Der Europäische Rat beschloss beim EU-Frühjahrsgipfel ein Reduktionsziel für Treibhausgasemissionen von 20 % bis 2020 (bezogen auf das Basisjahr 1990). Sofern andere Industriestaaten vergleichbare Ziele vereinbaren, will sich die Europäische Union zu einer Reduktion um 30 % (EU 2007), Deutschland sogar um 40 % (BMU 2005), verpflichten. Baden-Württemberg unterstützt diese Ziele unter anderem mit seinem "Klimaschutzkonzept 2010" (UM Ba-Wü 2005). Bis 2005 wurde deutschlandweit bereits eine Einsparung um 18,7 % erreicht (UBA 2007). Um die genannten Klimaschutzziele zu erreichen, setzt man auf die "Drei E": einsparen, Effizienz steigern und erneuerbare Energien.

Die Ziele der Europäischen Union lassen sich auch in der Formel "Drei mal 20 bis 2020" (Barroso 2008) zusammenfassen: Reduktion der Emissionen, Steigerung der Energieeffizienz und Anhebung des Anteils der erneuerbaren Energien jeweils auf 20 % bis ins Jahr 2020.

Insgesamt hatten die erneuerbaren Energien 2007 einen Anteil von rund 8,4 % am Endenergieverbrauch Deutschlands. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch konnte von rund 11,5 % im Jahr 2006 auf rund 14 % im Jahr 2007 gesteigert werden. Bei der Wärmebereitstellung lag der Beitrag der erneuerbaren Energien in Deutschland 2007 bei 6,5 % (BMU 2008). Hierbei hatte die Nutzung von biogenen Festbrennstoffen (hauptsächlich Holz) mit über 80 % den größten Anteil (FNR 2008).

Während also Holz als erneuerbare Energie für die Wärmebereitstellung eine große Rolle spielt, sind im Bereich der Strombereitstellung Wasserkraft und Windenergie mit über 70 % die wichtigsten erneuerbaren Energiequellen (BMU 2007). Bei den biogenen Kraftstoffen, die 2006 immerhin 6,6 % des gesamten Kraftstoffverbrauchs ausmachten, spielt Holz praktisch keine Rolle. Dieser Sektor wird von Biodiesel, Pflanzenöl und Bioethanol bestimmt.

Während die Nutzungspotentiale für Wasserkraft in Deutschland weitgehend ausgeschöpft sind, gibt es im Bereich der Wind- und Sonnenenergie und Biomasse noch Steigerungspotentiale, so dass sich der Ausbau der erneuerbaren Energien hauptsächlich auf diese Sektoren stützen wird (BMU 2007). So schätzt das Öko-Institut, dass 22 % des Energiebedarfs bis ins Jahr 2030 durch erneuerbare Energien gedeckt werden können, wobei Biomasse mit gut 14 % den Löwenanteil stellen wird (Öko-Institut 2004).

Ein Vorteil der Biomasse gegenüber anderen Formen der erneuerbaren Energie liegt in der Flexibilität der Nutzung. So kann Biomasse für die Strom-, Wärme-, und Kraftstoffbereitstellung eingesetzt werden. Außerdem kann Biomasse entweder direkt nach mechanischer Aufbereitung (Holzhackschnitzel, Pflanzenöl), nach chemischer Umwandlung (Synthesegas, Pflanzenmethylester) oder biologischer Umwandlung (Biogas) erfolgen (LUBW 2006).

Holzige Biomasse stammt bisher meist aus Waldrestholz, Altholz und Landschaftspflegeholz, welches von der Holzwerkstoff- sowie der Zellstoffindustrie stark nachgefragt wird. Daher muss die Forstwirtschaft der Frage nachgehen, wie die Versorgung der Abnehmer für Energieholz gesichert werden kann, ohne dass es zu Engpässen kommt. Eine verstärkte Nutzung der Potentiale im Wald ist möglich, aber durch den Grundsatz der Nachhaltigkeit sind der Biomassenutzung aus Wald Grenzen gesetzt. Zusätzliche Biomasse kann auch auf Flächen außerhalb von Wald erzeugt werden, allerdings muss die Biomasse mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion um die begrenzten Anbauflächen konkurrieren. Darüber hinaus besteht eine Konkurrenz zwischen der stofflichen und energetischen Nutzung von Biomasse. Auch innerhalb der energetischen Nutzung gibt es konkurrierende Nutzungspfade von Biomasse wie Biodiesel aus Rapsöl, Bioethanol aus Getreide/Zucker, Biogas aus Silomais oder der thermischer Holznutzung.

Situation in BW

Für Baden-Württemberg soll ein "Biomasse-Aktionsplan" (MLR 2006) die Nutzung von Biomasse voranbringen. In diesem Aktionsplan wird auch die derzeitige Nutzung von Bioenergie im Land dem Nutzungspotential gegenübergestellt: So lag im Jahr 2004 der Anteil der Bioenergie am gesamten Primärenergieverbrauch (PEV) in Baden-Württemberg nur bei rund 2 %. Demgegenüber wird das gesamte Bioenergiepotenzial im Land auf 8-10 % des PEV geschätzt. Diese Schätzung geht davon aus, dass der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen (Winterraps, Silomais, Energiegetreide) von 5 % im Jahr 2005 auf 10-15 % gesteigert werden kann. Dazu sollen vor allem Stilllegungs- und freiwerdende Flächen aus der Futtermittelproduktion zukünftig mit Energiepflanzen (auch schnellwachsende Baumarten in Kurzumtrieb) bestellt werden. 2007 waren in Baden-Württemberg 41.000 ha Ackerland stillgelegt (STALA 2007). Bei Stillegung aller ertragsschwachen Flächen in Baden-Württemberg (mit Hektarerträge von ca. 7-8 t Trockensubstanz pro Jahr) könnten rund 290.000-330.000 t atro Biomasse pro Jahr zusätzlich erzeugt werden. Bei einem Heizwert von 4,9 kWh/kg (Laubholz, 0 % Wassergehalt) entspricht dies einer Energiemenge von rund 1,4 bis 1,6 GWh. Die Anlage und Bewirtschaftung von Kurzumtriebsplantagen in Baden-Württemberg soll anhand eines Forschungsprojekts des Ministeriums Ländlicher Raum (MLR) mit einem Volumen von 500.000 EUR für die Jahre 2008-2012 vorangetrieben werden. Ziel des Projekts ist die Beratung beim Anbau sowie die wissenschaftliche Begleitung von ca. 250 ha Kurzumtriebsflächen in fünf ver­schiedenen Wuchsgebieten im Land. Die Erfahrungen aus diesem Projekt sollen zukünftig für lokal angepasste Anbau- und Bewirtschaftungsempfehlungen genutzt werden. Weitere Auskünfte zu dem Projekt erteilt das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (Regierungsbezirke Stuttgart und Karlsruhe), oder die FVA in Freiburg (Regierungsbezirke Freiburg und Tübingen).

Nutzungsreserven

Das zweite große Potential zur Steigerung des Bioenergie-Anteils liegt in der Mobilisierung von Nutzungsreserven im Wald. Der Holzeinschlag über alle Waldbesitzarten in Baden-Württemberg lag im Jahr 2006 bei circa 8,3 Millionen Festmeter (MLR 2007). Dem steht ein nachhaltiges Nutzungspotential von 11,5 Millionen Festmeter gegenüber (BMELV 2008). Das freie, leicht verfügbare Potential an Energieholz aus Wald liegt dabei nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 800.000 und 1 Mio. Festmeter jährlich (MLR 2006, WM Ba-Wü 2002). Um die Nachfrage nach Holz zu steigern und somit das Energieholz aus dem Wald zu mobilisieren, fördert das Land seit 1994 bisher 209 Hackschnitzelheizanlagen (Gesamtleistung 306 MW) mit knapp 14 Mio. Euro. Der jährliche Brennstoffbedarf dieser Anlagen liegt bei 835.000 Schüttraummeter (FD Freiburg 2008). Für die Betreiber solcher Heiz(kraft)werke und bei der Planung neuer Anlagen sind Informationen über die tatsächliche Verfügbarkeit von Energieholz sowie die räumliche und zeitliche Verteilung des Energieholzanfalls eine wichtige Planungsgröße. Um hier zuverlässige Daten zu liefern, entwickelt die FVA in Zusammenarbeit mit dem Institut für Forstbenutzung und Arbeitswissenschaften der Universität Freiburg ein Prognosemodell zur Abschätzung des Energieholzpotentials, die sogenannte "Freiburger Methode" (Hepperle 2005). Die Weiterentwicklung der "Freiburger Methode" beinhaltet unter anderem die Integration einer Wachstumssimulation, um auch längerfristige Prognosen zum Energieholzpotential, die über den Forsteinrichtungszeitraum von 10 Jahren hinausgehen, zu ermöglichen.

Eine intensivere Nutzung von Energieholz aus dem Wald bedeutet auch einen verstärkten Entzug von Biomasse aus dem Bestand und somit einen Entzug von essentiellen Nährelementen aus dem Waldökosystem. Die Nachhaltigkeit der Waldwirtschaft ist bei intensivierter Holznutzung nur gewährleistet, wenn die Pufferfähigkeit der Standorte nicht überschritten oder der Nährstoffexport kompensiert wird (von Wilpert et al. 2007). In diesem Zusammenhang erarbeitet die FVA in einem Kooperationsvorhaben mit der Energie Baden-Württemberg (EnBW) ein Holzbiomasse-Holzasche-Kreislaufkonzept. In einer gemeinsamen Studie der FVA mit der Pacific Northwest Research Station (PNW) in Portland, Oregon, die auf der Basis eines Joint Venture Agreements mit dem US-Forest Service durchgeführt wird, werden räumliche Eigenschaften von Energieholzmärkten und Energieholzpotenzialen mit Hilfe von regionalökonomischen Methoden untersucht.