Die Verbreitung von Waldbaumarten hängt von verschiedenen Faktoren ab. Temperatur und Niederschlag spielen dabei ein entscheidende Rolle. Der prognostizierte Klimawandel wird deshalb die Verbreitungsgebiete der meisten Baumarten stark verändern. Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat die erste europaweite Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald veröffentlicht. Grundlage bilden Modelle der potenziellen künftigen Baumartenverbreitung unter drei Klima-Szenarien des Weltklimarats IPCC:

  • B2 (schwach; lokale Lösungen für eine wirtschaftliche, soziale und umweltgerechte Nachhaltigkeit)
  • A1B (mässig; ausgewogene Nutzung fossiler und nichtfossiler Energiequellen)
  • A1FI (stark; intensive Nutzung fossiler Energieträger)


Die Ergebnisse der Modellierung zeigen, dass das Verbreitungsgebiet der Fichte, die an Kälte und mässig feuchte Böden angepasst ist, langfristig wesentlich kleiner wird. Diese Baumart wird sich vor allem nach Nordeuropa und in die höheren Lagen der Alpen zurückziehen und somit einen Grossteil ihrer aktuellen Verbreitung in Zentral-, Ost- und Westeuropa verlieren. Andererseits werden langsam wachsende, an Trockenheit angepasste Baumarten, insbesondere mediterrane Eichen, vom Klimawandel profitieren und sich in Richtung Norden ausbreiten (Abb. 2 und 3).

Derzeit kommen auf 11 % der waldfähigen Standorte Europas mediterrane Eichenarten vor. Selbst unter dem gemässigten Klimaszenario A1B dürfte sich deren Anteil langfristig auf im Durchschnitt mehr als 32 % erhöhen (Abb. 4). Auch im Falle eines weniger ausgeprägten Klimawandels unter dem Szenario B2 wären es noch 28 %, im Extremfall unter dem Szenario A1FI sogar mehr als 40 % der Waldfläche. "Gewinner" sind auch die mitteleuropäischen Eichenarten (Eiche 1), deren Fläche sich voraussichtich fast verdoppelt wird.

Die produktiven Nadelbaumarten, allen voran die Fichte, werden die "Verlierer" sein. Die für Fichte geeigneten Waldstandorte werden um beinahe 50% abnehmen (A1B-Szenario). Ähnliches gilt für die mitteleuropäischen Kiefern (Kiefer 1) mit einem Flächenverlust von fast 60%. Die Standardabweichung und damit die Modellierungsunsicherheit sind jedoch gross, insbesondere bei den mitteleuropäischen Kiefern und bei den mediterranen Eichenarten.

Fichten im Schnitt ökonomisch wertvoller als Eichen

Gemäss den Modellberechnungen werden sich bis ins Jahr 2100 die ökologischen Bedingungen auf 21 bis 60 % der waldfähigen Standorte vor allem für mediterrane Eichenwälder eignen. Gleichzeitig wird die Verbreitung der Fichte zurückgehen (Abb 4). Weil Fichten heute einen grossen Teil des wirtschaftlichen Werts der Wälder in Europa ausmachen und weil mediterrane Eichenarten der Holzindustrie geringere Erträge einbringen, ist zu erwarten, dass der Wert der Wälder in Zukunft stark abnimmt.

Bis zum Ende des Jahrhunderts dürften die wirtschaftlichen Verluste – abhängig vom Zinsniveau und dem gewählten Klimaszenario – zwischen 14 und 50 % des heutigen Waldwertes in Europa ausmachen. Der absolute Verlust wird gemäss Berechnung im Falle des gemässigten Szenarios A1B im Durchschnitt bei 190 Milliarden Euro liegen. Er variiert über alle drei analysierten Szenarien zwischen 60 und 680 Milliarden Euro.

Im schweizerischen Mittelland und in den Voralpen ist damit zu rechnen, dass die Buche sowie Eichenarten aus Mittel- und Südeuropa die Fichte als produktive Holzart verdrängen werden. Diese dürfte zusammen mit der Weisstanne nur noch in den Hochlagen der Alpen eine grössere wirtschaftliche Bedeutung haben. Der erwartete Baumartenwechsel wird die Holzindustrie beeinträchtigen, die seit Jahrzehnten stark von der Fichte und der Weisstanne abhängig ist. Die Waldeigentümer in der Schweiz müssen damit rechnen, Einkommenseinbussen zu erleiden, sofern keine wirksamen Gegenmassnahmen ergriffen werden. Eine mögliche Alternative könnte die Pflanzung wüchsiger, trockenheitstoleranter Baumarten sein, z.B. Douglasie, Atlas-Zeder oder verschiedene Kiefernarten.
 

Daten von mehr als 6000 Wald-Stichprobeflächen in ganz Europa analysiert

Diese Studie basiert die Untersuchung auf einer Datenbank von 6129 langfristig beobachteten Stichprobenflächen, die in einem 16x16 km Messnetz über ganz Europa verteilt liegen und 2.06 Millionen km2 Waldfläche abdecken. Die Forscher verwendeten ein hoch auflösendes Modell, das die Präsenz bzw. Absenz von 32 Baumarten unter verschiedenen klimatischen Entwicklungen in ganz Europa vorhersagt.