders leicht an diesen Stellen.

Die Ringelung unterstützt die Vermutung, dass adulte Keulhornblattwespen (Cimbicidae) an den Trieben gefressen haben. Andere Insektenarten, wie Wespen, Hornissen oder Schnaken, können ähnliche Schäden hervorrufen, allerdings ist dieser Fraß unregelmäßig plätzeartig.

Ungewöhnlich war die heftige Überwallungsreaktion an den Trieben. In der Literatur ist weder von auffälligen Verdickungen noch von einer damit verbundenen erhöhten Bruchgefahr zu lesen. Daher wurden andere, mögliche Schadursachen in Betracht gezogen, wie zum Beispiel Xanthomonas populi (Pappelkrebs) und Agrobacterium tumefaciens; doch sind hier die Wunden nicht so regelmäßig, sondern eher geschwulstartig aufgetrieben. Da nur wenige Pflanzen betroffen waren, wurden keine weiteren Untersuchungen gemacht.

Als zu Jahresende 2008 erneut Proben mit derartigen Schäden von einer Fläche im westlichen Niederösterreich am BFW einlangten, wurden dort im Frühjahr 2009 Leimtafeln aufgestellt und in einer älteren Kultur Leimbänder angebracht. Die Schäden traten – im Gegensatz zu der ersten Fläche – erneut auf. Leider wurden mit den Leimtafeln keine Keulhornblattwespen gefangen. Da gleichzeitig Blattkäfer massiv auf der Fläche auftraten, konnten nach einer Insektizidbehandlung auch keine Afterraupen gefunden werden.

Knopf- oder Keulhornblattwespen (Cimbicidae)

Imago

Die Kopfhornblattwespen der Familie Cimbicidae zeichnen sich durch ihr großes, auffallendes gedrungenes Erscheinungsbild aus. Die Wespen erreichen je nach Art eine Körperlänge von 8-28 mm und gehören zu den größten in Mitteleuropa vorkommenden Hautflüglern. Trotz ihrer Größe sind Cimbicidae sehr gute und vor allem schnelle Flieger.

Ihren Namen verdanken die Knopfhornblattwespen ihren Antennen. Diese sind zum Ende hin knopf- bis keulenförmig verdickt und besitzen maximal sieben Segmente. Ein weiteres typisches Erkennungsmerkmal ist ein breites, seitlich gerändeltes, nach oben gewölbtes und unterseits flaches Abdomen. Viele Arten sind wie Hummeln pelzig behaart, andere wiederum weisen einen grünlichen oder bläulichen Metallglanz auf.

Afterraupen

Die Larven besitzen, wie viele andere Pflanzenwespen auch, acht Bauchbeinpaare (erstes Abdominalsegment beinlos) und sind dadurch von ähnlichen Schmetterlingsraupen eindeutig zu unterscheiden (maximal sieben Bauchbeinpaare und mindestens zwei beinlose Segmente). Eine Larve kann bis zu fünf Zentimeter groß werden. Man findet sie an der Blattunterseite, wo sie in Ruhelage wie Schnecken zusammengerollt sitzen. Bei vielen Arten sind die Larven hell gestäubt. Die Kokons werden meistens im Boden, aber auch in Rindenritzen angefertigt.

Lebensweise

Die Lebensweise der Keulhornblattwespen ist einheitlich. Die Imagines ernähren sich von Pflanzensäften. Dazu ritzen sie junge Zweige oder Triebachsen an, um sich an dem austretenden Saft zu laben.

Die Weibchen legen die Eier meist auf die Unterseite der Blätter oder an den Blattrand. Nach der Begattung wird vom Weibchen ein taschenförmiger Einschnitt in die Blattspreite gesägt, in den es ihre Eier ablegt; die Larven ernähren sich frei fressend von Blättern. Befallen werden verschiedene Laubholzarten, besonders Birke, Pappel und Weide. Die Flugzeit der Cimbicidae ist im Frühjahr ab Mitte April; die Generation ist in der Regel einjährig.

Cimbicidae haben ein breites Spektrum an Feinden. Dies erstreckt sich von Ei-, Larven- und Kokonparasiten bis hin zur Familie der Eulophidae (Erzwespen).

Schadbild

Die größere Gefahr für die Pflanzen geht von den Imagines der Cimbicidae aus. Sie ringeln junge Zweige oder Triebe, um den austretenden Saft aufnehmen zu können. Diese feinen Einschnitte in die Rinde umgreifen entweder nur einen Teil des Triebes oder bilden einen geschlossenen Ring oder eine Spirale. Unter normalen Umständen sind diese Wunden oberflächlich und werden komplett überwallt.

Da es sich bei Futterpflanzen um schnell wachsende Sorten handelt, ist es möglich, dass die Wunden zwar schnell überwallt werden, aber nicht ausheilen. In einigen Fällen scheint es sekundär zu Pilzinfektionen zu kommen. In der Folge entsteht in den auffälligen Verdickungen der Triebachsen Holzfäule. Diese Stellen sind mechanische Schwachstellen, die bereits bei geringer Belastung brechen können.

Die Larven fressen vom Blattrand aus meistens in der Nacht. Der Fraß bleibt häufig unbedeutend, in älteren Kulturen auch oft unerkannt.

In Frage kommende Arten

Cimbex lutea (Abbildung 3 und 4)
Verbreitungsgebiet: Iberische Halbinsel bis Korea
Schwärmzeit: Mitte April bis Mitte Juni
Befallsort: Blätter und Ringelung der Rinde bei der Futterpflanze
Hauptfraßtätigkeit: von Juni bis August
befallene Baumarten: Salix-(Weiden) und Populus-(Pappel)-Arten


Pseudoclavellaria amerinae
Verbreitungsgebiet: Europa bis Japan und Kleinasien
Schwärmzeit: April bis Mai
Befallsort: Blatt samt Blattstiel und Blattnerven
Hauptfraßtätigkeit: von April bis August
befallene Baumarten: Salix-(Weiden) und Populus-(Pappel)-Arten

Andere mögliche Schadfaktoren

Das Schadbild von Xanthomonas populi (Bakterienkrebs der Pappel) weist häufig eine typische, unregelmäßig geformte Krebswunde auf, die auf dem ersten Blick dem Schadbild an den Weidenruten ähnelt, aber nie so regelmäßig stammumfassend auftritt. Auch findet sich der Krebs in der Regel an Knospen oder Blattansatzstellen, da das Bakterium hier leichter einwachsen kann. Junge Triebe sterben meist relativ rasch nach der Infektion ab. Weiters tritt häufig ein grau gefärbter Bakterienschleim aus.

Auf Weide verursacht die Lausart Tuberolachnus salignus ähnliche Schäden, die ebenfalls zu einer erhöhten Bruchgefahr von jungen Stämmchen führt. Da sie in Mitteleuropa vor allem an Korbweide (Salix viminalis) vorkommt und diese bei den meisten Hybridweiden, die für Energieholzplantagen verwendet werden, als ein Elternteil vertreten ist, bekommt T. salignus möglicherweise eine gewisse Bedeutung.

Kontakt

  • Bernhard Perny und Manuel Völkl,
    Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft, Institut für Waldschutz,
    Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich