Monitoring ist ein zentraler Bestandteil der integrierten Borkenkäferbekämpfung, nicht zuletzt in Zeiten einer dramatischen Massenvermehrung. Eine möglichst genaue Dokumentation und Kartierung der Schäden kann zwar heuer die Ausbreitung nicht beeinflussen, sie wird aber für die Planung von Bekämpfungsmaßnahmen in den nächsten Jahren eine bedeutende Rolle spielen. Hier kann das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) mit neuen Satellitenbildauswertungen eine wichtige Hilfe leisten.

Die Österreichische Waldinventur (ÖWI) beschäftigt sich schon länger mit möglichen Auswertungen der Sentinel-2 Satellitendaten der Europäischen Raumfahrtagentur. Die Ausgangsbasis ist eine zehn Meter Auflösung, das heißt ein Pixel deckt am Boden eine Fläche von 100 Quadratmeter ab.

Nicht ideal, aber die hohe zeitliche Auflösung und die Tatsache, dass die Grunddaten gratis und rasch zur Verfügung gestellt werden, sind starke Argumente für eine intensive Beschäftigung mit diesen Satelliten. Das Institut für Waldinventur des BFW hat nun ein Verfahren entwickelt, welches vollautomatisch Veränderungen im Kronendach des Waldes erkennt und gut auf das Borkenkäfermonitoring in Hauptschadensgebieten abgestimmt ist.

Komplexe Zeitreihenanalysen

Die Analysen der Zeitreihen von Satellitenbildern sind nicht nur komplex, sondern im Detail auch schwer zu erklären. Die Grundsätze sind aber einfach: Für alle 10 x 10 m-Flächen im Wald werden die Satellitenbilddaten zu einem "normalen" Modell für die Vegetationsentwicklung im Laufe eines Jahres zusammengefasst. Dazu wird ein Vegetationsindex errechnet, der besonders sensibel auf Änderungen im Chlorophyllgehalt reagiert.

So lassen sich die Veränderungen im Chlorophyllgehalt beispielsweise von Fichten vom Ausapern im Frühjahr bis zum ersten Schneefall erfassen. Wir rechnen diese Veränderungen für jede einzelne Fläche – und das ergibt für ganz Österreich 400 Mio. Modelle im Wald. Diese Modelle sind am BFW für die Jahre 2017 und 2018 fertiggestellt worden.

Der nächste wichtige Schritt ist nun, aktuelle Abweichungen von diesem Modellverlauf zu erkennen. Diese können verschiedenste Ursachen haben, wie zum Beispiel Wolken oder Fehler in den Grunddaten. Auch ein späterer Austrieb als in den letzten beiden Jahren wird sichtbar. Deutliche Abweichungen weisen aber sehr oft auf das Absterben von Bäumen durch Schädlinge, auf einen Windwurf oder auf eine Nutzung hin.

Genau diese Ursachen sind für unsere Auswertung interessant, und wir können sie von den anderen, wie etwa die unzureichende Datenqualität, trennen. Im vorliegenden Beispielgebiet rund um Ottenstein kommt es seit 2015 zu einer Massenvermehrung von Borkenkäfern an Fichte und Kiefer. In diesem Fall können die identifizierten Abweichungen (in Folge auch als Schäden bezeichnet) mit großer Wahrscheinlichkeit diesem Faktor zugeordnet werden.

Verbreitungsmuster sind wichtig

Liegen genügend auswertbare Satellitendaten vor, können die Abweichungen einem Zeitfenster zugeordnet werden. Die ÖWI hat damit ein operationelles Verfahren verfügbar, mit dem die Situation zeitnah erfasst werden kann. Anhand der Auswertung für das Beispielgebiet rund um Ottenstein im niederösterreichischen Waldviertel sollen die Möglichkeiten aufgezeigt werden.

Die Schäden für zwei Zeitfenster werden dargestellt: In blau sind Abweichungen (Schäden) erfasst, die in der Periode zwischen Herbst 2017 und Herbst 2018 auftraten. In rot sind die Abweichungen, die nach dem September 2018 bis in den Juli 2019 hinein entstanden sind, dargestellt.

Verschiedene Muster lassen sich erkennen. Oft schließen die roten Gebiete unmittelbar an die blauen an, das bedeutet eine kleinräumige Ausbreitung der Käfer aus bestehenden Befallsnestern. Es gibt aber auch Gebiete, in denen nur blaue Flächen aufscheinen, das heißt alte Schäden ohne Weiterverbreitung im heurigen Jahr sind erkennbar.

Und schließlich gibt es Gebiete, die heuer erstmalig betroffen sind (nur rot). Es wird erkennbar, welche Analysen unter anderem zu zeitlicher und räumlicher Dynamik von Borkenkäferschäden mit diesen Ergebnissen der Satellitenbildauswertung möglich sind, die nicht zuletzt für eine zielgerichtete Borkenkäferbekämpfung wichtig sind.

Das BFW führt seit langer Zeit die Dokumentation von Borkenkäfern und anderen Waldschädigungsfaktoren an Hand der jährlichen Meldungen der Bezirksforstinspektionen durch. Auch hier kann eine Unterstützung von der Satellitenbildauswertung erwartet werden.

Gemeinsam mit den Daten der Modellierung der Borkenkäfer-Entwicklung im Projekt PHENIPS (Risikoabschätzung des Borkenkäferbefalls durch die Universität für Bodenkultur) und mit den Auswertungen von zahlreichen Fallenstandorten des am BFW koordinierten österreichischen Borkenkäfermonitorings (Österreich-Karten online verfügbar: borkenkaefer.at) können wir noch zusätzliche Erkenntnisse erwarten.

Damit wird eine wichtige Informationsgrundlage für die Planung möglichst effizienter Bekämpfungsmaßnahmen geschaffen. Nicht zuletzt können die generierten Karten den Bezirksforstinspektionen und Waldbesitzern zur Verfügung gestellt werden, damit auch die Praxis einen möglichst großen Nutzen aus diesen Entwicklungen ziehen kann.

Wie geht es weiter?

Natürlich wäre es ganz wichtig, den Schritt vom rückwirkenden Monitoring zur Risikoabschätzung in die Zukunft zu machen. Auch dazu wird die Fernerkundung einen wichtigen Beitrag leisten können. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass Luft- oder Satellitenbildanalysen alleine die Lösungen bringen. Wetterprognosen, damit zusammenhängend Modellierung der Entwicklung der Käferbruten, und genaue Kenntnisse des Bodenwasserhaushaltes sind hier zusätzlich zur vorhandenen Borkenkäfer-Populationsdichte entscheidende Parameter.

Aber schon die rückwirkende Kartierung von Schadflächen kann zusammen mit den existierenden Monitoringinstrumenten einen wesentlichen Beitrag für die Planung künftiger, gezielter Bekämpfungsmaßnahmen leisten.

In der Zukunft wird das BFW weiter an der Trennung der Borkenkäferschäden von anderen Schadursachen arbeiten. Vor allem außerhalb von bekannten Massenvermehrungsgebieten besteht hier noch Forschungsbedarf. Mit den derzeitig verfügbaren Daten werden die Ergebnisse auch künftig noch mit Unsicherheiten behaftet sein, die wir auch klar kommunizieren werden.

Längerfristig werden Satelliten mit höherer räumlicher und zeitlicher Auflösung Daten liefern, mit denen wir dann treffsicherer Schadflächen, deren Ursachen und normale Nutzungen unterscheiden können.