Großflächige Sturmschadenser­eignisse, aber auch Schädlinge und Krankheiten haben einen wesent­lichen Einfluss auf die Stabilität der Wälder und können sowohl die ökonomische als auch die ökologische Nachhaltigkeit gefährden.

Invasive Schadorganismen

Nach Einschätzung internationaler Experten geht die größte Gefahr für die Nachhaltigkeit der Wälder von invasiven Schadorganismen aus, die außerhalb ihres natürlichen Ver­breitungsgebietes in neue Regionen verschleppt werden. In jüngster Vergangenheit haben derartige Einschleppungen weltweit stark zugenommen und zu enormen wirtschaftlichen sowie ökologischen Schäden geführt. Eine der Ursachen liegt in der Globalisierung des Handels bei gleichzeitigem Abbau der Handelshemmnisse, insbesondere der Kontrollen an den Grenzen (Verpackungsholzkontrolle).

Asiatischer Eschenprachtkäfer

Der Asiatische Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis, Emerald Ash Borer) wurde vermutlich in den 1990iger Jahren mit Verpackungsholz von Asien nach Kalifornien/Amerika verschleppt, aber dort erst 2002 entdeckt. Er gilt als gefährlichster Schädling Nord­amerikas und tritt bereits in 14 Bundesstaaten der USA sowie in Quebec/ Kanada auf. Neben Eschen (Fraxinus sp.) zählen Ulmen (Ulmus sp.) sowie Nussbäume (Juglans sp.) zu den gefährdeten Wirtsbaum­arten.

Trotz intensiver Monitoring- und Bekämpfungsmaßnahmen sind in den USA bisher mehr als 100 Millionen Bäume diesem Schädling zum Opfer gefallen. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Asiatische Eschenprachtkäfer sein Befallsareal in seinem neuen Verbreitungsgebiet um 100 – 200 km pro Jahr ver­größern kann.

Im Jahr 2005 wurde der Schädling erstmals in Moskau/ Russland entdeckt und hat auch dort enorme Schäden an den Eschen im Stadtgebiet verursacht. Da die notwendigen Bekämpfungsmaßnahmen nur unzureichend gesetzt wurden, konnte der Asiatische Eschenprachtkäfer bereits stadtnahe Wälder befallen und seine Ausbreitung fort­setzen. Wenn man die in Amerika festgestellte Ausbreitungsgeschwindigkeit von 100 – 200 km/Jahr auch für den europäischen Kontinent annimmt, könnte der Quarantäneschädling die Grenze zu Österreich bereits 2015 oder 2016 erreichen.

Plötzliches Eichensterben

Phytophthora ramorum (Plötzliches Eichensterben) ist ein pilzähnlicher Mikroorganismus, der 2001 entdeckt und als neue Phytophthora-Art beschrieben wurde. Nur ein Jahr später wurde er als Verursacher des „Sudden Oak Death“ (Plötzliches Eichensterben) in USA identifiziert.

Es wird vermutet, dass der Schad­erreger mit Zierpflanzenmaterial aus Asien nach Amerika und Europa verschleppt wurde. In der Zwischenzeit konnte Phytophthora ramorum in zahlreichen europäischen Ländern nachgewiesen werden, nicht jedoch in Österreich. Zuerst wurden in Europa nur Schäden an Zierpflanzen, insbesondere an Rhododendron und Schneeball (Viburnum sp.) beob­achtet. Im Jahr 2003 wurden erste Schaden­symptome an Bäumen (Sichelblättrige Eiche, Rotbuche, Rosskastanie) und 2009 an Japanischer Lärche in Groß­britannien festgestellt, 2004 dann an Roteiche in den Niederlanden.

Mittlerweile umfasst die Liste der möglichen Wirte mehr als 40 Pflanzenarten, darunter auch zahl­reiche heimische Laub- (Acer, Aesculus, Castanea, Fagus, Fraxinus, Quercus, u.a.) und Nadelbaumarten (Abies, Larix, Pseudotsuga, Taxus, u.a.).

Die European Food Safety Authority sieht in Phytophthora ramorum eine Bedrohung für europäische Wälder und gelangt zu der Ansicht, dass die jüngsten Aus­brüche – bei denen allein in England und Wales schätzungsweise 1.900 ha Japanische Lärchen (500.000 Bäume) betroffen waren – auf einen "Entwicklungssprung" in der Epidemiologie von P. ramorum zurück­zuführen sind. Sie weist darauf hin, dass es in ganz Europa große Gebiete gibt, die gute klimatische Bedingungen für die Ausbreitung von P. ramorum bieten. Der Aus­bruch von P. ramorum bei Japanischen Lärchen in Groß­britannien und Irland erhöht die Möglichkeit einer Bedrohung der Europäischen Lärche in ganz Europa.

Kiefernholznematode

Der Kiefernholznematode (Bursaphelenchus xylophilus) ist ein kleiner Fadenwurm (0,8 mm groß), der im Splintholz von verschiedenen Koniferen, insbesondere von Pinus-Arten, lebt. Seine ursprüngliche Heimat ist der amerikanische Kontinent, von wo aus er mit Holzlieferungen zuerst nach Japan, später nach China, Korea und Taiwan verschleppt wurde. Bei einem Monitoring nach in Portugal vorkommenden Splintholznematoden wurde Bursaphelenchus xylophilus erstmals 1999 in der Nähe des Hafens Setubal entdeckt, 2008 in Spanien und 2009 auf der Insel Madeira.

Trotz intensiver Bekämpfungsmaßnahmen hat sich der Kiefernholz­nematode innerhalb weniger Jahre in ganz Portugal ausgebreitet. Bisher mussten jährlich bis zu 500.000 Kiefern mit Welkesymptomen ge­rodet werden.

Nach einer Studie internationaler Experten könnten in Österreich bis zu 50 % aller Koniferen bei einer Einschleppung des Kiefernholznematoden absterben. Derzeit sind mehr als 70 Wirtsbaumarten bekannt. Bei einer Einschleppung nach Österreich wären Weißkiefer, Lärche, Douglasie und Tanne besonders gefährdet.

Mountain Pine Beetle (Dentroctonus ponderosa)

Diesem im amerikanischen Raum weit verbreiteten Borkenkäfer ist es nach mehreren warmtrockenen Jahren gelungen, eine beispiellose Massenvermehrung in British Columbia/Kanada zu durchlaufen. Anfangs wurde die Gefahr einer Ausbreitung unterschätzt und viel zu spät mit rigorosen Bekämpfungsmaßnahmen begonnen. Der kanadische Forstdienst rechnet nun damit, dass bis 2013 rund 80 % aller Kiefernbestände in British Columbia vom Mountain Pine Beetle zerstört sein werden.

Die bisherige Schadenshöhe wird mit 43 Milliarden Kanadischen Dollar be­ziffert. Seit 2009 sind die Schadholzmengen auch im benachbarten Alberta stark angestiegen. In wenigen Jahren wurden mehr als fünf Millionen Bäume durch den Borkenkäfer zum Absterben gebracht. Durch die Kalamität entstehen riesige Kahl­flächen, die zum Teil mehrere Tausend Hektar umfassen und enorme ökonomische wie auch ökologische Schäden nach sich ziehen.

Borkenkäfer und Sturm

In Österreich zählen die Schäden durch Borkenkäfer und Sturm zu den ökonomisch bedeutendsten. In der Folge von Sturmschäden kommt es regelmäßig zur Massenvermehrung des Buchdruckers und des Kupferstechers, den wichtigsten Fichten-Borkenkäferarten. Sie vernichten die nicht durch Sturm geworfenen Restbestände innerhalb weniger Jahre, wenn nicht zeitgerecht eingeleitete Bekämpfungsmaßnahmen dies verhindern.

Derartige Schäden stellen in den bergreichen Regionen Österreichs neben der ökonomischen Nach­haltigkeit vor allem die Nachhaltigkeit der Schutzfunktion in Frage. Nach großflächigen Entwaldungen kann oft nur durch teure technische Verbauungen der Objektschutz wieder hergestellt werden.

Ausfall von Baumarten

Verschiedene in Österreich auf­tretende Pilzkrankheiten haben das Potenzial, eine Baumart weitgehend verschwinden zu lassen und nachhaltig schwerwiegende ökologische Schäden zu verursachen.

Ulmensterben

Ein allseits bekanntes Beispiel ist das Ulmensterben, welches um 1918 aus Asien nach Holland verschleppt wurde, in der Folge dann weiter nach USA und Kanada. Die durch den Schlauchpilz Ophiostoma novo ulmi und den Ulmensplintkäfer (Scolytus sp.) übertragene Ulmenwelke hat in ganz Europa, den USA und Kanada zur Fast-Ausrottung der Ulme geführt. In der Zwischenzeit wurden chemische Bekämpfungsmaßnahmen entwickelt und mittels Resistenzzüchtung weniger anfällige Klone gezüchtet, so dass es Hoffnung für eine gewisse Erholung der Ulmenbestände gibt.

Grauerlensterben

Fast schon in Vergessenheit geraten ist das Absterben der Grauerlen entlang der Flussufer in Österreich und anderen europäischen Ländern. Auch hier wurde ein pilzähnlicher Mikroorganismus, Phytophthora alni, als Verursacher identifiziert. Ungeklärt ist, inwieweit besondere klimatische Bedingungen das Erlensterben aus­gelöst oder zumindest begünstigt haben. Auch hier überwiegen die ökologischen Folgen die ökonomischen.

Eschentriebsterben

Um 2005 wurden erstmals in Nordeuropa und Polen gravierende Schäden an Eschen festgestellt. Wenig später wurde der Mikropilz Chalara fraxinea als Verursacher entdeckt und neu beschrieben. Bereits fünf Jahre später konnten die typischen Schadbilder in nahezu allen Eschenbeständen Europas beobachtet werden.

Seit 2008 kam es in Österreich verstärkt zum Auftreten des Eschenbastkäfers, der die durch das Triebsterben vorgeschädigten Eschen letztendlich zum Absterben bringt (Situation in Österreich).

Noch ist es zu früh, Prognosen über die weitere Entwicklung des Eschentriebsterbens in Österreich und Europa abzugeben, doch sehen die Vorzeichen gerade wegen der Beteiligung des Eschenbastkäfers nicht günstig aus. Das Institut für Waldschutz untersucht seit 2008 auf insgesamt 16 Flächen die Ent­wicklung der Kronenverlichtung infolge der Pilzkrankheit. Auf nahezu allen Flächen nehmen die Ver­lichtungsgrade zu (Projekt www.esche-in.not.at).

Wildschäden

Seit Jahrzehnten steigen die jähr­lichen Abschusszahlen bei Reh-, Rot- und Gamswild mehr oder minder kontinuierlich an. Dies ist nur mit einer Zunahme der Wildpopulationen in ähnlichem Ausmaß erklärbar. Die jüngsten Ergebnisse der Österreichischen Waldinventur 2007/09 zeigen bei den Wildverbiss-Schäden im Bundesdurchschnitt keine Verbesserung (www.waldinventur.at). Das Schadensniveau ist im Schnitt nach wie vor unbefriedigend hoch.

Hauptprobleme sind die Entmischung durch selektiven Verbiss, der Verlust von stabilisierenden Baum­arten und das zunehmende Ver­jüngungsdefizit im Schutzwald. Auch das Wildeinflussmonitoring (WEM) gibt keine Entwarnung (www.wildeinflussmonitoring.at). Auf etwa zwei Dritteln der Verjüngungsflächen wird die Verjüngung durch Verbiss mittel oder stark beeinflusst. Alarmierend entwickelten sich die Schälschäden. Sowohl die Gesamtzahl der geschälten Stämme als auch die jährliche Neuschälung sind weiter angestiegen. Insgesamt weist die Waldinventur im Ertragswald 9,1 % aller Stämme als geschält aus.

Die durch Wild verursachten Schäden gefährden sowohl die ökonomische als auch die ökologische Nachhaltigkeit und führen insbesondere in Schutzwäldern zum Verlust der Schutzwirkung. Es ist daher ein Gebot der Stunde, endlich einen konsequenten Weg bei der Wild­reduktion in den Gebieten einzuschlagen, wo das Aufkommen ökologisch wichtiger Baumarten sowie die nötige Verjüngung ganzer Bestände gefährdet ist oder Schutz­wälder infolge von Schälschäden zusammenzubrechen drohen.

Forstschutzrisiko minimieren

Eine Reihe von Krankheiten und Schädlingen sowie das Wild gefährden die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit der Wälder. Um das Risiko zu minimieren, sollte eine gute Baumarten- sowie Altersklassenmischung passend für den jeweiligen Standort geschaffen werden und in Gebieten mit höherem Risiko die Umtriebszeit reduziert werden. In Hinblick auf invasive Organismen empfiehlt es sich, jegliche Verdachtsmomente dem Pflanzenschutzdienst, der Forstbehörde oder dem Bundesforschungszentrum für Wald anzuzeigen. Nur bei frühzeitiger Entdeckung eines eingeschleppten Schadorganismus, eines Schädlings oder einer Krankheit besteht die Chance seiner Ausrottung.